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31. Januar 2014 | Deutschland | 

„Auf dem Hochseil“ – Kentenich-Musical on tour in Fulda


Wilfried Röhrig und Chorsängerinnen freuen sich über den Applaus beim Musical in Fulda (Foto: Scholz)

Wilfried Röhrig und Chorsängerinnen freuen sich über den Applaus beim Musical in Fulda (Foto: Scholz)

Sr. M. Louise Schulz. Der große Saal im Gemeindezentrum Künzell bei Fulda ist mit weit über 800 Plätzen ausverkauft. Und er bebt förmlich, als bei der Zugabe am Schluss Darsteller und Publikum gemeinsam singen und klatschen: „Gott liebt das Abenteuer, die Flamme, das helle Feuer, er sucht in dir und mir die heiße Herzensglut.“ Die frühe Lebensgeschichte von Josef Kentenich hat der Autor und Komponist Wilfried Röhrig einfühlsam wie rockig in Szene gesetzt und ins Heute gestellt. Sein Musical ist eine gelungene künstlerische Umsetzung der Entstehungsgeschichte der Schönstatt-Bewegung vor 100 Jahren, die bei den Zuschauern ankommt.

Fulminanter Start der Deutschland-Tournee des Kentenich-Musicals "Auf dem Hochseil" von Wilfried Röhrig (Foto: Fischer)

Fulminanter Start der Deutschland-Tournee des Kentenich-Musicals "Auf dem Hochseil" von Wilfried Röhrig (Foto: Fischer)

„Eine neue Art von Musical“

Seilartist Martin Harich (Foto: Fischer)

Seilartist Martin Harich (Foto: Fischer)

Arnulf Rausch in der Rolle des Zeitgenossen (Foto: Fischer)

Arnulf Rausch in der Rolle des Zeitgenossen (Foto: Fischer)

Die Fuldaer Zeitung berichtet von dem besonderen Musical-Event, in dem der Viernheimer Künstler „Leben und Werk des Schönstatt-Gründers in detailreich gestalteten Szenen tänzerisch und musikalisch dargestellt hat … Seine Mutter vertraute Josef der Mutter Maria an. In deine Hand gebe ich mein Kind, bewegend interpretiert von Gisela Glas. Vom Schmerz, vaterlos aufzuwachsen über Zweifel, der keine Gnade kennt, bis zur ständigen Frage nach der Wahrheit, stellten die Beiträge der Zeitgenossen Arnulf Rausch und Carolin Ankenbauer sowie des Solisten Armin Jan Sayed den Bezug zur Gegenwart her … Von den Tänzerinnen unter der Choreographie von Marie-Catherine Rausch und Johanna Mucha in Vollendung tänzerisch dargestellt.“

„Eine neue Art von Musical – mit viel Tiefgang“, findet Erhard Scholz, der mit seiner Frau eigens aus Südhessen für die Aufführung angereist ist. „Die Darsteller sind mit Herzblut und großem Engagement dabei. Gerade, weil es keine Profis sind, überzeugt es, weil jeder in seiner Rolle aufgeht.“ „Besonders der aktuelle Zeitbezug, der immer wieder in den Texten und Liedern durchklang, hat mich angesprochen. Da ging mir an einigen Stellen das Herz auf“, erzählt Sabine Flohr, die im Vorbereitungsteam der Fuldaer Aufführung für den Kartenverkauf verantwortlich war. Sie habe sich im Vorfeld eingelesen, erzählt sie. Und das sei schon wichtig, um die Handlung und ihre Symbole voll wahrzunehmen: „Denn der Inhalt dieses Musical ist nichts, was man mal schnell konsumiert.“ Zu diesem Zweck haben Werner Flohr und Sr. M. Louise Schulz ein Programmheft gestaltet, das mit seinen Texten Verstehenshilfen anbietet. Zum Vorbereitungsteam gehört auch Dieter Bohl, der sich um Organisatorisches kümmert und Rudolf Liebig, Pfarrer von Künzell, der für die Vernetzung mit den komm­unalen Stellen sorgte. Was ihn motiviert hat, sich für das Musical einzusetzen? „Josef Kentenich ist die größte Priesterpersönlichkeit, die ich kenne. Weil er mich als Priester begeistert, will ich ihn vielen Leuten bekannt machen.“ Darum hatte Pfarrer Liebig mit Erfolg das Musical im Pfarrgottesdienst vorgestellt und die politische Prominenz der Großgemeinde Künzell eingeladen.

