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10. März 2019 | Belmonte | 

Schwäbische Schönstattfamilie überreicht der internationalen Schönstattfamilie eine Aula für Belmonte


Die Wände zum Foyer hin sind beweglich. So können große Gruppen hier tagen (Foto: Brehm)

Die Wände zum Foyer hin sind beweglich. So können große Gruppen hier tagen (Foto: Brehm)

Hbre. Mit einem Festakt, einer Segensfeier und einem schwäbisch-italienischen Abend ist im Schönstatt-Zentrum Belmonte, Rom, die offizielle Übergabe des von der Schönstatt-Bewegung in der Diözese Rottenburg-Stuttgart finanzierten Aula-Bereiches vollzogen worden. Im Laufe von 30 Jahren hat die schwäbische Schönstattfamilie 217.000 € an Spenden aufgebracht, um ihr Versprechen, sich mit einem namhaften Einsatz am Bau des „Domus Pater Kentenich“, des Bildungs- und Gästehauses des internationalen Schönstatt-Zentrums von Rom zu beteiligen, einzulösen.

Weihbischof Thomas Maria Renz, Rottenburg-Stuttgart (Foto: Brehm)

Weihbischof Thomas Maria Renz, Rottenburg-Stuttgart (Foto: Brehm)

„Es kann niemand Gott zum Vater haben, der nicht auch Maria zur Mutter hat“

Schon mit dem Gottesdienst im Matri-Ecclesiae-Heiligtum, dem Weihbischof Thomas Maria Renz, Rottenburg, am Vormittag vorstand, begann für die gut 60 Pilger aus der Schönstattfamilie der Diözese Rottenburg-Stuttgart der Tag, aus dessen Anlass sie in diesem Jahr nach Rom gepilgert sind.

Renz spricht im Rahmen einer Marienmesse ausgehend vom Tagestext des Passionsevangeliums auch über die auf dem Grundstein des Belmonte-Heiligtums festgehaltene Sendung dieses Heiligtums: „MATRI ECCLESIAE“. Diese lateinische Formulierung lasse eine doppelte Interpretation zu, wem das Heiligtum gewidmet sei: „der Mutter Kirche“ oder „der Mutter der Kirche“. Zum Ausdruck komme damit, dass sowohl Maria Mutter ist als auch die Kirche Mutter ist. Diese mit zwei Bedeutungen versehene Worte sei wunderbar und machten deutlich: „Es kann niemand Gott zum Vater haben, der nicht auch Maria zur Mutter hat. Maria gehört ganz selbstverständlich als Mutter zur Familie der Gläubigen hinzu.“ So habe Maria für immer einen ganz natürlichen Platz im Leben von allen Gläubigen. In diesem Heiligtum auf Belmonte sollen daher alle Pilger erfahren dürfen, dass Maria „wirklich unser aller Mutter“ ist. Damit spricht Renz Gedanken an und aus, die ganz der Haltung des Schönstatt-Gründers Pater Josef Kentenich entsprechen. Die „Kanzel des Gründers“, zu dem das neue Zentrum werden soll, beginnt sich zu verwirklichen.

Predigt:

Arbeitsgruppen beschäftigen sich mit dem Kirchenbild des Schönstatt-Gründers

Mit diesem marianischen Auftakt im Ohr sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach dem Gottesdienst eingeladen, sich in sieben Arbeitsgruppen mit dem Kirchenbild des Schönstatt-Gründers Pater Josef Kentenich zu beschäftigen, das er in der Beziehung mit dem Kirchenbild des Konzils in den Monaten nach seiner überraschenden Heimkehr aus dem von der Kirche verhängten Exil mit Enthusiasmus und Konsequenz verkündet hat. Dabei sollten die Arbeitsgruppen nicht so sehr einen Rückblick auf das damals Gesagte machen, sondern viel mehr Perspektiven für die Situation der Kirche heute erarbeiten.

Gesprochen wird über praktische Konsequenzen für eine „pilgernde Kirche“, eine „geschwisterliche Kirche, eine „arme Kirche“, eine „apostolisch-missionarische Kirche“, eine „beseelte und beseelende Kirche“, eine „freie“ sowie eine „demütige, weil auch sündige Kirche“. Festgehalten wurde z. B. dass eine pilgernde Kirche, die beweglich sein möchte, gar nicht anders kann, als Ballast abzuwerfen und sich auf das Wesentliche zu reduzieren. Eine geschwisterliche Kirche muss sich zunächst der Tatsache stellen, dass Geschwister und Eltern auf Gedeih und Verderb zusammengehören. Also gilt es eine Konfliktkultur zu entwickeln, Strategien, wie man mit der Unterschiedlichkeit der Beteiligten zurechtkommen kann und sich der Herausforderung „Augenhöhe“ in allen Fragen von Leitung und Autorität zu stellen. Eine apostolisch-missionarische Kirche muss kompromissfähig sein und einen Grenzen überwindenden Dialog-Mut entwickeln. Die freie Kirche, die nach den Vorstellungen Kentenichs einerseits „traditionsgebunden“ andererseits „gelöst von erstarrten traditionsgebundenen Formen“ sein soll, kann durchaus in der Gefahr sein, ihre Identität zu verlieren und muss doch gleichzeitig sicherstellen, dass der gelebte Glaube dem Leben dient.

