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18. Juni 2011 | Rund ums Urheiligtum | 

Heiliger Geist? – einfach umwerfend! - Maria? – sprengt jeden Rahmen!


Sr. M. Veronika Riechel und P. Stephan Streckerpeb. „Uuhhh…!“ – Eine Gruppe polnischer Pilger hatte es zuerst wahrgenommen, während die Beter in der ersten Reihe in meditativer Ruhe versunken zu sein schienen und gar nicht reagierten. Im Zeitlupentempo fiel das große Marienbild um, das auf einer Staffelei vor dem Urheiligtum stand. Eine kleine Windböe war in diesem Moment hinter das Bild gefahren. Zum Glück hatte das Bild keine Glasscheibe, und das Feuer in der Edelstahlschale direkt daneben brannte lebhaft weiter. Das Bild hatte keine Kratzer abbekommen, aber der Rahmen war an den Fugen aus dem Leim gegangen. Maria sprengt jeden Rahmen. Sie ist zu groß und zu vielgestaltig, um in einem Bild eingefangen zu werden.

Pfingsttreffen für qualifizierte Unruhestifter in Schönstatt am 10. und 11. Juni 2011

Pater Stephan Strecker führte durch die Pfingstvigil. Er griff das Geschehen kurz auf und brachte in der Feier am Vorabend des Pfingstfestes wieder die Ursehnsucht nach dem lebendig machenden Wirken des Geistes Gottes zum Ausdruck. Die Band ‚Esperamor‘ gab den Pfingstliedern einen mal besinnlichen, mal flotten Sound. Die Teilnehmer bildeten eine Lichterkette um das Kapellchen als ihrem Coenaculum. Am Ende der Feier konnte sich jeder noch im Urheiligtum ein von Pater Kentenich formuliertes Heilig-Geist-Gebet – graphisch schön gestaltet von Michael Turinsky – abholen. Doch nicht nur liturgisch wollte man dem Heiligen Geist Raum gewähren. Nach dem Check-in am frühen Nachmittag und einer spritzigen Deutung des Wortes Pfingsten durch Schwester Veronika und Pater Strecker ging es in Tischrunden weiter mit den Fragen:

  • Was war für mich in den letzten fünf Jahren die beste Innovation?

  • Welche menschlichen Qualitäten schätze ich am meisten?

  • Was ist für mich an Schönstatt besonders attraktiv?

Innovationen: ganz konkret- in der Kommunikation – in der persönlichen Weiterentwicklung

Daniel und Martina GröberNach jeder Austauschrunde über eine Frage wanderte man zum nächsten Tisch. So lernte man die anderen Teilnehmer kennen. Der jeweilige Gastgeber eines Tisches konnte dann ganz subjektiv das nennen, was ihn am meisten angesprochen hatte. Außerdem gab es nach jeder Runde ein qualifiziertes Zeugnis zum Thema. Martina Gröber sprach über die Innovation „drop-box“: Die Kommunikation aller Beteiligten an der Redaktion der Schönstatt-Zeitschrift „moment“ konnte dadurch vereinfacht und beschleunigt werden. Außerdem erzählte Frau Gröber, wie sie und ihr Mann durch Schönstatt im Laufe der Jahre ihre kommunikativen und sozialen Kompetenzen verbessern konnten. Ihr aktuelles gemeinsames Projekt: Die Familienakademie.

Nach der zweiten Runde erzählte der Sport- und Religionslehrer Bernhard Irsch von einem Projekt an seiner Schule. Schon 10 Jahre lang dümpelte die Idee von einem Schülerkiosk vor sich hin. Im letzten Schuljahr nun hat er diese Idee zusammen mit den Schülern umgesetzt. Inzwischen wurden durch die Praxis auch die Skeptiker und Bedenkenträger von der Idee überzeugt, manche sind sogar begeistert. Mut zur Veränderung – ein konkretes Beispiel, was damit im Alltag gemeint sein kann.

Über ihre Erfahrungen mit der dritten Frage sprach Christine S., die in der Marketing-Abteilung eines großen Süßwarenkonzerns tätig ist und viele Hobbies hat. An Schönstatt schätzt sie die guten Impulse für die persönliche Weiterentwicklung, die interessanten und inspirierenden Menschen, die sie bei Veranstaltungen trifft und die Strategien zum Krafttanken und Neu-anfangen, die sie hier vermittelt bekommen hat.

