Nachrichten

8. November 2013 | Deutschland | 

Schönstatt im Dialog: Gesprächsforum zum Thema Familie zwischen Sehnsucht und Realität


Karoline und Uli Emge (Foto: Brehm)

Karoline und Uli Emge (Foto: Brehm)

Elmar Busse. Der katholische Pastoralassistent Uli Emge und seine evangelische Ehefrau Karoline, die als Ärztin arbeitet, moderierten am 20. Oktober im Schulungsheim auf Berg Schönstatt das ökumenische besetzte Gesprächsforum zum Thema „Familie zwischen Sehnsucht und Realität“. Auf dem Podium wirkten neben den „Team.F“-Vertretern Sabine und Siegbert Lehmpfuhl, Rangsdorf, Elke Pechmann von der Offensive Junger Christen, Reichelsheim und Schönstatt-Pater Elmar Busse, München, auch Professor Dr. Hubertus Brantzen, Mainz, mit.

Ökumenisch besetztes Podium beim Dialogforum zum Thema Familie (Foto: Brehm)

Ökumenisch besetztes Podium beim Dialogforum zum Thema Familie (Foto: Brehm)

Prof. Dr. Hubertus Brantzen (Foto: Steinhauser)

Prof. Dr. Hubertus Brantzen (Foto: Steinhauser)

Diskrepanz zwischen medial vermittelter Wirklichkeit und der Realität

Dr. Hubertus Brantzen, Professor für Pastoraltheologie in Mainz und gleichzeitig Leiter der Akademie für Ehe und Familie wies am Anfang seines Statements auf eine interessante Diskrepanz hin: Beim so genannten „Generationenbarometer“, einer Umfrage des Allensbacher Meinungsforschungsinstituts von 2009 schätzen 85% der Befragten ihre eigene familiäre Situation sinngemäß so ein: „Ein Glück, dass ich Familie habe. Ich möchte in keiner anderen Lebensform leben.“ Aber im Blick auf die Allgemeinheit kreuzten sie die Aussage an: Den Familien geht es schlecht. Brantzen betonte, dass die Realität viel besser sei, als die täglich medial vermittelte Wirklichkeit von Familie.

Brantzen stellte in seinem Statement die Akademie für Ehe und Familie vor, die in einem zweijährigen Ausbildungsgang (10 Wochenenden und 2 Ferienwochen) Familientrainer ausbildet, d.h. Ehepaare, die ehrenamtlich in ihren Pfarreien oder Dekanaten Familien-know-how an interessierte Paare vermitteln.

Elke Pechmann (Foto: Brehm)

Elke Pechmann (Foto: Brehm)

Scheidungsfolgen: mehr als eine schwere Grippe für den Nachwuchs

Elke Pechmann, Öffentlichkeitsreferentin des Deutschen Instituts für Jugend und Gesellschaft und mit ihrem Mann in der „Offensive junger Christen“, einer Kommunität in der evangelischen Kirche, beheimatet, wies auf die unterschätzten Scheidungsfolgen für die Kinder hin, wie sie Melanie Mühl mit ihrer Streitschrift „Die Patchwork-Lüge“ (2011) enttabuisiert habe. In ihrer Vorstellung der Trennungsfolgestudien von Wallerstein und Marquardt formuliert die Publizistin Christine Brinck in der Süddeutschen Zeitung provokativ: „Erst hielt man Scheidungen für die betroffenen Kinder für ungefähr so anstrengend wie einen lästigen Schnupfen. Dann entdeckte man, dass der Nachwuchs vielleicht doch eher eine schwere Grippe durchmacht. Langsam setzt sich die Einsicht durch, dass viele Kinder echten Schaden nehmen, wenn die Eltern sich scheiden“ (Brinck 2006). Elke Pechmann verwies auch auf die „Rottenburger Erklärung zu Ehe und Familie“, die im Dezember 2011 von den Vertretern des ökumenischen Netzwerkes von Ehe- und Familieninitiativen erarbeitet und verabschiedet worden war.

Sabine und Siegbert Lehmpfuhl (Foto: Steinhauser)

Sabine und Siegbert Lehmpfuhl (Foto: Steinhauser)

Kompetenzen vermitteln, um dauerhafte Beziehung leben zu können

Sabine und Siegbert Lehmpfuhl kamen als Vertreter von „Team.F“. Mit 800 ehrenamtlichen Mitarbeitern bietet „Team.F“ in 12 Regionen Deutschlands etwa 250 Seminare und Veranstaltungen an. Mit ihrem Magazin erreichen sie 35.000 Haushalte. Lehmpfuhls waren wesentlich daran beteiligt, dass die Idee der marriage-week 2009 von Großbritannien nach Deutschland „importiert“ wurde und inzwischen von vielen Initiativgruppen unter demselben Label aufgegriffen wird. 2013 gab es 314 erfasste Veranstaltungen in Deutschland.

