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7. August 2012 | Deutschland | 

Ich verlasse Dich! Getraut – Getrennt – Geschieden und dann?


Getraut - getrennt - geschieden. (Foto: Sommerzeit 2012)

(Foto: Sommerzeit 2012)

Robert Boecker. Was für Probleme haben getrennt lebende Frauen? In welches seelische Tief fallen Geschiedene? Schwester Anne-Meike Brück von der Schönstattbewegung Frauen und Mütter bietet betroffenen Frauen ein Hilfsangebot in Schönstatt. Ihr Motto: „Frauen haben starke Wurzeln.“

Ich durchlitt ein Wechselbad der Emotionen

„Ich saß im Auto, habe einfach immer mehr Gas gegeben. Die Mauer raste auf mich zu. Plötzlich sprangen Kinder vom Spielplatz dahinter auf die Straße. Ich habe dies als Wink von oben gedeutet und den Fuß vom Gaspedal genommen. Ich war am Ende.“ 18 Jahre war die heute 42-jährige Juliane P. aus einem kleinen Städtchen im Rhein-Sieg-Kreis glücklich verheiratet. Dann betrog ihr Ehemann sie das erste Mal. Juliane verzieh und glaubte den Beteuerungen und Versprechungen ihres Gatten. Kaum zwei Jahre später dann das endgültige Aus: Wieder hatte ihr Mann ein Verhältnis mit einer anderen Frau begonnen. Für Juliane P. brach eine Welt zusammen. „Warum muss mir das passieren? Was habe ich falsch gemacht?“, fragte sie sich immer wieder selbstquälerisch.

Abgelegte Steine - manchmal dauert es lange, bis sich Frauen in ihrer Not jemandem anvertrauen. (Foto: Sommerzeit 2012)

Abgelegte Steine - manchmal dauert es lange, bis sich Frauen in ihrer Not jemandem anvertrauen. (Foto: Sommerzeit 2012)

Freunde versuchten, ihr in der schweren Zeit Halt zu geben. In ihrem Gefühlschaos aber war sie alleine. „Ich durchlitt ein Wechselbad der Emotionen.“ Auf Momente des Glücks folgten lange Phasen der Verzweiflung, der Wut, der Traurigkeit. „Das Leben hatte für mich oft keinen Sinn mehr“, sagt Juliane P. rückblickend.

Der erste Schritt war schwer

Dass Juliane P. heute wieder öfter lachen kann und sich selbst als „eingeschränkt glücklichen Menschen“ beschreibt, hat auch mit einem Zeitungsartikel zu tun. Einige Monate nach der Trennung las sie in der Kölner Kirchenzeitung einen Beitrag über ein Angebot von Schwester M. Anne-Meike Brück. Gemeinsam mit anderen Frauen hat die Schönstattschwester ein Seminar entwickelt, das sich an geschiedene oder getrennt lebende Frauen richtet. „Getraut – getrennt – geschieden und dann?“ lautete das Thema der Wochenendveranstaltung. Was sie dort las, berührte Juliane P. so, dass sie den Artikel ausriss und zur Seite legte. Immer wieder fiel ihr in den nächsten Wochen und Monaten der Bericht in die Hände. Das Thema ließ sie nicht los. Endlich suchte sie im Internet nach weiteren Informationen.

Mit klopfendem Herzen

„Gefangen in den Gedanken meiner Verletzungen. Gefangen im Netz meiner Angst. Befangen im Tun und Handeln. Einsam, allein und unfrei. Gibt es für mich einen neuen Anfang nach dem Bruch der Beziehung? Habe ich eine Chance, die Verletzungen meiner Vergangenheit heilen zu lassen? Was hält mich wirklich, wenn ich Halt und Orientierung brauche?“ Was sie dort las, war das in Worte „gefasste Spiegelbild meiner Emotionen“. „Jetzt beschloss ich, mir Zeit für mich zu nehmen und mich anzumelden.“ Mit einem mulmigen Gefühl fuhr Juliane nach Vallendar. Bis zum Hals klopfte ihr Herz, als sie sich im Foyer des Bildungshauses anmeldete. „Der Empfang durch die Pfortenschwester war so herzlich, dass alle meine Ängste und Befürchtungen weggeblasen waren“, erinnert sie sich an ihre erste Begegnung mit einer Schönstattschwester.

