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Aufbruch braucht Miteinander! Podium auf dem Katholikentag zum Thema Laien und Priester – Charismen und Strukturen
Hier wirkt Gott: Eine Schriftrolle, auf der das Wirken Gottes in einer Gemeinde festgehalten wird (Foto: Brehm)
Hbre. Die Kirche in Deutschland müsse entdecken, was ihr in den geistlichen Bewegungen gegeben sei, sagte Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, Freiburg, beim Podium „Aufbruch braucht Miteinander! Laien und Priester – Charismen und Strukturen“, das die Fokolar-Bewegung und die Schönstatt-Bewegung gemeinsam vorbereitet und beim Katholikentag in Mannheim durchgeführt haben. In den Dialogprozess der Kirche in Deutschland, den er 50 Jahre nach Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils angestoßen habe, sollen auch die Erfahrungen der geistlichen Bewegungen und Gemeinschaften einfließen.
Gustav-Mahler-Saal im Congress Centers Rosengarten, Mannheim (Foto: Brehm)
Obwohl es das zeitlich letzte große Podium des 98. Deutschen Katholikentages in Mannheim war und am späten Samstagnachmittag, nach vielen anderen intensiven Programmpunkten stattfand, waren die Plätze des Gustav-Mahler-Saales im Congress Center Rosengarten fast vollständig besetzt. Ein Zeichen dafür, dass die Frage nach dem Miteinander von Laien und geweihtem Amt vielen Mitgliedern der Kirche unter den Nägeln brennt.
Schwester Vernita Weiß, Schönstatt, Dr. Wilfried Hagemann, Ökumenisches Lebenszentrum Ottmaring (Foto: Brehm)
Prophetische Vorzeichen
Vorzeichen für das Podiumsgespräch waren zwei prophetische Worte der Gründer der beiden verantwortlichen Bewegungen, Chiara Lubich und Pater Josef Kentenich. „Was mich vielleicht stärker als alles Übrige getroffen hat, als ich das Geheimnis Seiner (Jesu) Gegenwart unter uns betrachtete“, so wurde Chiara Lubich zitiert, „war, dass ihm dafür auch wenige Menschen genügen, zwei oder drei.“ Deshalb habe sie ihm tausende Kirchen erbauen wollen, „keine Kirchen aus Stein, sondern Kirchen, die aus zwei oder drei Menschen bestehen, Menschen, die in seinem Namen vereint sind“. Pater Kentenich habe nach dem Konzil formuliert, dass sich die Kirche als geschwisterliches Volk Gottes sehe. „Dieses Volk Gottes ist miteinander verbunden, verbunden auch mit der Hierarchie, durch eine umfassende, tiefgreifende Verantwortung. Verantwortung jeder an seinem Platz auch für das Gesamtbild der Kirche.”
Michael Berentzen, Anna Zoll und Weihbischof Dr. Christoph Hegge, Münster, (Foto: Brehm)
Konkrete Erfahrungen
Berichte von konkret erlebten Erfahrungen konnten im Anschluss zeigen, dass solch geschwisterliches Leben zwischen Priestern und Laien möglich ist und erfolgreich zum Aufbau von Gemeinde und zur Gestaltung des persönlichen Lebens als Christ beitragen kann. Dass sie durch die persönlichen Beziehungen und den gemeinsamen Weg in der von Mitgliedern der Fokolar-Bewegung gegründeten studentischen Weggemeinschaft eine lebendige, mobile Kirche erlebt hätten, in der sie gelernt hätten, sich gegenseitig an ihren Glaubenserfahrungen Anteil zu geben, davon berichteten Weihbischof Dr. Christoph Hegge, Münster, Anna Zoll und Michael Berentzen.
Pfarrer Kurt Faulhaber mit Mitgliedern seiner Gemeinden (Foto: Brehm)
Pfarrer Kurt Faulhaber, Mitglied im Schönstattinstitut Diözesanpriester, kam mit über 20 Gemeindemitgliedern auf die Bühne, die mit ihm zusammen davon berichteten, wie das Aufschreiben ihrer gemeinsamen Erfahrungen mit dem Gott des Lebens auf einer Schriftrolle sie mit der Zeit immer mehr habe entdecken lassen, wie Gott „über den Rand der Bibel hinaus“ in ihrer Gemeinde weiter bis heute Geschichte schreibe. Faulhaber bekannte: „Als Priester erlebe ich mich als Anreger und Anleiter von kleinen, zum gemeinsamen Priestertum berufenen und gesandten Gemeinschaften. Für mich ist es sehr bewegend und stärkend, hören zu dürfen, wie Gott im Leben all dieser Menschen und Gruppen wirkt.“
Sebastian Krines, Katharina Hager und Lukas Geyer (Foto: Brehm)
Katharina Hager und Lukas Geyer von der Schönstattjugend berichteten, wie sie zusammen mit einem Team von etwa 40 jungen Erwachsenen, darunter zwei Patres und drei Marienschwestern, jedes Jahr zu den misiones aufbrechen, einer modernen Form der Gemeindemission, die nicht nur die Gemeinden, in die sie gehen, verändern, sondern auch zur Vertiefung des Glaubens der misioneros beitragen. Das Wichtigste, was bei der Gemeindemission in der Pfarrei hängen geblieben sei, „war die Begeisterung und der frische Wind, den diese misioneros in unsere Pfarreiengemeinschaft gebracht haben“, sagte Sebastian Krines aus Eberbach.