„Keine andere Gemeinschaft hat so viele Innovatoren hervorgebracht wie die Kirche“…,

Sr. Dr. M. Lisianne BraunbeckNach diesen drei Runden war auch der letzte emotional und mental im Thema angekommen, das nun von Schwester Dr. Lisianne Braunbeck vertieft wurde. Sie hatte jahrelang in der Glaubenskongregation im Vatikan gearbeitet und gehört seit 2010 zur Generalleitung der Marienschwestern. „Keine andere Gemeinschaft hat so viele Innovatoren hervorgebracht wie die Kirche“, führte Schwester Lisianne aus und meinte: „Krisenzeiten sind dafür besonders geeignet.“ – Vielleicht wird die Schweizerin Xenia Schmidlin, die den Vortrag moderierte, in diesem Moment an ihren Landsmann Max Frisch gedacht haben. Er schrieb einmal: „Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“

Die Innovation schlechthin: Das Liebesbündnis

Schwester Lisianne legte dar: Das Leben im Liebesbündnis ist innovativ, weil es einen Weg der persönlichen Gotteserfahrung in Gang setzt. Maria ist der personale Zugang zu dieser Erfahrung. Das Leben im Liebesbündnis ist ein Leben im Dialog. Das ist innovativ, weil ich aus allem Gottes Stimme heraushören lerne und ihm durch alles hindurch meine Antwort geben kann. Leben im Liebesbündnis ist Leben aus der Mitte. Das ist innovativ, weil es eine Dynamik freisetzt, die die Bruchstückhaftigkeit und Zersplitterung überwinden hilft und echte Persönlichkeiten und Gemeinschaften wachsen lässt. Das Leben im Liebesbündnis ist Leben in Verantwortung und damit innovativ, weil es die Gleichgültigkeit durchbricht und mich zum aktiven Mitarbeiter Gottes macht. Mein Leben in allen Facetten wird wertvoll und wichtig für andere. Schwester Lisianne schloss mit einem Zitat der hl. Katharina von Siena: „Wenn ihr seid, was ihr sein sollt, werdet ihr die ganze Welt in Brand stecken.“

Im Anschluss an diesen Vortrag wurden die Thesen der Referentin lebhaft diskutiert.

Nach der abendlichen Vigilfeier am Urheiligtum traf man sich im romantisch gestalteten Garten der Marienau und sprach über das bisher Erlebte. Wem die Kühle der Nacht eine Gänsehaut bescherte, zog sich doch lieber ins wärmere Haus zurück.

Ein Weg aus der Krise: Abschied vom Leben auf Pump - hin zu anderen Prioritäten!

Dr. André HülsböhmerAm Pfingstsonntag nach einem Morgenlob vor dem Heiligtum und einem ausgiebigen Frühstück sprach Dr. André Hülsböhmer vom F.A.Z.-Institut über „Nach der Krise ist vor der Krise – Wie sich unsere Welt verändert.“ Da unter den Anwesenden vergleichsweise wenig Volks- und Betriebswirtschaftler waren, musste er in seine Ausführungen so manche Hintergrund-Info schieben, damit auch die anderen seinen Ausführungen folgen konnten. Das gelang ihm gut. Er verdeutlichte, dass mit der Pleite von der Investment-Bank Lehman-Brothers im September 2008 auch ein amerikanischer Lebensstil der letzten 30 Jahre Insolvenz anmelden musste: Das Leben auf Pump. Im Blick auf die Zukunft rät Hülsböhmer in Anlehnung an Gregory Clarks „A farewell to alms“ (erschienen 2008), dass wir stärker die kulturellen Faktoren der wirtschaftlichen Entwicklung in den Blick nehmen sollen: Die Zähmung des Wettbewerbsstrebens durch mehr Empathie und Solidarität, die Wiederentdeckung des Lebenswertes und der Sinnquelle, die im eigenen Nachwuchs liegt (Da wirkte er mit der Freude an seinen vier Töchtern besonders authentisch.) und die Wertschätzung der Zeit für zwischenmenschliche Kontakte anstatt Zeit zu Geld zu machen – Auch wenn das mehr als Anliegen statt als Rezept formuliert wurde – es regte zu intensiven Diskussionen an.

Pater Kentenich – Spezialist für Innovation: Einheit ist Voraussetzung für Fruchtbarkeit im Apostolat

Nach dem Mittagessen bot Prof. Dr. SöderProf. Dr. Joachim Söder provozierende Originaltexte von Pater Josef Kentenich zum Thema „Erneuerung“ an, die dann in einzelnen Gesprächsgruppen diskutiert wurden.

Mit einem pfingstlichen Gottesdienst in der Anbetungskirche, der musikalisch hervorragend von einem Projektchor gestaltet wurde, endete das Pfingst-Treffen der „jungen und mittleren Generation“. Der Bewegungsleiter predigte über die Einheit als Voraussetzung für die Fruchtbarkeit des Apostolates. Man darf gespannt sein, was sich im Laufe des Jahres aus diesem Erlebnis entwickelt und wie das Pfingst-Treffen 2012 aussehen wird. Denn dieser Veranstaltungstyp schreit nach Fortsetzung. Das war allen Teilnehmern klar.

Redaktionelle Bearbeitung: Ursula Sundarp, Dinslaken, Team schoenstatt.org

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