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18. August 2017 | Worte des Bewegungsleiters | 

Die grundlegendste Begegnung unseres Lebens: hinter allem Gott entdecken


Jahresmotiv 2017 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: Grabowska)

Jahresmotiv 2017 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: Grabowska)

Liebe Mitglieder und Freunde unserer Schönstatt–Bewegung!

Ein Mitbruder erzählte mir von einem besonderen Vorgang, den er immer einbaut, wenn er eine Kindertaufe zu halten hat. Und das hat etwas mit dem Evangelientext zu tun, auf den sich diese Betrachtung bezieht.


Biblische Begegnungen

„Und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.“

Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht.

Da erschienen plötzlich vor ihren Augen Mose und Elija und redeten mit Jesus. Und Petrus sagte zu ihm: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija.

Noch während er redete, warf eine leuchtende Wolke ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. Als die Jünger das hörten, bekamen sie große Angst und warfen sich mit dem Gesicht zu Boden.

Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf, habt keine Angst! Und als sie aufblickten, sahen sie nur noch Jesus. Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemand von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.

Vgl. Mt 17,1-9 (6. August:
Fest Verklärung des Herrn)

Taborerfahrung und Eltern bei der Taufe eines Kindes

Es gibt in den Evangelien viele Worte und Begebenheiten Jesu. Die Propheten des Alten Testamentes kommen zu Wort. Es geht um das Wirken und die Verheißungen Gottes. Jesus selber lebt ganz aus der Verbundenheit mit Gott, seinem Vater. Er verkündet ihn in Worten und Zeichen. „Der mich gesandt hat“: So bezieht sich Jesus selbst oft auf seinen Vater im Himmel. Nur an zwei Stellen in den Evangelien spricht der Vater selbst: Bei der Taufe Jesu im Jordan und bei der Begegnung auf Berg Tabor.

„Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe“ (Taufe Jesu, Mt 3,17) und „Aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören“ (Taborerfahrung, Mt 17,5). Beide Male wird die ganze Situation zur unmittelbaren Begegnung mit Gott. Gott spricht direkt und sagt und bekräftigt, was über Jesus zu sagen ist. Darin liegt die Botschaft und die Sendung Jesu: den Vater in seiner Größe, seiner Liebe und seinem unendlichen Erbarmen zu offenbaren. Das ist auch das Gebet, das Jesus seine Freunde lehrt. „So sollt ihr beten: Unser Vater im Himmel, dein Name werde geheiligt“ (Mt 6,9).

Die grundlegendste Begegnung unseres Lebens: hinter allem Gott entdecken

Immer wieder begleiten uns in diesem Jahr Begegnungen mit Jesus. Biblische Emmauserfahrungen wo Jesus hinzukommt, und Erfahrungen aus unserem eigenen Leben, wie wir das Mitgehen Jesu entdecken. Die Taborerfahrung der Jünger erinnert uns daran, dass es in allen einzelnen Begegnungen um die grundlegendste Begegnung unseres Lebens geht: Gibt es die besonderen Momente oder die wachsende Frucht unserer Lebenserfahrungen insgesamt, dass hinter unserem Leben der Gott und Vater Jesu steht?

Und jetzt komme ich endlich wieder zurück zu dem, wie diese Überlegungen bei einer Taufe Bedeutung haben. Mein Mitbruder erzählte mir, dass er die Eltern einlädt, ihr Kind, das getauft wird, direkt anzusprechen. Der Vater und die Mutter sollen den Satz sagen, der im Leben Jesu die grundlegendste Offenbarung Gottes ist. „Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter, an dir habe ich meine Freude!“ Eigentlich ist das doch klar und doch ist es für die Eltern selbst und für die Umstehenden eindrücklich, es einmal so feierlich zu sagen — wie die Stimme von oben. Ein Wort, das über diesem Menschenleben steht. Ein Wort, das auch für die Eltern ihre Elternaufgabe beschreibt. Ein Bekenntnis und eine Bereitschaft, dass das den wichtigsten Unterschied macht, ob dieses Wort über einem Leben steht oder nicht: „Du bist mein geliebter Sohn – du bist meine geliebte Tochter“. Und es ist getragen von dem Glauben, dass Gott selber dieses Wort über unser Leben spricht.

„Die Wurzel im Wurzelstock der Liebe ist die Kindesliebe“

Die Sicherheit dieser Lebensgrunderfahrung ist für Pater Kentenich eine lebenslange menschliche und geistliche Aufgabe. Es ist auch eine lebenslange Wachstums- und Entwicklungsmöglichkeit. „Wenn wir von einem Wurzelstock der vielverzweigten Liebe sprechen können, dann ist an sich die Wurzel dieses Wurzelstockes die Kindesliebe! Wir sehen ja: Die erste Liebe des Kindes ist Kindesliebe. Aus Kindesliebe wächst heraus mütterliche Liebe, väterliche Liebe. Dann schwesterliche Liebe, brüderliche Liebe, je nachdem freundschaftliche Liebe, ehelich-bräutliche Liebe. Kindesliebe ist die Wurzel des Wurzelstockes der Liebe. Und diese Kindesliebe ist nicht nur eine Etappe in unserm Leben; es ist die ständig wachsende Quelle für alle andern Formen echter Liebe“ (1967).

Vielfältig sind die Lebenserfahrungen, die auf Gott hin durchsichtig werden sollen. Oft geht der Weg zu Gott über Beziehungen. Für manche gibt es überraschende Einsichten, die das Denken und das Herz packen. Oder Erschütterungen, die in uns tiefere Fragen nicht zur Ruhe kommen lassen. Für andere werden Kontemplation und Gebet zur Tür zu einem ganz persönlichen Glauben. Schönheit der Schöpfung und auch der Kunst oder der Musik können das Herz öffnen. All diese Erfahrungen finden wir auch im Leben und in den Begegnungen Jesu. Die zentralsten bleiben die, in denen der himmlische Vater selber spricht: „Dies ist mein geliebter Sohn“.

Jeder einzelne Mensch verdankt sich dem doppelten Ursprung aus einem Vater und einer Mutter

Die Bedingungen der menschlichen Existenz führen uns zur Auseinandersetzung mit einer grundlegenden Wahrheit. Das Wunder des menschlichen Lebens, jeder einzelne Mensch dieser Erde, verdankt sich dem doppelten Ursprung aus einem Vater und einer Mutter.

Durch gesellschaftliche Vorgaben, schicksalhafte Verwerfungen oder auch durch ideologische Entscheidungen wollen oder müssen Menschen manchmal alles Mögliche an Lebensformen ausprobieren oder durchtragen. Und doch beginnt für jeden Menschen der Weg seines Werdens mit dem Kindsein. Vater und Mutter sein können, das göttliche Wort „Du sollst sein“ über dem Leben eines Kindes sprechen und leben können, das will die Lehre der Kirche über Ehe und Familie zum Leuchten bringen.

Politische Diskussionen verkämpfen sich oft in partikulären Einzelfragen und verlieren vielleicht die Hauptaufgaben einer zukunftsfähigen Gesellschaft und Welt aus dem Blick.

Ohne die Tauferfahrung, ohne die Taborhoffnung über unserem Leben fehlt das wichtigste Wort, das ein Mensch im Leben hören muss: „Du bist mein geliebter Sohn – du bist meine geliebte Tochter, an dir habe ich meine Freude“.

Mit herzlichen Grüßen und einem „Vaterunser“ vom Urheiligtum

Ihr

P. Ludwig Güthlein
Schönstatt-Bewegung Deutschland


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