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26. September 2012 | Deutschland | 

„Er ist sicher ein Heiliger“ - Autorenlesung mit Christian Feldmann zu Pater Franz Reinisch


Christian Feldmann las im Pfarrzentrum Herz Jesu in Bad Kissingen aus seiner Reinisch-Biografie (Foto: Markus Hauck, POW)

Christian Feldmann las im Pfarrzentrum Herz Jesu in Bad Kissingen aus seiner Reinisch-Biografie (Foto: Markus Hauck, POW)

Markus Hauck POW. „Ich denke, rede und handle nicht, was und weil es andere denken, reden und handeln, sondern weil das meine innere Überzeugung ist." So charakterisierte sich der Österreicher Franz Reinisch. Seine Entscheidung, als einziger Priester im Deutschen Reich den Fahneneid auf Adolf Hitler zu verweigern, hat er sich daher nicht einfach gemacht. Und er hat sie im vollen Bewusstsein ihrer Konsequenzen durchgetragen - bis hin zu seiner Hinrichtung durch das Fallbeil am 21. August 1942. Das hat Christian Feldmann, Autor der Reinisch-Biografie „Einen Eid auf Hitler? Nie", am Mittwoch, 19. September, bei einer Lesung im Bad Kissinger Pfarrzentrum Herz Jesu vor über 100 Zuhörern betont. „Der gefährlichste Widerstand gegen die Nazis lag nicht in der politischen Aktion, sondern in der Nichtanpassung des Denkens, in der Weigerung, sich Weltsicht und Feindbild vorschreiben zu lassen. Die braunen Herrenmenschen sahen das ähnlich." Gerade deswegen hätten sie Nonkonformisten wie den Pallottinerpater Reinisch mit derartiger Wut verfolgt.

Auch 70 Jahre nach seinem Tod und trotz guter Quellenlage sei es nicht leicht, sich ein stimmiges Bild von dem Mann zu machen, der im Alter von 39 Jahren für seine Gewissensentscheidung starb. Eine kantige Religiosität, politische Prinzipientreue, gefühlsseligen Tiroler Patriotismus und eine gute Portion Dickköpfigkeit attestierte Feldmann Reinisch. Als junger Pallottinerpater sei dieser in Schönstatt mit der Gedankenwelt Pater Joseph Kentenichs in Berührung gekommen. Neben einem Glauben, der geistlichen Tiefgang mit praktischem Handeln im Alltag verband, habe Reinisch dort die Idee fasziniert, dass die Schönstätter gegen „den braunen Gesinnungsterror mit seiner Gleichschaltungsmanie" unbeirrt an der Freiheit des einzelnen und der Würde der individuellen Persönlichkeit festhielten.

Die Biografie Pater Reinischs von Christian Feldmann ist im Januar 2012 im Patris-Verlag, Vallendar Schönstatt erschienen (Foto: Markus Hauck, POW)

Die Biografie Pater Reinischs von Christian Feldmann ist im Januar 2012 im Patris-Verlag, Vallendar Schönstatt erschienen (Foto: Markus Hauck, POW)

Der Fahneneid auf Hitler kam für Reinisch nicht in Frage

1939 schon sei für Reinisch klar gewesen, dass ein Fahneneid auf den Führer für ihn nicht in Frage kam, sagte Feldmann. Auf eine Obrigkeit, die „um der nur lüsternen Eroberung willen" Mord und Totschlag in die Welt bringe, dürfe man keinen Eid leisten, zitierte er den Tiroler. Außerdem sei der Geistliche der Überzeugung gewesen, dass Jesus am Kreuz sein Blut für alle vergossen habe - auch für die von den Nationalsozialisten zu Unrecht verfolgten Juden.

Reinisch meldete sich im April 1942 konsequenterweise und mit Absicht erst einen Tag später, als im Gestellungsbefehl genannt, in der Bad Kissinger Kaserne. „Die ‚Sache Reinisch‘ ging nun ihren vorgeschriebenen Gang." Weil weder die örtlichen Vorgesetzten, noch das Divisionsgericht in Würzburg noch das Reichskriegsgericht in Charlottenburg ihn dazu bringen konnten, den Eid zu leisten, wurde Reinisch am 7. Juli 1942 zum Tod verurteilt: „wegen Verweigerung des Fahneneids und Zersetzung der Wehrkraft". Auch die Angst um die negativen Auswirkungen auf die Gemeinschaft der Pallottiner und die Androhung seines Oberen, ihn auszuschließen oder die Verweigerung des Kommunionempfangs durch den Gefängnisseelsorger - „eine Strafe, die ihn wirklich hart getroffen hat" - hätten zuvor Reinisch nicht umstimmen können.

Seligsprechungsverfahren aufgenommen

„Für mich ist Reinisch eine der tragischen Lichtgestalten, von denen ich mir manchmal mehr wünsche. Wie sähe wohl unsere Welt aus, wenn es mehr Menschen wie Reinisch gegeben hätte?", fragte Feldmann abschließend in die Runde. Reinisch sei bei aller Entschiedenheit keiner gewesen, der anderen einen Vorwurf machte, sich nicht wie er klar positioniert zu haben. Sein Leben sei ein Impuls, nicht auf die eigene Entscheidungsfindung zu verzichten und gegen den Weg der Mehrheit, die Verantwortung gern und rasch abzugeben. „Ich habe bei meinen Recherchen nicht einen einzigen Menschen getroffen, der nicht stolz darauf war, ihn gekannt zu haben." Dass, wenn auch erst 70 Jahre nach seinem Tod, das Bistum Trier ein Seligsprechungsverfahren aufgenommen hat, wertete Feldmann als positiv. „Er ist sicher ein Heiliger. Trotzdem wäre es schön, wenn er eine römische Bestätigung bekäme."

Für die musikalische Umrahmung der Gemeinschaftsveranstaltung von Katholischer Akademie Domschule, Schönstattbewegung, Pfarrei Herz Jesu und Patris-Verlag sorgte der Liedermacher Franz-Josef Tremer.

 


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