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2. Juli 2014 | 2014 | 

Schönstatt – ein pfingstliches Spiel (II)


Pfingsten 2014 (Foto: Brehm)

Alicja Kostka. Wenn man abends durch die Straßen Vallendars geht, hört man da und dort durch die geöffneten Fenster die Fetzen der Filmsequenzen, sieht blitzschnell wechselnde Lichtspiele der Szenen. Die Menschen erholen sich nach den anstrengenden Tagen, sie versetzen sich in eine Realität, die mehr Spannung bietet als der – oft – eintönige Alltag. Im Anschauen von Filmen spiegelt sich die Sehnsucht, das Abenteuer selbst zu erleben, eine Mission zu erfüllen, einer großen Liebe zu begegnen.

Eine große Sehnsucht

Diese Sehnsucht griff Pater Josef Kentenich, der Gründer Schönstatts auf, als er an Pfingsten 1965 eine Predigtreihe begann zum Thema: „Spiel der Liebe“, die er bis zum Schluss seines Exils weiterführte. Ganz unerwartet, ja echt pfingstlich entfaltete er eine Spiritualität des Spiels zwischen Mensch und Gott, an dem jeder teilnehmen darf durch das Geschenk des Lebens und noch mehr das der Erlösung. Kentenich knüpfte dabei an die Intuitionen der antiken Philosophen an, z. B. Aristoteles, der in Eutrapelia – einer adeligen Spielkunst - den besten Weg der Erziehung sah. Auch die Intuitionen der Bibel wurden schöpferisch – im Geist – entfaltet, wo schon der Beginn der Schöpfung selbst mit einem Spiel gleichgesetzt wird („Als er die Fundamente der Erde abmaß, da war ich als geliebtes Kind bei ihm. Ich war seine Freude Tag für Tag und spielte vor ihm allezeit“, Sir 8, 30).

Das Leben - ein Spiel zwischen Gott und Mensch (Foto: Brehm)

Das Leben - ein Spiel zwischen Gott und Mensch (Foto: Brehm)

Ein Spiel in der Realität

Ausgelöst wurde diese Thematik – wie alles im providenziell ablaufenden Leben von Pater Kentenich – von einem Zugriff auf „Erzählungen von Chassidim“, wo – von Martin Buber übersetzt – die Rede ist von einem Versteckspiel, in dem – so deutet es ein Rabbiner – Gott traurig sei, weil er von seinen Geschöpfen nicht gesucht werde.

Ein unvoreingenommener Leser dieser Predigtreihe Kentenichs könnte meinen, der Verfasser befinde sich auf einer glücklichen Reise, einer Flitterwoche gleich, so viel Sonne und Freude strahlt durch die Worte der Predigten, die eine ausgezeichnete Einführung in die Kunst des Spiels der Liebe mit Gott sind. Dabei befindet sich der Verfasser im 14. Jahr einer kirchlichen Verbannung, geprüft durch das Drama des kirchlich engagierten Lebens. Und das Bild des Dramas verwendet er auch schon in der zweiten Predigt, um die Realität des Spieles anschaulich zu machen.  

Gleichzeitig spielt sich ein Spiel in der Realität ab, in dem er die Reihe der Predigten in St. Michael beginnt. Diese Predigtreihe, die ununterbrochen bis zum Herbst andauert, wird durch das Telegramm am 11. September 1965, das ihn nach Rom ruft, plötzlich unterbrochen. Die Thematik der Predigten greift immer mehr die Person der Gottesmutter auf, die als eine meisterhafte Mitspielerin Gottes beim Erlösungswerke dargestellt wird. Ihre Haltung, des weinenden Lächelns – von Verkündigung bis Golgotha und Pfingstsaal – möchte Pater Kentenich allen Spielern anempfehlen. Eine realistische Haltung im Drama der Erlösung aus den Mächten des Bösen. Und die Gottesmutter spielt wortwörtlich mit. Sie, die ihn in dieses göttliche Spiel am 18. Oktober 1914 eingeladen hat, holt ihn nun aus dem Exil zurück, das – vorsehungsgläubig gesehen – auch in den Plänen Gottes lag. Was wäre Schönstatt ohne Milwaukee, ohne die Strömung des Hausheiligtums, die dort entstanden ist, ohne die Treffen mit den Familien, deren Früchte die Reihe Am Montag Abend ist, eine  prophetische Spiritualität der Ehe?

