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27. April 2018 | International | 

100 Jahre Ende des ersten Weltkrieges – Schönstätter gestalten eindrückliche Gedenkfeiern mit


Der Ring der Erinnerung mit 570.000 Namen - quer über die von der Artillerie zerpflügte Landschaft. Auch Josef Englings Name ist dort zu finden (Foto: privat)

Der Ring der Erinnerung mit 570.000 Namen im ersten Weltkrieg gefallener Soldaten - quer über die von der Artillerie zerpflügte Landschaft. Auch Josef Englings Name ist dort zu finden (Foto: privat)

Hans Zier/Hbre. Knapp 30 Personen aus der Schönstatt-Bewegung haben 100 Jahre nach Ende des ersten Weltkrieges vom 19. bis 22 April unter dem Thema „Faites la Paix“ (Frieden schaffen) an den „Vier Tagen für den Frieden“ in Nordfrankreich teilgenommen. Ziel der Veranstaltung, die von der „Association Centenaire pour la paix“, einer Kooperation der Diözesen Lille, Arras und Cambrai mit Pax Christi international, der Diözese Canterbury, England, und der katholischen Universität Lille, veranstaltet wurde, war es, Erinnerungsinitiativen an den ersten Weltkrieg zu unterstützen und zu fördern und insbesondere den jüngeren Generationen Instrumente zur Reflexion über den Frieden an die Hand zu geben.

Ausschnitt aus dem Ring der Erinnerung (Foto: privat)

Ausschnitt aus dem Ring der Erinnerung (Foto: privat)

Ring der Erinnerung - ein beeindruckendes Antikriegs-Monument mitten in den Ardennen (Foto: privat)

Ring der Erinnerung - ein beeindruckendes Antikriegs-Monument mitten in den Ardennen (Foto: privat)

Erinnerung soll beitragen sich heute der Herausforderung des Friedens zu stellen

Eine Besonderheit der Initiative war es, Teilnehmer aus allen Nationen einzuladen, die im ersten Weltkrieg am Konflikt an der Ardennen-Front teilgenommen haben. Ein Konflikt, der die Region „Hauts de France“ noch heute tief prägt: Hunderte von Friedhöfen erinnern an den zerstörerischen Schrecken dieses Krieges, und trotz des Verschwindens letzter noch lebender Zeugen, bleibt dieser Krieg im kollektiven Gedächtnis tief verankert.

Verbunden mit den Erinnerungen stellt sich immer neu die Frage, wie man sich heute der Herausforderung des Friedens stellen kann. Das war immer auch ein Gesichtspunkt bei den etwa 80 Veranstaltungen, die auf dem Weg zum internationalen Treffen für den Frieden beginnend im Jahr 2017 im Bereich der Diözesen Lille, Arras und Cambrai, darunter auch am Heiligtum in Cambrai, in Schulen, Pfarreien und Gemeindezentren angeboten wurden. In den Diözesen Nordfrankreichs ist der 1. Weltkrieg („La Grande Guerre“ – der große Krieg) im allgemeinen Bewusstsein tiefer verwurzelt als der 2. Weltkrieg. Kein Wunder, denn die Hauptkampflinie, die „Hindenburg-Linie“ und der damit verbundene Stellungskrieg von Loretto bis Verdun, verlief mitten durch die Region mit unendlichem Leid gerade auch für die Zivilbevölkerung.

600 Kinder gestalteten die Feier auf der Loretto-Höhe mit (Foto: David Penez)

600 Kinder gestalteten die Feier auf der Loretto-Höhe mit (Foto: David Penez)

Internationale und multikonfessionell durchgeführte Gedenkfeier auf der Loretto-Höhe

