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21. Februar 2019 | Deutschland | 

Zum 74. Todestag von Pater Richard Henkes am 22. Februar 2019


Pater Richard Henkes SAC (Bild: www.pater-richard-henkes.de)

Pater Richard Henkes SAC: Todestag am 22. Februar 1945 (Bild: www.pater-richard-henkes.de)

Hbre. Am 22. Februar 1945 starb der Pallottinerpater Richard Henkes im Konzentrationslager Dachau. 74 Jahre nach seinem Tod soll der aus dem Westerwald stammende Priester noch in diesem Jahr seliggesprochen werden. Mit seinem freiwilligen Dienst als Pfleger typhuskranker Mithäftlinge riskierte er im KZ Dachau sein Leben. Die hochansteckende Infektionskrankheit übertrug sich auf ihn. Sein Tod trat nach nur wenigen Tagen ein. Schwester M. Elinor Grimm, Schönstätter Marienschwester und offizielle Besucherführerin in der KZ-Gedenkstätte Dachau, die sich am Tag vor Henkes Todestag mit jungen Frauen aus Südamerika, die derzeit zur „Schönstatt-Zeit“ in Deutschland sind, zu einem Besuch in der Gedenkstätte befindet, wo sie u. a. an Block 17 und Block 11 an Pater Richard Henkes erinnert, stand www.schoenstatt.de dankenswerterweise für das folgende Interview zur Verfügung:

schoenstatt.de: Sr. Elinor, Sie machen in der KZ-Gedenkstätte Dachau Führungen. Was bedeutet Ihnen P. Henkes, dessen Seligsprechung noch in diesem Jahr erwartet wird?

Schwester M. Elinor: Zunächst möchte ich sagen, dass ich mich freue, sozusagen „zufällig“ im Umkreis des Todestages von Pater Henkes mit jungen Frauen aus der SchönstattMJF Südamerika in der KZ-Gedenkstätte zu sein. Im Oktober letzten Jahres durfte ich Pallottiner führen, die im Gedenken an Pater Henkes eine Dachau-Fahrt machten. Das war beeindruckend. Besonders auch die heilige Messe als Höhepunkt in der Kirche des Karmel-Klosters. Doch nun zu Ihrer Frage!

Pater Henkes ist für mich ein Fürsprecher besonders in den Anliegen, die meine Arbeit in Dachau betreffen. Er kann uns Vorbild sein hinsichtlich seiner mutigen Stellungnahme dem Nationalsozialismus gegenüber, aber auch was die selbstlose Dienstbereitschaft angeht an den schwerkranken Mithäftlingen, den Typhuskranken. Es ist tröstlich zu erfahren wie er gerungen hat, wie er ein Suchender war, wie er die Freiheit liebte, aber auch wie er die Demut hatte um Verzeihung zu bitten. In der Februar-Ausgabe der von den Pallottinern herausgegebenen Zeitschrift „das zeichen“ wird das recht gut dargestellt.

schoenstatt.de: Was beeindruckt Sie an der Persönlichkeit von Pater Henkes?

Pater Richard Henkes SAC (Bild: www.pater-richard-henkes.de)

Pater Richard Henkes SAC (Bild: www.pater-richard-henkes.de)

Schwester M. Elinor: Vor einigen Jahren habe ich die kleine Biographie von Georg Reitor, einem seiner Schüler über ihn entdeckt und war davon beeindruckt. Ich habe mir dann auch die DVD über sein Leben besorgt. Bei einem Ferienaufenthalt In Friedrichroda habe ich vor Jahren noch Schwestern kennengelernt, die ihn in ihrer Jugendzeit erlebt haben. Pater Henkes hat begeistern können und war ein großer Redner, ein großer Prediger, ein begabter Lehrer. Wie schwer mag das für einen solch aktiven Mann gewesen sein, all das nicht mehr tun zu dürfen, als sich die Situation unter der Herrschaft des Nationalsozialismus immer mehr zuspitzte. Wie mutig hat er dennoch gepredigt, solange es ihm möglich war und kein Blatt vor den Mund genommen, wissend um die Gefahren. So wurde er denunziert, kam in Haft und im Juli 1943 ins Konzentrationslager Dachau. Hier ist er zur letzten Vollendung gereift! Er hatte immer noch Hoffnung auf Freiheit, erwartete die Befreiung. Das zeigt zum Beispiel sein Bemühen um das Erlernen der tschechischen Sprache. Nach dem Krieg wollte er dahin zurück in die Seelsorge.

