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11. September 2011 | Rund ums Urheiligtum | 

Frauenkongress: Lebensphasenworkshops


Lebensphasenworkshops wegen der großen Teilnehmerzahl auch im Freien (Foto: Brehm)

Lebensphasenworkshops wegen der großen Teilnehmerzahl auch im Freien (Foto: Brehm)

Sr. Nurit Stosiek / Hbre. „Prioritäten setzen und dazu stehen.“ „Mehr ich selbst werden, tun, was mir gut tut, der Seele Raum geben.“ „Dank für die Vergangenheit. Die Gegenwart annehmen. Vertrauensvoll in die Zukunft schauen.“ „Gelassenheit, in der man sich lässt und Gott überlässt!“ Das sind nur vier von vielen, vielen Rückmeldungen, die sich in den Gesprächsgruppen der Lebensphasenworkshops beim Frauenkongress ergeben. Im Anschluss an die Eröffnungsveranstaltung des Kongresses haben die Teilnehmerinnen die Möglichkeit, in fünf Workshops sich mit ihrer eigenen Lebensphase intensiver auseinander zu setzen.

Orientierungssuche in der ersten Phase des Erwachsenenlebens (Foto: Brehm)

Orientierungssuche in der ersten Phase des Erwachsenenlebens (Foto: Brehm)

Suchen und experimentieren

Die Frauen der ersten Phase (25-35 Jahre) trafen sich in Kleingruppen, die von Dr. Ursula Tanase, München, und Henrike Pille, Damme, moderiert wurden. In regem Gespräch tauschten die jungen Frauen ihre Erfahrungen aus und gaben sich gegenseitig Hilfe auf der Suche nach dem eigenen Lebensentwurf. Zum Beispiel ging es um den roten Faden für das eigene Leben, der ansatzweise schon sichtbar ist, in vielen Bereichen aber erst noch Gestalt annehmen muss.

Eine Teilnehmerin erzählt, dass sie seit zwei Jahren in ihrem Beruf arbeitet, der ihr eigentlich gefällt. Trotzdem sei es erschreckend, sich vorzustellen, in den nächsten zehn Jahren dasselbe machen zu sollen. So stelle sich ihr die Frage, eventuell noch eine weitere Ausbildung zu machen. Wieder eine andere Teilnehmerin fühlt sich in ihrer ersten Arbeitsstelle so richtig angekommen. Das Gefühl, hier am richtigen Ort zu sein, helfe ihr mit allen anderen Fragen, die noch so offen seien - wie zum Beispiel die Partnerwahl - besser umgehen zu können.

Frauen der zweiten Phase (32 – 45 Jahre) hatten einen Workshop-Platz an der Sonne (Foto: Brehm)

Frauen der zweiten Phase (32 - 45 Jahre) hatten einen Workshop-Platz an der Sonne (Foto: Brehm)

Blitzlichter aus der Kleingruppenarbeit

  • „Ich schaffe mir täglich eine Rückzugsmöglichkeit, wo ich für mich sein kann“
  • „Regelmäßig auf die innere Stimme, auf Gottes Stimme achten, hören, sich Zeit nehmen. Hier am Ball bleiben.“
  • „Ich erlaube mir, meine eigenen Prioritäten zu setzen.“
  • „Bewusster sich selbst finden und auf sich achten, um auch anderen gut zu tun.“
  • „Es geht immer (weiter)! - Im Vertrauen auf Gott den Sprung wagen.“
  • „Prioritäten setzen und dazu stehen“
  • „An sich selber denken.“
  • „Beim Umorientieren sich führen lassen.“
  • „Tag strukturieren und Freizeit einplanen.“
Sigrid Kampers, Holdorf (Foto: Brehm)

Sigrid Kampers, Holdorf (Foto: Brehm)

