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19. Februar 2016 | Deutschland | 

Los lassen und neu beginnen


Gesprächsmöglichkeiten und Begegnung schaffen (Foto: FTS)

Gesprächsmöglichkeiten und Begegnung schaffen (Foto: FTS)

Hbre. Die Schönstatt-Bewegung Frauen und Mütter bietet getrennt lebenden und geschiedenen Frauen für ihre oft nicht einfache Lebenssituation in Tages- und Wochenendveranstaltungen Hilfe und Orientierung an. Ein Team von Frauen, die selbst geschieden sind und die Schwierigkeiten des Alleinerziehens aus eigener Erfahrung kennen, bereiten die Veranstaltungen vor. Luise Wolking und Schwester M. Anne-Meike Brück stellen im nachfolgenden Interview die Initiative der Gruppierung „Frauen nach Trennung oder Scheidung“ dar und sprechen darüber, was Frauen in solchen Lebenssituationen helfen kann.

Interview mit Luise Wolking und Schwester M. Anne-Meike Brück

Wie kam es dazu, dass Sie sich für Frauen nach Trennung oder Scheidung einsetzen?

Schw. M. Anne-Meike: 2002 gestalteten wir eine erste Tagung für Frauen nach Trennung oder Scheidung in Schönstatt. Mit dabei waren 21 Frauen aus ganz Deutschland. Dieses Seminar kam auf Wunsch von Frauen zustande, die geschieden waren. Mir war klar: Solche Treffen gehen nur, wenn es Frauen gibt, die diese Situation aus eigenem Erleben her kennen und das Seminar mitgestalten. Eine der Frauen aus unserem vorbereitenden Team sagte nach diesem Seminar: „Ich habe noch selten so viel Leid auf einmal in einem Raum erlebt, aber es hat auch so viele unbeschreiblich schöne Momente gegeben!" Schon während der Tagung wurde klar: Es gibt eine Fortsetzung solcher Veranstaltungen.

Wortmarke Frauen nach Trennung und Scheidung (Foto: FTS)

Frau Wolking, wie sind Sie in dieses vorbereitende Team gekommen?

Luise Wolking: Ich kam im März 2002 auf Drängen einer Bekannten zu der ersten Tagung für Frauen nach Trennung oder Scheidung. In Schönstatt machte ich eine Erfahrung, die ich noch nie so gemacht hatte. Ich hatte das Gefühl, richtig zu sein, angenommen und geliebt.

Die unterschiedlichsten Erfahrungen wurden ausgetauscht. Wir bekamen Hilfestellung um das Vergangene zu verarbeiten und unseren Glauben zu vertiefen. Meine damalige Lebenssituation aus der Perspektive des Glaubens zu sehen, hat mir sehr geholfen. Zuhause habe ich vor allem den Rat, auf die ersten und letzten Augenblicke des Tages zu achten, umgesetzt.

Nach diesem ersten Treffen ging ich mit ins Vorbereitungsteam für solche Veranstaltungen. Die Erfahrung des Wochenendes hat in mir eine Freude am Leben wachgerufen, die ich nicht mehr kannte und die ich weitergeben wollte.

Nach Trennung und Scheidung - oft ein steiniger Weg (Foto: FTS)

Nach Trennung und Scheidung - oft ein steiniger Weg (Foto: FTS)

Was hilft den Frauen in dieser belastenden Lebenssituation?

Luise Wolking: Auch wenn bei solchen Treffen viel Leid ausgesprochen wird, ist es eine frohe und gute Atmosphäre, in der jede Frau und jedes Kind sich angenommen und darum wohlfühlen kann. Bei den Veranstaltungen und Treffen wird geweint und gelacht. Jede Frau darf ihre Erfahrungen und Ängste einbringen. Gleiche Leiderfahrungen verbinden.

Wir versuchen darüber hinaus durch Rat und Tat zu helfen, wo es möglich ist. Wir gehen mit auf Ämter, organisieren Möbel oder andere benötigte Dinge, gehen in die Familien. Wir machen auf die kleinen Glücksmomente im Alltag aufmerksam. Wir bestärken die Frauen, sich Hilfe zu holen.

