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18. Oktober 2012 | Worte des Bewegungsleiters | 

„Geht, ich sende euch ...“ (Lk 10,3)


Liebe Leserinnen und Leser des Bündnisbriefes,
liebe Mitglieder und Freunde unserer Schönstatt-Bewegung,

Unter diesem Leitwort steht die diesjährige "Oktober-Woche" mit der Feier des Schönstatt-Tages und der Delegiertentagung 2012. Es wird zugleich unser Jahresmotto sein in den kommenden Monaten des Jahres 2012/2013. "Geht, ich sende euch" – das Motto für das dritte Vorbereitungsjahr auf das 100-jährige Jubiläum 1914 – 2014.

Unsere Vorbereitungsjahre – ein dynamischer Zeitabschnitt

Unsere gesamte Vorbereitungszeit auf die Feier unseres Ursprungsbündnisses vom 18. Oktober 1914 ist von einer inneren Dynamik und Steigerung geprägt. Das erste Motto: "Gott ist ein Gott des Lebens" hat uns angeleitet, die Begegnung mit dem lebendigen Gott auf der gesamten Bandbreite des Lebens zu suchen. Das "Leben", so wie es ist, ist die Klaviatur, auf welcher der Schöpfer "spielt", um unsere Antwort auf seine Führung hervorzulocken.

"Ein Heiligtum in unserer Mitte" – so sehr es richtig ist, dass uns Gott immer und überall erreichen kann und will: Es gibt Orte und Zeichen verdichteter Gegenwart und Anwesenheit. Gerade an den heiligen Orten will Gott in seiner heiligenden Wirksamkeit tätig sein. Beide Erfahrungen: Gott ist überall gegenwärtig, aber Gott verbindet sich auf besondere Weise mit heiligen Orten und heiligen Zeiten, wollen letztlich ermöglichen, dass Gott uns senden kann.

Der Prophet Jesaja vernahm bei seiner Berufung die Frage Gottes: „Wen soll ich senden?“ (Jes 6,8), und obwohl er sich als sündiger Mensch weiß, folgt er dem Ruf Gottes und stellt sich ihm zur Verfügung: „Hier bin ich, sende mich!“ (ebd.). Die Bereitschaft des Propheten: „Hier bin ich“, will in diesem Jahr immer mehr unsere Antwort werden auf das Wort Jesu hin: „Geht, ich sende euch“.

Geht, ich sende euch – ein Wort und ein Geschenk der Gegenwart

Dieser Imperativ ist im Grunde genommen eine Aufforderung solch uneingeschränkter Gegenwart. Es wird dabei nicht etwas aus der Vergangenheit hervorgeholt und es wird auch nicht auf die Zukunft verwiesen. Alle Aufträge der Vergangenheit und alle noch möglichen Anforderungen der Zukunft bleiben zunächst unerörtert vor der Aufforderung der Gegenwart. Das dritte Vorbereitungsjahr auf unser Jubiläum hin will uns folglich wach machen, hier und heute verfügbar zu sein. Eine solche Verfügbarkeit erwartete Jesus von seinen Jüngern und Jüngerinnen. Seine Sendungsworte setzen eine Gleichzeitigkeit voraus zwischen dem Heilsplan und dem Heilswillen des Vaters und seine Realisierung in der gegenwärtigen Welt. Wenn das Sendungswort Jesu noch gilt, dann bedeutet es letztlich, dass der Ratschluss Gottes, sich der Welt zuzuwenden und sie heimzuholen in seine Liebe, uneingeschränkt auch heute wirkt.

