Nachrichten

21. März 2016 | Deutschland | 

Als Ehepaar täglich in der Schule des Erbarmens sein


Gesprächsrunde beim 14. Absolventenkongress der "Akademie für Ehe und Familie" (Foto: Defrancesco)

Gesprächsrunde beim 14. Absolventenkongress der "Akademie für Ehe und Familie" (Foto: Defrancesco)

Michael Defrancesco. Pforten der Barmherzigkeit finden sich im Heiligen Jahr der Barmherzigkeit allerorten. Ob Dom oder Urheiligtum – Papst Franziskus wollte, dass viele Gläubige die Erfahrung machen: Gott kommt mit seiner Barmherzigkeit zu uns. Wenn die „Akademie für Ehe und Familie“ ihren 14. Absolventenkongress im Haus „Marienland“ in Schönstatt unter das Motto „In unseren Häusern durch die Pforte der Barmherzigkeit gehen“ stellt – was bedeutet das für das konkrete Familienleben?

14. Absolventenkongress der „Akademie für Ehe und Familie“ in Schönstatt

 

Impuls von Dr. Daniela Mohr-Braun (Foto: Defrancesco)

Impuls von Dr. Daniela Mohr-Braun (Foto: Defrancesco)

Mohr-Braun: „Es lebe der Unterschied – wir müssen uns nicht immer einig sein und auch nicht immer einigen.“ (Foto: Defrancesco)

Mohr-Braun: „Es lebe der Unterschied – wir müssen uns nicht immer einig sein und auch nicht immer einigen.“ (Foto: Defrancesco)

„Habe eine Schwäche für deine Schwäche“: Dr. Daniela Mohr-Braun blickte in ihrem Eröffnungsimpuls zunächst auf die Eheleute, die sich gegenseitig in ihren Schwächen annehmen wollen und sollen. „Die meisten Konflikte entstehen durch unsere Unterschiedlichkeit“, sagte Mohr-Braun, „ich rege mich über andere Dinge auf als mein Partner.“ Ihr Plädoyer: „Es lebe der Unterschied – wir müssen uns nicht immer einig sein und auch nicht immer einigen.“ Da lohnt der Blick zurück in die Tage der ersten Verliebtheit: Genau das Anderssein des Partners zog mich an – die Idee, dass wir beide uns ergänzen. Über die Schwächen des anderen sahen wir humor- und liebevoll hinweg.

Aber: Wie verschieden dürfen Ehepaare sein? Wie viel Spannung hält ein Paar aus, wie viel Eigenständigkeit der beiden Partner? Problematisch wird es laut Mohr-Braun, wenn das Anderssein des Partners bewertet wird. „Du siehst es anders – und das bedeutet nicht, dass du es falsch siehst. Anders ist schlicht anders, nicht falsch“, sagte die Referentin. Wer diesen Blick behält, wird es im Ehealltag leichter haben.

Doch manchmal können die Zeichen der Versöhnung nicht ausreichen, ist barmherziges Blicken auf die Schwächen des Partners kaum möglich. „Manchmal kann ein Zeichen des Vergebens auch sein, wenn man den anderen gehen lässt: gehe in Frieden“, sagte Mohr-Braun mit Blick auf gescheiterte Ehen.

Durch Selbsterziehung dem Partner entgegenkommen

In der Gruppenarbeit wurden die Gedanken von den Ehetrainer-Paaren weitergedacht. So wurde das Thema Selbsterziehung eingebracht: Wenn ich an mir selbst und an meinen Schwächen arbeite und mich selbst erziehe, komme ich meinem Partner entgegen und mache es ihm leichter, mit mir barmherzig zu sein.