Aufbauen und leisten

Auf dem großen Pilgerplatz – wegen der großen Zahl der Teilnehmerinnen in diesem Alter auf dem „Platz an der Sonne“ trafen sich die Frauen der zweiten Phase (32 – 45 Jahre). Wilma Lerchen, Höhr-Grenzhausen, führte durch den Workshop. Sigrid Kampers, Holdorf, verheiratet, Mutter von vier Kindern, Bioenergetikerin, machte in ihrem Impulsvortrag u.a. deutlich, dass der Wiedereinstieg in den Beruf Anforderungen mit sich gebracht hätte, die sie an ihre Grenze geführt hätten: „Für Termine meiner Kinder war keine Zeit mehr, kein Schulfest war mehr möglich. Können Sie sich die enttäuschten Augen eines 12-Jährigen vorstellen, wenn die Mama nicht kommen kann und er dann tapfer sagt: ‚Macht nichts, Mama! Ich hab Dich trotzdem lieb‘.“ Damals habe sie lernen müssen, Prioritäten zu setzen: „Es gibt Dinge, die müssen einfach sein – kleine Auszeiten für uns selbst, auch für die Partnerschaft, Zeit zum Leben und Lieben. Sonst wird man zur Maschine.“ So verstehe sie auch ihre Entscheidung, nach einer weiteren Schwangerschaft eine Ausbildung im Gesundheitswesen zur Bioenergetikerin zu machen. „Ich weiß heute, in meiner selbstständigen Tätigkeit, dass es für mich genau der richtige Weg war.“ Sie ermutigte die Teilnehmerinnen, offen zu bleiben für die Führungen Gottes in ihrem Leben.

Die Wallfahrtskirche der Pallottiner platzte beim Workshop für die 3. Lebensphase fast aus allen Nähten (Foto: Brehm)

Die Wallfahrtskirche der Pallottiner platzte beim Workshop für die 3. Lebensphase fast aus allen Nähten (Foto: Brehm)

Blitzlichter aus der Kleingruppenarbeit

  • „Ballast abwerfen, dadurch zu mehr Gelassenheit und Authentizität finden.“
  • „Erfüllung in der Einfachheit finden“
  • „Entrümpeln in jeglicher Hinsicht, um neue Wege zu erkennen und freier zu werden.“
  • „Mut, das eigene Leben zu leben, Verwandlung anzunehmen, nicht mehr Stimmiges abzuschließen und Neues zu beginnen.“
  • „Enttäuschungen loslassen. Hier und jetzt leben.“
  • „Mehr ich selbst werden, tun, was mir gut tut, der Seele Raum geben.“
  • „Frieden schließen mit vermeintlich verpassten Chancen‘, um die Tür zu öffnen für Neues.“
  • „Negatives in Positives umwandeln.“
Eva-Maria Eckart, Fulda (Foto: Brehm)

Eva-Maria Eckart, Fulda (Foto: Brehm)

Optimieren und Fülle finden

In der Wallfahrtskirche der Pallottiner war von den mehreren hundert Teilnehmerinnen jeder Sitz- und Stehplatz belegt. Der Workshop zur dritten Lebensphase (42-58 Jahre) wurde von Natascha Neumann, Berlin, moderiert. Eva-Maria Eckart aus Fulda, verheiratet, zwei Töchter, in einem mittelständischen Familienunternehmen für die Aus- und Weiterbildung zuständig und gemeinsam mit ihrem Mann im Leitungsteam der Schönstattfamilienbewegung in der Diözese Fulda mitwirkend, stellte in ihrem Statement drei Stichworte in den Mittelpunkt: In der dritten Lebensphase gehe es um Authentischer werden, Verwandlung annehmen und Ballast abwerfen. Dazu gehöre die Frage, wo Frau etwas konkret neu anfangen beziehungsweise neu aufleben lassen könne, um sich selbst mehr zu entfalten. Gefragt sei aber auch, Ballast abzuwerfen: „An welcher Stelle will ich „entrümpeln“: In meinem Haus? In meinen Emotionen? Im Bereich der Freundschaften?“ Im Sinne der Verwandlung dürfe aber auch die Rückbesinnung auf weibliche Werte nicht zu kurz kommen. Eckart: „Wo ist bei mir größere Ausgewogenheit ‚dran‘, wo ist eine noch zu wenig gelebte Seite? Vielleicht mehr Innerlichkeit nach aktivem Leben? Vielleicht eine Aufgabe außerhalb der Familie nach Jahren des Familiendienstes? Wo ist bei mir eine ungelebte Seite, die Gott jetzt entfaltet haben will?“ Auf diese Weise sei es möglich, die Veränderungen der Lebensmitte zu gestalten.

