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16. Dezember 2014 | Deutschland | 

70 Jahre seit der Priesterweihe des seligen Karl Leisner


Karl Leisner (Foto: Archiv)

Karl Leisner (Foto: IKLK-Archiv)

Pfarrer Oskar Bühler. Am 17. Dezember sind es 70 Jahre, seit der denkwürdigen Priesterweihe im KZ Dachau: der todkranke Häftling, Diakon Karl Leisner, empfing durch Handauflegung eines französischen Bischofs, der sein Mitgefangener war, die Heilige Weihe. Für den Neugeweihten ging damit eine Jahre lange Sehnsucht in Erfüllung. Kurz vor seiner geplanten Priesterweihe war er im November 1939 im Sanatorium in St. Blasien/Schwarzwald verhaftet worden. Es folgten: Gefängnishaft in Freiburg/Br. und Mannheim, KZ-Aufenthalt in Sachsenhausen und seit Dezember 1940 in Dachau.

Karl Leisner im priesterlichen Gewand (Foto: Archiv)

Karl Leisner im priesterlichen Gewand (Foto: IKLK-Archiv)

Im KZ das Liebesbündnis gelebt

Die unwürdigen und schikanösen Lebensverhältnisse im KZ hatten zur Folge, dass im Frühjahr 1942 die Lungenkrankheit wieder ausbrach, die in St. Blasien ausgeheilt war. Die meiste Zeit musste er nun im „Krankenrevier“ verbringen, in dem die Schikanen und Demütigungen nicht geringer waren als im übrigen Lager. Dies war für ihn eine Herausforderung, sein Liebesbündnis zu leben. In einem Brief an seinen Gruppenführer Heinrich Tenhumberg, der Marinesoldat war, erinnerte Karl Leisner 1943 an den 18. Oktober 1939, an dem seine Gruppe in Schönstatt der Gottesmutter Blankovollmacht schenkte. „Ich konnte nur im Geiste mittun“ schrieb Karl Leisner. Er erinnerte sich lebendig daran und schöpfte daraus die Kraft, seine Leiden zu tragen.

Diese Leidenszeit war für ihn eine Zeit der geistlichen Reifung. Eine wichtige Hilfe dafür war ihm die Schönstatt-Priestergruppe im KZ, die sich das Ideal gab: „Victor in vinculis Mariae – Sieger in den Fesseln Marias“. Zwar war der Kontakt zu dieser Gruppe meistens nur durch Briefe möglich; das behinderte jedoch nicht die tiefe Verbundenheit der Gruppenmitglieder zu ihrem kranken jungen Mitbruder. Über diese Kontakte konnte Karl Leisner die geistliche Entwicklung mit verfolgen, welche die Schönstattfamilie durch ihren Gründer in dieser Zeit erfahren durfte.

Die Kapelle, in der die Priesterweihe stattfand (Foto: Archiv)

Die Kapelle, in der die Priesterweihe stattfand (Foto: IKLK-Archiv)

Sehnsucht nach dem Priestertum

Eine zweite Stütze während dieser Leidenszeit im Krankenrevier war für Karl Leisner der Jesuitenpater Otto Pies, mit dem ihn eine tiefe geistliche Freundschaft verband. Dieser war es, der auf den Gedanken kam, Karl Leisner könnte im KZ zum Priester geweiht werden, nachdem im September 1944 ein französischer Bischof als Häftling ins KZ Dachau gekommen war. Obwohl man ein solches Ereignis lieber im Kreis von Eltern, Geschwistern und Verwandten feiern möchte, willigte Karl in dieses Vorhaben ein; zu groß war seine Sehnsucht nach dem Priestertum.