schoenstatt.de: Aber es kam ganz anders …

Schwester M. Elinor: Ja, es kam ganz anders. Seine Bereitschaft war gefragt im Block 17, in dem inzwischen Typhus ausgebrochen war, zu bleiben, zu helfen, selbstlos zu dienen! Was das für ihn bedeutet hat? Mir kommt da immer wieder von Paulus das Hohe Lied der Liebe in den Sinn. Was nützt es, wenn ich wer weiß wie gut reden könnte, den Leib verbrennen ließe, hätte aber die Liebe nicht, es nützte mir nichts … ! Für mich ist Pater Henkes ein Mann, der uns Heutige herausfordert, dass wir einerseits den Mut haben auf Missstände aufmerksam zu machen und die Wahrheit sagen, und andererseits die Liebe ganz konkret zu leben. So können wir uns für Versöhnung und Völkerverständigung einsetzen!

schoenstatt.de: Ein interessanter Mann, auf den Sie bei Ihren Führungen in der KZ-Gedenkstätte Dachau hinweisen können …

Schwester M. Elinor: Wenn es möglich ist dann mache ich bei Rundgängen z. B. im Bereich Krankenrevier auf ihn oder auch auf Pater Engelmar von den Marianhillern aufmerksam. Auch er hat ähnlich wie Pater Henkes sein Leben geopfert für die Typhuskranken. Er ist wenige Tage nach Pater Henkes gestorben, Anfang März. 2016 war dessen Seligsprechung in Würzburg.

schoenstatt.de: Können sie noch etwas dazu sagen, wie Pater Henkes zur Gruppe der Schönstätter stand, die ebenfalls im KZ Dachau waren?

Schwester M. Elinor: Man muss wissen, dass Pater Henkes erst Mitte 1943 ins Lager kam, also nach dem ereignisreichen Jahr 1942 mit den geheimen Gründungen des Schönstatt-Familienwerkes und der Schönstätter Marienbrüder. Auch nach dem schlimmen Hungerjahr, in dem der Schönstattgründer Pater Kentenich bewusst die Gottesmutter als Brotmutter und als Lagerkönigin erwählt hatte. Einige Schönstätter waren bereits den schlimmen Bedingungen, dem Hunger zum Opfer gefallen, z. B. Pater Eise, Vikar König, Prälat Feuerstein, Pfr. Hackethal, Kaplan Hirschfelder und Kaplan Wensch. Auch die Entscheidung Pater Kentenichs auf dem geheimen Postweg mit der Bewegung in Kontakt zu bleiben, ging schon voraus, nämlich am 25. März 1943. Im Oktober 1943 wurde in Uruguay das erste originalgetreue Filialheiligtum gebaut. Im Jahr darauf hat Henkes sicher die Gründung der Schönstatt-Internationale mitbekommen. Vielleicht kann man sagen, dass er sie durch seinen Einsatz für tschechische Häftlinge gelebt hat. Im Buch „Häftling 29392“ schreibt Pater Engelbert Monnerjahn, dass Pater Henkes bei einer der im Sommer 1943 im KZ Dachau neu gebildeten Schönstattgruppen die Führung übernahm (Siehe S. 279). Dort ist auch zu lesen (ab Seite 320), dass über zwei Schönstätter Marienschwestern, die Anfang März 1945 noch die gefährliche Reise von Schönstatt nach Dachau wagten, die Nachricht von Pater Henkes Tod und seinem Sterben bekannt wurde.

schoenstatt.de: Wie kam es dazu, dass es von Pater Henkes eine eigene Urne gibt, die später in Limburg beerdigt werden konnte?

