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28. September 2012 | Deutschland | 

KZ-Gedenkstätte Dachau - Begegnung und Ökumenischer Stationen-Gottesdienst


In der KZ-Gedenkstätte Dachau (Foto: Grimm)

In der KZ-Gedenkstätte Dachau (Foto: Grimm)

Sr. M. Elinor Grimm. „Hier ist Begegnung", so steht es über der Einladung vom Dachauer Forum. Eingeladen wurde zur thematischen Führung „Die Plantage/Rundgang" am 21.9.2012 um 17.00 Uhr. In ihrem Vortrag sprach Brigitte Fiedler über Leben und Leid in der „Plantage", aber auch darüber, was heute aus dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau geworden ist und wie Dachau zur Stätte der Begegnung wird. Am 23. September trafen sich viele Menschen in der KZ-Gedenkstätte Dachau zu einem ökumenischen Stationen-Gottesdienst zum Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Terrorherrschaft im Konzentrationslager Dachau anlässlich der Seligsprechungen (2010-2011) von Gerhard Hirschfelder, Georg Häfner und Alois Andritzki.

Schlimme Erlebnisse, doch auch so manches „Schlupfloch"

Die Dachaureferentin Brigitte Fiedler war positiv überrascht über das große Interesse! Unter den mehr als 60 Personen waren auch Karmelitinnen, Schönstätter Marienschwestern und Mitglieder vom Schönstatt-Familienbund. Das war eine echte freudige „Schönstatt-Begegnung", auch wenn sich an dem Ort „Plantage" viel Leidvolles, Schlimmes in der Zeit zwischen 1937 und 1945 ereignet hatte.

Bei einer Station an Block 26 spricht Domdekan Günter Putz, Würzburg, über Pfr. Häfner  (Foto: Grimm)

Bei einer Station an Block 26 spricht Domdekan Günter Putz, Würzburg, über Pfr. Häfner (Foto: Grimm)

Aber es war dort auch ein ganz kleines „Loch" - der kleine Verkaufsladen für Produkte des Gartenbaubetriebes - dort war tatsächlich unter Lebensgefahr manch heimliche Begegnung möglich! Vor allem der Geistliche Dr. Ferdinand Schönwälder, der als Häftling in der Verkaufsstelle arbeitete, hat viel gewagt. Hierher kam u. a. 1943/44 von Freising aus die Kandidatin Josefa Mack, die spätere Schulschwester Maria Imma und brachte heimlich Lebensmittel, Schwarzpost usw. für die Geistlichen. So manches, was für die Priesterweihe von Karl Leisner benötigt wurde, hat sie auf diesem Weg ins Lager geschmuggelt. Auch Schönstätter Marienschwestern kamen 1943 zum Posttausch mit Pater Fischer in die Plantage. Später, nachdem es in Dachau zu gefährlich war, wurde die Schönstatt-Schwarzpost im Nachbardorf Hebertshausen in der Wohnung eines Zivilangestellten aus der Plantage, Hr. Siegert, getauscht.

Die Feierstunde beginnt in der Todesangst-Christi-Kapelle, u.a. mit Pfr. Dr. Björn Mensing, Diakon Klaus Schultz und P. Klaus Spiegel OSB, Hausgeistlicher des Karmel Dachau. (Foto: Grimm)

Die Feierstunde beginnt in der Todesangst-Christi-Kapelle, u.a. mit Pfr. Dr. Björn Mensing, Diakon Klaus Schultz und P. Klaus Spiegel OSB, Hausgeistlicher des Karmel Dachau. (Foto: Grimm)

Eine weitere Station ist an Block 5 bei der Domkapitular Stephan Delan, Dresden, über Kpl. Andritzki spricht (Foto: Grimm)

Eine weitere Station ist an Block 5 bei der Domkapitular Stephan Delan, Dresden, über Kpl. Andritzki spricht (Foto: Grimm)

Ein Ort des Schreckens im Wandel der Zeit

Fr. Fiedler erklärte die noch erhaltenen verschiedenen Gebäude. In manchen sind Sozialwohnungen. Andere kleine Bauten und die Originalgewächshäuser von damals sind vom Verfall bedroht. Gut erhalten ist das kleine Pumphaus. Sie zeigte verschiedene Archivbilder. Der größte Teil des Geländes ist Industriegebiet. Daher herrscht in dem Bereich reges Leben. Auch der Amper-Radweg geht mitten durch die kleine noch erhaltene Anlage! Die ehemalige kleine Verkaufsstelle und das daneben liegende Gelände werden von der Stadtgärtnerei genutzt. So sieht man von der Alten Römerstraße aus, die entlang der Mauer des ehemaligen Konzentrationslagers verläuft, blühende Blumen und Sträucher.