Um mehr Gelassenheit und Lebensreife ging es beim Workshop zur vierten Lebensphase in der Pilgerkirche (Foto: Brehm)

Um mehr Gelassenheit und Lebensreife ging es beim Workshop zur vierten Lebensphase in der Pilgerkirche (Foto: Brehm)

Blitzlichter aus der Kleingruppenarbeit

  • „Ein Drittel mehr beten, ein Drittel weniger arbeiten, ... mehr lachen.“
  • „Loslassen, in Weisheit weitergeben, was mir wertvoll geworden ist.“
  • „Für andere da sein, Lebensmut zusprechen.“
  • „Gelassenheit und Freude“
  • „Lebensphase positiv sehen, leben, weitergeben. Optimisten altern langsamer!“
  • „Dank für die Vergangenheit. Die Gegenwart annehmen. Vertrauensvoll in die Zukunft schauen.“
Maria Schmiemann (Foto: Brehm)

Maria Schmiemann (Foto: Brehm)

Gelassenheit und Lebensreife

Annemarie Lanzke, Gifhorn, moderierte den Workshop für Frauen der vierten Lebensphase (55-72 Jahre) in der Pilgerkirche. Maria Schmiemann, verheiratet, ein erwachsener Sohn, von Beruf Sozialarbeiterin und seit ihrer Pensionierung ehrenamtlich im sozialen Einsatz und als Referentin in der Frauenarbeit tätig, beschrieb in ihrem Statement das Altwerden in dieser Generation als Pionierarbeit: „Altwerden über eine so lange Lebensphase hin, das gab es früher nicht.“ Der ehemalige Bürgermeister der Hansestadt Bremen, Henning Scherf, rege an, das Altwerden optimistisch anzugehen. Er spreche von „Seniorenexperten“, die ihr Wissen, ihre Fähigkeiten an die nachfolgende Generation weiter geben. Um der inneren Stimme dieser Phase gerecht werden zu können, griff Schmiemann u. a. verschiedene Ratschläge Pater Kentenichs für diese Altersphase auf, so zum Beispiel die „Drittel-Rechnung“, wie sie es nannte: ein Drittel weniger essen, ein Drittel mehr ruhen statt zu hetzen und schließlich ein Drittel mehr lachen. Ein anderer Rat, der den Teilnehmerinnen einging, waren die drei Weisheitsregeln: „Halte aus“, „halte fest“, „enthalte dich“.

Der Workshop 70 plus traf sich in Haus Sonnenau (Foto: K. Biehler)

Der Workshop 70 plus traf sich in Haus Sonnenau (Foto: K. Biehler)

Blitzlichter aus der Kleingruppenarbeit

  • „Nicht klagen, dass die Rosen Dornen tragen, sondern sich freuen, dass der Dornstrauch Rosen trägt.“
  • „Ich kann meinem Leben nicht mehr Jahre geben, aber den Jahren mehr Leben.“
  • „Weiterentwicklung, mit Gelassenheit und Würde das Leben vollenden.“
  • „Ein liebender Mensch bleiben und noch etwas liebenswürdiger werden, statt unsere Umgebung durch Nörgeleien zu reizen.“
  • „Gelassenheit, in der man sich lässt und Gott überlässt!“
  • „Als Großeltern tragen wir entscheidend zur Entwicklung unserer Enkelkinder bei, vermitteln ihnen Glauben und entlasten die Eltern.“
  • „Der Glaube an Gott und die Erfahrungen in Schönstatt helfen bei vielen Schwierigkeiten“
Liesel Houx, Vallendar  (Foto: K. Biehler)

Liesel Houx, Vallendar (Foto: K. Biehler)

Überlassen und Frieden finden

Den Workshop zur Lebensphase fünf (70 Jahre plus) moderierte Agnes Ott aus Schmelz. Liesel Houx vom Schönstatt-Frauenbund war nach dem Schuldienst und der Arbeit in der Erwachsenenbildung zwanzig Jahre unmittelbar für den Schönstatt-Frauenbund tätig. In ihrem Statement unterstrich sie, dass das Alter in unserem Kulturraum kein Hobby sei, „nichts für Feiglinge“ wie sie es mit Joachim Fuchsberger ausdrückte. Die Gesellschaft wolle zwar die Generation der Alten aus dem Ressourcen-Blickwinkel sehen, aber es gäbe „noch kaum Formen, ihre Kompetenzen fruchtbar umzusetzen.“ Und auch eine weitere Anregung Pater Kentenichs kam an: „Es ist ihm wichtig, dass die gewonnene freie Zeit ein Dasein für, für mehr Liebe wird.“ Die innere Stimme mache aber ganz deutlich, dass es nicht um mehr tun und Neues tun gehe. Im Gegenteil: „In uns will etwas ausreifen, zur Ruhe kommen, das bedeutet Loslassen, gelassen werden, sich zufrieden geben. Das sind Lebensprozesse, die nicht auf Anhieb gelingen, aber angenommen und integriert werden wollen.“


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