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6. Oktober 2012 | Deutschland | 

Der kleine und der große Dank – 20 Jahre Heiligtum im „Kleinen Paradies“ in Heiligenstadt


Jubiläumsgottesdienst in Heiligenstadt (Foto: M.E. Vilches)

Jubiläumsgottesdienst in Heiligenstadt (Foto: M.E. Vilches)

PEB. „Du strahlst im Glanz der Sonne“ – während etwa 800 Wallfahrer lautstark die zweite Strophe von „Sagt an, wer ist doch diese …“ singen, gelingt es der Sonne, durch ein Wolkenloch die Altarinsel und den Pilgerplatz in helles Licht zu tauchen. Der seit zwei Tagen emeritierte Bischof Joachim Wanke war von Erfurt angereist, um am Tag der deutschen Einheit mit den Pilgern das 20jährige Weihejubiläum des Eichsfelder Schönstatt-Kapellchens zu feiern.

Über 800 Personen feierten 20 Jahre Heiligtum im Eichsfeld (Foto: M.E. Vilches)

Über 800 Personen feierten 20 Jahre Heiligtum im Eichsfeld (Foto: M.E. Vilches)

Ein liebender Blick gibt Orientierung

In seiner Predigt bezog er sich spontan auf seine Beobachtung der Kindergartenkinder, die zum Glorialied einen Tüchertanz getanzt hatten. Die, die ihre Kindergärtnerin, Schwester Barbara, fest im Blick hatten, konnten ihre Bewegungen leicht koordinieren. Die, die aus Neugier oder Zerstreutheit ihre Blicke schweifen ließen, kamen aus dem Rhythmus. So geht es aber nicht nur Vorschulkindern. In unserem alltäglichen Verhalten orientieren wir alle uns mehr oder weniger bewusst an Vorbildern. Außerdem kann jeder bestätigen, dass das eigene Ansehen immer wieder bestärkt wird durch Angesehen-werden. Maria betet in ihrem Magnifikat: “Auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut, siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.“ Maria erlebt sich aufgewertet, weil sie sich von Gott  mit einem liebenden Blick angeschaut erlebt.

Bischof em. Joachim Wanke, Erfurt, feierte mit der Schönstattfamilie (Foto: M.E. Vilches)

Bischof em. Joachim Wanke, Erfurt, feierte mit der Schönstattfamilie (Foto: M.E. Vilches)

Im Heiligtum wurde das Vater-Symbol angebracht (Foto: M.E. Vilches)

Im Heiligtum wurde das Vater-Symbol angebracht (Foto: M.E. Vilches)

Das Vater-Symbol ist Ausdruck des Glaubens an eine liebende Vorsehung Gottes (Foto: M.E. Vilches)

Das Vater-Symbol ist Ausdruck des Glaubens an eine liebende Vorsehung Gottes (Foto: M.E. Vilches)

Vater-Symbol ist Ausdruck des Glaubens an eine liebende Vorsehung

Die Schönstatt-Bewegung hat für diesen liebenden Blick Gottes auf uns Menschen – auf jeden Einzelnen von uns – ein uraltes Symbol aufgegriffen: Das Vaterauge in einem Dreieck – Symbol der Dreifaltigkeit. Heute nun soll dieses Symbol im Anschluss der Messe im Heiligtum angebracht werden. Dieses Symbol ist Ausdruck unseres Glaubens an eine liebende Vorsehung und kann uns helfen, Gott gegenüber unsere Grundhaltung des Vertrauens zu stärken. „Ich weiß, dass du mein Vater bist, in dessen Arm ich wohl geborgen. Ich will nicht fragen, wie du führst, ich will dir folgen ohne Sorgen. Und gäbest du in meine Hand mein Leben, dass ich selbst es wende – ich legt’ in kindlichem Vertrau’n es nur zurück in deine Hände.“ Bischof Wanke bekannte, dass er dieses alte Gebet, das den Schönstättern besonders lieb ist, durch seinen Vorgänger, Bischof Hugo Aufderbeck schätzen gelernt habe.

Das Heiligtum - ein heiliger Ort, der befreit

Vor der Eucharistiefeier hatten in einem kleinen Anspiel – in Anlehnung an die Berufungsgeschichte des Mose am brennenden Dornbusch (Ex 3) – Menschen verschiedenen Alters und Lebenssituationen ihre Schuhe ausgezogen und in der Begegnung mit Gott, der sich als der „Ich bin da“ offenbarte, Geborgenheit und Freiheit geschenkt bekommen. Die Freiheit, neue Wege zu wagen, die Freiheit, sich nicht mehr für unersetzlich zu halten, die Freiheit vom Zwang, immer ganz vorne mitmischen zu müssen.

Das Anspiel griff damit das Motto auf, das sich die internationale Schönstatt-Bewegung für das vergangene Pastoraljahr gegeben hatte: “Ein Heiligtum in unserer Mitte“. Das Phänomen der heiligen Orte, das wir sowohl im Alten Testament, im Islam und in den vielen christlichen Wallfahrtsorten beobachten können, hat in der Schönstatt-Bewegung im Laufe seiner fast 100jährigen Geschichte eine besondere Ausprägung bekommen: der durch Gebete und Opfer  reproduzierbare heilige Ort: Galt das kleine Kapellchen im Tal in Schönstatt bei Vallendar als die Wiege der Bewegung, so wurde nach dem zweiten Weltkrieg dieses  Kapellchen möglichst originalgetreu an über 200 Orten weltweit nachgebaut. Die Idee der Filialheiligtümer war geboren, und aus der Kapelle in Schönstatt wurde das Urheiligtum. Als der Gründer in den 50-er und 60-er Jahren in Milwaukee/USA mit Familien arbeitete, wurde die Idee des Hausheiligtums geboren: ein heiliger Ort im alltäglichen Lebensraum der Familien.

