Nachrichten

20. Januar 2012 | Deutschland | 

20. Januar 1942: ein Datum mit einer ganz besonderen Bedeutung in der Geschichte der Schönstattfamilie


Ausschnitt aus einem Bronzerelief, das in Koblenz am Standort des ehemaligen Karmelklosters angebracht ist. (Foto: Fischer)

Ausschnitt aus einem Bronzerelief, das in Koblenz am Standort des ehemaligen Karmelklosters angebracht ist. (Foto: Fischer)

Hbre. Den 20. Januar 1942 zählt Pater Josef Kentenich selbst zu den Meilensteinen der Geschichte der von ihm gegründeten Schönstattbewegung, ein Schlüsselereignis, an dem sich ein neuer Wachstumsring in der Entwicklung der Gründung festmachen lässt. Nach der Phase der Gründung, die sich mit dem ersten Meilenstein, dem 18. Oktober 1914 verbindet und herausgefordert durch das kirchenfeindlich agierende Regime des Nationalsozialismus, hat Pater Kentenich begonnen, die inneren Kreise der Bewegung hinzuführen zu einem Streben nach einer völligen Bereitschaft, Gottes Führung zu folgen. Sich radikal nach dem Willen Gottes zu richten, darin sah er eine Möglichkeit, sich und seine Gründung gegen die Gefährdung durch den Nationalsozialismus zu wappnen. Am 20. Januar 1942 sieht sich Kentenich selbst herausgefordert, einen Weg zu gehen, der ihn ins Konzentrationslager Dachau führen wird, den er aber - die Zeichen der Zeit deutend - als Weg erkennt, der ganz Gottes Willen entspricht.

Das Bronzerelief zeigt P. Kentenich im Gespräch mit einer Schwester im Turmfenster. (Foto: Fischer)

Das Bronzerelief zeigt P. Kentenich im Gespräch mit einer Schwester im Turmfenster. (Foto: Fischer)

Zum 70. Jahrestag dieses 2. Meilensteines der Schönstatt-Geschichte schreibt Ehepaar Claudia und Heinrich Brehm, Sprecherfamilie der Schönstattfamilienbewegung, in einem Brief an die verantwortlichen Familien und Mitarbeiter der Schönstattfamilienbewegung in den Diözesen:

Heute vor 70 Jahren hat Pater Kentenich beschlossen - obwohl er die Möglichkeit gehabt hätte sich lagerunfähig schreiben zu lassen - nicht selbst in die Geschichte dadurch einzugreifen, dass er den Antrag auf eine erneute Untersuchung auf Lagerfähigkeit beim Arzt stellte. Er hat den Termin um 17.00 Uhr verstreichen lassen.

Pater Kentenich ist seit 20. September 1941 von der Gestapo verhaftet und hat gerade eine vierwöchige Dunkelhaft im Keller des Gefängnisses in Koblenz hinter sich. Der Grund: Seit Mitte 1941 wird das Schönstattwerk mit seinem ausgesprochenen Respekt vor der originellen Eigenart jedes Menschen und der Ablehnung des Massenmenschentums den braunen Machthabern immer mehr ein Dorn im Auge.

Vom Turmfenster der dem Gefängnis nahegelegenen Karmeliterkirche aus beschwören ihn die engsten Mitarbeiter das rettende Formular zu unterschreiben. Aber er antwortet: „Nehmen Sie es bitte nicht übel, wenn ich die gesponnen Fäden nicht weiter spinne ..." Was ihm seine Entscheidung erschwerte, war der Zweifel, ob seine Gefolgschaft ihn verstehen und innerlich mitgehen würde: „Ich weiß, was auf dem Spiel steht und denke an die Familie, ans Werk ... Aber gerade um derentwillen glaube ich so handeln zu müssen: Suchet zuerst das Reich Gottes ... und alles Übrige wird euch zugegeben werden."

Am Tag zuvor schon, am 19. Januar 1942, signalisiert er Pater Menningen: „Kannst du dir vorstellen, dass es mir gar nicht so recht wäre, wenn ich nicht ins Lager käme? Dort warten viele Bekannte ... Wirst sehen, es steht eine höhere Macht in unserem Leben, die alles zum Besten lenkt."

So eine Entscheidung kann nur jemand treffen, der von Gottes leidenschaftlicher Liebe überzeugt ist. O-Ton Pater Kentenich: „Gottes persönliches Interesse an uns hat vor allem zwei Eigenschaften: es ist unendlich zart oder zärtlich und unendlich aufmerksam [eine tolle Aussage, auch wenn man weiterdenkt, dass gerade Ehepaare dazu berufen sind, Gottes Liebe aneinander und an die Welt weiterzugeben: unendlich zart und unendlich aufmerksam]. Es ist ... so, als wären Gott und ich ganz allein auf der Welt, mit einer solchen Sorgfalt hält er die Fäden meines Lebens fest. Ich bin die Lieblingsbeschäftigung Gottes." Aus dieser Liebe heraus, investiert Pater Kentenich viel Kraft, Menschen zu vermitteln, dass sie eine eigene große Würde haben, dass sie berufen sind zur Freiheit: „Gott will keine Galeerensklaven, er will freie Ruderer." 30 Jahre vorher schon formuliert er für seine Jungen im Internat mit denen er Schönstatt gründet: „Wir wollen uns erziehen, zu festen, freien, priesterlichen Charakteren." (Da feiern wir mit der Schönstatt-Mannesjugend im Oktober das 100. Jubiläum).

Wir denken heute an den Vater unserer Schönstattfamilie, der sich von Gott geliebt wusste und sich deshalb in unglaublich beeindruckender Weise frei entscheiden konnte für einen schwierigen Weg, den er aus der Grundkraft der Solidarität und Liebe ging und lebte. Wir dürfen uns an diesem Tag aber auch freuen, dass jedes Ehepaar, jede und jeder Einzelne auf seine originelle Weise Gottes Freiheit mitreißend zu leben versucht, im immer neuen Bemühen, die oft so feingesponnenen Fesseln unserer heutigen pluralen Konsum- und Mediengesellschaft zu durchtrennen. Gut, dass wir es an der Hand der Gottesmutter tun dürfen. Und gut, dass wir gesegnet sind mit einem „Heiligen Ort", einem Heiligtum in unserer Mitte, das Heimat und Veränderungsbereitschaft schenkt, in dem wir unseren Liebestank immer neu füllen können und von wo aus wir gesendet werden in unsere je individuelle Aufgabe.

 

Ausschnitt aus dem Bronzerelief (Foto: Fischer)

Ausschnitt aus dem Bronzerelief (Foto: Fischer)

Mehr Informationen

 

 

 


Top