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16. Oktober 2012 | Rom | 

Bischofssynode: Beiträge aus Schönstatt


Die Bischofssynode tagt in Rom, im Vatican (Archiv-Foto: Brehm)

Die Bischofssynode tagt in Rom, im Vatican (Archiv-Foto: Brehm)

Pfarrer Oskar Bühler. Seit dem 7. Oktober tagt in Rom die Bischofssynode zum Thema „Die neue Evangelisierung für die Weitergabe des christlichen Glaubens". Unter den über 260 Synodalen aus aller Welt befinden sich drei namhafte Vertreter aus der Schönstattbewegung. Jeweils von ihren Bischofskonferenzen entsandt sind: Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, Mitglied im Schönstatt-Institut Diözesanpriester, Bischof Catalino Claudio Giménez Medina, Vorsitzender der Bischofskonferenz von Paraguay/Südamerika, aus der Gemeinschaft der Schönstatt-Patres. Vom Heiligen Vater in die Synode berufen ist: Pater Heinrich Walter, Generaloberer der Schönstatt-Patres und Vorsitzender des Generalpräsidiums des Internationalen Schönstattwerkes.

Aus erster Hand:

Beobachtungen von Synodenvater Pater Heinrich Walter

Wir sind gegen Ende der ersten Phase der 13. Bischofssynode seit dem Konzil. Den Berichten kann man entnehmen, dass auf den früheren Synoden nicht so viele Redebeiträge möglich waren. Jeder Synodale darf in der ersten Woche für 5 Minuten das Wort ergreifen. Das macht mit der Zeit auch müde (260 Redebeiträge), aber der große Gewinn ist spürbar. Nach einer Woche hat man eine Breite an Erfahrungen gehört, die man sich vorher gar nicht vorstellen konnte. Ich staune, in wie vielen unterschiedlichen Weisen die Kirche auf der Welt existiert. Auch wenn man schon über Europa hinaus andere Länder kennt, wird man erschlagen von der Fülle des Lebens und der Vielfalt der Herausforderungen. Wenn Bischöfe von Bangladesch, Pakistan, Irak, China und Algerien erzählen, dann spürt man, wie sehr doch unsere Augen in Europa an ein bestimmtes Licht gewöhnt sind. Wir jammern auf hohen und gut versorgten Niveau und sind gleichzeitig beschämt, wenn andere vom Geist des Martyriums erzählen. Ein Bischof aus Norwegen z.B. erzählt von seiner kleinen, aber doch wachsenden Herde mit so viel Liebe und Einfühlung, dass er nachhaltigen Beifall bekam.

In dieser Phase der Berichte erfreut mich die Qualität des Zuhörens. Jeder darf die Erfahrung machen, dass die anderen sich für meine Erfahrung interessieren. Das ist ein Zeichen der synodalen Kirche, der Brüderlichkeit und des Dialoges. Nicht nur einer sprach von der Hoffnung auf ein neues Pfingsten, das uns die Mutter Gottes erbitten soll. Ein anderer Eindruck ist die Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit, mit der man die aktuelle Lage beschreibt. Die Probleme kommen auf den Tisch, auch bis zu einer demütigen Selbstkritik. Viele der Synodalen kennen sich. Sie bilden natürlich das Schwergewicht in der offenen Diskussionsstunde, die zum Abschluss jeden Tages stattfindet. Da diese Diskussionsrunden nicht themenzentriert stattfinden, entsteht keine Verdichtung, sondern ein zusammengewürfeltes Spektrum unterschiedlichster Beiträge. Aber so ist die Lage der Kirche trotz der großen Gemeinsamkeit.

Bislang ist die Arbeit der Synode besonders von den vielen persönlichen Stellungnahmen der Synodalen zum Thema der Synode geprägt. Wie soll nach den Vorstellungen der Bischöfe (und der weiteren Synodalen) die „neue Evangelisierung" aussehen? Welche Schwerpunkte der Seelsorge sollen in Zukunft gesetzt werden? Wie die Verhältnisse in der weltweiten Kirche sind auch die Aussagen der Synodalen recht verschieden. Was unsere Schönstätter Synodalen auf diese Fragen antworten, geht aus den Stellungnahmen hervor, die sie in der Vollversammlung vorgetragen haben und die nun vorliegen.