Dr. Mirjam Bechtold und Dr. István Bechtold (Foto: Defrancesco)

Dr. Mirjam Bechtold und Dr. István Bechtold (Foto: Defrancesco)

Viele Absolventen der Akademie nutzen das Treffen zur Weiterbildung und zu Begegnung und Austausch (Foto: Defrancesco)

Viele Absolventen der Akademie nutzen das Treffen zur Weiterbildung und zu Begegnung und Austausch (Foto: Defrancesco)

Güte, Humanität und Achtsamkeit

„Beherzt erziehen“ hieß dann das Nachmittagsgespräch von Dr. Mirjam Bechtold und Dr. István Bechtold. Barmherziges Handeln setzt erst einmal voraus, dass man barmherzig mit sich selbst ist, sagten die Referenten. Selbst-Güte statt Selbstverurteilung (meine Grenzen annehmen, persönliche Erbärmlichkeiten als Liebesweg Gottes ansehen – laut P. Josef Kentenich), verbindende Humanität (Schicksalsverwobenheit: den Blick auch auf die Probleme der anderen richten) sowie Achtsamkeit (im Hier und Jetzt sein, Dinge stehenlassen, nicht sofort bewerten) – diese drei Punkte können laut Bechtold auf dem Weg zur Barmherzigkeit mit sich selbst helfen.

Das Gleichnis vom verlorenen Sohn zeigt drei Figuren: den barmherzigen Vater, den verlorenen Sohn, der Barmherzigkeit empfängt – und den Bruder, der das Geschehen als ungerecht empfindet. Barmherzigkeit (du bekommst viel mehr als du verdienst) versus Gerechtigkeit (du bekommst, was du verdienst) – „Barmherzigkeit kann ungerecht sein!“, betonten die Referenten.

Gangbare Wege der Barmherzigkeit in Ehe und Familie

Im Gruppengespräch gingen die Ehetrainer im Anschluss der Frage nach, welche „sieben Wege der Barmherzigkeit“ in der eigenen Familie gangbar und wünschenswert sind. Zeit zum Reden erspüren, über Beleidigungen vonseiten der Kinder hinwegsehen, Heimat und Zeit schenken, vergeben und neu anfangen, das Gute speichern und das Schlechte wieder vergessen – das waren einige Wege, die aus der Gruppenarbeit vorgetragen wurden.

Am Abend stand dann ein Besuch des Urheiligtums auf dem Programm: Die Paare waren eingeladen, einzeln durch die Pforte der Barmherzigkeit zu gehen und im Nachhinein darüber zu meditieren, was sie dabei empfanden.

Pater Heinrich Walter (links) und Pater Thomas Fluhr feierten mit des Familien den Palmsonntagsgottesdienst (Foto: Defrancesco)

Pater Heinrich Walter (links) und Pater Thomas Fluhr feierten mit des Familien den Palmsonntagsgottesdienst (Foto: Defrancesco)

Die Palmprozession begann am Schönstatt-Heiligtum Marienland (Foto: Defrancesco)

Die Palmprozession begann am Schönstatt-Heiligtum Marienland (Foto: Defrancesco)

Den Menschen von seiner Bedürftigkeit her sehen

Der Palmsonntag stand abschließend unter dem Zeichen eines geistlichen Impulses von Pater Heinrich Walter. „Gott hat sich in uns verliebt“, sagte er und zitierte Papst Franziskus: „Der Tragebalken, der die Kirche stützt, ist die Barmherzigkeit.“ „Franziskus ist der erste Papst, den ich erlebe, der nicht von der Dogmatik her kommt, sondern von der Bedürftigkeit der Menschen“, sagte P. Walter. „Darum hat er so eine große Wirkung auf die Menschen.“ Der persönliche Zugang, die persönliche Gotteserfahrung steht im Zentrum der päpstlichen Seelsorge.

Dabei die Erfahrung von Barmherzigkeit zu machen, ist ganz entscheidend für das eigene Leben, so P. Walter. Gottes Liebesbeweise nachkosten, die Erfahrung zu machen, im „Erbarmungsmeer“ Gottes zu schwimmen, den liebenden Blick Marias auf sich zu spüren – all dies heilt die eigene Seele und macht fähig, anderen Menschen gegenüber barmherzig zu sein.

Weitere Infos


Top