Festakt: Pfarrer Heinz-Martin Zipfel begrüßt die Referenten Schwester M. Patricia Stewart (4.v.l.) und Weihbischof Thomas Maria Renz (2.v.r.) (Foto: Brehm)

Weihbischof Thomas Maria Renz

Festakt mit Beiträgen von Weihbischof Thomas Maria Renz und Schwester M. Patricia Stewart

Zum Festakt am Nachmittag kommen auch Mitglieder und Engagierte der römischen Schönstattfamilie, so dass die Beiträge von Weihbischof Thomas Maria Renz und Schwester M. Patricia Stewart ins italienische übersetzt werden.

Thomas Maria Renz, Vortrag: Auftrag und Sendung der Kirche heute  (Foto: Brehm)

Thomas Maria Renz, Vortrag: Auftrag und Sendung der Kirche heute  (Foto: Brehm)

Auftrag und Sendung der Kirche heute

Renz, der sich mit der Frage beschäftigte, was im Sinne des Konzils Auftrag und Sendung der Kirche heute ist, konstatierte zunächst eine Latte von Problemen und einen Reformstau, der seit der Würzburger Synode in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts ansteht: „Fragen der Macht in der Kirche, Fragen des Zugangs zu den kirchlichen Ämtern, die Frauenfrage, Viri Probati, alle diese Themen gibt es schon seit 1975 spätestens“, so Renz. „Und dann kommt auch noch dieser weltweite Missbrauchsskandal, ein selbstgemachtes Problem dazu.“ „Ein Supergau für uns als Kirche insgesamt!“

Diese Krise der Kirche schmerze auch ihn und trotzdem liebe er die Kirche immer noch, „weil sie eben auch trotz aller Defizite und Sündhaftigkeit immer noch die Braut Christi ist und bleibt“. Es sei ihm wichtig festzuhalten, dass die Kirche nicht aus Heiligen bestehe, sondern aus Sünderinnen und Sündern. Den im Glaubensbekenntnis ausgesprochenen Glauben an die eine „heilige Kirche“ könne man eigentlich nur so verstehen, dass der heilige Gott in der Kirche präsent ist und bleibt, dass er wirkt und trotz der Sünden der weltweiten Kirche, die Kirche nicht verlässt. Für den Schweizer Theologen Hans Urs von Balthasar gäbe es zwei sündige Extreme, die die Kirche vermeiden müsse: „Selbstkonservierendes In-sich-selbst-verharren“ – Kirche habe keinen Selbstzweck sondern müsse Salz der Erde und Licht der Welt sein und das zweite Extrem: „Wahllose Selbstanbiederung und Verprostituierung an die Menschen“. Papst Franziskus sei „eine verbeulte Kirche“ die wagt unter die Menschen auf der Straße zu gehen, zu den Armen, zu den Ausgesetzten, zu den Randgruppen, viel lieber „als eine ‚heilige‘, unberührte und unbeschädigte Kirche“, so Renz.

Hausrektor Don Marcelo Cervi freute sich, viele italienische Gäste begrüßen zu können (Foto: Brehm)

Hausrektor Don Marcelo Cervi (3.v.l.) freute sich, viele italienische Gäste begrüßen zu können (Foto: Brehm)

Das Kirchenbild Pater Kentenichs

Am 8. Dezember 1965 habe Papst Paul VI beim Abschluss des Konzils auf dem Petersplatz den Grundstein für Kirche SANTA MARIA MATER ECCLESIAE gesegnet. Verschiedene Mitglieder des Generalpräsidiums des internationalen Schönstattwerkes und einige Vertreter des jungen Verbandes der Schönstatt-Diözesanpriester seien mit einem Bildstock für das Belmonte-Gelände auf dem Petersplatz dabei gewesen. Am Nachmittag habe Pater Kentenich in einem Vortrag zur symbolischen Grundsteinlegung des Rom-Heiligtums darüber gesprochen, was aus seiner Sicht der Auftrag der Kirche heute sei. Angesichts der Tatsache, dass Kentenich die Konzilsdokumente ja nicht in ihrer Komplexität habe kennen können, denn diese seien ja erst später veröffentlicht worden, sei es „fast prophetisch, wie Pater Kentenich das Wesen und die Sendung der Kirche damals schon deutet“, betonte Weihbischof Renz. In diesem Vortrag spricht Kentenich von der pilgernden Kirche, vom Schiff das auf der hohen See unterwegs ist, von der geschwisterlichen Kirche, von der Verantwortung, die jeder an seinem Platz hat, von der Kirche als Seele der Kultur und Welt. Dieser Vortrag Pater Kentenichs darf als Gründungsurkunde des MATRI ECCLESIAE-Heiligtums in Rom gesehen werden.