Prof. Dr. Matthias Sellmann, Pastoraltheologe, Hamm (Foto: Brehm)
Erwachsenes Christsein für die Welt von heute anbieten
Bei der sich anschließenden Reflexion auf dem Podium stellte Prof. Dr. Matthias Sellmann, Pastoraltheologe, Hamm, in seinem Statement die Frage, ob sich die Bewegungen trotz der ohne Zweifel beeindruckenden Erfahrungen, die sich auch in den Beispielen zeigten, nicht unter Wert verkauften, wenn sie sich nicht auch auf der Ebene der Struktur und Politik mehr einbringen könnten. Amt und Charisma seien schließlich geschichtlich nicht als Freunde konzipiert worden, sondern als Partner. Er wünsche sich, „dass die Bewegungen es schaffen, ihr ohne Zweifel vorhandenes innovatives Potenzial stärker an die relevanten strukturellen Stellschrauben anzudocken“ über die gegenwärtig diskutiert werde.
Sellmann, selbst Mitglied der Fokolar-Bewegung, fragte nach der Partnerfähigkeit der Bewegungen für Verbände und Organisationen der Kirche, nach der Bereitschaft, ihre Stimme gemeinsam gegen den Klerikalismus der Rechts-Katholiken zu erheben und sich für eine freie und offene Theologie an öffentlich geförderten Universitäten auf philosophischer Augenhöhe unserer Zeit einzusetzen. Von zwei Bewegungen, die Frauen an ihrer Spitze hätten und der Kirche eine weibliche Spiritualität empfehlen, müsse man doch auch erwarten können, „dass zur Frage der Stellung der Frau in der Kirche ein charismatischer Beitrag formuliert wird, der aber als Lösungsvorschlag angeboten wird, für das, was wir gegenwärtig in dieser Frage diskutieren.“
Die Geistlichen Bewegungen könnten der Kirche neue Rollenbilder von Priestern und Laien schenken, sagte Sellmann weiter. „Aber das können sie nur, wenn sie dem Lehramt gegenüber ein loyales aber starkes Gegenüber sind. Geistliche Bewegungen haben ihren Sinn nicht darin der Kirche zu gefallen. Sie haben ihren Sinn darin, erwachsenes Christsein für die Welt von heute anzubieten.“
Dr. Daniela Mohr-Braun, Studienleiterin im Interdiözesanen Seminar Studienhaus St. Lambert, Lantershofen (Foto: Brehm)
Gegenseitige Sympathie und Wertschätzung
Dr. Daniela Mohr-Braun, Studienleiterin im Interdiözesanen Seminar Studienhaus St. Lambert, Lantershofen, wies darauf hin, dass es, spätestens seitdem auch kirchliche Amtsträger als Täter sexuellen Missbrauches entlarvt wurden, vorbei sei mit dem Bild der starken Kirchenmänner. Auch fühlten sich viele Priester wegen der immer geringeren Zahl an Neupriestern von der Arbeitslast der Verwaltung von Großeinheiten immer häufiger überfordert. In dieser Lage sei von den Laien für das Miteinander „eine grundlegende, unerschrockene Solidarität, eine Sympathie mit den geweihten Amtsträgern“ gefordert und „die unbedingte Bereitschaft, geweihte Amtsträger als Menschen und als Mitchristen wahrzunehmen“. Andererseits sei es auch absolut nötig, dass die geweihten Amtsträger Laien ebenfalls mit grundlegender Wertschätzung und Sympathie gegenüberträten. Priester und Bischöfe müssten selbstverständlich anerkennen, aber auch zutrauen und zumuten, „dass wir als Laien aus der Taufe und Firmung heraus schon alles haben, was uns zu mündigen Christen und zu Trägern des Apostolates macht.“ Vieles davon sei in den geistlichen Bewegungen über Jahrzehnte gewachsen, sagte Mohr-Braun, die selbst Mitglied der Schönstattbewegung ist. „Da ist eine Kultur und da sind Räume, wo Priester Menschen sein können, sich getragen erfahren dürfen, wo ein geschwisterlicher Umgang der Normalfall ist und nicht die berühmte Ausnahme.“ Laien hätten die Mitverantwortung, solche Räume schaffen und gestalten zu helfen.
