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17. Oktober 2016 | Oktober-Treffen | 

Schwerpunktverlagerungen – ein interessantes Podium beim Oktober-Treffen


Monika Arndt, Münster, moderierte das Podium am Nachmittag des 15. Oktobers (Foto: Brehm)

Monika Arndt, Münster, moderierte das Podium am Nachmittag des 15. Oktobers (Foto: Brehm)

Hbre. Der erste Teil des Nachmittags des Oktober-Treffens der Schönstatt-Bewegung Deutschland am 15. Oktober stand unter dem Thema: „Schwerpunktverlagerung – Vom Gesamtkonzept zum Sich-Einlassen – wie das Jahresmotto Leben wird“. Dazu erwartete die Teilnehmer ein von Monika Arndt, Institut der Schönstattfamilien, Münster, moderiertes Podium mit vier Speakern, die jeweils aus ihrer Sicht darstellten, in welcher Weise sie in ihren ganz unterschiedlichen Erfahrungsfeldern und Projekten das „Hinzukommen“ Jesu bereits erfahren haben oder in diesem kommenden Jahr besonders zu erfahren hoffen. Dabei wurde deutlich, welche Kraft und Möglichkeiten sich entwickeln, wenn Einzelne oder Gruppen sich auf ungewöhnliche und neue Wege einlassen.

Podium (v.l.n.r.): Ulrike Eichenberg, Pfr. Kurt Faulhaber, Monika Arndt, Michaela Koch, P. Heinrich Walter(Foto: Brehm)

Podium (v.l.n.r.): Ulrike Eichenberg, Pfr. Kurt Faulhaber, Monika Arndt, Michaela Koch, P. Heinrich Walter(Foto: Brehm)

Ulrike Eichenberg, Verein Lichtzeichen e.V. Hilfe für schwangere Frauen, Vallendar (Foto: Brehm)

Ulrike Eichenberg, Verein Lichtzeichen e.V. Hilfe für schwangere Frauen, Vallendar (Foto: Brehm)

Engagement an der Schnittstelle von Leben und Tod

Im ersten, beeindruckenden Statement sprach Ulrike Eichenberg über ihr Engagement bei „Lichtzeichen e.V. – Hilfe für schwangere Frauen“, Vallendar. Die zentrale Erfahrung der Mitarbeiterinnen des aus den Reihen der Schönstatt-Bewegung Frauen und Mütter gegründeten Vereines, der sich an der „Schnittstelle von Leben und Tod“ engagiere, sei das Mitgehen und das Grenzen aushalten. „Unsere Glaubwürdigkeit als Christen steht auf dem Spiel, wenn wir den Hilfe suchenden Frauen nicht helfen“, betonte Frau Eichenberg mit Nachdruck. Es gelte die Komfortzonen zu verlassen und mitzugehen. Dabei hätten sie oft genug die Erfahrung gemacht, dass sich in ausweglos erscheinenden Situationen Lösungen ergeben hätten, wo man nur bezeugen könne, dass die Gottesmutter mit ihrem Kind Jesus auf dem Arm hinzukam und mitging. Für sie sei das neue Jahresmotte eine Bestärkung auf dem Weg weiterzugehen und „aktiv am Reich der Liebe mit zu bauen“. Im Übrigen seien es die hilfesuchenden Frauen selbst und auch die neugeborenen Kinder, die mit ihrer Dankbarkeit ihr und den Mitarbeiterinnen Kraft für die manchmal aufreibende Arbeit gäben. Und außerdem sei da die Kraft aus dem Liebesbündnis mit der Gottesmutter, die als „Lichtzeichen“ dem Verein den Namen gegeben habe.

