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10. November 2015 | Deutschland | 

Neue Heimat für jugendliche Flüchtlinge im Schönstatt-Zentrum Dietershausen


Begrüßungsschild an der Haustür des ehemaligen Provinzhauses (Foto: Schulz)

Flüchtlinge sind willkommen - Begrüßungsschild an der Haustür des ehemaligen Provinzhauses (Foto: Schulz)

Sr. M. Louise Schulz. Im Foyer des Provinzhaus der Marienschwestern in Dietershausen herrscht geschäftiges Treiben. Alle Schwestern, die irgendwie können, sind – sogar im Rollstuhl – gekommen, um die künftigen Bewohner ihres Hauses zu einem ersten Besuch zu begrüßen. Insgesamt 50 bis 60 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die bislang in einer provisorischen Unterkunft waren, ziehen bis Mitte November mit ihren Betreuern hier ein. Es sind Jungen ab 14 Jahren, junge Männer aus Afghanistan, Albanien, Eritrea, Gambia und Syrien, die im Landkreis Fulda gestrandet sind. Ein großes Schild: „Herzlich willkommen“ hängt an der Haustür des Provinzhauses und im großen, von der Herbstsonne durchfluteten Speisesaal ist liebevoll gedeckt mit einer kleinen Süßigkeit an jedem Platz.

Bisher Provinzhaus der mitteldeutschen Provinz der Schönstätter Marienschwestern im Schönstatt-Zentrum Dietershausen - jetzt neue Heimat für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge (Foto: Schulz)

Bisher Provinzhaus der mitteldeutschen Provinz der Schönstätter Marienschwestern im Schönstatt-Zentrum Dietershausen - jetzt neue Heimat für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge (Foto: Schulz)

Hausoberin Sr. M. Ilga Dreier mit den Bereichsleitern der Caritas-Jugendhilfe in Dietershausen:  Martin Seifert, Christof Schneider, Yvonne Erb (Foto: Schulz)

Hausoberin Sr. M. Ilga Dreier mit den Bereichsleitern der Caritas-Jugendhilfe in Dietershausen:  Martin Seifert, Christof Schneider, Yvonne Erb (Foto: Schulz)

Schwestern und Mitarbeiter erwarten die Jugendlichen (Foto: Schulz)Schwestern und Mitarbeiter erwarten die Jugendlichen (Foto: Schulz)

Schwestern und Mitarbeiter erwarten die Jugendlichen (Foto: Schulz)

Ehemaliges Provinzhaus wird zur Erstaufnahme- und Clearingstelle

Die Schwestern selber sitzen seit Wochen auf ihren Koffern. Durch Zusammenlegung der Provinzen in Deutschland wird das Provinzhaus in Dietershausen aufgelöst. Darum heißt es für die meisten Schwestern Abschied nehmen und umziehen auf andere Filialen und Pflegeeinrichtungen der Gemeinschaft in Süddeutschland. Ihr Provinzhaus haben die Schwestern der Caritas Fulda übergeben, der mit seinem Jugendhilfe-Verband St. Elisabeth darin nun eine Erstaufnahme- und Clearingstelle betreibt und den jugendlichen Flücht­lingen eine neue Heimat und Integrationshilfe zu geben versucht. Das weitläufige Anwesen ist bestens dafür geeignet. Und als Zufluchtsort für junge Menschen erfüllt das Haus weiterhin eine Aufgabe ganz im Sinne Schönstatts und der Marienschwestern.

