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13. November 2011 | Rund ums Urheiligtum | 

Man muss kein Märtyrer sein, um ein Heiliger werden zu können


Ein "Weckenmann" im Heiligtum der Familien, St. Martins-Tradition zum Abschluss des Gottesdienstes (Foto: Brehm)

Ein "Weckenmann" im Heiligtum der Familien, St. Martins-Tradition zum Abschluss des Gottesdienstes (Foto: Brehm)

Hbre. Ein großer „Weckenmann“ wurde am Fest des Heiligen Martins am Ende des Gottesdienstes im Heiligtum der Familien in Schönstatt unter allen Anwesenden geteilt, und auch alle Mitfeiernden, die irgendwo auf der Welt durch die Life-Übertragung der Gottesdienstfeier ins Internet durch schoenstatt.tv sich in die Feier einschalteten, wurden aufgefordert, mit dem Menschen, der ihnen gerade am nächsten ist, dieses Teilen mit zu vollziehen. „Um das Evangelium zu leben, braucht man nicht ein Märtyrer zu sein, der sein Leben auf einmal her schenkt. Wir brauchen unser Leben nur jeden Tag ein wenig her zu schenken“, das, so Pater Angel Strada in seiner Predigt, sei die Botschaft des heiligen Martins, und das mache diesen Mann, der vor 1.600 Jahren gelebt habe heute, am 11. November 2011, noch interessant.

Pater Angel Strada predigt über den Heiligen Martin und das Heiligtum (Foto: Brehm)

Pater Angel Strada predigt über den Heiligen Martin und das Heiligtum (Foto: Brehm)

Internationaler Gottesdienst im Internet übertragen

Es ist schon gute Tradition, dass mehrmals im Jahr ein Gottesdienst aus dem Heiligtum der Familien weltweit übertragen wird. Auf diesem Weg haben vor allem Familien auf der ganzen Welt die Möglichkeit, sich in „ihrem“ Heiligtum gemeinsam zusammen zu finden und als große Gemeinschaft miteinander zu beten und zu feiern. Gestaltet wurde der Gottesdienst dieses Mal von Familien der Schönstatt-Familienbewegung im Bistum Trier. Die Texte des Gabenganges, die wie andere Elemente der Feier auch in verschiedenen Sprachen vorgetragen wurden, konkretisierten das Thema „Teilen“ und machten es symbolisch präsent: Wir teilen unsere Zeit, wir teilen unsere Freude, wir teilen unsere Sorgen, wir teilen Brot und Wein. „Ich bin diese Woche gerade krank und dieses war für mich eine Gelegenheit, bei dieser Heiligen Messe anwesend zu sein. Die Predigt hat mich persönlich angesprochen. Und die Musik was sehr schön, besonders die Trommel,“ schreibt Martin M. aus Tschechien.

Teilen ist angesagt (Foto: Brehm)

Teilen ist angesagt (Foto: Brehm)

Familiäres Miteinander (Foto: Brehm)

Familiäres Miteinander (Foto: Brehm)

Man kann das Evangelium verwirklichen

In seiner Predigt betonte Pater Angel Strada, dass Heilige eine Antwort von oben auf die Fragen von unten seien, wie es der Theologe Hans Urs von Balthasar einmal formuliert habe. Der heilige Martin sei deshalb heute noch von so besonderer Bedeutung, weil er mit seinem Leben die Antwort auf die Frage gegeben habe, ob das Evangelium wirklich zu leben sei. In einer Zeit, in der man aufgrund des vorherrschenden Individualismus beim Betrachten der Nachrichtenlage eher den Eindruck gewinnen könne, dass es nicht wirklich möglich scheine, die Botschaft der Barmherzigkeit zu leben, sei Martin ein großes Vorbild, dass z.B. mit einem täglichen, kleinen und konkreten Teilen, die Nachfolge Jesu wirklich gelebt werden könne. Es käme darauf an, im Vollzug der Traditionen des Martinsfestes (Martinsfeuer, St. Martinsumzüge, …) die Botschaft neu zu heben, die Martin mit seinem Leben bezeuge: Man kann wirklich die Liebe leben, man kann das Evangelium verwirklichen!