Pater Heinrich Walter, Mitglied in der Leitung der Gemeinschaft der Schönstatt-Patres und seit 12 Jahren im ökumenischen Netzwerk „Miteinander für Europa“ engagiert (Foto: Brehm)

Pater Heinrich Walter, Mitglied in der Leitung der Gemeinschaft der Schönstatt-Patres und seit 12 Jahren im ökumenischen Netzwerk „Miteinander für Europa“ engagiert (Foto: Brehm)

Begegnung mit anderen Charismen profiliert und vitalisiert das eigene Charisma

Pater Heinrich Walter, Mitglied in der Leitung der Gemeinschaft der Schönstatt-Patres und seit 12 Jahren im ökumenischen Netzwerk „Miteinander für Europa“ engagiert, vertrat in seinem Statement die These, dass sich in der Begegnung mit anderen Charismen das jeweils eigene Charisma einer Gemeinschaft profiliere und vitalisiere. Aus dem Hinzukommen und der Begegnung sei ein Prozess der Befreundung geworden, in dem er ein hohes Maß an Wertschätzung erlebt habe. Barrieren des Denkens, Vorurteile und Besserwisserei seien überwunden worden und eine echte Gemeinschaft sei entstanden. Dabei sei es nie um Gleichmacherei gegangen. Im Gegenteil habe dieser Prozess beigetragen, das eigene Profil zu schärfen. „Vom anderen wahrgenommen werden, das stärkt eigenes Profil“, so Pater Walter. Er habe z.B. von Protestanten gelernt, dass Schönstätter biblischer glauben als sie selber denken. „Ihr habt in Schönstatt die Heilige Schrift lokalisiert, das fasziniert uns“, habe einer gesagt, denn sie hätten hier einen Berg Tabor, ein Haus Nazareth, Berg Moriah und Sion gefunden. Auf dieser biblischen Grundlage sei es plötzlich leicht geworden, „unsere Erfahrung mit Maria verständlich zu machen“. Von anderen Bewegungen im eigenen Charisma bestätigt zu werden, das vitalisiere und wecke auf. Das Erlebnis von Anderen angenommen zu werden, belebe die Freude an dem, was einem selbst wichtig sei. Und zudem habe das Miteinander auch eine größere Präsenz in der Öffentlichkeit bewirkt. „Wir haben erfahren, dass diese Art der Zusammenarbeit die Kräfte verschiedener Bewegungen nicht einfach nur addiert, sondern eine nicht machbare Vitalität schenkt.“

Michaela Koch, Schulleiterin des Gymnasiums in Cochem (Foto: Brehm)

Michaela Koch, Schulleiterin des Gymnasiums in Cochem

Dem Herzen folgen und Erfahrungen trauen

Seit 2002 ist Michaela Koch, Schulleiterin des Gymnasiums in Cochem, bei den Projekttagen dabei. Eine Gemeinschaft von Menschen, die sich jährlich für eine Woche treffen und gegenseitig inspirieren. In einer Woche ohne Leistungsdruck, in Gemeinschaft und Selbstbestimmtheit, wo man nichts falsch machen kann, bringen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit Themen ein, die sie beschäftigen und die ihnen im Alltag wichtig sind. Die Projekttage seien eine Experimentierwerkstatt, wo neben einem Austausch über Fakten vor allem der Erfahrungsaustausch wichtig sei. Weil bei den Projekttagen jeder so genommen werde, wie er ist, erlebe sie hier Religion als Einheit von Leben und Spiritualität. Von der Pädagogik Pater Kentenichs habe sie vor allem aufgenommen: „Man darf der menschlichen Seele nichts verweigern, was sie wirklich braucht. Und Persönlichkeitsstärkung und Freiheit des Einzelnen stehen vor Hingabe und Selbstverleugnung.“ All das seien Themen, die sie gut auch in ihren beruflichen Alltag mitnehmen könne. Die Schwerpunktverlagerung sei vor allem dort festzumachen, wo es darum gehe, die eigenen Erfahrungen ernst zu nehmen und auch Zeitströmungen positiv aufzugreifen oder positiv zu wenden. Dazu gehöre auch das Bewusstsein, „Gott ist immer schon da, ich muss mir seine Nähe nicht erst verdienen“. Und es gehe darum, Menschen um sich herum zu stärken, die Verbundenheit mit anderen zu suchen und schließlich gemeinsam zu handeln. In ihrer beruflichen Arbeit in der Schule sei für sie deutlich geworden, dass in diesem modernen Europa der verschiedenen Kulturen die Religion weniger gebraucht werde, um deutlich zu machen, was richtig sei oder falsch und wer sich richtig verhalte oder falsch, sondern vor allem um Geborgenheit zu schenken.

