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18. Mai 2012 | Katholikentag | 

Gebunden und frei – leben in Familie: Podium im Zentrum Familie des Katholikentages


Podiumsgespräch im Zentrum Familie zum Thema „Gebunden und frei – leben in Familie“  (Foto: Brehm)

Podiumsgespräch im Zentrum Familie zum Thema „Gebunden und frei - leben in Familie" (Foto: Brehm)

Hbre. Mitglieder der Schönstatt-Familienbewegung haben am Donnerstag beim Katholikentag im Zentrum Familie ein Podiumsgespräch angeboten. Unter dem Thema „Gebunden und frei – leben in Familie“ beleuchteten unter der Gesprächsleitung von Bernhard Maas, Waldkirch, Ehepaar Marie-Louise und Georg Gerber, Karlsruhe, Ehepaar Gisela und Klaus Glas, Flieden, Magdalena Stockinger, Kappelrodeck, und Bernhard Brantzen, Direktor des Diözesanen Caritasverbandes Magdeburg, aus unterschiedlichen Blickwinkeln die Frage, wie sich ein Bindungsorganismus in der Familie entfalten lassen kann, der für die Entwicklung der Kinder hilfreich und für die Paarbeziehung förderlich ist.

Podiumsgespräch im Zentrum Familie zum Thema „Gebunden und frei – leben in Familie“  (Foto: Brehm)

Podiumsgespräch im Zentrum Familie zum Thema „Gebunden und frei - leben in Familie" (Foto: Brehm)

Ehepaar Gisela und Klaus Glas, Flieden,   (Foto: Brehm) Ehepaar Gisela und Klaus Glas, Flieden, (Foto: Brehm)

Seelische Grundbedürfnisse

Klaus Glas, psychologischer Psychotherapeut, stellte dar, dass das seelische Grundbedürfnis nach Bindung und Beziehung von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung des Kindes, aber auch für das Wohlbefinden jedes Menschen ist. Bindung entstehe dadurch, dass etwas Konkretes miteinander gemacht würde. Dabei sei es wichtig, dass die anderen seelischen Grundbedürfnisse wie Lust und Lebensfreude, Klarheit und Kontrolle sowie Anerkennung und Wertschätzung Berücksichtigung finden. Positive Ziele und Erlebnisse in all diesen Bereichen, so wisse man heute aus wissenschaftlichen Untersuchungen, würden das Gehirn verändern.

Gisela Glas, Lehrerin, machte deutlich, wie in einem schulischen Umfeld, in dem Bindung und Beziehung sehr wichtig ist, eine Lernkultur gestaltet wird, in der Schüler sich wohl fühlen, dadurch besser lernen und zu selbstwirksam Lernenden werden. Dabei spiele die Konzentration auf die vier seelischen Grundbedürfnisse wiederum eine große Rolle, besonders das Bedürfnis, als einzigartige Persönlichkeit respektiert und geachtet zu werden.

Ehepaar Marie-Louise und Georg Gerber, Karlsruhe (Foto: Brehm)

Ehepaar Marie-Louise und Georg Gerber, Karlsruhe

Niemand kann es besser als die Eltern

Ehepaar Marie-Louise und Georg Gerber machten deutlich, dass sie – angesichts der Annahme, „dass es kein anderer besser kann als wir Eltern“ – sich bewusst entschieden hätten, jetzt für ihre kleinen Kinder ganz da zu sein. Marie-Louise, von Haus aus Gemeindereferentin, hat deshalb ihre berufliche Tätigkeit aufgegeben, um den Kindern anbieten zu können, „das Leben - in jemand beheimatet - angehen zu können.“ Auch Georg stellt derzeit eigene Bedürfnisse, berufliche Karriere und private Hobbys zugunsten seiner Vater-Aufgabe bewusst in den Hintergrund. Für die Kinder sei es eine genussvolle Erfahrung zu erleben „mein Vater schaut auf mich, er hat jetzt nur Augen für mich.“ Damit bei aller Konzentration auf das Kind und aller Rücknahme eigener Bedürfnisse das Leben als Paar nicht auf der Strecke bleibe, würden sie in ihrer Familie gerne den Rat aufgreifen, der in der Schönstattfamilienbewegung weitergegeben werde, wenigstens einmal in der Woche bewusst Zeit zu sichern, um über alles im Gespräch zu bleiben, was einen als Paar bewege.

