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18. Februar 2018 | Worte des Bewegungsleiters | 

Bündniskultur ist Liebesbündniskultur


Jahresmotiv 2018 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: POS Brehm)

Jahresmotiv 2018 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: POS Brehm)

Liebe Mitglieder und Freunde unserer Schönstatt–Bewegung,

Hemingway hat einmal die Bemerkung gemacht, dass man zum Glücklichsein einfach ein schlechtes Gedächtnis braucht. Wenn man das Schwere und Schlechte und Unangenehme vergisst, dann geht es einem gut. So ist der Satz wohl gemeint. Und tatsächlich gibt es Menschen – und vielleicht gerät man manchmal selber in so eine fixierte Stimmung –, bei denen drehen sich die Gedanken und Empfindungen sehr lange und immer wieder um  das, was schief gegangen ist. Man kommt nicht los, wie man ungerecht behandelt oder nicht beachtet wurde. Und diese Blickrichtung findet auch immer wieder neue Bestätigungen. Da kann Glücklichsein nicht hochkommen.

Wie wäre es, wenn mein Leben eine Achse hätte, um die sich alles dreht, und die hätte gerade die gegenteilige Wirkung. Egal, was das Leben gerade bringt und mir abverlangt: mein Denken und Empfinden findet immer wieder einen aufbauenden und zuversichtlichen Dreh.

Pater Kentenich schreibt (Foto: Archiv) Pater Kentenich schreibt (Foto: Archiv)

Pater Kentenich schreibt (Foto: Archiv)

Achsenzeit

Wenn Pater Kentenich über die Geschichte der Schönstatt-Bewegung spricht, dann nennt er eine bestimmte Zeit und die da gemachten Erfahrungen die Achsenzeit Schönstatts. Um diese Erfahrungen sollte sich die innere Gestimmtheit immer wieder drehen. Überraschenderweise war dies von außen gesehen eine sehr schwierige und ernste Zeit. Es geht um die Zeit des Nationalsozialismus. Eine ganze Reihe von Schönstättern war in Gefängnissen oder Lagern oder musste mit Verhaftung rechnen. Auch Pater Kentenich wurde verhaftet und kam von 1942 bis 1945 ins KZ Dachau. Die Art und Weise, wie sich damals die Umstände entwickelt haben, war für ihn und alle Schönstätter, die mit ihm verbunden waren, bewusst eine besondere geistliche Zeit und eine Zeit eines ganz besonderen Miteinanders. Die Wirklichkeit Gottes und seiner Führung wurde zur tiefen Erfahrung und auch das Miteinander, das sich gegenseitig Begleiten und Tragen in einem gläubigen Füreinander: beides zusammen war die doppelte Erfahrung dieser Zeit. „Glaube an die Realität der Übernatur und an die Schicksalsverwobenheit untereinander“ war seine Formulierung.

Auch der spätere Brief über Neugründung und Neuaufbau des ganzen Werkes, aus dem wir jeden Monat einen Ausschnitt auf uns wirken lassen, vergisst nicht auf diese Achsenzeit hinzuweisen.

Der Zusammenhang und die Verbundenheit von ihm als Gründer mit seiner Gründung und umgekehrt hat eine besondere menschliche und geistliche Tiefe gewonnen.

In einem argentinischen Musical über das Leben von Pater Kentenich wird das in einem Lied so ausgedrückt:

    „Wie das Lied und der Vogel
    wie die Sonne und das Ährenfeld
    wie der Atem und die Stimme
    bist du geeint mit deiner Familie
    Pulsschlag in Pulsschlag
    im gleichen Rhythmus.“

Miteinander von Anfang an

Pädagogischer Stil und pädagogisches Anliegen war das für Pater Kentenich von Anfang an, als er 1912 seine Aufgabe als geistlicher Begleiter für die Schüler in Schönstatt übernahm. Bereits in seiner Antrittsrede sagt er den Jugendlichen in ihre Ausbildungs- und Wachstumssituation hinein: „Wir wollen lernen. Nicht bloß ihr, sondern auch ich. Wir wollen voneinander lernen. Denn niemals lernen wir aus, zumal nicht in der Kunst der Selbsterziehung, die ja das Werk, die Tat, die Arbeit unseres ganzen Lebens darstellt. Wir wollen lernen, nicht nur theoretisch. … Nein, wir müssen auch praktisch lernen, wir müssen Hand ans Werk legen jeden Tag, jede Stunde. Wie haben wir gehen gelernt? … Hat da die Mutter große Reden gehalten? … Nein, gehen lernt man durch Gehen, lieben durch Lieben; so müssen wir auch lernen uns selbst zu erziehen durch ständige Übung der Selbsterziehung“ (Vortrag vom 27.10.1912, Vorgründungsurkunde).

Von Anfang an war Gründung ein Miteinander, ein andauerndes gemeinsames Werk. Ob wir heute so miteinander kreativ werden? Einander so begegnen, dass das, was mein Gegenüber beschäftigt, für mich zu einer Seelenstimme wird, durch die Gott mir etwas sagt und einen Fingerzeig gibt. Bei einer Pastoraltagung gab es an einem Nachmittag „Gründerlabore“, um pastorale Neuanfänge in den Blick zu nehmen. Wenn Reden und Diskutieren zum Heraushören tieferer Seelenstimmen wird, wenn der Blick in die Nachrichten und in die Entwicklungen der Zeit zu Zeitenstimmen werden, durch die Gott uns Fingerzeige gibt, ich glaube, dann sind wir mitten in einem typischen „Kentenich-Gründergeist-Labor“ für Neuanfänge.

Die heilige Woche im Leben Jesu

Wir stehen in der Vorbereitung auf die heilige Woche im Leben Jesu und im Leben der Kirche. „Für uns und für alle“ steht über dieser christlichen Achsenzeit. In der Hingabe Jesu bis ans Kreuz und in seiner Auferstehung wendet sich unser Leben und das aller menschlichen Geschichte. Um diese Achse dreht sich die Welt vom Tod zum Leben.

Ich wünsche uns allen eine tiefe Erneuerung und eine gesegnete Fastenzeit,

Ihr
P. Ludwig Güthlein
Schönstatt-Bewegung Deutschland


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