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30. April 2016 | Deutschland | 

Maiempfang: Integration – Herausforderungen, Erfahrungen, Perspektiven


Wissam Mawas, aus Damaskus, Syrien, gestaltet den Maiempfang mit (Foto: Brehm)

Wissam Mawas, aus Damaskus, Syrien, gestaltet den Maiempfang mit (Foto: Brehm)

Hbre. Als naheliegend und fast selbstverständlich bezeichnet es Pater Theo Breitinger, Vorsitzender des Landespräsidiums der Schönstatt-Bewegung Deutschland, dass sich der Maiempfang der Bewegung am 30. April 2016 im Priester- und Gästehaus Marienau dem Thema Integration widmet. In einer zweiten Phase der Migrations- und Fluchtbewegungen nach Mitteleuropa sei „die Integration derer, die in unserem Land und auf unserem Kontinent bleiben und hier eine neue Heimat finden wollen“ inzwischen zur zentralen Herausforderung geworden. Für die Schönstatt-Bewegung sei die „Kultur des Bundes“ oder mit einem Wort von Papst Franziskus ausgedrückt, die „Kultur der Begegnung“ ein Antwortversuch auf diese Herausforderung. Das Podiumsgespräch dieses Vormittages wolle sich daher unter dem Thema „Integration – Herausforderungen, Erfahrungen, Perspektiven“ der Frage nähern, wie Integration gelingen kann.

Podiumsgespräch zum Thema Integration (Foto: Brehm)

Podiumsgespräch zum Thema Integration (Foto: Brehm)

Bürgermeister Christoph Ewers, Burbach (Foto: Brehm)

Bürgermeister Christoph Ewers, Burbach (Foto: Brehm)

Integration kann nicht von oben verordnet und von oben organisiert werden

Bürgermeister Christoph Ewers, Burbach, stellt sein Statement unter die Überschrift "Integration gelingt über Begegnung" und macht deutlich, dass Integrationsbemühungen mit dem ersten Tag der Ankunft von Flüchtlingen beginnen müssen. Begleitung und Betreuung durch Ehrenamtliche würden genauso wie die Sicherung von Unterbringung und Verpflegung den Weg zu Integration eröffnen. „Niemand kann sich gegen den ersten Eindruck wehren.“ Die Integration einer großen Zahl von Flüchtlingen brauche allerdings ein hohes Maß an Dezentralität und Vernetzung, denn „Integration kann nicht von oben verordnet und von oben organisiert werden“, so Ewers. Deutschland sei wegen seiner subsidiär und föderal angelegten Strukturen gut aufgestellt auf diesem Weg Integration leisten zu können.

Landrat Dr. Alexander Saftig (Foto: Brehm)

Landrat Dr. Alexander Saftig (Foto: Brehm)

Gesellschaftlicher Konsens über das Ziel der Integration nötig

Für Landrat Dr. Alexander Saftig ist zunächst die Frage nach einem gesellschaftlichen Konsens über das Ziel der Integration wichtig. „Welche Werte sind es insgesamt, in die wir integrieren wollen?“ Selbst zentrale Artikel des Grundgesetzes wie z.B. § 6 zu Ehe und Familie würden wohl in einer Abstimmung heute so keine Mehrheit mehr finden. Mangelnder Integrationswilligkeit könne man nur durch eine klare Gesetzgebung begegnen, die festhalte, welche Integrationsschritte gefordert würden und nötig seien. Diese Diskussion werde aber in der Gesellschaft bisher viel zu wenig geführt.

