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18. November 2013 | Worte des Bewegungsleiters | 

„Die Tür des Heiligtums steht offen …“


Jahresmotto 2014 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland

Jahresmotto 2014 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland

Liebe Mitglieder und Freunde unserer Schönstatt-Bewegung!

Der Auftakt zu unserem Jubiläumsjahr ist erklungen. Und mit ihm haben sich in unserer weltweiten Familie die Herzen geöffnet für diese Fest-Zeit und das Gnadenangebot, das sie für uns bereithält.

Möge alles, was wir aus der Nähe des Urheiligtums aufgenommen haben und aufnehmen werden sowohl von unserem Ursprungsort wie auch dem, was sich im Land und weltweit „tut“, zu einer belebenden Spur werden in der Alltagsstimmung; und möge es mit dem, was um uns vorgeht, eine Spur froher Zuversicht bilden, „gespickt“ mit reichem Goldstaub unserer heiligen Geschichte, aber auch voll frischem Zugwind in Richtung Zukunft!

„Die Tür des Heiligtums steht offen – für alle“

Ein hoher Vertreter unserer römischen Kirchenleitung, Stanislaw Kardinal Rylko, der Präsident des Päpstlichen Rates für die Laien, hat zusammen mit Repräsentanten Schönstatts an die Tür des Heiligtums geklopft, was für mich darauf hindeutet: Nicht nur wir als Schönstatt-Bewegung erwarten vieles von diesem Jubiläumsjahr, sondern die Kirche wünscht sich, dass der Segensstrom dieses originellen Marien-Heiligtums noch stärker fließt und das kirchliche Leben befruchtet.

Der dritte Tag des Festes, das wir als Landesfamilie gefeiert haben, „Schönstatt im Dialog“, hat speziell deutlich gemacht: Originalität und Entwicklung Schönstatts finden Aufmerksamkeit und Anteilnahme. Unsere Freunde versprechen sich offenbar etwas von einer fruchtbaren Weiterentwicklung unseres Beitrags und möchten Weggemeinschaft und Zusammenarbeit mit uns fortsetzen.

Umso mehr sollten wir uns vom Himmel „angespitzt“ wissen, aufmerksam zu sein, was er, der Himmel, uns zudenkt in dieser Epoche.

Wir haben ein Liebesbündnis geschlossen „für die Menschen“ – und die Kirche

Wir haben als deutsche Schönstattfamilie das Liebesbündnis geschlossen für die Menschen in unserem Land. – Wir haben unser Pilgerprojekt als Geschenk zum hundertjährigen Jubiläum angeboten. Wenn ich darüber nachdenke, entdecke ich zwei auffallende Parallelen im Gesamt unserer Kirche, bei denen ich in diesen Wochen immer mal wieder verweile.

In der Ausrichtung unseres Papstes Franziskus beobachten wir seit seinem Amtsantritt, wie sehr es ihm darum zu tun ist, „zu den Menschen zu gehen“ (vgl. Weihegebet 19.10.2013). Dabei geht es ihm vor allem darum, die Menschen innerlich zu erreichen, nicht nur präsent zu sein in ihrem Milieu, sondern sich infizieren zu lassen „vom Geruch der Herde“. – Mit diesem markanten Wort kennzeichnet er seinen Hirtendienst, den er sich gerade für das Dienstamt der Kirche wünscht. An unserem Heiligen Vater können wir ablesen, was es heißt, den Menschen etwas von der „vorbehaltlosen Liebe Gottes“ zu vermitteln (vgl. Weihegebet).

Dabei spielt eine große Rolle, wie sehr er sich innerlich und äußerlich gibt, nichts Besseres sein zu wollen. Eine abgrundtiefe Demut wird deutlich, wenn er in dem programmatischen Interview, das er den Redakteuren verschiedener Jesuitenzeitschriften gibt (seinen Mitbrüdern gegenüber!), so stark hervorhebt, wie sehr er sich dem Zöllner Matthäus verwandt fühlt. Franziskus bekennt auf die Frage, wie er sich selbst empfindet:
„Ja, ich kann vielleicht sagen, ich bin ein wenig gewieft, ich verstehe mich zu bewegen, aber es stimmt, dass ich auch arglos bin. Ja, aber die beste Synthese, die mir aus dem Innersten kommt und die ich für die zutreffendste halte, lautet: ,Ich bin ein Sünder, den der Herr angeschaut hat.‘ Und er wiederholt: ‚Ich bin einer, der vom Herrn angeschaut wird. Meinen Wahlspruch Miserando atque eligendo (sich erbarmend und erwählend) habe ich immer als sehr zutreffend für mich empfunden.’“

