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8. Oktober 2018 | International | 

Josef Engling ist bei den Franzosen angekommen


Szenisches Spiel und interpretierender Tanz war Teil des Gedenkens bei den Feiern zum 100. Todestag von Josef Engling in Cambrai, Frankreich (Foto: Brantzen)

Szenisches Spiel und interpretierender Tanz war Teil des Gedenkens bei den Feiern zum 100. Todestag von Josef Engling in Cambrai, Frankreich (Foto: Brantzen)

Hubertus Brantzen. Die Vergangenheit in der Gegenwart erlebt und Perspektiven für die Zukunft gewonnen – so könnte man die Erfahrungen in Cambrai bei der 100-jährigen Gedenkfeier des Todestages Josef Englings am 4. Oktober 2018 überschreiben. Hier einige persönliche Eindrücke von der überwältigenden Feier vom 4. bis 7. Oktober.

Auf den Spuren Josef Englings an der Lys (Foto: Brantzen)

Auf den Spuren Josef Englings an der Lys (Foto: Brantzen)

Der Acker, auf dem Josef Engling sein Leben verlor (Foto: Brantzen)

Der Acker, auf dem Josef Engling sein Leben verlor (Foto: Brantzen)

Feierstunde ums Engling-Feuer (Foto: Brantzen)

Feierstunde ums Engling-Feuer (Foto: Brantzen)

Die Engling Pilger waren bei den Franzosen zu Gast

Eine große Freude für alle deutschen Besucher des großen Festes war die Beteiligung so vieler Franzosen. Diese nahmen nicht nur an der Feier teil, sondern hatte die gesamte Festgestaltung in der Hand. Gottesdienste und verschiedene künstlerische Beiträge wurden wesentlich von ihnen gestaltet. Das Catering zu den Mittag- und Abendessen wurde von ihnen organisiert. Die deutschen Pilger und Pilgergruppen aus verschiedenen Ländern fühlten sich als Gäste und wurden mit großer Freundlichkeit umsorgt.

Wohl erstmals hörte man am Heiligtum in Cambrai so viele französische Stimmen auf einmal. Wollte man sich Bons für Getränke und Essen erwerben, ging das nur auf Französisch. Eine deutsche Pilgerin meinte: Beim Bon-Verkauf hätte man besser jemand anstellen sollen, der Deutsch spricht. Ich dachte mir: Nein, wir sollten uns schämen, dass wir so wenig Französisch sprechen. Wir sind doch bei ihnen zu Gast.

Der neue Erzbischof von Cambrai, Vincent Dollmann, 1964 in Mülhausen im Elsass geboren und zuvor Weihbischof von Straßburg, spricht hervorragend Deutsch und gab den Pilgerinnen und Pilgern damit in den Gottesdiensten und in vielen Einzelgesprächen das Gefühl, herzlich willkommen zu sein. Er machte bei den Feierlichkeiten nicht einfach einen Anstandsbesuch. Gleich dreimal feierte er, gemeinsam mit Erzbischof Dr. Robert Zollitsch und einer Anzahl von Priestern, die Gottesdienste mit.

Erstes Fazit also: Josef Engling ist nun endgültig bei den Franzosen angekommen. Man hatte sogar den Eindruck, dass sie ihn als einen der Ihren angenommen haben. Und damit bekommt die „Cambrai-Strömung“ ein neues Gesicht. Vielleicht entwickelt sich diese Strömung in den kommenden Jahren so, dass die Franzosen für die Sendung Josef Englings stehen, ähnlich wie die Schönstatt-Bewegung in Südamerika für den 3. Meilenstein der Schönstatt-Geschichte steht.

Josef Engling, * 5. Januar 1898 in Prositten, Ermland; † 5. Oktober 1918 bei Cambrai in Frankreich (Foto: Archivbild)

Josef Engling, * 5. Januar 1898 in Prositten, Ermland; † 5. Oktober 1918 bei Cambrai in Frankreich (Foto: Archivbild)

Zweimal den Josefsweg gegangen

Den letzten Weg Josef Englings vom Friedhof in Eswars aus sind die Besucher gleich zweimal gegangen. Besonders beeindruckend war dieser Weg am 4. Oktober, dem Todestag. Schweigend standen die Menschen um die beiden Grabsteine, hinter denen der Ermländer seine letzte Mahlzeit gekocht hatte. Nach einer Einstimmung an der Gedenkstätte auf dem benachbarten Grundstück, gingen alle betend und schweigend den letzten Weg Josef Englings. Es war exakt die Zeit, zu der er 100 Jahre zuvor diesen Weg gegangen war.

