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6. Februar 2017 | Aus Bewegungen | 

Wirtschafts-Initiative der Fokolar-Bewegung beim Papst


Vertreter von WiG begrüßen Papst Franziskus (Foto: Fleming)

Vertreter von WiG begrüßen Papst Franziskus (Foto: Fleming)

Andrea Fleming. 1200 Vertreter der Fokolar-Bewegung waren am 5. Februar 2016 in der Aula Paul VI. im Vatikan für eine Begegnung mit Papst Franziskus zusammen. Unter ihnen Unternehmer, Studierende und Lehrende von Wirtschaftsfakultäten aus 55 Ländern, die sich im Rahmen der Initiative „Wirtschaft in Gemeinschaft“ (WiG) engagieren. „Für Eure Initiative interessiere ich mich schon seit geraumer Zeit“, bekannte Papst Franziskus zu Beginn seiner Ansprache, nachdem er zuvor eine kurze Einführung von Prof. Luigino Bruni, dem internationalen Koordinator der WiG und drei kurze Zeugnisse von Unternehmern gehört hatte.

Er nahm den Namen der Initiative auf und rückte eine positive Wechselwirkung ins Licht: „Mit Eurem Leben gebt Ihr Zeugnis, dass Wirtschaft und Gemeinschaft noch schöner werden, wenn sie nebeneinander stehen. Dass die Wirtschaft schöner wird, ist klar, aber auch die Gemeinschaft wird schöner, wenn sie Gemeinschaft der Güter, der Talente und der Gewinne wird.“

Papst Franziskus (Foto: Wachmann)

Papst Franziskus (Foto: Wachmann)

Etwa 1.200 Mitglieder von WiG in der Audienzhalle bei der Begegnung mit Papst Franziskus (Foto: Fleming)

Etwa 1.200 Mitglieder von WiG in der Audienzhalle bei der Begegnung mit Papst Franziskus (Foto: Fleming)

Die deutsche Delegation von WiG (Foto: Hirschmuggl)

Die deutsche Delegation von WiG (Foto: Hirschmuggl)

Das Geld mit den Ärmsten teilen

Der Papst nahm Stellung zu einigen Grundprinzipien der Wirtschaft in Gemeinschaft, allen voran die Bereitschaft der Unternehmer, einen Teil ihres Gewinns zu teilen. Franziskus räumte ein, dass er vom Geld bisher oft als einem Götzen gesprochen habe, von dem es sich zu befreien gelte. Geld dürfe nicht zum Ziel werden, sonst riskiere es, den Platz Gottes im Herzen der Menschen einzunehmen. „Die beste Möglichkeit, zu verhindern, dass das Geld zu einem falschen Gott wird, ist, es mit anderen zu teilen, vor allem mit den Ärmsten. Das ist ein Akt höchster Spiritualität. Ihr sagt damit: Du bist nicht Gott, Du bist nicht Herr.“

Nicht Symptome bekämpfen, sondern das System verändern

Auch bei dieser Begegnung mit Unternehmern drückte er deutliche Kritik an Formen des Kapitalismus aus, die den Menschen zerstören, statt zum Gemeinwohl beizutragen. „Der Kapitalismus produziert weiterhin all den Abfall, den er dann anschließend entsorgen will.“ Das katholische Oberhaupt beschrieb die Absurdität, wenn Fluggesellschaften als Ausgleich für die Umweltverschmutzung, die sie verursachen, einen Teil der Ticketkosten in die Anpflanzung von Bäumen investieren. „An dem Tag, an dem Rüstungsunternehmen Krankenhäuser bauen, um die Kinder zu versorgen, die von ihren Bomben verstümmelt wurden, hat das System seinen absurden Höhepunkt erreicht. Das ist Heuchelei!“

Er forderte die Unternehmer auf, nicht nur dafür zu arbeiten, dass die Opfer des Systems weniger werden, sondern ein System aufzubauen, in dem es keine Opfer mehr gebe.