Ein Blick hinter die Kulisse

Enorm persönlicher Einsatz von Wilfried Röhrig und seiner Crew aus weitestgehend ehrenamtlichen Akteuren stehen hinter dem gelungenen Stück. Am Vormittag des Aufführungstages trudeln sie nach und nach ein. Fröhliches Wieder­sehen und Begrüßen. In der Halle wird schon seit dem Morgen Technik aufgebaut und ausprobiert, Kulissen installiert. Alles muss ja den Gegebenheiten dieser Bühne angepasst werden. Auf welche Wand projiziert der Beamer die Informationen zu den Szenen? Wo steht der Chor? Soundcheck!

Frühstück für die Künstler und Akteure (Foto: Fischer)

Frühstück für die Künstler und Akteure (Foto: Fischer)

Der Projektchor hat "Freude an Wilfrieds Musik" (Foto: Fischer)

Der Projektchor hat "Freude an Wilfrieds Musik" (Foto: Fischer)

Im Nebenraum der Bühne haben Frauen der Fuldaer Schönstattfamilie ein kräftiges Frühstück für alle Künstler aufgebaut. Dort ist Martin Harich gerade dabei, seine Schuhe für den Gang „auf dem Hochseil“ überzustreifen. Er stellt den Seilartisten dar und hat die Aufgabe, die inneren Erfahrungen von Josef Kentenich pantomimisch in Szene zu setzen. Im „normalen Leben“ ist er Lehrer, der Zirkus-AGs anbietet und sich so manche Akrobatik-Künste angeeignet hat. Er habe Josef Kentenich vor der Musical-Anfrage nicht gekannt, erzählt er. Im Gespräch mit Wilfried Röhrig hat er ihn schätzen gelernt und empfindet es als Ehre, Pater Kentenich zu spielen.

In einem anderen Raum übt Gregor Botzet mit seinem Projektchor. Immerhin ist es ein Vierteljahr her, dass man bei der Uraufführung in Schönstatt zusammen gesungen hat. Gute Stimmung und Freude an Wilfrieds Musik ist spürbar und reißt einfach mit. Gregor Botzet dirigiert nicht nur, er führt den Chor mit seiner ganzen Person, dynamisch und sicher. Und so singen die rund 25 zusammengewürfelten Sängerinnen und Sänger ausdrucksstark wie mit einer Stimme.

Schönstätter als aktiv Mitwirkende

Junge Männer der SMJ als Darsteller der Schüler des Studienheims (Foto: Fischer)

Junge Männer der SMJ als Darsteller der Schüler des Studienheims (Foto: Fischer)

Familienväter der Schönstattbewegung in der Rolle der Pallottiner-Patres (Foto: Fischer)

Familienväter der Schönstattbewegung in der Rolle der Pallottiner-Patres (Foto: Fischer)

Die Jungens der Mainzer Schönstatt-Mannesjugend (kurz SMJ) David Faust, Johannes Bechtold, Johannes Korn und Jonas Ickstadt, die die vier Schüler des Studienheimes spielen, sind gut drauf an diesem Morgen. Gefragt, wie es ihnen mit dem Musical so geht, erzählen sie, dass es Zeit brauchte, bis sie in ihrer Rolle angekommen waren. Aber dann machte es Spaß: die lustigen und frechen Sprüche und den Aufstand proben. Von vielen Bekannten haben sie gespiegelt bekommen, dass sie eigentlich sich selbst spielen mit ihrem typischen Temperament. Ja, und sie haben nette Leute kennengelernt, sagen sie, und eine Menge Hintergrundwissen von Schönstatt gekriegt. Das Leben von Pater Kentenich sei schon spannend.