Marienbruder Markus M. Amrein, der während der gesamten Tage immer wieder anschaulich Erklärungen zu den besuchten Orten gab, hielt einen Statio an dem Acker, auf dem Josef Engling tödlich getroffen wurde. Man spürte der Pilgergemeinschaft deutlich die geistliche Konzentration an, mit der sie sich 100 Jahre in die Situation des Krieges zurückzuversetzen suchte.

Der Weg endete an der Route National auf dem Grundstück des Schönstatt-Zentrums mit dem Blick auf die Todesstelle jenseits der Straße. Plötzlich startet an der Todesstelle ein kleines Feuerwerk – und ein großes, weißes und beleuchtetes Kreuz strahlte auf. Das war ein Geschenk der französischen Schönstattfamilie zu diesem Tag. Den Anwesenden wurde deutlich: Diese kleine, aber wachsende Schönstatt-Bewegung in Frankreich bringt die Person und Sendung Josef Engling in ihren Land zum Strahlen. Nun wird dieses Kreuz nachts beleuchtet sein und alle Vorbeifahrenden fragen lassen: Was ist hier Wichtiges passiert?

Josef Englings Lebensangebot an der Lys

Die Fahrt nach Merville an der Lys vertiefte den Eindruck, den die Spiritualität Josef Englings in der Pilgergemeinschaft weckte. Nach einem Besuch auf der Vimyhöhe, die eine Vorstellung vom Leben der Soldaten im Stellungskrieg und den Schützengräben vermittelte, standen die Pilgergruppe an der Stelle, an der Engling, in einen Granattrichter sitzend, sein Lebensangebot an die Gottesmutter formulierte. Dieser Vorgang gibt Zeugnis davon, in welch intensiver Weise sich Josef Engling der Gegenwart Gottes und Marias bewusst war. Die Erfahrung, ständig in der Nähe Gottes und in der Liebe der Gottesmutter geborgen zu sein, erfüllte ihn so sehr, dass die Einschläge der Granaten um ihn herum ihn nicht mehr um sein Leben fürchten ließen.

Dicht bei dem heute nicht mehr sichtbaren Granattrichter konnten die Gruppe einen Gottesdienst feiern. Die Zeit des Verweilens an diesem Ort ließ ein wenig die Atmosphäre ahnen, in der Josef Engling zu jener Zeit leben durfte.

Auf den Spuren Josef Englings auf dem Friedhof von Eswars (Foto: Brantzen)

Auf den Spuren Josef Englings auf dem Friedhof von Eswars (Foto: Brantzen)

Besuch auf dem Friedhof in Cambrai

Lange war nicht bekannt, dass die Gebeine Josef Englings nicht mehr gesucht werden mussten. Er fand wohl seine letzte Ruhestätte in einem Massengrab auf einem deutschen Militärfriedhof in Cambrai. Dort ist sein Name auf einer Gedenktafel zu lesen. Sein Name kam wohl nicht aufgrund der gefundenen Personenmarke auf die Liste der Namen, sondern aufgrund späterer Nachfragen aus der Schönstatt-Bewegung.

Dankbarkeit bewegt die Pilgergemeinschaft an dieser Stelle, dass bei früherem Wissen um diesen Ort der Beisetzung die „Cambrai-Strömung“ nicht so viele Menschen in Bewegung gesetzt hätte. Ganze Generationen von Cambrai-Pilger hatten an vielen Stellen nach dem Leichnam Josef Englings gesucht, ganze Felder umgegraben. Zeitzeugen wie Pfarrer Baumann und Marienbruder Bauer berichteten von ihren Erfahrungen in den 50er und 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Man hätte Josef Engling gerne hinter dem Urheiligtum seine letzte Ruhestätte gegeben. Doch er verbarg sich gleichsam, um einen geistlichen Prozess anzustoßen.