Magdalena Stockinger, Kappelrodeck  (Foto: Brehm)

Magdalena Stockinger, Kappelrodeck (Foto: Brehm)

Familie: Übungsfeld für Beziehungen

Magdalena Stockinger, Studentin, berichtete aus ihrem Leben in einer Drei-Generationen-Familie, die sie als „Übungsfeld für Beziehungen“ bezeichnete. Ihre Erfahrung mit Familie habe in ihr das Gefühl grundgelegt, Vertrauen in Menschen haben zu können. Das Urvertrauen, das durch ihre Eltern grundgelegt worden sei, sei Grundlage für weitere Beziehungen in ihrem Leben. Die Familie sei aber auch der Ort, an dem sie Freiheit erfahren, bzw. Freiheit zu leben gelernt habe. Bei aller Bindung und Unterstützung durch die Eltern würde es schließlich doch immer darauf ankommen, Erfahrungen selbst zu machen und die kleinen und großen Herausforderungen des Lebens selbst anzunehmen.

Bernhard Brantzen, Direktor des Diözesanen Caritasverbandes Magdeburg (Foto: Brehm)

Bernhard Brantzen, Direktor des Diözesanen Caritasverbandes Magdeburg (Foto: Brehm)

Familie ungebrochen attraktiv

Bernhard Brantzen, Diakon, sprach über seine Erfahrungen mit jungen Menschen, die fast keine Erlebnisse mit funktionierenden familiären Beziehungen mehr haben oder noch nie hatten. Interessant sei, dass trotz verändertem erlebten Familienbild (Scheidungen, Patchwork-Familien, Lebensabschnittspartnerschaften, …) laut der neuesten Shell-Studie die Attraktivität des Lebensmodells Familie bei jungen Menschen nach wie vor mehrheitlich hoch im Kurs stehe. Wichtig sei heute, den jungen Menschen zu helfen, ihre Vater- und Mutterrolle zu lernen, ohne selbst erlebte Vorbilder zu haben. Deshalb seien für manche junge Eltern Kindertagesstätten als Familienzentren wichtig, die sich zu sozialen Lernorten entwickeln müssten.

Gesprächsleitung: Bernhard Maas, Waldkirch  (Foto: Brehm)

Gesprächsleitung: Bernhard Maas, Waldkirch (Foto: Brehm)

In der Partnerschaft über die Bedürfnisse reden

In der sich anschließenden Diskussion steht u.a. die Frage im Mittelpunkt, wie junge Eltern mit der Beanspruchung durch kleine Kinder und die damit verbundene Einschränkung der persönlichen Freiheit umgehen können. „Alles hat seine Zeit“ meinte dazu eine Mutter von fünf Kindern, deren Kinder bereits aus dem Haus sind. Die Freiheit komme wieder, dessen könne man sich in der aktuellen Beanspruchung sicher sein. Ein anderer Rat aus dem Publikum war, sich in der Partnerschaft regelmäßig darüber auszutauschen „welche Sehnsüchte jeder hat und wie viel Freiheit jeder braucht.“ Das fördere das Verständnis untereinander und helfe, die Bedürfnisse des anderen jeweils besser zu verstehen. Sich gegenseitig Freiheit zuzugestehen, müsse im Laufe der Partnerschaft und des Eltern-Seins immer wieder überprüft werden, denn die Bedürfnisse würden sich im Laufe der Zeit auch verändern, war ein weiterer Beitrag aus dem Publikum.

Die etwa 50 Teilnehmer der Podiumsveranstaltung erlebten eine kurzweilige, interessante Veranstaltung, die viele konkrete Anregungen geben konnte, wie in der Familie das Leben gebunden und frei gestaltet und gelebt werden kann. Musikalisch wurde die Veranstaltung mitgestaltet durch eine Projektgruppe.


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