Im genannten Interview heißt es dann nach der gleichen Richtung, wenn Papst Franziskus über seinen Vorgänger sagt: „Papst Benedikt hat einen Akt der Heiligkeit vollbracht, einen Akt der Größe, der Demut. Er ist ein Mann Gottes.“ Kommentar des Redakteurs: Papst Franziskus zeigt große Zuneigung und enorme Hochachtung für seinen Vorgänger.

Franziskus selbst fährt fort in diesem Zusammenhang: „Ich sehe ganz klar, dass das, was die Kirche heute braucht, die Fähigkeit ist, die Wunden zu heilen und die Herzen der Menschen zu wärmen. – Nähe und Verbundenheit. Ich sehe die Kirche wie ein Feldlazarett nach einer Schlacht. ... Man muss die Wunden heilen. Dann können wir von allem anderen sprechen. Die Wunden heilen ... Man muss unten anfangen. ... Ich träume von einer Kirche als Mutter und als Hirtin. ... Der gute Samariter, der seinen Nächsten wäscht, reinigt, aufhebt. Das ist pures Evangelium. ...“

Beim Nachdenken über unser Liebesbündnis für die Menschen in unserem Land, liebe Leserinnen und Leser, denke ich ebenso an die Akzente, welche Erzbischof Zollitsch nochmals auf der Herbstkonferenz unserer deutschen Bischöfe betont hat, die er zu Beginn seines Aufrufs zu einem Dialogprozess namhaft gemacht hat. Es gehe um eine pilgernde, eine hörende und eine dienende Kirche. Nur als eine solche könne die Kirche neue Glaubwürdigkeit gewinnen. Nur als dienend-hörende Kirche kann sie in Zukunft Menschen gewinnen, die aus einer vordergründig lauten, auch vorlauten, auf Selbstdurchsetzung und Profit orientierten Gesellschaft kommen. Dass unsere schönstättischen Pilgerwege zum (Ur-)Heiligtum mit dem Pilgerweg des Volkes Gottes durch die Welt zum neuen Jerusalem zu tun haben, versteht sich von selbst. – Offenbar will der Heilige Geist Kirche und Familie in eine bestimmte Richtung lenken, zu einer offenen, barmherzigen Zuwendung zum Menschen; er will ihr die Gesichtszüge der fürsorglichen Mütterlichkeit Mariens geben, mit der wir als Schönstattfamilie in dieser Zeit das Liebesbündnis erneuern und vertiefen.

Dass es für die Kirche und die Kirchen insgesamt nicht leicht ist, Wahrheit, Liebe und Barmherzigkeit miteinander in Einklang zu bringen, wird uns deutlich an der Orientierungshilfe zur Fragestellung Ehe und Familie, über die eine so lebhafte Auseinandersetzung entstanden und im Gange ist.1 Mit der Ausrichtung auf das Liebesbündnis für die Menschen in Region, Land und Mitteleuropa, wenn ich so sagen darf, sind wir, ohne es letztlich ganz bewusst wollen zu können, in ein Fahrwasser geraten, das auch über uns hinausweist und in dem wir uns aufmerksam und sendungsfreudig bewegen dürften. Ich möchte dazu einladen, dass wir unser Weihegebet nicht im Hausheiligtum verstauben lassen, sondern es immer mal wieder hernehmen, durchbeten und unser Alltagsleben mit ihm konfrontieren. Da mag uns auch das anklingende Motiv von der Bündniskultur nachgehen. Es geht um die Nähe zum konkreten Menschen, mit dem wir zu tun haben, aber auch um die Zukunftsaufgabe, in einer bunten und weithin unverbindlichen Gesellschaft an einer Bündniskultur zu arbeiten.

Uns allen bei den ersten Schritten im Jubiläumsjahr viel Freude und eine große Zuversicht,

Mit herzlichen Grüßen vom Urheiligtum,

Ihr
P. Dr. Lothar Penners
Leiter der Schönstatt-Bewegung in Deutschland

 

 

1 Zwischen Autonomie und Angewiesenheit: Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken. Eine Orientierungshilfe des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).


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