Höhepunkt des Erinnerungsprozesses waren dann am 19. April 2018 Gedenkfeiern auf verschiedenen Soldatenfriedhöfen. Zur großen internationalen und multikonfessionell durchgeführten Gedenkfeier auf der Loretto-Höhe kamen Abordnungen der Departements, des Militärs, der Veteranenvereine und der Politik. Vertreter der Kirchen waren u.a. Bischof Jean-Paul Jaeger, Diözese Arras, Erzbischof François Garnier, Erzdiözese Cambrai, Erzbischof Laurent Ulrich, Erzdiözese Lille, Weihbischof Dr. Michael Gerber, Erzbistum Freiburg, Deutschland und Bischof Trevor Willmot, Diözese Canterbury, England, sowie Vertreter der jüdischen, islamischen und buddhistischen Religionen. Gedacht wurde aller gefallenen Soldaten, u.a. auch derer, die aus dem Commonwealth und von den frzösischen Kolonien stammten. Besonders bewegend waren die Beiträge eines 600 Sänger starken Kinderchores, die von ihren Eltern unterstützt wurden sowie die Unterzeichnung des Friedensappells durch die Religionsvertreter mit dem Entzünden einer Friedenskerze. Weitere Programmpunkte waren u.a. eine 25 km lange nächtliche Friedenswanderung zwischen Arras und „Notre Dame de Lorette“, eine Menschenkette entlang der Frontlinie mit 4.500 Teilnehmern und am 20. April der Kongress der katholischen Universität Lille mit etwa 500 Teilnehmern und 27 Referenten.

Gesucht sind Persönlichkeiten, die sich für Frieden und Menschlichkeit einsetzen

Dass eine Delegation von Schönstättern an der Veranstaltung teilnahm, hatte seinen Ursprung u. a. darin, dass Vertreter der „Association Centenaire pour la paix“ auf Josef Engling und Schönstatt aufmerksam wurden und sich bereits 2016 in Schönstatt/Vallendar zu einer vorbereitenden Begegnung trafen. Daraus ergab sich dann u.a. eine Einladung, bei dem von der katholischen Universität Lille veranstalteten Kongress am 20. April mitzuwirken und einen signifikanten Beitrag zum Kongressprogramm zu leisten.

Weihbischof Dr. Michael Gerber bei seinem in französisch gehaltenen Vortrag in der katholischen Universität Lille (Foto: privat)

Weihbischof Dr. Michael Gerber bei seinem in französisch gehaltenen Vortrag in der katholischen Universität Lille (Foto: privat)

Weihbischof Dr. Michael Gerber vertrat in seinem Vortrag die zentrale These, dass eine Gesellschaft der Zukunft Menschen braucht, die fähig sind, in tiefen menschlichen Beziehungen zu leben und zugleich von einer tiefen inneren Freiheit geprägt sind. Er stellte die Pädagogik Pater Josef Kentenichs als einer Grundlage für Verständigung und Frieden in Europa aufgrund der christlichen Grundwerte dar. Die Frage Kentenichs sei auch heute aktuell, welche Elemente es brauche, damit gerade in Extrembelastungen Persönlichkeiten reifen können, die sich für den Frieden und für Werte der Menschlichkeit einsetzen“.

Zeugen für Menschlichkeit - Josef Engling und Gertraud von Bullion

Ehepaar Zier beim Atelier über Josef Engling (Foto: privat)

Ehepaar Zier beim Atelier über Josef Engling (Foto: privat)

Ehepaar Gertrud und Hans Zier, Schönstatt-Familienbund, konnten in einem Atelier den jungen Schönstatt-Mitgründer Josef Engling vorstellen, der wenige Wochen vor Ende des ersten Weltkrieges am 4. Oktober 1918 bei Cambrai gefallen ist. Neben dem Lebenslauf des jungen Deutschen und Aspekten seines inneren Ringens können die Zuhörer aufnehmen, welche Bedeutung Englings Überzeugung dass Gott von jedem Menschen ein „Lieblingsbild“ hat und diese Tatsache Grundlage für das Annehmen jedes Menschen, egal welcher Nation, Rasse oder Religion ist, für die Jugend Europas haben kann.  Überraschend ist für viele der französischen Zuhörer, dass aufgrund der Verehrung Josef Englings die Orte von Cambrai, Merville und auch die Region Cambresis, weltweit bekannt sind. Ehepaar Zier spricht auch darüber, dass Josef Engling, dessen Seligsprechungsprozess eröffnet ist, von Verehrern als ein „Heiliger der Versöhnung“ angesehen wird, ein Titel, den ihm Franzosen zugeschrieben hätten.