Ganz interessant sei zu sehen, so Renz, dass Kentenich „am Tag des Endes eines von so vielen Hoffnungen und Erwartungen ersehnten Konzils“ schon damals von „nachteiligen Nebenwirkungen des Konzils“ spreche, auf deren Überwindung wohl lange gewartet werden müsse. Beeindruckend sei, dass das vom Konzil jetzt formulierte Bild der Kirche in Schönstatt bereits vor dem Konzil angezielt worden sei. „Wie sind wir zu unserem Kirchenbild gekommen?“ zitiert Weihbischof Renz Pater Kentenich: „Unser Kirchenbild ist herausgequollen aus tieferen als den üblichen Schichten der Kirche. Es ist allzeit inspiriert worden, allezeit hat es sich orientiert am neuesten Zeitenufer, also an dem Ufer, das heute so umstritten ist; und es ist ständig durchrieselt worden von einer machtvollen Fülle der Gnaden.“

Schwester M. Patricia Stewart (Foto: Brehm)

Schwester M. Patricia Stewart (Foto: Brehm)

Frei, gehalten, aus der Mitte lebend und initiativ

In einem zweiten Beitrag beschäftigte sich Schwester M. Patricia Stewart, Schönstätter Marienschwester, mit der Frage nach einer geeigneten Spiritualität für den Menschen von heute. Sie wolle mit ihrem Beitrag Pater Josef Kentenich eine Möglichkeit geben, selbst aufs Podium zu steigen. Daher wolle sie die Frage zuspitzen: „Was würde Pater Kentenich am Typ der christlichen Persönlichkeit für heute besonders betonen? Welchen Typ Christen möchte Pater Kentenich der Kirche heute schenken?“ Letztlich sind es vier Punkte, die sie benennt, die ein heutiger und für die Zukunft bereiter Christ ausprägen solle: Es gehe darum, sich eine innere Freiheit zu erobern, Halt zu finden und finden zu helfen in tragenden Bindungen, aus einer inneren Mitte leben zu lernen und initiativ zu sein, d.h. selbst einen neuen Anfang zu setzen. Ein solcher Typ Mensch stehe in Maria vor Augen: Sie wisse, was es heiße innere Freiheit zu leben und unabhängig zu sein von dem, was die Umgebung sagt oder denkt. Auch sei sie intensiv mit Gott verbunden gewesen. Sie trug selbst eine so große Lebensfülle in sich, sodass etwas Neues aus ihr wachsen konnte. Und Maria sei ein Mensch, die selbst Initiative ergriffen habe (z.B. Kanaa). In der Begegnung mit Maria könne der Mensch selbst zu einer Persönlichkeit werden: „so unglaublich frei, so gehalten, so aus der Mitte her kommend und so initiativ“, sagte Schwester Patricia.

Übergabe einer Karte der Diözese Rottenburg-Stuttgart als symbolische Geschenk (Foto: Brehm)

Übergabe einer Karte der Diözese Rottenburg-Stuttgart als symbolische Geschenk (Foto: Brehm)

Übergabe der Aula an das Schönstatt-Zentrum Belmonte

Nach einer kurzen Aussprache im Plenum waren alle Anwesenden zur feierlichen Einweihung der Aula eingeladen. Weihbischof Renz segnete die Aula und das im Foyer neu aufgehängte Bild von Pater Josef Kentenich. Dabei wurde die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass „viele Menschen, Gruppen, Gemeinschaften, kirchliche Kreise, gesellschaftliche Verantwortungsträger, Menschen aus der Wirtschaft und der Forschung von Belmonte aus angesprochen und beheimatet werden können, wenn sie nach dem Innersten ihres Lebens fragen.“ Mit der Übergabe eines symbolischen Geschenkes an den Hausrektor Don Marcelo Cervi und seinen Dankesworten an die schwäbischen Schönstätter wurde die Übergabe der Aula vollzogen. Cervi dankte den schwäbischen Schönstättern für ihr beachtliches Engagement sowie die Übernahme von Mitverantwortung für dieses internationale Zentrum, und er überreichte allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern - in Anlehnung an die Trommeleinlage von Josef Kentenich am 2. Februar 1965 - eine kleine Trommel als Erinnerungs-Geschenk, "damit die Botschaft Schönstatts von hier aus, von dieser 'Kanzel des Vaters' aus, zu vielen Menschen gelangen möge", so der Hausrektor.

Der Tag schloss mit einem fröhlichen schwäbisch-italienischen Abend, mit einer Maultaschensuppe als Vorspeise und einem italienischen Fleischgericht als Hauptgang. Dazu einige Beiträge in mehreren Sprachen und die Möglichkeit zum Tanz, animiert von einer stimmgewaltigen Sängerin.

Segnung des Fotos von Pater Kentenich im Eingangsbereich (Foto: Brehm)Don Marcelo dankt der schwäbischen Schönstatt-Familie für ihr großartiges Engagement(Foto: Brehm)

Segnung des Fotos von Pater Kentenich im Eingangsbereich | Don Marcelo dankt der schwäbischen Schönstatt-Familie für ihr großartiges Engagement (Foto: Brehm)


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