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4. November 2014 | 2014 | 

Pädagogik: MARIA, die Erzieherin


Schönstätter in der Audienzhalle im Vatikan am 25. Oktober 2014 (Foto: Brehm)

Schönstätter in der Audienzhalle im Vatikan am 25. Oktober 2014 (Foto: Brehm)

Hbre. Die „Mutterschaft“ sei der wichtigste Titel Marias, sie sei Mutter der Kirche aber auch Mutter jeder und jedes Einzelnen. Christen sollten sich nicht selbst zum Waisen machen, indem sie die Mutter Maria ablehnten. Das betonte Papst Franziskus im Rahmen der Audienz der internationalen Schönstatt-Bewegung im Vatikan am 25. Oktober in seiner Antwort auf den zweiten Fragenkomplex zum Thema: „Pädagogik: MARIA, die Erzieherin“.

Fragen zum Thema Maria (Foto: Eduardo SICT)

Fragen zum Thema Maria (Foto: Eduardo SICT)

Vertreter der Schönstatt-Familie: Heiliger Vater, im apostolischen Schreiben “Evangelii Gaudium” sagen Sie, dass “Maria diejenige ist, die eine Räuberhöhle in ein Haus Gottes verwandeln kann, mit ein paar Tüchern und einer Unmenge an Liebe.”

Unser Gründer, Pater Josef Kentenich, durfte in seiner Kindheit und Jugend, die von der Abwesenheit eines Vaters und den finanziellen Schwierigkeiten seiner Mutter geprägt waren, die Gottesmutter nicht nur als Mutter erfahren sondern auch als Erzieherin. Deshalb bietet er der Kirche das Liebesbündnis als Quelle der ganzheitlichen Heilung und als Weg, um wieder persönlich mit Gott in Kontakt zu kommen.

Da wir von Ihrer großen Marienliebe wissen, hätten wir gerne ein paar Worte von Ihnen zur Rolle Mariens in der Neuevangelisierung und der Erneuerung der Kirche.

Papst Franziskus hört aufmerksam zu (Foto: Brehm)

Papst Franziskus hört aufmerksam zu (Foto: Brehm)

Papst Franziskus zitiert lächelnd einen "alten erfahrenen Prediger": „Wer Maria nicht als Mutter will, der wird sie als Schwiegermutter bekommen!“ (Foto: Eduardo SICT)

Papst Franziskus zitiert lächelnd einen "alten erfahrenen Prediger": „Wer Maria nicht als Mutter will, der wird sie als Schwiegermutter bekommen!“ (Foto: Eduardo SICT)

Papst Franziskus: "Eine Mutter kümmert und sorgt sich um ihre Kinder in allen Situationen, bis ans Ende des Lebens." (Foto: Eduardo SICT)

Papst Franziskus: "Eine Mutter kümmert und sorgt sich um ihre Kinder in allen Situationen, bis ans Ende des Lebens." (Foto: Eduardo SICT)

Antworten von Papst Franziskus

Maria versteht es in der Tat, mit ein paar Fetzen und einem ganzen Berg voller Zärtlichkeit einen Viehstall in das Haus Jesu zu verwandeln. Sie ist auch fähig, ein Kind im Schoß seiner Mutter aufhüpfen zu lassen, wie wir es im Evangelium hören. Sie ist fähig, uns die Freude Jesu zu schenken. Maria ist vor allem Mutter. Ja gut, man könnte sagen, Mutter ist nicht so viel, oder? Maria ist Königin, ist Herrin. Nein, halten wir einen Moment inne: Maria ist Mutter. Warum? Weil sie Jesus gebracht hat.

Ich erzähle dazu eine für mich schmerzliche Geschichte. Es muss in den achtziger Jahren gewesen sein. Ich war in Belgien bei einer Versammlung, da waren gute, eifrige Katholiken. Ein Ehepaar lud mich zum Essen ein, mehrere Kinder, katholisch, aber sie waren Theologieprofessoren und studierten sehr viel. Und das viele Studieren war ihnen wohl in den Kopf gestiegen. In einem Moment der Unterhaltung sprachen sie über Jesus. Richtig gut. Wirklich eine gute Theologie, eine gute Christologie. Und zum Schluss sagten sie mir: „Und weil wir Jesus nun so gut kennen, brauchen wir Maria nicht, darum pflegen wir keine Marienverehrung.“ Da fehlten mir die Worte, das hat mich traurig gemacht, richtig schlecht. Wie der Teufel in Form von etwas „Besserem“ das Bessere wegnimmt. Paulus sagt, dass er uns, in der Gestalt eines Lichtengels verkleidet, verführt. Wie eine Mutter ohne Mütterlichkeit. Maria aber ist Mutter. Zuerst. Man kann Maria keinen anderen Titel geben, der nicht „die Mutter“ wäre.

