Nachrichten

7. November 2013 | Fest 2013 | 

Schönstatt im Dialog: Gesprächsforum zum Thema Kirche und geistliche Gemeinschaften


Bischof Dr. Stefan Ackermann, Trier (Foto: Brehm)

Bischof Dr. Stefan Ackermann, Trier (Foto: Brehm)

Hedwig Lamberti. Ein Gesprächsforum am Dialog-Tag beim Fest der Deutschen Schönstatt-Bewegung (20. Oktober 2013) beschäftigte sich mit dem Thema „Was suchen die Menschen in der Kirche heute und was können die geistlichen Gemeinschaften dazu beitragen?“ Moderiert von Generalrektor Dr. Peter Wolf, Schönstatt, kamen bei diesem Forum Bischof Dr. Stefan Ackermann, Trier, Sr. Paulin Fuchs, Kloster Sießen (Rottenburg-Stuttgart), Udo Knöfel, evang. Freikirch/Sohland und Prof. Dr. Joachim Schmiedl, Schönstatt/PTHV Vallendar miteinander ins Gespräch. Lebenszeugnisse steuerten Kaplan Norbert Becker, Schönstatt, Würzburg und Valerian Grupp, CVJM Esslingen, bei.

Dialogforum im Pater Kentenich-Haus, Berg Schönstatt (Foto: Brehm)

Dialogforum im Pater Kentenich-Haus, Berg Schönstatt (Foto: Brehm)

Moderation: Generalrektor Dr. Peter Wolf, Schönstatt (Foto: Brehm)

Moderation: Generalrektor Dr. Peter Wolf, Schönstatt (Foto: Brehm)

Aufmerksamkeit und Wertschätzung können für Glaubensfragen öffnen

Nach der Begrüßung der zahlreichen interessierten Zuhörer/innen durch Dr. Wolf berichteten zunächst Valerian Grupp vom CVJM und Kaplan Norbert Becker von ihren Erfahrungen in der Jugendarbeit. Viel Unsicherheit- in Bezug auf Schule, Arbeitsmarkt und Werte im Leben – präge das Leben der Jugendlichen, so die Statements übereinstimmend. Dennoch oder gerade deswegen suchten die jungen Menschen nach einem Sinn im Leben. Die Erwartungen an die Kirchen seien jedoch gering, aber wenn man den Jugendlichen Aufmerksamkeit und Wertschätzung zukommen lasse, würden sie sich auch für Glaubensfragen öffnen.

Sr. Paulin Fuchs, Kloster Sießen, Rottenburg-Stuttgart (Foto: Brehm)

Sr. Paulin Fuchs, Kloster Sießen, Rottenburg-Stuttgart (Foto: Brehm)

Entscheidend ist die Einladung zur Beteiligung

Dies bestätigt im folgenden Podiumsgespräch Sr. Paulin Fuchs. Seit 37 Jahren organisiert der Orden ein „Jugendfranziskusfest“, zu dem jedes Jahr ca. 3000-5000 Jugendliche kommen. Inzwischen sei die Vorbereitung und Durchführung nicht mehr nur Sache des Ordens, sondern viele Jugendliche arbeiteten schon Wochen vorher mit. Dadurch entstehe bei den jungen Leuten etwas ganz Entscheidendes, das Gefühl nämlich, dass es ein „gemeinsames Fest“ sei.  Zudem könnten die Schwestern in dieser Vorbereitungszeit viel von ihrem Glauben und ihrer Lebensführung den Jugendlichen nahebringen.

Udo Knöfel, evang. Freikirch/Sohland  (Foto: Brehm)

Udo Knöfel, evang. Freikirch/Sohland  (Foto: Brehm)

Insel der Hoffnung

Demgegenüber stellt Pastor Knöfel dar, dass in der ehem. DDR kaum noch Glaube vorhanden sei bzw. der Atheismus des Sozialismus seine Spuren hinterlassen habe. Dennoch wolle man eine Insel der Hoffnung sein, wo Menschen die Liebe Gottes erfahren. Feste würden gefeiert, z.B. Heiligabend. Erst gäbe es eine Christmette, dann eine Riesenparty. Dann käme man ins Gespräch. „Es gibt riesige Sehnsucht nach Frieden“, so Knöfel, „an dieser Stelle fragen sie nach Gott.“

Bischof Dr. Stefan Ackermann, Trier (Foto: Brehm)

Bischof Dr. Stefan Ackermann, Trier (Foto: Brehm)

Wohin führt Gottes Geist?