Siegbert Lehmpfuhl brachte die Leute zum Lachen, indem er sie aufforderte, den Buchstaben „F“ zu ergänzen. Natürlich kam als erster Zuruf „Familie“, auch „Freiheit“ – und er ergänzte mit Augenzwinkern: „Vergebung“ und „Verständnis“. Viele junge Paare wollen ja zusammenbleiben, aber sie haben von ihrer Herkunftsfamilie nicht das abschauen können, was es an Kompetenzen braucht, um eine dauerhafte Beziehung zu leben: Gespräch und noch mal Gespräch, eine humane Streitkultur und Konfliktmanagement, das Spiel von Nähe und Distanz. Der feste Wille, es nicht so zu machen, wie die eigenen Eltern, reiche nicht, wenn man keine zukunftsträchtigen Alternativen kennen lerne. Aus diesem Grund coachen sie und die Mitarbeiter von „Team.F“ die Paare.

Im Zusammenhang mit der Scheidungsthematik im Beitrag von Elke Pechmann wies Ehepaar Lehmpfuhl auf einen Effekt hin, der sich aus der sogenannten „Mannheimer Scheidungsstudie“ von 1996 mutmaßen lasse: Die Ergebnisse der Studie ließen vermuten, dass Kinder von geschiedenen Eltern in ihren eigenen Beziehungen ein höheres Scheidungsrisiko haben, und zwar deshalb, weil sie den Gedanken an eine Trennung als "Möglichkeit" schon im Kopf hätten. Entsprechend gehe man davon aus, dass sie sich im Ernstfall eher scheiden lassen als Kinder, deren Eltern auf Gedeih und Verderb zusammen geblieben sind.

Pater Elmar Busse (Foto: Steinhauser)

Pater Elmar Busse (Foto: Steinhauser)

Günstige Klimafaktoren für eine lebendige Partnerschaft

Pater Elmar Busse, Familienseelsorger in der Schönstatt-Familienbewegung, stellte die verschiedenen offenen Veranstaltungsangebote der Schönstatt-Familienbewegung vor, angefangen von 4tägigen Ehevorbereitungskursen mit ihren jährlichen Nachtreffen, den Familienfreizeiten mit Seminaranteilen bis hin zu Eltern-Kind-Veranstaltungen. Ermutigend waren auch seine Erfahrungen aus der Eheberatung, dass Paare Krisen als Wachstumschancen sehen lernen. Wenn sie sich rechtzeitig Hilfe holen und die praktischen Kompetenzen erwerben, deren Mangel erst zur Krise geführt hatte, dann können Paare wieder vertieft zueinander finden. Aber auch für die Partner nach Trennung und Scheidung werden Veranstaltungen angeboten. Pater Busse wies noch auf erste gute Erfahrungen mit sogenannten „Ehe-Paten“ hin. Erfahrene Ehepaare coachen jüngere Paare im 8-Augen-Gespräch. Die Leitsterne der Kentenich-Pädagogik (Vertrauens-, Bindungs-, Ideal-, Bündnis- und Freiheitspädagogik) haben sich als günstige Klimafaktoren für eine lebendige Partnerschaft erwiesen, machte Busse deutlich.

Die Zeit verging wie im Fluge. Der hervorstechende Eindruck des Forums: Junge Paare, die sich nach verlässlichen Beziehungen sehnen, haben in der kirchlichen Landschaft ein breites Spektrum an Weiterbildungsmöglichkeiten, die aber noch bekannter gemacht werden könnten. Das christliche Ideal der Unauflöslichkeit der Ehe wird nicht nur hochgehalten, sondern es werden auch gangbare Wege aufgezeigt, wie man dieses Ideal verwirklichen kann. Treue als Lebensqualität – vor allem für die Kinder wurde deutlich herausgearbeitet.

Gesprächsforum zum Thema "Familie zwischen Sehnsucht und Realität" (Foto: Brehm)

Gesprächsforum zum Thema "Familie zwischen Sehnsucht und Realität" (Foto: Brehm)


Top