Als kirchliche Gemeinschaften, die ausdrücklich mit Maria unterwegs seien, schwinge bei der Fokolar-Bewegung und der Schönstatt-Bewegung immer leise mit, dass Gott eine Frau gewürdigt habe, voll der Gnade zu sein. „Das schafft bei uns Frauen ein gesundes Selbstbewusstsein und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.“ Weil und wenn Maria die First-Lady der Kirche sei, gäbe es für eine Kirche der Zukunft keinen Weg mehr daran vorbei, dass Frauen in alle Entscheidungsprozesse der Kirche nicht nur wohlwollend einbezogen werden, „sondern dass ihre Teilhabe an letztinstanzlichen Entscheidungsprozessen auch strukturell gesichert wird.“
Dr. Christian Hennecke, Regens im Priesterseminar des Bistums Hildesheim (Foto: Brehm)
Gemeinsames Priestertum aller Gläubigen
Dr. Christian Hennecke, Regens im Priesterseminar des Bistums Hildesheim, betonte, dass Priestersein inmitten eines starken Gottesvolkes nicht auf Kosten des Priesters gehe. Diese Erfahrung habe er in der Fokolar-Bewegung gemacht. Aus Taufe und Firmung hätten Menschen alle Gaben, die nötig sind, den Leib Christi aufzubauen. Die tiefe politische Dimension der geistlichen Aufbrüche sei es zu zeigen, dass das gemeinsame Priestertum aller Gläubigen wirklich dazu beitrage, „dass alle Menschen ihrer Gaben ansichtig werden und sie ins Spiel bringen können.“ In den größer werdenden Pastoralen Räumen bedeute es für die Aufgabe der geweihten Amtsträger eben gerade nicht, „dass es eines Chefkontrolleurs braucht, der immer und überall schaut, ob denn alles richtig ist, sondern eines Menschen, der fördert, dass alle, die am Ort Christsein leben, es auch als Kirchesein in der Fülle ihrer Gaben leben können.“
Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, Freiburg (Foto: Brehm)
Es kommt darauf an, wie wir miteinander sprechen
Erzbischof Dr. Robert Zollitsch unterstrich in seinem Statement die Bedeutung des Hörens aufeinander und des Hörens auf Gott. Gott wirke auch im Heute und er möchte mit den Zeichen, die er schickt, die Kirche voranbringen. Zollitsch sieht in den charismatischen Bewegungen solche Zeichen der Zeit, die für die Kirche grundlegend wichtig seien. Fokolar-Bewegung und Schönstatt-Bewegung seien Bewegungen, die getragen werden von Laien und im Fall der Fokolar-Bewegung sogar geleitet werden von einer Frau. Die Schönstatt Bewegung wolle vermitteln, dass jeder, der getauft ist, jeder der Christ ist, zur Heiligkeit berufen sei. Hier würde ganz klar, dass es um das ganze Volk Gottes gehe. Ihm sei es ein großes Anliegen, „dass wir uns auf dem Pilgerweg unseres Glaubens als Kirche in Deutschland uns die nächsten Schritte von Gott zeigen lassen.“
Beiden Bewegungen sei die Liebe zu Gott und die Liebe zueinander besonders wichtig. In der Schönstatt-Bewegung spreche man sogar vom Liebesbündnis. In einer solchen Haltung könne man im guten Sinn auch über Fachfragen streiten. Die Kirche müsse ringen um den richtigen Weg, und da würde es legitimer Weise verschiedene Meinungen geben. „Aber es kommt darauf an, wie wir miteinander sprechen, wie wir miteinander auf Gott hören, und wie wir die Dinge so miteinander besprechen, dass wir uns dabei in die Augen sehen können.“ Zollitsch wünschte der Kirche in Deutschland, dass sie bei aller Diskussion die Freude des Glaubens auch wirklich ausstrahlt und erlebt. „Ich bin überzeugt, die Freude am Glauben wird uns das Herz öffnen für das Füreinander und uns das Herz öffnen für das, was Gott uns sagen möchte.“
Das Podium wurde von Hubert Schulze-Hobeling, Fokolarbewegung, moderiert (Foto: Brehm)
Publikumsbeteiligung kam etwas kurz
Obwohl die Zeit für das Podium schon fast zu Ende war, gab es noch eine etwas kurze Publikumsbeteiligung. Die Anwälte des Publikums, Dr. Clemens Bohrer und Alexander Ruf konnte sich das Publikum mit seinen Fragen und Anmerkungen direkt an die Podiumsteilnehmer wenden. Wenigstens eine Runde von Antworten war noch möglich. Moderiert wurde das Podium von Hubert Schulze-Hobeling, Fokolarbewegung und musikalisch mitgestaltet von einer Schönstatt-Projektband.
„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind ..." dieses Wort Jesu hat die Fokolar- und Schönstattbewegung in der gemeinsamen Vorbereitung und Durchführung des Podiums erleben dürfen. „Tolle Leute auf dem Podium und sehr überzeugende Zeugnisse." So resümiert am Ende ein Theologiestudent.