Getraut - getrennt - geschieden. Ein Seminarangebot der Schönstattbewegung Frauen und Mütter für Betroffene  (Foto: Sommerzeit 2012)

Getraut - getrennt - geschieden. Ein Seminarangebot der Schönstattbewegung Frauen und Mütter für Betroffene (Foto: Sommerzeit 2012)

Zurück ins Leben helfen

Die 19 Frauen, die an diesem Wochenende von überall her nach Vallendar-Schönstatt kamen, sind zwischen 35 und 67 Jahre alt. Sie verbindet das gemeinsame Schicksal, verlassen worden zu sein. Bis auf Schwester Anne-Meike haben auch die Frauen des Organisationsteams eine Trennung oder Scheidung hinter sich. „Weil hier alle ähnliche Erfahrungen durchlebt haben, braucht sich niemand zu erklären“, erklärt Luise Wolking, die seit einigen Jahren im Team mitarbeitet. Schon lange hat Schwester Anne-Meike sich in der Arbeit mit Frauen engagiert. Zumeist waren es religiöse Seminare, die die taffe Schwester anbot. Als sie aber immer häufiger auf Frauen traf, die vor der Herausforderung standen, ihr Leben nach dem „Zerbrechen eines Lebenstraums“ neu zu organisieren, erkannte sie in der Bereitstellung eines kirchlichen Hilfsangebots eine Herausforderung.
„Im Laufe der Geschichte sind Orden gegründet worden als Antwort auf die Bedürfnisse der Zeit“, sagt Schwester Anne-Meike. „Leider wächst die Zahl der Frauen, die von ihren Männern verlassen werden. Wir als Schönstattschwestern haben es uns auch zur Aufgabe gemacht, diesen Frauen zurück ins Leben zu helfen. Dies ist für uns eine der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.“

Suche nach neuen Perspektiven

Seit mehr als zehn Jahren organisiert die Ordensfrau zusammen mit ihrem Team an vielen Orten, an denen Schönstattschwestern beheimatet sind, Treffen von betroffenen Frauen. „Gemeinsam machen wir uns nach dem Zusammenbruch einer Beziehung auf die Suche nach neuen Perspektiven und nach Antworten auf die Fragen des Lebens. Wir helfen mit, die Erfahrung zu machen, im Leid nicht alleine zu sein und wieder Freude am Leben zu finden. Gemeinsam suchen wir nach Wegen, die Verantwortung als Alleinerziehende bewältigen zu können“, beschreibt Luise Wolking, geschieden und alleinerziehende Mutter von drei Kindern, die Zielperspektiven der Veranstaltungen. „Frauen haben starke Wurzeln, die tief in die Erde hineinreichen. Manchmal muss man das Bewusstsein, dass dies so ist, bei den Frauen nur wecken“, ergänzt Schwester Anne-Meike.

Der Austausch untereinander macht Mut und schenkt Zuversicht. (Foto: nach-trennung-scheidung.de)

Der Austausch untereinander macht Mut und schenkt Zuversicht. (Foto: nach-trennung-scheidung.de)

„Es geht mir besser“

Juliane P. hat es nicht bereut, sich die Zeit genommen zu haben, nach Vallendar zu fahren. „Ich habe gelernt, auch die schönen Dinge im Leben wieder zu sehen. Seit ich mich bewusst auf den ersten und den letzten Moment eines jeden Tages konzentriere und vor dem Einschlafen überlege und aufschreibe, was ich an diesem Tag Schönes erlebt habe und wo Gott mich heute geliebt hat, schlafe ich mit guten Gedanken ein und es geht mir besser.“
Juliane P. bezeichnet sich selbst als gläubig. Doch habe sie die Erfahrung gemacht, dass einige Frauen, die sich von dem Angebot angesprochen fühlen, teilweise wenig Beziehung zur Kirche und zu Gott haben. Für Schwester Anne-Meike ist das kein Problem. „Wir machen ein Angebot, das die Einladung zu Gottesdienst und Gebet einschließt. Mitentscheidend ist unser Tun, das sich aus dem Evangelium ableitet und an dem wir gemessen werden.“ Seit dem ersten Besuch in Vallendar ist Juliane P. immer wieder mal zu einer der so genannten „Frühstücksrunden“ oder Tagesveranstaltungen gefahren. „Immer, wenn ich das Gefühl habe, meine Batterien sind leer und das Gefühlschaos bricht wieder auf, fahre ich nach Vallendar, um von dort mit ‚aufgeladenem Akku‘ in meinen Lebensalltag zurückzukehren. Hier finde ich einen Teil meines Seelenfriedens wieder.“

aus: SommerZeit - Zeitschrift für das Erzbistum Köln

Mehr Informationen

  • www.nach-Trennung-Scheidung.de
  • www.wallfahrt-schoenstatt.de
  • Das nächste Seminar für Frauen nach Trennung oder Scheidung (mit ihren Kindern) findet von 28. bis 30. September 2012 (Beginn 17:30 Uhr / Ende 14:15 Uhr) in der Bildungsstätte Marienland, Berg Schönstatt 8, 56179 Vallendar, statt. Thema: „Ab heute bin ich ICH“. Die Teilnehmerinnen werden angeleitet, mehr Klarheit über sich selbst zu gewinnen, ein Gefühl für sich - einzigartig und wertvoll - zu entwickeln und dem Leben eine neue Richtung zu geben.

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