Nachrichten

13. Mai 2016 | Deutschland | 

Seligsprechungsprozess für Josef Engling – Zusammenfassung der bisherigen Untersuchungen abgeschlossen


Zum Seligsprechungsprozess von Josef Engling (Foto: Archiv)

Zum Seligsprechungsprozess von Josef Engling (Foto: Archiv)

Hbre. Im April 2016 hat der Generalpostulator der Pallottiner, P. Jan Korycki SAC, die "Positio super vita, virtutibus et fama sanctitatis Iosephi Engling Alumni Societatis Apostolatus Catholici" an die vatikanische Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungen übergeben. Vier Jahre lang haben der Vizepostulator, Schönstatt-Pater Joachim Schmiedl, und der Pallottiner Pater Korycki intensiv an diesem über 700 Seiten dicken Buch, der Positio, gearbeitet, die nun durch verschiedene Instanzen an eine Historische Kommission und anschließend an eine Theologische Kommission als Grundlage für eine Entscheidung im Seligsprechungsprozess geht. „Wenn irgendwann ein Wunder auf die Fürsprache Josef Englings geschieht, kann die Seligsprechung erfolgen“, schreibt Pater Schmiedl auf seiner facebook-Seite, „wenn sich nicht, wie schon öfter geschehen, die rechtlichen Voraussetzungen verändern.“ Schmiedl äußerte sich im Interview mit schoenstatt.de zum Stand des Seligsprechungsprozesses.

Interview mit Pater Dr. Joachim Schmiedl

zum Stand des Seligsprechungsprozesses von Josef Engling.

Vizepostulator Pater Dr. Joachim Schmiedl (Foto: Pressestelle Bistum Trier)

Vizepostulator Pater Dr. Joachim Schmiedl (Foto: Pressestelle Bistum Trier)

Zur Person

Prof. Dr. Joachim Schmiedl ISch, geb. am 18. Dezember 1958 in Nürnberg, empfing 1988 die Priesterweihe und ist Mitglied in der Gemeinschaft der Schönstatt-Patres. Er ist Inhaber des Lehrstuhles für Mittlere und Neue Kirchengeschichte an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV). Im Jahr 2003 wurde er Vizepostulator im Seligsprechungsprozess für Josef Engling.

Im April ist ein wichtiger Schritt in Richtung Seligsprechungsprozess Josef Engling erfolgt. Welcher?

P. Joachim Schmiedl. Nach vier Jahren Arbeit haben wir die weit über 700 Seiten starke Positio abgeschlossen. Anfang April konnte sie der Postulator, der Pallottinerpater Jan Korycki, der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse übergeben.

Welchen Stellenwert hat diese Positio im Seligsprechungsprozess?

P. Joachim Schmiedl. Diese Positio ist neben einem Wunder, das der Fürsprache Josef Englings zugeschrieben werden kann, die eigentliche Grundlage, auf der die Entscheidung gefällt wird, ob Josef Engling irgendwann einmal zur Ehre der Altäre kommt.

Das Buch hat etwa 750 Seiten. Welche Inhalte findet man darin?

P. Joachim Schmiedl. Die Positio ist eine Zusammenfassung aller bisherigen Untersuchungen und besteht aus mehreren Teilen: Da sind die Zeugenaussagen, von denen wir aus den letzten 60 Jahren eine ganze Menge haben. Dann enthält sie eine Lebensbeschreibung Josef Englings, die auf diesen Zeugenaussagen fußt. Ein weiterer Teil ist eine Erörterung über das Tugendleben von Josef Engling, wo die sogenannten göttlichen und Kardinaltugenden im Einzelnen erörtert werden. Daraus wurde ein spirituelles Profil des Dieners Gottes erarbeitet und sein besonderer Beitrag für die Kirche herausgehoben.

Josef Engling, * 5. Januar 1898 in Prositten, Ermland; † 4. Oktober 1918 bei Cambrai in Frankreich (Foto: Archiv)

Josef Engling, * 5. Januar 1898 in Prositten, Ermland; † 4. Oktober 1918 bei Cambrai in Frankreich (Foto: Archiv)

Ich kann vielleicht auf einen inhaltlichen Punkt besonders eingehen, der uns mehrfach beschäftigt hat und der auch mitentscheidend dafür ist, dass es mit der Positio so lange gedauert hat. Es gab ja schon im Jahr 2000 Bemühungen von Seiten der Pallottiner den Seligsprechungsprozess wieder aufzunehmen mit der Bitte an die Schönstatt-Bewegung daran mitzuwirken. Doch schnell kam von der Kongregation ein zurückhaltendes Echo: Der Mann war Soldat. Soldaten töten. Das widerspricht inzwischen der Lehre der Kirche, die sich von der Lehre vom gerechten Krieg abgewandt hat und eine Friedensethik pflegt. Im Jahr 2005 durften wir trotzdem beginnen. Der Prozess wurde in Trier eröffnet. Es wurde nochmals Material gesammelt und es wurden weitere Zeugen vernommen, die den Ruf der Heiligkeit bestätigen, der bis heute andauert. Die Zeugen kamen aus den verschiedenen Gemeinschaften Schönstatts und von den Pallottinern. Das war wirklich ein gemeinsamer Vorgang.