Dieser Prozess mündete in das Versprechen, das Heiligtum in Cambrai für die Rückkehr Pater Kentenichs aus dem Exil zu errichten. Einen Tag nach der Einweihung begann dessen Rückkehr nach Schönstatt.

Szenische Darstellungen (Foto: Brantzen)

Szenische Darstellungen (Foto: Brantzen)

Eine große Gruppe junger Menschen war beteiligt (Foto: Brantzen)

Eine große Gruppe junger Menschen war beteiligt (Foto: Brantzen)

Bewegende Darbietungen und Feiern

Zwei besondere kulturelle Darbietungen bewegten die Pilger. Eine Regisseurin, die sich selbst als ungläubig bezeichnet, war zum begeisterten Engling-Fan geworden und hatte mit einer kleinen Schauspiel- und Ballettgruppe Szenen aus dem Leben Josef Englings kreativ aufbereitet. Kurz angespielte Szenen, etwa mit dem kleinen Josef in Prossitten, mit dem jugendlichen Josef im Studienheim oder dem Soldaten Josef in Hagenau und an der Front, ließen die Lebensabschnitte präsent werden. Mit grandiosen Tanzeinlagen wurden diese Szenen gedeutet. Diese eindrückliche Leistung der Schauspieler und Schauspielerinnen und der Tänzerinnen wurden mit einem nicht enden wollenden Applaus bedacht.

Nach einem internationalen Vigilabend am Samstag brachte eine belgische, französisch-sprechende Gruppe junger Erwachsener ein rockiges Konzert auf die Bühne. Die jungen Schönstätter kommentierten durch selbst verfasste und komponierte Songs die Botschaft Josef Englings. Laut und rhythmisch ging es zu, was alle anwesenden Kinder und Jugendlichen nach und nach an den Rand der Bühne zog und sie klatschen und tanzen ließ. Doch auch die im Festzelt anwesenden Erwachsenen könnten nicht vermeiden, dass sich zumindest ihre Beine und Arme im Rhythmus mitbewegen.

Die vorangegangene Vigilfeier wurde liebevoll und vielsprachig durch Gebete und Lieder gestaltet. In bewährter Weise begleiteten besonders die Schwestern diese Feier instrumental und mit Gesang.

Überhaupt war das Bild des Festes insgesamt durch die große Zahl der mitfeiernden Schwestern geprägt. Das zurzeit stattfindende Generalkapitel der Schönstätter Marienschwestern hatte die Beratungen unterbrochen und sich auf den Weg gemacht, um am 4. Oktober, dem Todestag Josefs, anwesend zu sein.

Gottesdienst mit dem neuen Erzbischof von Cambrai, Vincent Dollmann, und dem emmeritierten Freiburger Erzbischof Dr.  Robert Zollitsch (Foto: Brantzen)

Gottesdienst mit dem neuen Erzbischof von Cambrai, Vincent Dollmann, und dem emmeritierten Freiburger Erzbischof Dr.  Robert Zollitsch (Foto: Brantzen)

Père Jean-Marie Moura

Ein Name muss in besonderer Weise erwähnt werden: Père Jean-Marie Moura. Er ist ein Diözesanpriester des Bistum Cambrai und wurde vom Bischof für die Arbeit in der Schönstatt-Bewegung freigestellt. In diesen Tagen war immer wieder zu spüren, dass er für die Franzosen eine lebendige Brücke hin zum Schönstatt-Zentrum in Cambrai, zu Josef Engling und zur Spiritualität Schönstatts ist.

Viele Priester und Patres konzelebrierten (Foto: Brantzen)

Viele Priester und Patres konzelebrierten (Foto: Brantzen)

Père Jean-Marie moderierte die meisten Veranstaltungen und hatte die Organisation der Tage in herausragender Weise vorbereitet. Er war es auch – in Absprache mit Marienbruder Amrein – derjenige, der die geistlichen Elemente der Tage gestaltete. Er pflegt die Kontakte zu den französischen Gemeinden, sodass auch der festliche Abschlussgottesdienst in der Kathedrale von Cambrai und der anschließende Stehempfang die Tage abrunden konnten.

 


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