Pater Strada: "Es ist so schön, zu teilen." (Foto: Brehm)

Pater Strada: "Es ist so schön, zu teilen." (Foto: Brehm)

Symbole für geteilte Zeit, geteilte Freude und geteiltes Leid (Foto: Brehm)

Symbole für geteilte Zeit, geteilte Freude und geteiltes Leid (Foto: Brehm)

Das Grundgesetz einer Familie ist das Teilen

Es sei gut, im Heiligtum der Familien eines solchen Menschen zu gedenken. Denn Familien hätten für das Teilen ja einen besonderen Sinn: „Das Grundgesetz einer Familie ist ja das Teilen, ist die Liebe, ist Augen und Herzen für die anderen haben, nicht für sich allein. In einer Familie kann man nicht als Insel leben. Man muss teilen, man will teilen, und: Es ist so schön, zu teilen“, sagte Pater Strada. Und er erweiterte diese familiäre Erfahrung auch auf die Erfahrung mit dem Heiligtum. Die Gottesmutter teile ihr Leben, ihre Gegenwart, ihre erzieherische Tätigkeit, ihre Sendung im Heiligtum mit den Menschen. Der Gründer Schönstatts, P. Josef Kentenich, sei davon überzeugt gewesen, dass Maria nicht allein, sondern mit den Menschen zusammen wirken wolle, wie in einer Familie. „Zusammen“ sei ein „Hauptwort in einer Familie“. In Schönstatt sage man dazu Liebesbündnis.

Elisabeth Neiser stellt die Vorschläge für den neuen Heiligtumsstempel vor (Foto: Brehm)Vorschläge für den Heiligtumsstempel (Foto: Brehm)

Elisabeth Neiser stellt am Rande der heiligen Messe die Vorschläge für den neuen Heiligtumsstempel vor (Fotos: Brehm)

 

Predigt von Pater Angel Strada

am 11. November 2011 im Heiligtum der Familien, Vallendar-Schönstatt

Vom Theologen Hans Urs von Balthasar stammt der Hinweis, dass die Heiligen eine Antwort von oben auf die Fragen von unten sind. Gott gibt eine Antwort auf die Frage der Menschen. Wir feiern heute einen jungen Mann, Martin, der vor 1.600 Jahren gelebt hat. Als Soldat hat er seinen Mantel mit einem Bettler geteilt. Später sieht er darin nicht den Bettler, sondern Jesus, der diesen Mantel trägt. Das ist auch die Botschaft des Evangeliums von heute. Wir haben das Evangelium von der Barmherzigkeit gehört: Ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben, ich war im Gefängnis und ihr habt mich besucht, … . Gott identifiziert sich mit den Menschen, besonders mit den Armen, mit den Notleidenden, mit den Ausgestoßenen. Martin hat das gelebt. Für uns ist wichtig, dass wir solche Männer und Frauen nicht vergessen. Wir brauchen solche Beispiele, die überzeugen, dass man das Evangelium leben kann. Beispiele, die zeigen dass das Evangelium nicht eine Utopie aus schönen Sätzen ist, die irgendwie gute Gefühle in den Menschen berühren, die man aber eigentlich nicht verwirklichen kann.  Martin zeigte mit seinem Laben, dass das geht. Deswegen denken wir nach 16 Jahrhunderten noch an ihn und wir danken Gott für ihn und für so viele Menschen, die das Evangelium in ihrem Leben verkörpert haben.

Menschen von heute fragen sich, ist es wirklich möglich zu teilen? Kann man wirklich hochherzig sein, kann man Augen und Herzen für die anderen haben. Sind wir nicht irgendwie Gefangene unseres eigenen Egoismus? Die moderne Zeit ist eine Zeit des Individualismus. Heute ist wichtig: mein Leben, mein privates Leben, und niemand soll sich einmischen. Ich gestalte mein Leben wie ich will. Ich frage niemanden, ich brauche auch niemanden für die Gestaltung meines Lebens. Aufgrund einer solchen Einstellung vieler ist unsere Gesellschaft heute eine schwierige Gesellschaft, ist das Zusammenleben ein schwieriges Zusammenleben. Wenn man heute die Zeitung liest oder die Tagesschau sieht, kann man den Eindruck bekommen, dass man das Evangelium sehr schwer zu verwirklichen ist. Wir haben in uns diese Tendenz zum Egoismus.

