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17. Februar 2017 | Worte des Bewegungsleiters | 

„Meine Augen haben das Heil gesehen!“


Jahresmotiv 2017 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: Grabowska)

Jahresmotiv 2017 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: Grabowska)

Liebe Mitglieder und Freunde unserer Schönstatt–Bewegung!

In den monatlichen Betrachtungen, die im Bündnisbrief der Schönstatt-Bewegung Deutschland erscheinen und die an dieser Stelle jeweils zum 18. des Monates online veröffentlicht werden, soll in unterschiedlichen biblischen Begegnungen immer wieder zum Leuchten kommen, welche Kraft und Wirkung die Gegenwart Jesu entfaltet. Im Februar betrachten wir die Stelle „Meine Augen haben das Heil gesehen!“ aus Lk 2,25-38.

„Ich habe immer nach vorne gelebt und das für selbstverständlich gehalten.“

In einem Film von Ingmar Bergmann unterhält sich der Vater mit seiner erwachsenen Tochter. „Ich habe immer nach vorne gelebt und das für selbstverständlich gehalten. Ich habe mich engagiert und wollte für meine Familie und im Beruf etwas erreichen. Bei allem, was geworden ist, habe ich doch nach vorne hin immer noch mehr erwartet. Irgendwann kam ein Moment, der mir erst im Nachhinein richtig bewusst wurde. Ich habe mich innerlich umgedreht. Ich blickte nach hinten mit der Frage, ob das jetzt alles war. Und ich wurde immer melancholischer und resignierter.“

In den Begegnungen aus der Heiligen Schrift, die mit dem Festtag vom 2. Februar verbunden sind, wird uns auch von zwei Menschen erzählt, die auf ein langes Leben zurückblicken können: Simeon und Hanna. „Hochbetagt“ sind beide. Obwohl sie in ihrem Leben viel zu meistern hatten – Hanna war schon als junge Frau verwitwet – haben sie ein Leben gelebt, das vom Blick nach vorne, von Verheißung bestimmt war.

Wir blicken in diesen Jahren an vielen diözesanen Zentren unserer Bewegung auf Begegnungen mit unserem Gründer vor 50 Jahren. Wie viel Zukunftsoptimismus, wie viel Verheißungskraft, wie viel prophetisches Feuer hatte Pater Kentenich mit über 80 Jahren in sich. Und wie ansteckend war dieses Feuer. Wenn wir heute immer wieder von Neugründung, von Aufbruch, von Gründungsmentalität sprechen, dann geht es zuallererst um den Kontakt zu diesem prophetischen Feuer.

Biblische Begegnungen -
Meine Augen haben das Heil gesehen!  

In Jerusalem lebte damals ein Mann namens Simeon. Er war gerecht und fromm und wartete auf die Rettung Israels und der Heilige Geist ruhte auf ihm. Vom Heiligen Geist war ihm offenbart worden, er werde den Tod nicht schauen, ehe er den Messias des Herrn gesehen habe. Jetzt wurde er vom Geist in den Tempel geführt; und als die Eltern Jesus hereinbrachten, um zu erfüllen, was nach dem Gesetz üblich war, nahm Simeon das Kind in seine Arme und pries Gott.
Damals lebte auch eine Prophetin namens Hanna. Sie war schon hochbetagt. Sie war eine Witwe von vierundachtzig Jahren. Sie hielt sich ständig im Tempel auf und diente Gott Tag und Nacht mit Fasten und Beten. In diesem Augenblick nun trat sie hinzu, pries Gott und sprach über das Kind zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten.

Vgl. Lk 2,25-38
(2. Februar: Darstellung des Herrn, Maria Lichtmess)

Wie schaut mit über 80 Jahren ein „jugendliches Herz“ aus?

Weder Simeon noch Hanna sind in frommer Routine erstarrt. Beide sind wach genug, mitten im alltäglichen Betrieb des Tempels den Messias zu erkennen. Geistlich beweglich und jung geblieben werden sie zu Zeugen für Gott und die Erfüllung der Verheißungen, wie sie sich vor ihren Augen ereignet.

In innerer Wachheit und alltäglicher Treue das Leben meistern, ist die lebendige Quelle der Bündniskultur. Die Lyrikerin Christine Busta formuliert einmal einen Satz, der die Treue zur Verheißung in Beziehung setzt auch zu dem Unerfüllten und dem Noch-nicht-Erfüllten. Sie sagt: „Ich glaube, dass jeder Mensch mit einer unerfüllten Sehnsucht von dieser Erde scheidet. Aber ich glaube auch, dass die Treue zu dieser Sehnsucht die Erfüllung unseres Lebens ist.“

Wenn ich in der letzten Zeit von den verschiedenen Heiligtümern und Zentren höre, die in nahezu allen Diözesen entstanden sind, kann ich nur staunen über den Glauben, die Einsatzbereitschaft, das finanzielle und persönliche Engagement, mit dem das alles aufgebaut wurde.

Wir erleben einen Umbruch vieler kirchlicher Strukturen. Auch unsere Strukturen als Schönstatt-Bewegung sind mit hineingezogen in diese Veränderungen. Ich glaube, dass uns aktuelle personelle und finanzielle Herausforderungen manchmal den Blick für das Potential unserer Schönstattzentren verdunkeln. Die Zukunft der Kirche wird geprägt sein von Zentren und Gemeinschaften wo

  • erlebte Gemeinschaft,
  • konkretes geistliches Miteinander
  • und Engagement für Menschen mit ihren Fragen und Anliegen

zusammenkommen. Ich glaube, wir erleben eine Phase, wo wir etwas von den Ausdauergnaden von Simeon und Hanna brauchen. Wenn wir diese Phase bestehen, wird sich zeigen, dass wir Teil einer von unten wachsenden Kirche sind. Vielleicht müssen und dürfen wir noch beherzter als bisher unsere Zentren und unsere Gemeinschaft als „Kirche im Werden“ als „Kirche im Aufbau“ begreifen. Natürlich brauchen die Zentren und Initiativen ganz praktisches Engagement und Hilfe. Das Wichtigste bleibt aber der Kontakt zum prophetischen Feuer, aus dem alles geworden ist. „Treue zur Sehnsucht, Treue zur Verheißung“: diese Kraftquelle ist durch nichts zu ersetzen.

Die Jahresmottos der Jugendgemeinschaften

„Einen Tag bei der Jahreskonferenz der Schönstatt-Mannesjugend dabei sein können, ist wie eine Akku-Aufladung, die einen Monat lang hält“, sagte mir ein Mitbruder, der schon gar nicht mehr bei der Jugend arbeitet. Beide Jahresmottos, das der SMJ und das der Schönstatt-MJF, sprechen ausdrücklich davon, Schönstatt aufzubauen.

  • „Auftrag heute: Die Welt ein bisschen SCHÖNstatt machen“ (MJF)
  • „Schönstatt wagen – du bist gefordert“ (SMJ)

Vielleicht muss man keinen Tag bei einer Jahreskonferenz dabei gewesen sein. Vielleicht reicht es ja auch, mit einem dieser jungen Erwachsenen ins Gespräch zu kommen, um zu merken wie viel Kontakt zum prophetischen Feuer da lebendig ist – und um den eigenen Akku wieder aufzuladen.

„Er kam hinzu und ging mit ihnen“ begleitet uns als Motto und als Versprechen durch dieses Jahr.
Im Gespräch haben die Jünger Jesus erkannt, nicht im schweigenden Nebeneinander.

Mit herzlichen Grüßen vom Urheiligtum

Ihr

P. Ludwig Güthlein
Schönstatt-Bewegung Deutschland


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