Im Jahr 2008 haben wir alle Akten nach Rom gegeben und dann gewartet, dass dem Prozess ein Relator, sozusagen ein Betreuer vonseiten der Kongregation zugewiesen wird. Und da kam dann wieder die Frage nach dem Soldaten auf. Die Kongregation wollte das dann erst einmal grundsätzlich klären. Diese grundsätzliche Klärung bestand nun darin, dass in jedem Einzelfall entschieden werden muss, ob und wie es weitergeht.

Aufgrund dieser Vorgänge haben wir erst im Jahr 2012 die Erlaubnis bekommen, mit der Positio zu beginnen. Die Frage nach dem Soldat sein, hat uns im ganzen Verlauf immer wieder beschäftigt. Der Relator wollte mehrere Ergänzungen zur Frage, wie Josef Engling sein Soldat sein empfunden hat. Wir wissen nicht ob Josef Engling jemanden getötet hat. Wir nehmen an, dass er niemanden getötet hat, denn bei seinem zarten Gewissen hätte er darüber sicher in seinem Tagebuch geschrieben. Es ist auch von keinem Zeugen darüber berichtet worden. Josef Engling war natürlich am Anfang durchaus so wie alle ein patriotischer Soldat. Aber im Laufe der Zeit, vor allem im letzten halben Jahr seines Lebens, hat er doch auch den einen oder anderen Zweifel über die Sinnhaftigkeit dieses Mordens geäußert. Das musste noch einmal belegt werden durch verschiedene Auszüge aus seinen Tagebüchern und Briefen. Auch was Biografen darüber schon geschrieben haben und was entsprechender Literatur aus dem gesamten Umfeld des Krieges zu entnehmen ist, musste dargelegt werden. Ich hoffe, dass die Theologische und die Historische Kommission unseren Einschätzungen folgen werden.

Was fangen diese beiden Kommissionen mit der Positio nun an?

P. Joachim Schmiedl. Die Historische Kommission und die Theologische Kommission entscheiden später darüber ob der Prozess wirklich weitergeht und zwar jeweils mit Zweidrittelmehrheit. Pro Kommission sind das neun Personen. Es war wichtig, dass die Positio in italienischer Sprache verfasst wurde. Nur in einer in der Kirche weit verbreiteten Sprache gibt es eine genügende Anzahl von Konsultoren für die Kommissionen, die so etwas dann beurteilen können. Ich rechne mit einem längeren Zeitraum, bis die Positio es durch unterschiedliche Instanzen bis in die beiden Kommissionen und zu weiteren Entscheidungen schafft.


Postulator Pater Jan Korycki SAC (l) und Pater Joachim Schmiedl, 2003 in Rom (Foto: Archiv)

Postulator Pater Jan Korycki SAC (l) und Pater Joachim Schmiedl, 2003 in Rom (Foto: Archiv)

Sie haben die Positio zusammen mit Pater Jan Korycki SAC geschrieben. Wie gestaltete sich da die Zusammenarbeit?

P. Joachim Schmiedl. Es war eine sehr gute Zusammenarbeit. Ich habe die Vorlage für die Biografie und für die so genannte „Informatio“, die Tugenden und auch über den Ruf der Heiligkeit gemacht. Pater Korycki hat sehr viel an den Zeugenaussagen gearbeitet. Wir haben das gegenseitig immer wieder ergänzt und korrigiert. Es ist im Grunde genommen zweisprachig abgelaufen. Ich habe auf Deutsch geschrieben, er hat auf Italienisch geantwortet und korrigiert und mit der Zeit ist daraus die italienische Endfassung entstanden. Die Übersetzungsarbeiten hat eine Übersetzerin der Fokolar-Bewegung gemacht.

Welches sind die weiteren Schritte im Seligsprechungsprozess.