Bischof Ackermann muss in seiner Funktion dagegen einen sehr viel größeren Bereich im Blick behalten. Er beschreibt die großen Ungleichzeitigkeiten z.B. aufgrund unterschiedlicher Strukturen (Stadt/Land) und Generationen. Jegliche Zahlen gehen zurück, die der Hauptamtlichen und die der Gottesdienstbesucher. Vorschläge des Bischofs treffen auf ein geteiltes Echo. Der Wunsch nach Inhalten ist groß – dazu soll es im Bistum Trier demnächst eine Synode geben, die der Frage nachgeht: Was sagt uns der Geist Gottes, wohin uns die Zukunft führt. Dabei muss eines beachtet werden: Die Kirche wirkt abschreckend, wenn sie zu sehr mit sich zu tun hat.

Prof. Dr. Joachim Schmiedl, Schönstatt-Pater/PTHV Vallendar (Foto: Brehm)

Prof. Dr. Joachim Schmiedl, Schönstatt-Pater/PTHV Vallendar (Foto: Brehm)

Den Blickwinkel erweitern

Als Kirchenhistoriker weist Prof. Schmiedl darauf hin, dass nach der Säkularisation – die Kirche  100 Jahre gebraucht habe, sich zu regenerieren, um dann Anfang des 20. Jhs. Ihren Höhepunkt als Volkskirche zu erreichen. Danach begann sie zu bröckeln, und es stellt sich heute die Frage, wie  mit den Veränderungen umzugehen ist. „Es gilt neu wahrzunehmen, in welcher Situation wir stehen“, so Schmiedel, und: „Wir müssen den Blickwinkel erweitern, weg von den Strukturen hin zu den Fragen der Menschen.“

Neue Bewegungen sind Zeichen einer lebendigen Kirche

Die Frage von Dr. Wolf, ob es wünschenswert sei, dass „neue Bewegungen“ entstehen sollten, weil es gelte, auf die Bedürfnisse der Menschen einzugehen, beantwortete Bischof Ackermann mit „Ja“, da neue Bewegungen auch Unruhe erzeugten und Irritationen, was mitunter heilsam sei. Auch das II. Vatikanische Konzil habe neue geistliche Bewegungen hervorgebracht und damit das Bild der Kirche bereichert.

Eine lebendige Kirche zeichnet sich dadurch aus, dass neue Bewegungen entstehen, so Prof. Schmiedel, und verweist auf die Entstehung der vielen – vor allem sozial engagierten – Gemeinschaften im 19. Jahrhundert.

Interessiertes Publikum (Foto: Brehm)

Interessiertes Publikum (Foto: Brehm)

Suche nach glaubhaften Zeugen der Frohen Botschaft

Insgesamt erscheint es heute wichtig, die Sehnsüchte der Menschen neu wahrzunehmen.
Nach Auffassung von Bischof Ackermann kommt hier Papst Franziskus bei den Menschen gut an, weil er in einer Zeit und einer Welt, wo alles immer schneller geht und es mehr und mehr Verlierer gibt, von Barmherzigkeit spricht. Menschen aber suchen und brauchen einen Raum, wo sie angeschaut und wertgeschätzt werden. Hier ist Papst Franziskus ein authentischer Vertreter des Humanen. Da, wo die Kirche zu rigoristisch ist, wenden sich die Menschen ab. „Das tun auch die Jugendlichen“, so Sr. Paulin, „Jugendliche wollen keine Moral, sondern suchen nach glaubhaften Zeugen der Frohen Botschaft.“


Top