Die Männer aus der Schönstatt-Familien­bewegung, die die Pallottiner-Patres darstellen, erzählen, dass sie im Vorfeld des Musicals zu Fuß nach Gymnich gepilgert sind, um dort den verborgenen Kindheitsjahren des Josef Kentenich vor Ort nachzuspüren. Was ihnen besonders an dem Stück gefällt? Dass es eine lockere Aufführung ist mit Lerneffekt: Es geht um Dich! Da ist für jeden eine Menge dabei, z. B. wie Pater Kentenich mit den Brüchen in seinem Leben umgegangen ist. Und: Schönstatt ist nichts Angestaubtes, sondern da geht die Post ab! Und noch ein bemerkenswerter Umstand: Dieses Musical führt die Generationen zusammen. Denn es sind zum Teil ihre eigenen Kinder, die hier mit ihren Vätern auf der Bühne stehen.

„Werte werden zum Erlebnis“

Pfarrer Ulrich Schäfer begrüßt (Foto: Scholz)

Pfarrer Ulrich Schäfer begrüßt (Foto: Scholz)

Bundestagsabgeordneter Michael Brand spricht ein Grußwort (Foto: Scholz)

Bundestagsabgeordneter Michael Brand spricht ein Grußwort (Foto: Scholz)

Gisela und Klaus Glas als Katharina Kentenich und Pfr. Savels (Foto: Fischer)

Gisela und Klaus Glas als Katharina Kentenich und Pfr. Savels (Foto: Fischer)

Pfarrer Ulrich Schäfer, Diözesanpräses der Schönstatt-Bewegung Fulda, zieht in seinen Begrüßungsworten alle Zuschauer sofort in den Bann des Stücks, das „nicht nur unterhalten will, sondern dazu anregt, das eigene Leben mit seinen Fragen darin zu entdecken und ermutigt, sich ihm neu zu stellen.“ Der Schirmherr der Veranstaltung, Bundestagsabgeordneter Michael Brand, der selbst schon zweimal in Schönstatt bei einem Podium mitgewirkt hat, beschreibt in seinem Grußwort Pater Kentenich als jemanden, der für eine menschlichere Gesellschaft gekämpft hat und zwar durch geistliche Erneuerung. Und er zitiert ihn mit dem Wort, dass die Dankbarkeit der Grundton unserer Seele sein solle. Der Politiker verfolgt dann nachdenklich und konzentriert die beeindruckende Musical-Aufführung. Er äußert hinterher viel Anerkennung und meint schmunzelnd, er hätte bei der Szene: Pfarrer Savels / Katharina Kentenich eine Gemeinsamkeit mit Pater Kentenich entdeckt. Er hat nämlich an dessen Tauftag - 19. November - Geburtstag.

Unter den begeisterten Zuschauern ist auch Sr. Dr. M. Doria Schlickmann, auf deren biographischen Forschungen und Bücher über Josef Kentenich („Die Idee der wahren Freiheit“, „Die verborgenen Jahre“, „Herbststürme“) das Musical zurückgreift. Nach ihrem Eindruck von der Aufführung gefragt, sagt sie: „Vom treffenden Titel angefangen bis zum Schlussgesang – künstlerisch sehr geglückt! Durch das Medium Musical gelingt es zu zeigen, wie neu und modern die Botschaft ist, die Pater Kentenich der heutigen Zeit und Kirche zu bieten hat. Werte werden hier zum Erlebnis. Das hohe Engagement der Mitwirkenden ist beeindruckend. Sehr geglückt fand ich die Übertragung der Erfahrungen von Pater Kentenich auf die Probleme und Sehnsüchte der Menschen heute. Manche Teile sind ein bisschen zugespitzt – sicher zugunsten der künstlerischen Wirkung. Z. B. Stichwort Aszese, Scholastik und Tradition. Pater Kentenich hat sie nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern ihr ein neues Gesicht gegeben und die Liebe dabei ins Zentrum gerückt.“   

Zusammenfassend kommentiert Sr. M. Doria: „Das Musical nimmt den heutigen Betrachter mit auf einen Weg nach innen. Es lädt ein, sich und die Welt und Gott mit anderen Augen zu sehen und auch Maria ganz neu zu entdecken. Die Texte und Musik von Wilfried Röhrig, die ideenreichen Choreographien sind eine wunderbare Chance, weite Kreise unserer Gesellschaft auf die Wertwelt Schönstatts und Pater Kentenich aufmerksam zu machen. Gerade, weil auch Fragen offen bleiben, z. B. wie die Geschichte weiterging, kann es Menschen anregen und interessieren, mehr zu erfahren.“


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