Martin hat das überwunden und – nicht nur das – er hat sich bekehrt. Er ist über Trier nach Poitiers in Frankreich gegangen, war dort Bischof und ist interessanterweise der erste Nicht-Märtyrer geworden, der als Heiliger verehrt wurde. Vor Martin waren alle Heiligen Märtyrer. Matin ist der erste Heilige, der nicht Märtyrer ist. Das ist interessant. Die Märtyrer waren die Menschen, die ihr Leben geschenkt haben, ihr Leben hergegeben haben für andere. Martin hat auch sein Leben hergegeben, aber auf Raten, ganz wenig jeden Tag, nicht wie die Märtyrer auf einmal. Er hat geteilt, er war hochherzig, er hat das Evangelium verwirklicht.

Es ist gut, dass wir im Heiligtum der Familien an einen solchen Menschen denken. Das Grundgesetz einer Familie ist ja das Teilen, ist die Liebe, ist Augen und Herzen für die anderen haben, nicht für sich allein. In einer Familie kann man nicht als Insel leben. Man muss teilen, man will teilen, und: es ist so schön, zu teilen. Deswegen gibt es um das Martinsfest nicht nur im deutschsprachigen Raum viele Traditionen: das Martinsfeuer, die Martinszüge, usw. Martin ist zum Beispiel auch Patron von Buenos Aires, der Hauptstatt Argentiniens. Ich kann nicht sagen, ob es in Argentinien so viele Martinstraditionen gibt, wie in Deutschland, aber er wird auch weit von seiner Heimat weg verehrt. Das ist schön. Wichtig ist, dass wir bei allem Mitvollzug der Traditionen den Heiligen Martin als Mann entdecken mit einer Botschaft, die tatsächlich eine Antwort von oben auf die Frage von unten ist. Die große Frage „kann man wirklich die Liebe leben, kann man das Evangelium verwirklichen“, findet in ihm und findet in vielen anderen Heiligen eine Antwort. Es ist möglich, das Evangelium zu leben und darüber dürfen wir uns freuen. Und um das Evangelium zu leben braucht man nicht ein Märtyrer zu sein, der sein Leben auf einmal herschenkt. Wir brauchen unser Leben nur jeden Tag ein wenig herzuschenken. Wir müssen nur jeden Tag das gute Zeugnis geben, dass wir teilen.

Wenn wir darüber nachdenken, was die Sendung eines Heiligtumes ist, dann ist das eigentlich auch das Teilen. Die Gottesmutter teilt ihr Leben, ihre Gegenwart, ihre erzieherische Tätigkeit mit uns, sie teilt mit uns ihre Sendung. Das war die Überzeugung von unserem Vater. Sie will nicht allein, sondern mit uns zusammen wirken, wie in einer Familie. „Zusammen“ ist ja auch ein Hauptwort in einer Familie: Zusammen, nicht getrennt, sondern zusammen. Im Heiligtum leben wir zusammen mit der Gottesmutter, sie lebt zusammen mit uns. Wir sprechen von einem Bund der Liebe. Deswegen teilen wir mit der Gottesmutter unsere Sorgen, unsere Fragen, unsere Anliegen, unsere Errungenschaften. Das alles teilen wir mit der Gottesmutter. Unser Vater hat immer gesagt: „Wer mich finden will, der findet mich im Heiligtum“, da war seine Heimat. Weil auch er sein Leben geteilt hat.

Bitten wir den heiligen Martin, dass er uns etwas schenkt von diesem Geist, den er so ausgezeichnet gelebt hat. Dass wir zusammen mit anderen in der Kraft vom Heiligtum in unseren Familien und den Menschen mit denen wir zusammenleben teilen, dass wir hochherzig werden und so das Evangelium der Liebe verwirklichen.


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