Jubiläumszeit – Sendungszeit

Als Schönstatt-Bewegung will uns das Sendungswort Jesu deutlich machen, dass die Feier unseres Jubiläums letztlich eine neue Aussendungsfeier sein will. – Wir sagen ja gerne, dass Jubiläen Erinnerungs- und Erneuerungszeiten sind. In diesem dritten Vorbereitungsjahr, das der Feier des Jubiläums unmittelbar vorausgeht, konzentrieren wir uns als Bewegung deswegen auf unsere ureigene Aufgabe und Sendung. Wir haben uns neu anrufen lassen vom Gott des Lebens und wir kreisen um das Heiligtum, letztlich, um verfügbar zu sein, uns hineinziehen zu lassen in die Sendung Christi und die Sendung Mariens vom Urheiligtum aus. Das Liebesbündnis ist gewiss ein Lebensbündnis, aber ein Lebensbündnis, das immer mehr zu einem Sendungsbündnis werden soll. So sehr das Liebesbündnis unsere persönliche Gesichertheit stärkt, weil wir uns gehalten wissen dürfen in einem Bündnis der Liebe und Sorge Gottes und der Gottesmutter, aber jedes Bündnis ist letztlich angelegt auch auf die "Sprengung" unseres Schutzbedürfnisses. Es will und soll sich öffnen über die reine Beziehung von Bündnispartnern hinaus. Ähnlich wie Jesus die Herrlichkeit des Himmels verlassen hat, um in die Welt zu kommen und um diese heimzuholen in die Liebe des Vaters; ähnlich wie im Marienleben der vertraute Umgang der Jungfrau von Nazareth mit dem Gott Israels gesprengt wurde in der ungeheuerlichen Botschaft, dass sie die Mutter des Messias werden solle.

Jahr der apostolischen Strömung – für die Einzelnen und die gesamte Bewegung

Für uns als Einzelne wird es in der Besinnung auf das Apostolat sicher auch gerade darum gehen, unsere persönliche Zeugnisbereitschaft und Zeugnisfreudigkeit zu überprüfen und einen Blick auf verschiedene Felder unseres Einsatzes zu werfen. Für uns als Gesamtbewegung geht es im Jahr der apostolischen Strömung darum, unsere Sendungsdimension neu in den Blick zu nehmen. Dabei dürfen wir dankbar registrieren, dass sich im Licht der vergangenen Jahrzehnte sowohl die Zielsetzungen unserer gesamten Familie wie auch die dreifache Botschaft Schönstatts in zunehmendem Maße eingelöst haben. Immer mehr hat sich gezeigt, dass die Grundproblematik unserer Zeit in der Frage nach dem Menschenbild und seiner Realisierung besteht (vgl. die Zielsetzung vom neuen Menschen in der neuen Gemeinschaft), dass die Frage der apostolischen Zusammenarbeit und des gemeinsamen Zeugnisses aller Christen für die Botschaft des Evangeliums immer dringlicher erscheint (vgl. die Zielsetzung vom apostolischen Weltverband), dass die Frage nach der Gott-Welt-Beziehung in einer säkularen Kultur immer unabweisbarer geworden ist (vgl. Abendlandsendung).

Die vergangenen 100 Jahre seit Gründung der Bewegung haben zunehmend deutlich gemacht, dass der Gründer in zentralen Anliegen einem prophetischen Impuls des Heiligen Geistes folgen und, wie er selbst des Öfteren gesagt hat, offensichtlich nicht so sehr eine Lanze für die Gegenwart des Reiches Gottes als viel mehr für dessen Zukunft brechen durfte. Je mehr die Konturen des neuesten Zeitenufers hervortreten, umso wacher sollten unser Sendungsglaube und unsere Sendungsbereitschaft sein.