Gertrud Beilman stellt Gertraud von Bullion vor (Foto: privat)

Gertrud Beilman stellt Gertraud von Bullion vor (Foto: privat)

Gertrud Beilmann, Schönstatt-Frauenbund, kam die Aufgabe zu, mit Gertraud v. Bullion eine weitere Schönstätterin und Zeugin des ersten Weltkrieges vorzustellen. Die lebensfrohe Gräfin mit urfranzösischen Wurzeln, in den vornehmsten Internaten Europas erzogen, wurde zunächst Krankenschwester und später Leiterin des Lazarettes in Cambrai. Durch einen Seminaristen kommt sie mit Schönstatt in Berührung und wird nach dem ersten Weltkrieg in der persönlichen Begleitung durch den Schönstatt-Gründer Pater Kentenich die „erste Frau“ in Schönstatt. In der Pflege der Kriegsopfer (ihr Lebensmotto oder persönliches Ideal war: „Serviam – ich will dienen“) hatte sie sich eine Tuberkuloseerkrankung eingefangen, was von ihr ein frühes Lebensopfer forderte.

Pater Deogratias Maruhukiro spricht über die Lage in Burundi (Foto: privat)

Pater Deogratias Maruhukiro spricht über die Lage in Burundi (Foto: privat)

Für Frieden und Versöhnung heute

Pater Deogratias Maruhukiro Isch, Schönstatt-Pater aus Burundi und Vorsitzender des Rapred-Girubuntu e.V., ein Verein zur Förderung des Friedens, der Versöhnung und der nachhaltigen Entwicklung, stellte die Versöhnungsarbeit der Schönstatt-Bewegung in Burundi nach den Massakern von 1993 dar, ein Konflikt, dessen Wurzeln u. a. auch in der europäischen Kolonialpolitik des letzten Jahrhunderts zu finden sind. Von besonderem Interesse für die Zuhörer, vor allem Schüler älterer Klassen, die gespannt zuhörten und Fragen stellten, war auch die Darstellung der derzeitigen komplizierten und gefährlichen Lage in Burundi. Als Referent und Friedensbotschafter war er besonders authentisch, weil er aus eigener Erfahrung um das Bürgerkriegselend berichten konnte.

Gottesdienst beim Schönstatt-Heiligtum in Cambrai (Foto: privat)

Gottesdienst beim Schönstatt-Heiligtum in Cambrai (Foto: privat)

… eine gute Vorbereitung für die Gedenkfeiern im Oktober

Zum Erlebnis der aus Deutschland angereisten Schönstätter, die im Diözesanhaus von Cambrai in Raismes/Valenciennes, etwa 30 Autominuten vom Schönstatt-Heiligtum entfernt, untergebracht waren, gehörten natürlich auch „Standard“-Programmpunkte einer Cambrai-Fahrt wie der „Josefsweg“ von Eswars zur Schönstattkapelle, der Besuch auf dem Soldatenfriedhof, wo sich mit ziemlicher Gewissheit die letzte Ruhestätte Josef Englings befindet, sowie Gebetszeiten und Gottesdienste. „Die ganze Reise mit der Vermittlung gelebter Zeugnisse sowie der Spiritualität Schönstatts ‚nach außen‘ war auch eine gute Vorbereitung für die Gedenkfeiern anlässlich des 100. Todestages Josef Englings im Oktober in Cambrai“ fasst Hans Zier seine Eindrücke dieser Fahrt nach Nordfrankreich zusammen.

Die aus Deutschland angereiste internationale Gruppe am Schönstatt-Heiligtum in Cambrai (Foto: privat)

Die aus Deutschland angereiste internationale Gruppe am Schönstatt-Heiligtum in Cambrai (Foto: privat)


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