Qualität und Radikalität

Mit gut 800 Betrieben, die sich weltweit bisher der Initiative angeschlossen haben, sei das Projekt noch sehr klein, könne angesichts des großen Kapitals der Welt winzig erscheinen, stellt Franziskus fest. „Aber die Veränderungen, die vom Hl. Geist angestoßen sind, hängen nicht von großen Zahlen ab. Die kleine Herde, die Lampe, eine Münze, ein Schaf, eine Perle, das Salz, der Sauerteig – das sind die Bilder für das Reich Gottes, die uns das Evangelium zeigt. Es braucht nicht viel, um unser Leben zu verändern. Die Menge ist hier nicht ausschlaggebend, es kommt auf die Qualität an.“

Sauerteig und Salz, das sind die beiden Bilder, mit denen er die Unternehmer ermutigt, Einfluss zu nehmen auf ihre Umgebung. „Gemeinschaft ist nicht nur Teilen sondern auch Multiplikation. Die Wirtschaft in Gemeinschaft hat Zukunft, wenn Ihr sie allen weiterschenkt, und nicht, wenn sie nur unter euch bleibt. Gebt sie vor allem an die Armen und an die Jugend weiter! Um Leben in Fülle zu haben, muss man lernen, zu geben – nicht nur die Gewinne der Firmen, sondern gebt Euch selbst. Euer Geld, auch wenn es wichtig sein mag, ist zu wenig! Das Geld rettet nicht, wenn es nicht vom Geschenk des eigenen Lebens begleitet wird. Das ist die Logik des Evangeliums: Wenn man nicht alles gibt, gibt man nie genug.“

Nein zu einer Wirtschaft die tötet

Zum Schluss nimmt er einen Vorwurf auf, mit dem er schon in seinem Lehrschreiben „Evangelii Gaudium“ aufgerüttelt hatte: „Das Nein an eine Wirtschaft, die tötet, sollte ein Ja an eine Wirtschaft werden, die lebendig macht, weil sie teilt, die Armen einschließt und die Gewinne nutzt, um Gemeinschaft zu schaffen.“

Für die Anwesenden waren diese Worte Ermutigung und Ansporn. Benedikt Krüger hat gerade mit drei Kollegen ein eigenes Ingenieurbüro in Mannheim gegründet. Als evangelischer Christ war er besonders von der Natürlichkeit und formlosen Art des katholischen Oberhaupts beeindruckt. „Seine Kapitalismuskritik war deutlich: Es kann nicht sein, dass man erst macht und anschließend die Folgen beseitigt, sondern es geht darum, gleich für das Gemeinwohl zu wirtschaften.“

Thomas Hüttl, Immobilienverwalter aus Augsburg, hatte sogar die Gelegenheit, das Oberhaupt der katholischen Kirche persönlich zu grüßen. „Mich hat sehr gefreut, dass Franziskus uns wahrgenommen hat als eine Bewegung, die gegen die Kultur des Habens angeht. Als Unternehmer hat mich herausgefordert, dass es nicht reicht, die Gewinne zu teilen, sondern mich selbst zu geben.“

Für eine „Kultur des Gebens“

1991 hatte Fokolar-Gründerin Chiara Lubich während eines Besuches im brasilianischen Sao Paolo Unternehmer dazu eingeladen, Betriebe aufzubauen, deren Ziel nicht allein die Erwirtschaftung von Profit für die Eigentümer ist, sondern deren Gewinne auch dazu beitragen, Armut zu bekämpfen, Not zu lindern und Arbeitsplätze zu schaffen. Sie prägte den Begriff einer „Kultur des Gebens“. Der damals entstandenen Initiative „Wirtschaft in Gemeinschaft“ haben sich inzwischen weltweit mehr als 800 Betriebe angeschlossen.

Die Fokolar-Bewegung gehört zu den neuen geistlichen Aufbrüchen, die in den letzten 70 Jahren in den christlichen Kirchen entstanden sind. Ihre Ursprünge gehen auf das Jahr 1943 in Trient zurück. Mittlerweile ist sie in mehr als 180 Ländern der Welt vertreten. Weltweit zählt die Fokolar-Bewegung heute rund 140.000 Mitglieder, schätzungsweise 5 Millionen Menschen stehen mit ihr in Verbindung.


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