Die Besinnung auf unseren geschichtlichen Weg lässt uns aber auch innewerden, welche Apostolatsfelder sich für unsere Bewegung aufgetan haben und welche unsere besondere Aufmerksamkeit verdienen. Schon bei der Planungstagung 2008 wurde den Vertreterinnen und Vertretern unserer weltweiten Familie deutlich, dass Gottes Vorsehung uns besonders auf fünf apostolische Felder gerufen hat und dort mit einem in der Zukunft noch stärkeren Engagement ruft: Jugend und junge Generation; Ehe und Familie; Erziehung und Bildung; Mitverantwortung in Kirche und Gesellschaft aus den Grundkräften unseres ureigenen Charismas. Im Anschluss an die Planungstagung und anklingend auch in unserem Vorbereitungsgebet hat sich für das Apostolat unserer Familie in diesen Feldern eine Art Generalnenner herausgebildet: Was wir zutiefst erstreben und ersehnen, das sind nicht zunächst Einzelprojekte oder Einzelmaßnahmen, sondern das Werden einer neuen Kultur aus dem Liebesbündnis heraus. Ein Zeitalter, das wie keines zuvor geprägt ist vom Verhältnis der Menschen untereinander, ist eines, das zutiefst nach einer umfassenden Bündniskultur ruft und angelegt ist.

Pilgerwege zum Heiligtum hin – Sendungswege vom Heiligtum aus

Das Jahr der apostolischen Strömung mündet ein in die Eröffnung und den Verlauf des Jubiläumsjahres selbst. Als weltweite Schönstatt-Familie rüsten wir uns zur "Völkerwallfahrt" zum Urheiligtum und von dort aus nach Rom. Unser Jubiläum steht unter dem Vorzeichen einer umfassenden Pilgerbewegung. Wenn uns im Ursprungsbündnis vom 18. Oktober 1914 ein Gnadenort geschenkt ist und ein weltweites Netz von Heiligtümern der Gottesmutter, dann kann die Grundbewegung des Jubiläums keine andere sein als die einer Pilgerschaft. –

Als deutsche Schönstatt-Familie rüsten wir uns, quer durch das wiedervereinigte Deutschland inmitten eines immer mehr zusammenrückenden und zusammenwirkenden Europa (mit all seinen Möglichkeiten, aber auch Schwierigkeiten), Pilgerwege zum Urheiligtum zu skizzieren und zu eröffnen. „Geht, ich sende euch“, dürfen wir deswegen als Weckruf des Himmels verstehen, viele Menschen auf der Pilgerschaft ihres Lebens einzuladen, mit uns zusammen Orte der Beheimatung und der Sinngebung aufzusuchen, um dort Solidarität und Zuversicht zu gewinnen. Gott und die Gottesmutter wollen uns jetzt senden, und sie senden uns zu den Menschen, die mit uns unterwegs sind. Gott und die Gottesmutter ermutigen uns zum Zeugnis dafür, dass Kirche, Gesellschaft und Welt eine positive Wendung nehmen können, wenn ihnen das Geheimnis Mariens geschenkt ist, ihre Offenheit, ihr Heilsein und ihre Zukunftsträchtigkeit. Deswegen Pilgerwege zum Heiligtum! Das Heiligtum ist gerade auch wirksam geworden und will es weiterhin sein als Stätte christlicher Sendung. Die Pilgerwege zum Heiligtum hin werden zu Sendungswegen vom Heiligtum aus! Mit allen Menschen guten Willens ersehnen und erstreben wir eine Kultur des Bündnisses, eine Zivilisation der Liebe aus den Grundkräften der Schöpfung und des Evangeliums Christi.

Soweit, liebe Schönstattfamilie, ein paar Grundlinien zum Jahr der apostolischen Strömung. Wir werden sie im kommenden Jahr im Einzelnen näher betrachten. Das Wort Jesu: "Geht, ich sende euch" ist immer konkret. Es beginnt jeden Tag neu. Unsere Gliederung der Mädchen/Junge Frauen sagt dafür im kommenden Jahr kurz und bündig: Heute eine Heldin(!) Nicht früher einmal oder irgendwann einmal später, sondern heute!

Mit herzlichen Grüßen zum Schönstatt-Tag 2012 und Gedenken mit allen, die sich im Oktober 2012 beim Urheiligtum einfinden,

Ihr

P. Dr. Lothar Penners

Leiter der Schönstatt-Bewegung in Deutschland


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