Wir sprechen alles an, was Frauen bewegt, schauen mit ihnen auch in die Abgründe ihres Lebens. Dabei gibt es kein Tabuthema.

Schw. M. Anne-Meike: Die Frauen bilden untereinander so etwas wie eine Solidargemeinschaft. Persönliche Freundschaften werden aufgebaut. Eine unterstützt die andere. Manche rufen sich gegenseitig an, wenn es ihnen nicht so gut geht. Sie treffen sich zu Freizeitaktivitäten. Wir unterstützen auch in der ganz konkreten Not. Das setzt natürlich voraus, dass wir Personen finden, die unsere Arbeit finanziell unterstützen. Gott sei Dank gibt es Menschen mit großer Sensibilität für die Not der anderen.

Wie sehen Sie die Aufgabe der Kirche in dieser Situation nach Trennung oder Scheidung?

Luise Wolking: Die Unauflöslichkeit des Ehesakramentes ist eine Hilfe für die getrennt lebenden Partner, nicht mit den entstandenen Verletzungen in die nächste Beziehung zu springen. Die „Brüche“ im Leben der Kinder werden vielfach zu wenig gesehen. Wenn ein Elternteil aus der gemeinsamen Wohnung geht, ist die Belastung sehr groß. Wenn ein neuer Partner kommt, hat das schwerwiegende Konsequenzen. Die Belange der Kinder stehen oft hintenan. Ein Kind hat den berechtigten Wunsch, angesehen zu sein und gewertet. Die alleinerziehende Mutter oder der alleinerziehende Vater hat da eine große Verantwortung, die ein neuer Partner meist nicht gerne teilt.

Das Ehesakrament ist in dem Sinne ein Schutz für die Eheleute auch dann, wenn eine Trennung sein muss, besonders in Ehen, die gewaltbesetzt und lebensbedrohlich sind.

Frauen gemeinsam unterwegs (Foto: FTS)

Frauen gemeinsam unterwegs (Foto: FTS)

Schwester M. Anne-Meike: Ich kann mich gut daran erinnern, dass wir bei einem unserer Teamtreffen der Frage nachgegangen sind, ob Gott auch durch das Scheitern einer Ehe zu uns sprechen kann. Durch diese Krisensituation kann ganz neu die Frage aufkommen: Welchen Sinn hat mein Leben? Und es gibt Frauen, die erstmals für sich eine tiefgehende Antwort auf diese Frage suchen und finden.

Sie machen die Erfahrung: Gott tritt persönlich ein in mein Leben. Für sie ist seine Liebe wichtig geworden. Dass Gottes Liebe wichtig wird in dieser Lebenssituation, das können Menschen vermitteln, die fest im Glauben stehen. Das ist Aufgabe der Kirche.

Wohin können sich Frauen wenden, die Hilfe suchen?

Schwester M. Anne-Meike: Frauen können sich auch gerne telefonisch oder per Mail melden: Pilgerzentrale Schönstatt, Tel. 0261/962640, sr.anne-meike@schoenstatt-info.de.

Am 19.03.2016 gibt es ein Tagesseminar im Pilgerhaus Schönstatt. Im Mai haben wir ein Wochenende für alleinerziehende Frauen mit eigenem Kinderprogramm. Im Internet unter www.nach-trennung-scheidung.de sind die Daten der Treffen für 2016 abrufbar.

Mehr Informationen

  • 19.03.2016:
    Los lassen und neu beginnen, Tagesseminar, Beginn: 10:00 Uhr – 17:00 Uhr, Pilgerhaus Schönstatt, Vallendar
  • 03.06. – 05.06.2016:
    Vergebung darf dauern. - mit eigenem Kinderprogramm - Freitag, 17:30 Uhr – Sonntag, 14:15 Uhr, Pilgerhaus Schönstatt, Vallendar
  • www.nach-trennung-scheidung.de
  • www.wallfahrt-schoenstatt.de

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