Bischof Catalino Claudio Giménez Medina, Vorsitzender der Bischofskonferenz von Paraguay/Südamerika (Foto: ea.com.py)

Bischof Catalino Claudio Giménez Medina, Vorsitzender der Bischofskonferenz von Paraguay/Südamerika (Foto: ea.com.py)












Maria - Protagonistin einer neuen Heimsuchung

Schon ziemlich am Anfang, am 9. Oktober, sprach Bischof Claudio Giménez zur Synode. Sein Thema: „Maria, Trägerin des Wortes in der Neu-Evangelisierung, Protagonistin einer neuen Heimsuchung". Er geht aus von der biblischen Geschichte des Besuches Marias bei Elisabeth und sieht darin ein Vorbild für die neue Evangelisierung. Nicht nur durch Worte, sondern durch ihre tätige Hilfe „machte sie eine längere Begegnung Elisabeths und ihres familiären Umfelds mit dem menschgewordenen Wort möglich, und zwar im Alltag". Dieser Aufenthalt Mariens im Hause der Elisabeth ist für Bischof Giménez „ein einfaches Modell (Paradigma) für eine neue Kirche in beständiger Mission, die sich mütterlicher, annahmebereiter, ärmer, und dienstbereiter zeigt inmitten ihrer Kinder, auf dem Weg mit dem Volk Gottes, indem sie lehrt in Gemeinschaft zu leben."

Und dann spricht der Bischof von heute: „Heute ist Maria die Hauptakteurin einer neuen "Heimsuchung" in den Häusern unseres Volkes." Er spricht von der bereitwilligen Aufnahme: „Die Menschen, die in die Häuser gehen, werden in den Pfarreien gut aufgenommen, in denen die ständige Mission in dieser Art durchgeführt wird." Ohne den Namen dieser „ständigen Mission" ausdrücklich zu nennen, spricht der Bischof aus Paraguay von der Kampagne der pilgernden Gottesmutter in seinem Land und stellt sie als einen Weg der Neu-Evangelisierung dar: „Das fleischgewordene Wort geht von Haus zu Haus. Das ist das Bild der neuen Evangelisierung, Frucht der pastoralen Bekehrung: die Kirche geht als Mutter ihren Kindern entgegen, die sich zerstreut haben."

Pater Heinrich Walter, Generaloberer der Schönstatt-Patres und Vorsitzender des Generalpräsidiums des Internationalen Schönstattwerkes (Foto: Brehm)

Pater Heinrich Walter, Generaloberer der Schönstatt-Patres und Vorsitzender des Generalpräsidiums des Internationalen Schönstattwerkes (Foto: Brehm)












Familie - Ort und Trägerin der Neuevangelisierung

Am Samstag, 13. Oktober war Pater Heinrich Walter an der Reihe. „Familie als Ort und Träger der Neuevangelisierung" hat er als Thema gewählt. Seine fundamentale Feststellung: „Wenn wir langfristig denken, dann hat die Kirche in der westlichen Welt keine Zukunft ohne eine Erneuerung der Familie." Er spricht ganz realistisch und nüchtern vom „Virus der Zukunftsangst", den die Völker Europas in sich tragen. „Die Familie als Keimzelle der Gesellschaft hat im Westen ihre Selbstverständlichkeit verloren." Es werde immer deutlicher - so P. Walter -, dass man heute die Familie als eine Berufung erkennen müsse. Eine christliche Familie zu gründen, bedeute, sich abzusetzen von der Gesellschaft und den Weg der Nachfolge Jesu zu gehen. Es sei dies eine ähnlich tiefgreifende Entscheidung wie die zu einem geistlichen Beruf. Notwendig sei eine intensive Begleitung für alle, die in diesem Geiste eine Familie gründen wollen. Die Familie bleibe das Fundament für die Einübung des Glaubens. „Viele Familien gehen bewusst diesen Weg und verstehen ihr Haus als Haus Gottes."

Wenn eine Gemeinde viele solcher christlichen Häuser habe, werde sie mehr Vitalität haben. Konkret berichtete Pater Walter vom Projekt der Familien-Misiones, das ihm in Südamerika begegnet sei. Durch die Betonung der Familie werde die Kirche von der kleinsten Zelle aus beseelt. „Wenn diese Zellen sterben, hilft vieles andere auch nicht." Das Zeugnis der Liebe und des Glaubens von Mensch zu Mensch im Alltag sei „der Humus, auf dem die Liturgie, die Sakramente und die Katechese ihre Frucht bringen können. Auf einem solchen Boden werden leichter Berufungen für das gottgeweihte Leben wachsen."

Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, Mitglied im Schönstatt-Institut Diözesanpriester, beim Kongress zum Thema Neuevangelisierung in Schönstatt (Archiv-Foto: Brehm)

Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, Mitglied im Schönstatt-Institut Diözesanpriester, beim Kongress zum Thema Neuevangelisierung in Schönstatt (Archiv-Foto: Brehm)

Säkularität als Herausforderung und Chance zur Neuevangelisierung

Erzbischof Zollitsch trägt sein Statement am Nachmittag des 15. Oktober den Synodenvätern vor. Sein Thema erinnert an den wissenschaftlichen Kongress, der in der Pfingstwoche in Schönstatt mit Blick auf die Bischofssynode stattgefunden hat und dessen Initiator und Schirmherr Erzbischof Zollitsch war: „Säkularität als Herausforderung und Chance zur Neuevangelisierung." Im Gegensatz zu manchen sehr einseitig pessimistischen Stimmen über das Phänomen der Säkularisierung sieht Zollitsch auch Chancen und deswegen eine Herausforderung für die Neuevangelisierung. Säkularisierung und Modernisierung sieht er als Ergebnisse einer längerfristigen Entwicklung („nicht erst seit den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts") in den mittel- und westeuropäischen Ländern. Mit dieser Entwicklung verbunden sind spezifische Umbrüche und Veränderungen, die insbesondere auch den Bereich des Religiösen betreffen. „Säkularität als in der Weltgeschichte singulärer Vorgang in den entwickelten Industriegesellschaften bedeutet nach dem kanadischen Religionsphilosophen Charles Taylor nicht einfach den Rückgang von Glaubenspraxis und Glaubenswissen ... oder gar ein Verschwinden des Religiösen aus der Öffentlichkeit. Vielmehr handelt es sich um einen tiefen Umgestaltungsprozess fundamentaler Lebens-Erfahrungen, indem der Einzelne nicht einfach Traditionen übernimmt, sondern herausgefordert ist, sich persönlich zu entscheiden."

Diese Herausforderung zu persönlicher Entscheidung sieht Erzbischof Zollitsch als Chance für die Neuevangelisierung. „Das säkulare Zeitalter, das das westliche Europa kennzeichnet, schafft eine radikal neue Situation, in der Aussuchen und Auswählen geradezu zum Imperativ wird." Die Suche nach Sinn, die oft verschüttet zu sein scheint, zeige sich bei Ereignissen, die mit tiefgehenden Erschütterungen verbunden sind. Als Beispiele nannte er den 11. September 2001, den Tsunami 2004/5 und den Amoklauf in Erfurt im April 2002. „Die Ereignisse zeigen, dass es im Menschen - wenn auch noch so verschüttet und verborgen - eine letzte Tiefe gibt, die auch mit dem allgemeinen Klima der Säkularität nicht verschwunden ist. ... Es gibt ein innerstes Verlangen des Menschen nach Sinn, der in der Moderne nicht abgestorben, sondern überlagert ist und übertönt wird und sich stets neu meldet."

Auf diesem Hintergrund definiert der Erzbischof die Aufgabe der Neuevangelisierung: „Den Menschen zu helfen, diese Wasseradern des Glaubens frei zulegen! Ihnen Weggefährten zu sein und Helfer, mitten im Alltag die Spuren Gottes zu entdecken. ... Und bei dieser gemeinsamen Suche geht es zuerst darum, die Menschen durch unser ganzes Verhalten die unbedingte Sympathie Gottes, die selbstlose Liebe Gottes für den einzelnen Menschen erfahren zu lassen."

Die Bischofssynode dauert noch bis zum 28. Oktober. Ihre Ergebnisse werden in einem nachsynodalen Schreiben zusammengefasst werden, das der Papst in den nächsten Monaten (oder Jahren) herausgeben wird.

Mehr Informationen

Auf der Homepage des Vatikan - www.vatican.va - kann man die Zusammenfassungen der einzelnen Stellungnahmen nachlesen. Eine kleine Auswahl davon steht auf der Homepage des Josef-Kentenich-Instituts: www.josef-kentenich-institut.de/bischofssynode2012.


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