Schwester M. Elinor: Pater Fischer berichtet in seiner Dachau-Chronik ausführlich über den Tod von Pater Henkes. Er zitiert auch aus dem Buch von Pater Poiss „Gefangener der Gestapo“. Poiss berichtet dort, dass durch die Vermittlung von Pater Kentenich für Pater Henkes im Krankenrevier eine Aussegnung stattfinden konnte. Dies sei eine große Ausnahme gewesen! Die SS durfte davon natürlich nichts wissen! Sogar Blumen habe es gegeben. Pater Henkes war ja im Block 17 gewesen, nach seiner Erkrankung war er aber für die letzten Tage ins Krankenrevier auf Block 11 verlegt worden, um besser versorgt werden zu können. Auch zwei polnische Geistliche sind am selben Tag wie Pater Henkes gestorben. Für alle drei war tags darauf am Abend die Totenfeier. Es wurde erreicht, dass Pater Henkes im Krematorium einzeln verbrannt wurde. Seine Asche – in einem kleinen Säckchen - war zuerst noch bei den Geistlichen. Pater Fischer hat sie über die Plantage hinausgeschmuggelt und mit Hilfe des Zivilangestellten Siegert zum Pfarrer von Dachau bringen lassen. In der Unterkirche von St. Jakob wurde sie verwahrt, bis freigelassene Pallottiner-Patres, u. a. Pater Fischer, sie am 21. Mai mitnehmen konnten. Am 24. Mai kamen sie in Limburg an. Pater Kentenich war bereits am Pfingstsonntag, am 20. Mai 1945, nach Schönstatt heimgekehrt.

schoenstatt.de: Konnte Pater Kentenich an der Beisetzung seines Mitbruders teilnehmen?

Schwester M. Elinor: Die feierliche Beisetzung der Urne auf dem Pallottinerfriedhof in Limburg fand erst am 7. Juni mit den Angehörigen statt. Pater Kentenich war leider verhindert. Daher hat Pater Fischer in seinem Auftrag eine ergreifende Predigt gehalten, fast auf den Tag genau 20 Jahre nach der Priesterweihe von Pater Henkes. In dieser Predigt erinnerte er u. a. an zwei Kursgenossen von Richard Henkes: An Josef Engling, der bereits im ersten Weltkrieg gefallen war und an Pater Albert Eise, der im September 1942 in Dachau an Hungerruhr starb.

Ich möchte Ihnen aus dieser Predigt, die Pater Fischer in seiner bislang nicht veröffentlichten Dachau-Chronik festgehalten hat, einen längeren Abschnitt vorlesen. Pater Fischer sagte über Pater Henkes: „Schon als kleiner Junge lernte er sie (die Gottesmutter) in gut katholischem Elternhaus schätzen und lieben – und vor etwa 30 Jahren durfte er als Schüler des Studienheimes Schönstatt im kleinen Heiligtum der Dreimal Wunderbaren Mutter von Schönstatt knien und ihr seine Liebe und Treue schenken ... Auch die Gottesmutter hat ihm die Treue bewahrt. Als er vor 20 Jahren an den Weihealtar trat und Priester wurde, da schrieb er … als Leitgedanken auf sein Primizbild die schönen Worte von Helene Most: ‚In deine lieben Hände leg‘ ich meine ohne Bangen. Nimm du mich mit, Du weißt den Weg, den er gegangen.

Wir wollen ihn, das Marienkind, den Marienritter, den Marienpriester … zu uns sprechen lassen … Ich glaube er will uns zwei Worte zurufen: Das eine ist das Wort seines Primizbildchens. Er möchte (es) uns zum Lebensmotto geben … Er möchte uns sagen: Legt eure Hände voll Vertrauen in die Hände eurer himmlischen Mutter! Sie wird euch weise führen … geht voller Liebe, Geduld und Starkmut mit.