Pfr. Kurt Faulhaber, Pastoral am Puls, Freiburg und Heidelberg (Foto: Brehm)

Pfr. Kurt Faulhaber, Pastoral am Puls, Freiburg und Heidelberg (Foto: Brehm)

Eine Pastoral mit dem Ohr am Herzen Gottes und mit der Hand am Puls der Zeit

„Das, was besteht, das, was Menschen bewegt, das, was unser eigenes Herz anregt, die Geschichte, die Gott mit uns gestaltet konkret zu sehen und festzuhalten“, das sei der Kernvorgang der „Pastoral am Puls“, wie Pfr. Kurt Faulhaber, Freiburg und Heidelberg, in seinem engagierten Statement erklärte. Das zentrale Instrument der „Pastoral am Puls“ sei die Schriftrolle. Pastorale Mitarbeiter, Gemeindereferenten, Pastoralreferenten und Priester, aber inzwischen auch Verantwortliche aus Pfarreienräten und Pfarrgemeinderäten könnten in den Jahreskursen der „Pastoral am Puls“ lernen, wichtige Erfahrungen, das was in der Gemeinde erlebt wird, positive und schmerzliche Erfahrungen festzuhalten, „am besten mit Datum und Ort, denn Gott ist immer konkret. Gott wirkt hier und Gott wirkt heute.“ In gewissen Abständen kommen die Jahreskursteilnehmer zusammen, um gemeinsam eine Schriftrolle auszuwerten. In der kollegialen Beratung helfen die anderen Zeichen herauszufinden und zu entdecken, wo Gott wirkt und wo Gott Türen aufmacht. „Denn dort, wo Gott eine Türe aufmacht, sollen wir durchgehen“, so Faulhaber. „Hier sollen eigene Aktivitäten beginnen.“ Über einen längeren Zeitraum hinweg sei es möglich, nicht nur Spuren Gottes, sondern Wege und Lebensprozesse zu entdecken. Durch die Schriftrolle sei es möglich abzulesen, was Gott mit dieser Gemeinde vorhabe. In einigen Gemeinden werde inzwischen damit begonnen, bei regelmäßigen Treffen mit dem Blick in die Schriftrolle zu beginnen. „Gott handelt hier und jetzt in ihrer Gemeinde und genau in diesen Verhältnissen, die augenblicklich in der Gemeinde vorherrschen. In dieser und keiner anderen Realität möchte Gott Leben in der Gemeinde entfalten“, diese Erfahrung, so Kurt Faulhaber lasse die Menschen aufhorchen.

Ein starker Nachmittag

„Ein ganz starker Nachmittag“, so ein Teilnehmer in der Pause nach dem Podium. „Es waren sehr profilierte Beiträge, die dazu anregen, im eigenen Umfeld danach zu schauen, ob sich auch solche ‚Schwerpunktverlagerungen‘ entwickeln, auf die man sich persönlich einlassen kann. Wie kann das Jahresmotto „Er kam hinzu und ging mit ihnen“ Leben werden? Die Antwort aus dem Podiumsgespräch weist darauf hin, dass ein möglicher Weg das konkrete sich Einlassen auf Menschen, Initiativen und Projekte ist.

Dem Podium vorausgegangen war eine meditative Rückschau auf die Besuche Pater Josef Kentenichs an einzelnen Schönstatt-Zentren in den Diözesen nach seiner Heimkehr aus dem Exil in Milwaukee. Dabei stellte sich vor allem die Frage nach den Nachwirkungen dieser Besuche, die heute noch spür- oder erlebbar sind. Beispielhaft genannt sei die Initiative in der Diözese Köln, das „Liebesbündnis mit dem Vatergott“, das Pater Kentenich am 30. Oktober 1966 geschlossen hat, mit dem „Projekt Gottvertrauen" zu verheutigen.


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