Sie ist Mutter, weil sie Jesus geboren hat und uns in der Kraft des Heiligen Geistes hilft, dass Jesus in uns geboren wird und wächst. Sie ist es, die uns andauernd Leben gibt. Sie ist Mutter der Kirche. Ist Mütterlichkeit.
Wir haben kein Recht – und wenn wir es tun, dann sind wir im Irrtum – auf ein Waisengefühl. Anders gesagt, der Christ hat kein Recht darauf, sich als Waise zu fühlen. Er hat eine Mutter. Wir haben eine Mutter.

Ein alter Prediger mit scharfer Zunge, der über dieses Waisengefühl sprach, beendete seine Predigt mit den Worten: „Und gut, wer Maria nicht als Mutter haben will, kriegt sie eben als Schwiegermutter!“
Mutter. Eine Mutter, die uns nicht nur das Leben gibt, sondern uns im Glauben erzieht. Es ist etwas anderes, Wachstum im Glauben ohne Marias Hilfe zu suchen. Das ist ganz etwas anderes. Das ist wie ein Wachsen im Glauben, ja, schon in der Kirche, aber in einer verwaisten Kirche. Eine Kirche ohne Maria ist ein Waisenhaus. Also sie erzieht uns, sie lässt uns wachsen, sie begleitet uns, sie berührt die Gewissen. Und wie sie es versteht, die Gewissen zu berühren, damit Reue entsteht.

Mir gefällt es, und ich tue es immer noch, wenn ich ein wenig Zeit habe, die Geschichten von Alfons Maria Liguori zu lesen. Das sind Dinge aus anderen Zeiten in der Art, wie sie verfasst sind, aber sie sind wahr. Nach jedem Kapitel erzählt er eine aufbauende Geschichte, wie Maria ...

Im Süden Italiens, ich weiß nicht, ob in Kalabrien oder Sizilien, gibt es die Verehrung der Jungfrau der Mandarinen. Das ist eine Gegend, wo es viele Mandarinen gibt. Und die Verehrer der Jungfrau der Mandarinen sind Gauner, Diebe, das sind ihre Verehrer. Sie erzählen, dass die Jungfrau der Mandarinen sie gern hat, und sie beten zu ihr, denn wenn sie in den Himmel kommen, schaut sie die lange Schlange der Ankommenden entlang, und wenn sie einen von ihnen sieht, dann macht sie ihnen „ein Zeichen“ mit der Hand, das ihnen sagt, sie sollten nicht weitergehen und sich verstecken. Und nachts, wenn alles dunkel ist und der heilige Petrus nicht da ist, öffnet sie ihnen die Tür.

Das ist auf sehr folkloristische und volkstümliche Weise eine sehr große Wahrheit. Von hoher Theologie. Eine Mutter sorgt für ihr Kind bis zum Ende und versucht bis zum Ende, ihm das Leben zu retten.

Daher auch die Annahme von Alfons Maria von Liguori, dass ein Verehrer Marias nie verloren geht. Aber das ist der Extremfall. Heißt, während des ganzen Lebens versteht sie es, das Gewissen zu berühren. Sie versteht, das Gewissen zu berühren. Sie begleitet dich dabei. Sie hilft uns. Maria ist es, die hilft, Jesus herunterzuziehen, im Heruntersteigen Jesu. Sie zieht ihn vom Himmel herunter, damit er unter uns lebt. Und sie ist es, die schaut, sorgt, rät, da ist.

Da gibt es etwas, das mir sehr nahegeht. Die erste marianische Antiphon des Okzidents ist eine Kopie einer aus dem Orient, die sagt: „Unter deinen Schutz und Schirm fliehen wir, heilige Gottesgebärerin.“ Das ist die erste, die älteste Antiphon des Okzidents. Doch diese kommt aus einer älteren Tradition, die die russischen Mystiker, die russischen Mönche so erklären: Im Augenblick, in den Augenblicken geistlicher Turbulenzen, bleibt nichts anderes, als sich unter den Mantel der Mutter Gottes zu flüchten. Sie ist es, die beschützt, die verteidigt. Erinnern wir uns an die Apokalypse, an die Frau, die mit dem Kind in den Armen flieht, damit der Drache das Kind nicht verschlingt. So sehr wir auch Jesus kennen mögen, niemand kann sagen, er sei so reif, dass er auf Maria verzichten könnte. Niemand kann auf seine Mutter verzichten.

Wir Argentinier haben ein starkes Wort dafür, wenn wir jemandem begegnen, der irgendwie böse ist oder sich schlecht benimmt, wohl weil ihm die Zärtlichkeit seiner Mutter fehlt, weil sie ihn nicht gern hat oder ihn verlassen hat; das ist kein Schimpfwort, sondern ein starkes Adjektiv, wir sagen: diese Person ist ein „huacho“, ein Balg, ein Rüpel.
Ein Christ kann nicht „verrüpeln“, denn er hat Maria als Mutter.

 

Quelle: www.schoenstatt.org

 


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