Bischof Gabriel Piguet von Clermont spendete die Weihe (Foto: Zeichnung: Ferdinand Dupuis, IKLK-Archiv)

Bischof Gabriel Piguet von Clermont spendete die Weihe (Foto: Zeichnung: Ferdinand Dupuis, IKLK-Archiv)

Es wurden unter größter Geheimhaltung die notwendigen Vorbereitungen getroffen. Zwei Bischöfe mussten ihre Zustimmung geben: der Heimatbischof Graf von Galen (Münster) und der Ortsbischof Kardinal Faulhaber (München). Es mussten die bischöflichen Insignien (Stab, Mitra, Ring) und Gewänder hergestellt werden; die für die Weihehandlung notwendigen liturgischen Bücher und heiligen Öle mussten ins Lager geschmuggelt werden. Und ganz besonders sollte sich die gesundheitliche Situation des Weihekandidaten so entwickeln, dass er den anstrengenden Weihegottesdienst durchstehen kann.

Geheime Priesterweihe und Primiz im Konzentrationslager Dachau

Als Weihetermin wurde der Sonntag „Gaudete“ gewählt, der damals auf den 17. Dezember fiel. Zwei Tage vorher war in der Kapelle im Priesterblock 26 die Probe für den Gottesdienst. Bei dieser Gelegenheit wurden – unter Lebensgefahr – die Fotos gemacht, die uns erhalten sind. Am Ereignis der Priesterweihe nahmen natürlich die mitgefangenen Priester regen Anteil, auch die evangelischen Pfarrer im Lager. Nur ein kleiner Teil der Priester durfte an der Feier selber teilnehmen, damit mit Rücksicht auf den lungenkranken Weihekandidaten die Luft nicht so schnell verbraucht wurde. Die zweite große Feier war am Stephanstag die Feier des ersten heiligen Messopfers, die Primiz.

Primizbildchen für die Mitbrüder der Gruppe „Victor in vinculis Mariae“ – hier für Heinz Dresbach (Foto: Archiv)

Primizbildchen für die Mitbrüder der Gruppe „Victor in vinculis Mariae“ – hier für Heinz Dresbach (Foto: Archiv)

Karl Leisner an seinen Bischof

Wie Karl Leisner beide Feiern erlebt hat, hat er in drei Briefen am 30. Dezember beschrieben. Zunächst schrieb er an seinen Bischof:

„Exzellenz, hochwürdigster Herr! Die großen, heiligen Tage sind vorüber. Noch ist das Herz voll des neuen Glücks. Am Gaudetesonntag, 17.12., empfing ich hier in unserer Kapelle die hl. Priesterweihe. Nach über fünf Wartejahren eine selige Gnadenstunde der Erfüllung. Aus ganzem Herzen danke ich nächst Gott Ihnen, daß Sie mir durch Ihr Jawort dies ermöglichten. Bischof Gabriel von Clermont weihte mich. Der Hochwürdige Herr Kardinal [Michael Faulhaber] hatte alles Nötige gesandt. Archidiakon war Reinhold Friedrichs. Von 8¼ - 10h früh dauerte die hl. Handlung. Alle Confratres waren mit mir tief ergriffen und voll hl. Freude. Am Stefanstag 8½ - 10h früh war die hl. Primizfeier, voll seliger Weihnachtsfreude und Stimmung. Ihnen, dem Hochwürdigen Herrn Regens und allen Dank und gutes Neujahr! In treuer, gehorsamer Sohnesliebe Ihr Karl Leisner.“

Darstellung der Priesterweihe Karl Leisners in einem Fenster im Dom zu Xanten (Foto: Archiv)

Darstellung der Priesterweihe Karl Leisners in einem Fenster im Dom zu Xanten (Foto: Archiv)

Karl Leisner an seine Eltern und Geschwister

An seine Eltern und Geschwister schrieb er in derselben Briefsendung:

„Meine Lieben alle! . . . . Kinder, was bin ich glücklich, und Ihr mit mir. Ich kann es noch immer nicht fassen, daß Gott unser jahrelanges Beten und Warten so einzigartig und gnädig erhört hat. Aus dem Brief an den Bischof seht Ihr die Daten. Es waren die herrlichsten Stunden und Wochen meiner ganzen Haft, voll unbegreiflich hohen Glücks. Gleich nach der Handauflegung gab ich still Euch, viellieben Eltern, als ersten den Priestersegen. Am Abend des 17. jedem von Euch feierlich einzeln den Primizsegen; Fränzl und ihr Kleines war besonders mit dabei. Am 18. abends von Opa angefangen allen Verwandten und den großen Wohltätern der Studienjahre. Am Stefanstag brachte ich allein das erste hl. Opfer dar. Nach der Wandlung war ich tief gerührt. Ihr wart als erste beim Gedenken der Lebenden dabei. Beim Gedenken der Toten die lieben Tanten, alle Verwandten, die Großeltern, bis zum Hochwürdigen Herrn Propst, . . . ., allen gefallenen Klevern. Am Altar war ich sehr ruhig und andächtig konzentriert. Keine Spur aufgeregt und voll unbeschreiblicher Freude.“

Darstellung der Priesterweihe Karl Leisners an einem Portal der Basilika in Kevelaer (Foto: Archiv)

Darstellung der Priesterweihe Karl Leisners an einem Portal der Basilika in Kevelaer (Foto: Archiv)

Karl Leisner an seinen Gruppenführer Heinrich Tenhumberg

Einen dritten Brief schrieb er ebenfalls am 30. Dezember an seinen Gruppenführer Heinrich Tenhumberg:

„Lieber Heinrich

Am Stefanstag von 8½ - 10h früh habe ich Primiz gefeiert. Zum ersten Mal allein das hl. Opfer am Altar, in unserer Kapelle hier. Ihr wart alle im Geiste mit dabei. Nach über fünf Jahren Betens und Wartens Stunden und Tage seligster Erfüllung. Daß Gott uns auf die Fürsprache Unserer Lieben Frau so überaus gnädig und einzigartig erhören würde, - ich kann es noch immer nicht fassen. Seit 14 Tagen kann ich nur noch ergriffen beten: Gott, was bist Du groß und gut. Für uns alle waren es Stunden unbegreiflichen Glückes und hoher, hellster Freude, die uns für viele dunkle Stunden reich entschädigten. - Nach der hl. Wandlung war ich für einige Sekunden tief ergriffen und gerührt, sonst sehr ruhig und konzentriert. Stunden seligster Weihnachtsfreuden und feinster, innigster Stimmung. Dir und allen Kameraden den Segen des Allerhöchsten für das kommende Jahr. Voll Jubel und Dank grüßt Dich und alle: Glückauf 1945! Dein Karl.“

Das neue Denkmal für Karl Leisner bei der Stiftskirche in Kleve  (Foto: Stefan Keller)

Das neue Denkmal für Karl Leisner bei der Stiftskirche in Kleve  (Foto: Stefan Keller)

„Sie haben der Kirche einen Heiligen geschenkt.“

Die Primizmesse, die Karl mit großer Ergriffenheit gefeiert hat, sollte seine einzige Heilige Messe sein, die er als Priester feiern durfte. Sein Gesundheitszustand wurde schlechter. Um zu einer ordentlichen Versorgung zu kommen, wurde Karl Leisner nach der Befreiung aus dem Lager herausgeholt und ins Waldsanatorium Planegg gebracht. Trotz der guten Pflege und Versorgung wurde sein Zustand immer schwächer. Am 12. August 1945 ist er verstorben, am 20. August konnte er in seiner Heimat Kleve beerdigt werden. Bischof von Galen hat seinen Eltern geschrieben: „Sie haben der Kirche einen Heiligen geschenkt.“

 

 

 

Denkmal für Karl Leisner in Kleve

Anlässlich des 70. Jahrestages der Priesterweihe wurde in seiner Heimat ein Denkmal für Karl Leisner eingeweiht. Den Bericht von Pfarrer Stefan Keller finden Sie

Voranzeige

  • Anlässlich des 100. Geburtstages des sel. Karl Leisner (am 28. Februar 2015) findet am Mittwoch, 4. März 2015 in der Anbetungskirche auf Berg Schönstatt ein feierlicher Gottesdienst mit Erzbischof em. Dr. Robert Zollitsch statt.

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