Das zweite Wort, das er uns in die Seele ruft, ist das Sätzlein, das er als Junge schon so oft um das Bild der Gottesmutter im Heiligtum zu Schönstatt gelesen: Servus Mariae nunquam peribit. ‚Ein Diener Mariens, ein Kind Mariens geht nie zugrunde.‘ Es soll uns mit der sicheren Zuversicht erfüllen: Die liebe Gottesmutter bleibt uns treu bis zum seligen Tod. – In ihr ist unser ewiges Heil gesichert. – …

Mit Würde und Hochachtung begleiten wir die sterblichen Überreste unseres lieben Verstorbenen auf den Gottesacker, nicht ohne den sicheren Trost, den der göttliche Heiland uns selbst in die Seele hineinruft: ‚Selig, die Verfolgung leiden um der Gerechtigkeit willen, denn ihrer ist das Himmelreich!‘ …“

schoenstatt.de: Vielen Dank Schwester Elinor für dieses Gespräch und ihre Einblicke in das Leben eines Mannes, der in diesem Jahr noch seliggesprochen werden soll.

Gedenken an Pater Richard Henkes

  • Am Freitag, den 22. Februar 2019, gestalten die Pallottiner in Vallendar um 17.30 Uhr eine Abendmesse unter der Leitung von Vizepostulator Pater Dr. Manfred Probst SAC in der Unterkirche der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Vallendar (PTHV). Im Anschluss an die Eucharistiefeier wird noch ein kleines Gedenken angeschlossen.
  • Gedenkgottesdienst für P. Richard Henkes am 22. Februar 2019 in der Pallotti-Kirche in Friedberg. In der Kirche ihres Provinzialates gedenken die Pallottiner ihres Mitbruders, der am 22. Februar 1945 im KZ Dachau in der freiwilligen Pflege Typhuskranker Mitgefangener sein Leben lies. Das Lebenszeugnis von P. Henkes steht für den christlichen Widerstand gegen das Nazi-Regime, für das christliche Menschenbild gegen das Herrenmenschentum des Nationalsozialismus, für das gute Miteinander und die Versöhnung etwa von Deutschen und Tschechen, für Wahrhaftigkeit und Nächstenliebe.
  • Eine weitere Gelegenheit zum Gedenken an Pater Richard Henkes besteht am Sonntag, 24. Februar 2019 um 15:00 Uhr im Limburger Missionshaus der Pallottiner (Wiesbadener Straße 1, Richard-Henkes-Saal - ehem. „Unterkirche“). Nach einem abwechslungsreich gestalteten Blick auf sein Leben und einem Gang zu seinem Grab gibt es beim anschließenden Kaffeetrinken die Gelegenheit, zur Seligsprechung entstandene Materialien über Pater Henkes kennenzulernen.

Zur Person:

Der im Jahre 1900 in Ruppach-Goldhausen/WW. geborene Pallottinerpater Richard Henkes strebte schon als Schüler im Studienheim Schönstatt (1912-1919) nach Wahrheit und Freiheit. Im Jahr 1925 wurde er zum Priester geweiht und ab 1926 war er als begeisterter und begeisternder Lehrer tätig. Ab dem Jahr 1931 wirkte er in Katscher, Frankenstein und in Branitz im östlichen Teil des damaligen Deutschen Reiches.

Nach einer Predigt am 7. März 1937 in Ruppach gegen die Nazis wurde er bei der Gestapo angezeigt und man leitete eine Untersuchung gegen ihn ein. Sie endete mit einer Verwarnung. Ebenfalls 1937 wurde er wegen einer Äußerung gegen Adolf Hitler in Katscher/Oberschlesien angezeigt. Der drohenden Verurteilung vor einem Sondergericht in Breslau entging er durch die Amnestie beim Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich.

Am 8. April 1943 wurde er wegen einer Predigt in Branitz/Oberschlesien verhaftet, in Ratibor gefangen gehalten und am 10. Juli 1943 ins KZ Dachau eingeliefert. Dort ließ er sich Ende November/Anfang Dezember 1944 freiwillig in der Zugangsbaracke 17 zur Pflege und Seelsorge Typhuskranker einschließen, steckte sich dabei an und starb am 22. Februar 1945 im KZ Dachau.

Das Datum der Seligsprechung, die im Georgs-Dom in Limburg, der Heimatdiözese von Pater Henkes, stattfinden wird, steht noch nicht fest, wird aber für den Herbst diesen Jahres erwartet.

Unter Verwendung einer Pressemitteilung der Pallottiner, Vallendar

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