3. Um welche Liebe geht es bei diesem Spiel?

Zunächst mag das Wort „Spiel der Liebe“ befremdlich klingen, sogar profan, durch die Assoziation mit dem rein menschlichen Bereich. Dessen musste sich der Gründer Schönstatts wohl bewusst gewesen sein, und trotzdem fasste dieser große Mann gegen Ende seines Lebens das ganze Leben als ein Spiel der Liebe zwischen Gott und Mensch auf. Die erotische Assoziation scheint ihn überhaupt nicht zu stören: der Inhalt des Spieles spricht für sich. Auch menschliche Liebe gehört Gott als dessen Schöpfer und darf immer mehr ein transparentes Symbol höherer Realität werden.

Das Wort: "Liebe" nimmt Kentenich sehr ernst: es geht um göttliche Liebe, die Quelle aller Liebe ist. Um diese spielen wir. Um diese spielt Gott und auch Maria, die so exzellent in das Spiel um die Erlösung eingeladen wurde und meisterhaft mitgespielt hat. Es ist eine Liebe, die den Sohn Gottes bis aufs Kreuz geführt hat, aus Liebe zu den Menschen. Eine Liebe, die die Welt erlöste und weiter erlösen will. Deswegen nennt Pater Kentenich das Spiel: ein heiliges.

Vertrauensspiel (Foto: Brehm)

Vertrauensspiel (Foto: Brehm)

4. Worum wird gespielt?

Worum geht dieses Spiel? Wenn man auf die Geschichte Schönstatts schaut, so entschleiert sie sich als ein einziges Spiel, in dem mit dem Ball des Vertrauens gespielt wird. Dieses Vertrauen auf der Seite der Familie, in Form von Blankovollmacht und Inscriptio, mit dem Höhepunkt der Mariengartenströmung, brachte eine Antwort auf der Seite des göttlichen Mitspielers: Das Wunder der Heiligen Nacht. Wagen die diesseitigen Partner mutig zu spielen, antwortet Gott präzise, wie er das am 20. Mai 1945 und 24.Dezember 1965, am Heiligen Abend, bewiesen hat. Gott hat Freude am Spiel mit uns. Es geht dabei um einen hohen Preis.

Und was ist das Wunder der Heiligen Nacht? Es ist der reale Einbruch des Göttlichen, so wie damals, in Bethlehem, als die Gottesmutter ihr Ja zum „neuen Spiel“ gegeben hat. Diesen Weg schlägt der Gründer ein und er geht uns voraus als der meisterhafte Mitspieler. Die Kunst seines Lebens bestand darin, bei der ganzen Genialität seines Geistes sich lediglich als Mitspieler Gottes und der Gottesmutter zu verstehen. Ihnen machte er Raum, damit sie immer mehr zum Zuge kommen in der Welt, die ihnen gehört. Und das Schöne an Schönstatt ist, dieses reale Spiel zwischen Himmel und Erde weiter erleben zu dürfen, daran teilzunehmen, ein Teil dieses Spieles zu sein.

Wenn wir uns wieder einmal in den Filmen und Spielen verlieren, denken wir daran, dass das eigene Spiel unseres Lebens gerade abläuft. Lassen wir den göttlichen Partner „im Bund“ nicht lange warten. Steigen wir auf die Bühne unseres Lebens, auf der sich das beste Spiel ereignet!

Zum Schluss der Pfingstoktav, am Dreifaltigkeitsonntag, nennt Josef Kentenich die erste Spielregel des Spieles der Liebe: „Ringe unausgesetzt um das Ideal eines innerlich gelösten, eines immerwährend heiteren und konsequent geistbeseelten Mitspielers mit dem lebendigen Gott im Drama des eigenen und des fremden Weltgeschehens, Heilsgeschehens. (Predigt am 13. Juni 1965, AGL XVII, S. 193)

Alicja Kostka

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