Hinter jedem jungen Gesicht - ein Schicksal

Heute also die erste Begegnung. Bereichsleiter Christof Schneider von der Caritas dankt in seinen Begrüßungsworten den Schwestern für die herzliche Aufnahme, „für die gelebte Herzlichkeit, die wir hier erfahren haben und die mehr ist als nur eine Floskel unter einem Brief“, wie er sagt. Schwestern und Jugendliche versuchen an den Kaffeetischen mit Brocken Englisch und Deutsch, mit „Händen und Füßen“ und vor allem mit Lächeln und freundlichen Blicken Kontakt aufzunehmen. Eines ist allen bewusst: hinter jedem jungen Gesicht - ein Schicksal. Ein 19-jähriger Afghane gibt zu verstehen, dass er seit zwei Jahren auf der Flucht ist, zu Fuß, durch 9 Länder. Ein Junge aus Syrien ist nur still, aber seine Augen suchen unruhig. Mit Unterstützung wird nach einer Weile klar: seine Schwester ist auch in Deutschland angekommen. Wie nur können sie zusammen­kommen? Die aufmerk­samen Mitarbeiter­innen der Caritas hören gut hin und wissen Rat.

Ein junger Syrer zeigt der Schwester bei ihm am Tisch ein Foto auf seinem Handy: ein völlig zerbombtes Haus, verschüttete Kinder, die anscheinend tot sind, liegen davor. Große Betroffenheit auf beiden Seiten. Erklärende Worte sind nicht möglich und wohl auch nicht nötig.

Das Team der professionellen Betreuer und Betreuerinnen der Caritas sorgen in zwei Schichten plus Nachtbereitschaft rund um die Uhr für die Jugendlichen. Eine der Mitarbeiterinnen, von kräftiger Statur und mit 30 –jähriger Erfahrung in der Jugendhilfe, hat schon ihren Spitznamen: „Big Mama“. Ja, eine Mutter, verstehende Herzen und helfende Hände, das brauchen diese jungen Menschen vor allem.

Schönstatt-Heiligtum in Dietershausen (Foto: Schulz)

Schönstatt-Heiligtum in Dietershausen (Foto: Schulz)

Im Bewegungshaus, dem "Josef-Engling-Haus" im Schönstatt-Zentrum Dietershausen, geht die Arbeit weiter (Foto: Schulz)

Im Bewegungshaus, dem "Josef-Engling-Haus" im Schönstatt-Zentrum Dietershausen, geht die Arbeit weiter (Foto: Schulz)

Gottesmutter nimmt Fuldaer Schönstatt-Bewegung beim Wort

In direkter Nachbarschaft zum Provinzhaus steht das Schönstatt-Heiligtum mit dem Bewegungshaus Josef-Engling-Haus. Dort bleiben die Schwestern. Sie setzen ihre Arbeit für die Schönstatt-Bewegung im Bistum Fulda wie bisher fort und wollen nach Kräften mithelfen, dass die jugendlichen Flüchtlinge sich hier gut einleben.

Die Schwestern haben sich auf die neue Situation eingestellt und ganz brandaktuell beten sie für die Flüchtlinge gern das „Liebesbündnis für die Menschen in unserem Land“, mit dem die 100-Jahr-Feier in Schönstatt eröffnet wurde. Als „Deutschlandweihe“ hatte es in Fulda seit 1954 seine Tradition und an der MTA-Säule in Dietershausen hat die Schönstatt­familie es seit 1978 jedes Jahr feierlich erneuert.

„Die Tür zu deinem Heiligtum steht offen für alle …
Mit dir wollen wir dazu beitragen,
dass alle Menschen Gottes bedingungsloses Ja erfahren.
Gib uns den Blick für ihre Würde,
ein Ohr für ihre Fragen
und eine Sprache, die Brücken baut…“

Die Gottesmutter nimmt die Fuldaer Schönstatt-Bewegung offensichtlich beim Wort und zeigt ihnen mit den geflohenen, traumatisierten jungen Menschen im Schatten ihres Heiligtums neue Aufgaben.

Heiligtum und Bewegungshaus "Josef-Engling-Haus" im Schönstatt-Zentrum Dietershausen, Herbst 2015 (Foto: Schulz)

Heiligtum und Bewegungshaus "Josef-Engling-Haus" im Schönstatt-Zentrum Dietershausen, Herbst 2015 (Foto: Schulz)


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