Statio am ehemaligen innerdeutschen Grenzzaun (Foto: M.E. Vilches)

Statio am ehemaligen innerdeutschen Grenzzaun (Foto: M.E. Vilches)

Prozessionsweg (Foto: M.E. Vilches)

Prozessionsweg (Foto: M.E. Vilches)

Das Eichsfeld-Heiligtum ist Dank für die Einheit in Freiheit

Ein kleiner Rückblick auf die Regionalgeschichte des Heiligenstädter Schönstatt-Kapellchens: Als auf der Jahresdelegiertenkonferenz der Schönstätter im Oktober 1990 an einem Abend die Geschichte der Schönstatt-Bewegung in der ehemaligen DDR vorgestellt wurde, kam auch die Sehnsucht vieler Eichsfelder nach einem regionalen Schönstatt-Zentrum zur Sprache. Diese Sehnsucht traf auf eine andere Sehnsucht, die alle Delegierten bewegte: Wie können wir als deutsche Schönstatt-Bewegung unseren Dank für die wiedererlangte Einheit in Freiheit auf dem Weg der Gewaltfreiheit Gott gegenüber zum Ausdruck bringen?

In einem kreativen Prozess einigte man sich: Das zukünftige Heiligenstädter Heiligtum wird die Dankesgabe der gesamten deutschen Schönstatt-Bewegung für die Einheit in Freiheit. Und damit war auch schon ein möglicher Weihetermin fix: Es musste an einem 3. Oktober sein. Zwei Jahre später war es dann so weit. Am 3.Oktober 1992 weihte Bischof Wanke das Heiligtum ein. Damals kamen ca. 3000 Pilger – darunter viele Delegationen aus den verschiedensten deutschen Diözesen -  nach Heiligenstadt.

Schwester M. Veronika Riechel stellt die Vorbereitungen auf das Jubiläum 2014 vor.  (Foto: M.E. Vilches)

Schwester M. Veronika Riechel stellt die Vorbereitungen auf das Jubiläum 2014 vor. (Foto: M.E. Vilches)

Ein Zauberer macht Programm nicht nur für die Kinder (Foto: M.E. Vilches)

Ein Zauberer macht Programm nicht nur für die Kinder (Foto: M.E. Vilches)

Kleiner und großer Dank

So bezog sich am 3.Oktober dieses Jahres der „kleine Dank“ auf all das, was in diesen 20 Jahren in und um das Heiligtum an Glaubensvertiefung und Gemeinschaftsbildung, an Trost und Ermutigung, an Persönlichkeitsbildung und Befähigung zum Apostolat geschehen ist. Der „große Dank“ bezog sich auf  die Ereignisse von 1989/90. Gerade der Blick auf den Bürgerkrieg in Syrien und auf die Stabilität der kommunistischen Diktaturen in China und Nordvietnam lässt uns neu staunen, dass damals auf gewaltfreie Weise das kommunistische Regime in den osteuropäischen Ländern beseitigt werden konnte. Nicht nur alljährlich am Tag der deutschen Einheit dürfen wir uns bei Gott bedanken, dass er auf wunderbare Weise sich unseres Volkes neu erbarmt hat.

Vielfältiges Programm

In einer bunten Palette von Zwischenveranstaltungen wurden die einzelnen Akzente beleuchtet. Da gab es eine Diashow über die 20 Jahre Leben im „Kleinen Paradies“. Da wurden die internationalen Vorbereitungen auf den 100. Geburtstag der Schönstatt-Bewegung 2014 vorgestellt. Da wurde vom großen europäischen Treffen in Schönstatt am 8. September 2012 berichtet, auf dem die Gottesmutter zur Königin der Neuevangelisierung gekrönt worden war. Da erzählte Schwester M. Victoria von ihren Erfahrungen als Gefängnisseelsorgerin. Da vermittelte Pater Busse Erlebnisse von Familien, die wie Biotope der Ehrfurcht und der Wertschätzung dazu beitragen, dass die Ehepartner sich gegenseitig stärken und Kinder optimale Entwicklungsbedingungen geschenkt bekommen. Kinder konnten sich währenddessen schminken lassen oder sich von den Kunststückchen eines Zauberers verzaubern lassen.

Mit einer Dankandacht und anschließendem Kaffeetrinken endete dieser erlebnisreiche Tag. Auch das Wetter passte. Erst nach dem Programm fing es an zu schütten. Tagsüber war es für Oktober angenehm mild. Möge die zukünftige Geschichte des Heiligenstädter Heiligtums ähnlich segensreich werden wie die vergangene.

Das Schönstatt-Heiligtum im  „Kleinen Paradies“ in Heiligenstadt (Foto: M.E. Vilches)

Das Schönstatt-Heiligtum im „Kleinen Paradies" in Heiligenstadt (Foto: M.E. Vilches)

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