P. Joachim Schmiedl. Zunächst heißt es einmal abwarten. Aktuell bleibt die Frage nach der Verehrung von Josef Engling und auch das Gebet um ein Wunder durch seine Fürsprache. Ich habe den Eindruck, dass sich derzeit in der Frage nach der Verehrung einiges tut. Wir haben heute zwar nicht mehr dieselbe Bindung an Cambrai, wie das zu Zeiten von Marienbruder Paul Hannappel war. Aber es gibt in Frankreich mittlerweile auch interessante neue Ansätze der Verehrung von Josef Engling. Es tut sich zudem einiges in Polen rund um seinen Geburtsort Prossitten. Und in der weltweiten Schönstattfamilie ist durchaus ein bleibendes Interesse an Engling spürbar. So habe ich auf den Facebook Eintrag, dass die Positio abgegeben wurde, eine ganze Reihe von Anfragen bekommen.

Wenn man sieht, dass im Schönstatt-Heiligtum besonders die Gnade der seelischen Wandlung geschenkt wird, glauben Sie dann, dass es trotzdem jemals zu einem medizinisch prüfbaren Wunder auf Englings Fürsprache kommen wird? Muss man nicht viel mehr darauf hoffen, dass die Kirche eines Tages die Kriterien für Wunder erweitert definiert und erst dann die Chance einer Seligsprechung von Josef Engling von anderen Schönstättern oder sogar des Gründers Pater Kentenich erfolgen kann?

Die Notwendigkeit eines Wunders ist im Falle der Heiligsprechung von Johannes XXIII. bereits außer Kraft gesetzt worden. Jetzt ist Johannes XXIII. ein besonderer und sympathischer Heiliger, sehr volkstümlich. Aus jetziger Sicht sieht es tatsächlich nicht danach aus, als ob von einem Wunder als Voraussetzung für eine Seligsprechung abgegangen werden könnte. Natürlich wird es heute immer schwieriger, ein Wunder nachzuweisen, weil die medizinischen Kenntnisse immer weiter voranschreiten. Allerdings, moralische Wunder sind auch nicht leicht nachzuweisen. In der Tradition der Kirche ist es ja so, dass es immer noch eine Bestätigung von oben braucht. Das Mitwirken des Menschen und gleichzeitig das letztlich ursächliche Wirken Gottes, das sich eben in einem Wunder manifestiert, hat schon eine gewisse Berechtigung, auch wenn es dann Jahre, Jahrzehnte oder wie bei manchen Kandidaten auch Jahrhunderte dauern kann. Da stellt sich dann besonders die Frage nach der Verehrung der Kandidaten.

Schönstatt-Heiligtum in Cambrai, Frankreich (Foto: Archiv)

Schönstatt-Heiligtum in Cambrai, Frankreich (Foto: Archiv)

Geburtshaus von Josef Engling in Prossitten, Polen (Foto: Archiv)

Geburtshaus von Josef Engling in Prossitten, Polen (Foto: Archiv)

Ein wesentlicher Schritt für den weiteren Seligsprechungsprozess ist also, dass Josef Engling bekannter wird und mehr Menschen ihn verehren?

P. Joachim Schmiedl. Ja in dieser Richtung können wir mehr tun. Und die Vorbildhaftigkeit Josef Englings muss sich auch für die jeweilige Zeit neu zeigen. Nehmen wir zum Beispiel sein fast schon „sportmäßiges“ Sammeln von „Mai-Blüten“ als Ausdruck seines Weges der religiösen Selbsterziehung. Das kann für Jugendliche ein interessantes Modell sein, sich im religiösen Bereich etwas anzustrengen. Für Erwachsene ist es vielleicht interessanter zu sehen, wie Josef Engling mit seelischen Niederlagen umgegangen ist. Oder wenn man betrachtet wie Josef Engling gegen Ende seines Lebens in eine tiefe Beziehung zum Dreifaltigen Gottes hineingewachsen ist, die für ihn ganz spürbar und erfahrbar war, er also eine Art Alltagsmystik gelebt hat, kann das für jemand, der im religiösen Leben wachsen möchte, eine besondere Anregung sein. So zeigen sich unterschiedliche Zugänge zu Josef Engling, die für jede Altersstufe, aber auch für jede Zeit neu entdeckt werden müssen.

Schönstatt muss also neue Zugänge zu Josef Engling suchen und ermöglichen?

P. Joachim Schmiedl. Ja. Und das gilt nicht nur für Josef Engling, das gilt für ganz Schönstatt. Schönstatt ist jetzt 100 Jahre alt. Es ist in einer Zeit entstanden, die überhaupt nicht mehr die unsere ist. Der Gründer ist in einer Zeit verstorben, die sich von der unseren diametral unterscheidet. Wenn Kentenich von Zeitenwende redet, dann ist das ein „kleiner Klacks“ verglichen mit dem, was sich seit seinem Tod an Zeitenwende ereignet hat. Das ist eine wirkliche Herausforderung vor der wir stehen, gerade auch im Hinblick auf die Vorbilder unserer Bewegung, wie Josef Engling eines ist.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Heinrich Brehm

Top