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12. März 2016 | Delegiertentagung | 

Familienabend - Ein Vater, der durch den Nebel führt


Zeitzeugen aus der ersten Generation beim Familienabend (Foto: Brehm)

Zeitzeugen aus der ersten Generation beim Familienabend (Foto: Brehm)

Cbre. Gespannte Stille lag über dem Raum, als Schwester Veronika Riechel, die Moderatorin des Abends, ankündigte: 50 Jahre nach Konzilsende und 50 Jahre nach der Heimkehr Pater Kentenichs aus dem Exil, würden nun die spannenden Tage zwischen dem Abflug des Gründers aus dem Exil in den USA, seinem Eintreffen in Rom und fast zwei Monate später seiner Ankunft in Schönstatt nacherlebt werden können.

Schwester M. Veronika Riechel moderiert den Familienabend (Foto: Brehm)

Schwester M. Veronika Riechel moderiert den Familienabend (Foto: Brehm)

„Ich bin ganz ruhig!“

Eine Bilderfolge ohne Worte genau dieser Stationen macht den Anfang, musikalisch untermalt von Querflöte, Klavier und Cello. Beeindruckend war ein Video, in dem Pater Günther M. Boll von der damals verworrenen Situation erzählte: Pater Kentenich war durch ein Telegramm nach rom gerufen worden, von dem aber in Rom niemand etwas wusste und dessen Absender auch nicht aufgefunden werden konnte. Deshalb ging es um die Frage, ob er wieder zurück nach Milwaukee, USA, geschickt werden sollte. Zusammen mit Weihbischof Tenhumberg und Prälat Wissing war Boll an den Verhandlungen mit dem Heiligen Stuhl beteiligt. Er stellte eindrucksvoll die völlige Ruhe und Gelassenheit Pater Kentenichs in dieser aufgeregten Situation dar. Pater Kentenich zu Günther Boll: „Ich bin ganz ruhig. Ich habe solche Situationen hunderte Mal in meinem Leben erlebt. Aber Sie können ganz sicher sein, es wird eine Lösung geben, ich weiß nicht wie und wann, aber die Gottesmutter wird eine Lösung finden.“ Bald darauf wurden alle Vorwürfe gegen den Schönstatt-Gründer fallen gelassen, alle Dekrete aufgehoben und er und sein Werk vollständig rehabilitiert.

Charisma, Menschen zusammen zu führen

Bilder mit Untertiteln erzählten vom 80. Geburtstag des Gründers, der in Rom mit den Vertretern der Leitungen des inzwischen gewachsenen Werkes gefeiert wurde. Immer wieder wurde hervorgehoben wie gut Kentenich es verstanden habe, ein familienhaftes Klima zu fördern, Menschen zusammenzubringen, miteinander zu verbinden, Gemeinschaft zu schaffen.

Am 24. Dezember 1965 traf der Gründer nach 14-jähriger Abwesenheit wieder in Schönstatt ein, wo er dankbar im Urheiligtum kniet. Bei der anschließenden Begegnung in der Marienschule spricht er das Wort: „Ich stelle mir vor, dass Sie gespannt sind, was das erste Wort ist, dass ich Ihnen nach 14 Jahren sagen werde. Ich möchte mit Ihnen emporsteigen zu den Sternen, zum Himmel. Gott schenkt mir erneut diese Familie, um sie zu formen und zu gestalten, dann in die Ewigkeit hinüber zu wandern und von dort die Familie weiter zu betreuen.“

Schwester M. Mechthilde (Foto: Brehm)

Schwester M. Mechthilde (Foto: Brehm)

Zeitzeugen aus der ersten Generation berichten

Drei Zeitzeugen aus der ersten Generation berichten von ihren Eindrücken aus dieser spannenden Zeit und Ihrem Erleben des Gründers und Vaters der Familie.

Schwester Mechthilde, die seit 50 Jahren zu den Marienschwestern gehört, erzählt von einem unverhofften Treffen ihrer ganzen Schwestern-Generation mit Pater Kentenich. Obwohl er dieses Treffen mit den 300 jungen Schwestern wegen vieler anderer Termine nicht verbindlich zusagen kann, kommt er doch und nimmt sich lange Zeit für Begegnung und Ansprache. Sein Dank gilt diesen Schwestern, die in den vergangenen 14 Jahren seiner Abwesenheit bei den Marienschwestern eingetreten waren und besonders viel für seine Freilassung gebetet und geopfert hatten. „Das Band, das uns miteinander verbindet, das soll bleiben, heute, morgen und übermorgen.“

Marienbruder Gerhard M. Bauer (Foto: Brehm)

Marienbruder Gerhard M. Bauer (Foto: Brehm)

Ein Mann, dem man vertraut

Herr Gerhard M. Bauer aus der Gemeinschaft der Schönstätter Marienbrüder, erlebte Pater Kentenich erstmalig in Rom nach der Rückkehr aus dem Exil, aber nur aus der zweiten oder dritten Reihe. Persönlich habe er nicht mit ihm gesprochen, weil immer andere Leute dazwischen gekommen wären. Aber er habe sich damals notiert, was ihn an diesem Mann fasziniert habe: „Er ist nur für die anderen da, selbstverständlich, unverkrampft, frei, ganz normal, nüchtern. Ein klares Denken und Reden zeichnet ihn aus. Er weiß, was er will. Ein Mann, dem man vertraut und mit dem man mitgehen kann.“

Pater Josef Fleischlin, Horw, Schweiz (Foto: Brehm)

Pater Josef Fleischlin, Horw, Schweiz (Foto: Brehm)

Ein Vater, der durch den Nebel führt

Pater Josef Fleischlin, Horw, Schweiz, beschreibt wie er Pater Kentenich als Gründer, dann als geistlichen Lehrer und schließlich als Vater erfahren hat. Er hätte mit seinen Mitbrüdern Briefe und Tagungsmitschriebe abgeschrieben und kopiert, um sich so mit der Gedankenwelt dieses im fernen Amerika weilenden Mannes vertraut zu machen. Damals habe es noch keine Bücher von ihm gegeben wie heute, wo die Studenten einen Stoß Bücher „diagonal quer lesen“ würden, um ihn kennenzulernen. Trotzdem habe er einen großen Abstand gespürt zu diesem Mann. Er habe einmal den hochmütigen Satz gesagt: „Ich gehe nie allein zu ihm. Der sieht mir zu stark zwischen die Rippen.“ 1966 sei ihm dieser geistige Lehrer dann während eines Exerzitienkurses zum Vater geworden. Da habe er sie, die 9 Priester aus der Schweiz, wie bei einer Bergwanderung an der Hand genommen und durch den Nebel hindurch auf Höhen geführt. Er sei dann auch den Weg mit ihnen wieder hinuntergegangen, um sie beim nächsten Vortrag wieder durch den Nebel mit hinauf zu nehmen. Fleischlin sei plötzlich klar geworden: „Der geht den Weg mit. Ein Lehrer bleibt, wo er ist. Ein Vater nimmt einen mit. Dieser Mann, der noch vor 20 Jahren in einer Sträflingsuniform steckte und durch die Hölle ging und danach viele Jahre Verleumdung und Trennung erfahren musste, dem kannst du dich anvertrauen, an den und dessen Gott kannst du dich halten. Der führt Wässerchen zusammen, bis große Wasser werden. Es gelingt ihm, Menschen zusammen zu führen, dass alle voneinander hören und Freude aneinander bekommen.“


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