Auch zum ehemaligen Bienenhaus, das nun zum MAN Firmengelände gehört, machte man sich auf den Weg. Der Weg führte an der Gedenktafel vorbei die - zusammen mit einem kleinen Apfelbaum - an den Häftling Pfr. Korbinian Aigner erinnert. Im Geheimen hat er auf der Plantage an seiner Apfelzüchtung weitergearbeitet. Ähnlich wie Karl Leisner wurde er nach dem Attentat am 9. November 1939 denunziert und kam nach Dachau.

Zu einer tiefen religiösen Begegnung wurde an diesem Tag der Dachaubesuch für einen neu geweihten brasilianischen Bischof. Er hatte den Wunsch, in Verbindung mit einem Schönstattbesuch nach Schulungstagen in Rom, die KZ Gedenkstätte Dachau besuchen zu können. Die Stunden in Dachau und die private Hl. Messe im Karmel hätten ihn mehr beschenkt als der Aufenthalt in Rom, äußerte er dankbar.

Pfr. Prof. Dr. Hugo Goeke, Münster spricht an der griechisch orthodoxen Kapelle über Kpl. Hirschfelder (Foto: Grimm)

Pfr. Prof. Dr. Hugo Goeke, Münster spricht an der griechisch orthodoxen Kapelle über Kpl. Hirschfelder (Foto: Grimm)

P. Klaus Spiegel OSB spricht zum Abschluss der Feier in der Evangelischen Versöhnungskirche der KZ-Gedenkstätte Dachau (Foto: Grimm)

P. Klaus Spiegel OSB spricht zum Abschluss der Feier in der Evangelischen Versöhnungskirche der KZ-Gedenkstätte Dachau (Foto: Grimm)

Dachau als ökumenische und interkulturelle Begegnungsstätte

Ökumenische Begegnung gab es im Rahmen der Interkulturellen Woche am Sonntag, den 23.9. in Dachau. Die Katholische Seelsorge an der KZ-Gedenkstätte und die Evangelische Versöhnungskirche haben um 16.00 Uhr zu einem eindrucksvollen Stationen-Gottesdienst in die KZ- Gedenkstätte eingeladen. Es wurden verschiedene Lebensbilder, nicht nur von christlichen Häftlingen, aufgezeigt. Vor allem wollte man an die drei neuen Seligen erinnern - Pfr. Georg Häfner, Kpl. Alois Andritzki, Kpl. Gerhard Hirschfelder - und sie auch am Ort ihres gewaltsamen Todes ehren. Acht Geistliche trugen Texte, Gebete und beeindruckende Briefausschnitte vor. Für die drei Seligen haben Vertreter aus den Diözesen Würzburg, Münster und Dresden/Meisen gesprochen. Die Feier begann an der Todesangst-Christi- Kapelle. Weitere Stationen waren Block 5 und Block 26.

Bei der Russisch-orthodoxen Auferstehungskapelle erinnerte man an Alexander Schmorell, der die Mitarbeit im Widerstand der „Weißen Rose" mit seinem Leben bezahlte (München Stadelheim). Er, der aus Russland stammte, dessen Familie dann aber nach München übersiedelte, wird inzwischen in der orthodoxen Kirche als Seliger verehrt. Auch aus seinen Briefen sprach der tiefe Glaube an die Auferstehung. Spürbar war gerade auch bei den Lebensbildern der Priester die unverwüstliche christliche Freude und die Haltung der Ehrfurcht angesichts der menschlichen Würde, die sie sich trotz aller Demütigung und Schikane unbedingt bewahren wollten. Unwillkürlich wurde man da an die vorbildliche Haltung des Gründers Schönstatts, Pater Josef Kentenich, erinnert. Kpl. Andritzki und Kpl. Hirschfelder gehörten auch zur Schönstatt-Priestergruppe in Dachau.

Die genannten Personen wurden, wie unzählige andere Verfolgte, im tapfer ertragenen Leiden zu „Zeugen" der Liebe Christi. So stand über der ganzen Feier auch als Aufruf an Menschen heute: „Ihr werdet meine Zeugen sein..." (Lk 24,48 I Apg 1,8) Eine Familie des Schönstatt-Familienbundes, die bei der Feier dabei war, zeigte sich dankbar für diese würdige Feier, die mit dem feierlichen Segen in der Versöhnungskirche endete.


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