Schwester Marié Munz, Schönstätter Marienschwester, Vallendar (Foto: Brehm)

Schwester Marié Munz, Schönstätter Marienschwester, Vallendar (Foto: Brehm)

Bei der Integration geht es um Begegnung

„Bei der Integration geht es um Begegnung, um personale Kompetenz und Präsenz“, sagt Schwester Marié Munz, Schönstätter Marienschwester, die seit Dezember 2014 ehrenamtlich in der Begleitung von Flüchtlingen tätig ist. Integration gehe nur „face to face“, im gegenseitigen Anteil nehmen und Anteil geben. Im Brücken bauen von Mensch zu Mensch könnten Beziehungen wachsen, durch die Werte assimiliert würden. Integration bedeute für sie, die Würde des anderen wahrzunehmen, den anderen WERTzuschätzen, sich vom Wertvollen des anderen beschenken zu lassen und mitzuhelfen, dass normales Leben möglich wird.

Joud Ahmarani, Vallendar, stammt aus Syrien (Foto: Brehm)

Joud Ahmarani, Vallendar, stammt aus Syrien (Foto: Brehm)

Hilfe und Begleitung durch wohlwollende Menschen

Der 23 jährige aus Aleppo in Syrien stammende Joud Ahmarani, der seit zweieinhalb Jahren in Deutschland lebt, bedauert, dass viele Flüchtlinge, die er kennt und z. T. auch ehrenamtlich unterstützt, „die Chance, Deutsch zu lernen und somit etwas Sinnvolles aus ihrem Leben zu machen“ zu wenig nützen. Er selbst spricht sehr gut Deutsch und fühlt sich mittlerweile sehr wohl, „vor allem, da ich seit diesem Jahr mein wegen der Situation in Syrien unterbrochenes Studium der Zahnmedizin in Mainz wiederaufnehmen durfte.“ Während seines Beitrages wird deutlich, wie sehr die Bereitschaft, die Sprache zu lernen, der Wille, sein Leben auch unter neuen Bedingungen selbst in die Hand zu nehmen und die Hilfe und Begleitung durch wohlwollende Menschen zu einer gelingenden Integration beitragen.

Pater Franz Widmaier, Wallfahrtsleiter in Vallendar-Schönstatt (Foto: Brehm)

Pater Franz Widmaier, Wallfahrtsleiter in Vallendar-Schönstatt (Foto: Brehm)

Integrationsschwierigkeiten

Pater Franz Widmaier, Wallfahrtsleiter in Vallendar-Schönstatt und durch Studium und Pilgerreisen langjähriger Kenner des Orients, weist auf die Integrationsschwierigkeiten hin, die sich aus dem Aufeinanderprallen von unterschiedlichsten Kulturen ergeben. „Die Flüchtlinge kommen aus anderen Kulturräumen und erleben unsere Freiheiten. Freiheiten, die sie zu Hause so nicht hatten.“ Auch die unterschiedlichen sozialen Umfelder, aus denen die Flüchtlinge kämen, erforderten verschiedene Wege der Integration. Und eine ganz eigene Frage sei das oft geforderte Miteinander von christlichen und muslimischen Flüchtlingen in den Flüchtlingsunterkünften. „Christen sind vor den Islamisten und dem islamistischen Terror geflohen. Sie sind bis ins Herz getroffen und sie können nicht mehr vertrauen. Wie sollen sie jetzt mit muslimischen Landsleuten umgehen?“ so Pater Widmaier.

Prof. Dr. Hubertus Brantzen, Mainz (Foto: Brehm)

Prof. Dr. Hubertus Brantzen, Mainz (Foto: Brehm)

Integration - ein gegenseitiger Prozess

Die schillernde Problematik der Integration wurde durch den Moderator des Podiumsgespräches, Prof. Dr. Hubertus Brantzen, Mainz, noch erweitert, als er zu bedenken gab, dass Integration ja ein gegenseitiger Prozess sei und Veränderungen und Anpassungen sowohl bei der aufnehmenden Gesellschaft wie auch bei denen, die integriert werden sollen, nötig machen. Die Diskussionsbeiträge machten deutlich, dass es in einer von Vielfalt geprägten Gesellschaft wegen des geringen Grundkonsenses darüber, was die Gesellschaft zusammenhält nicht einfach zu definieren sein wird, wohin der Zug der Integration fahren soll. Auf die Frage, ob deutsche Leute beten oder in der Bibel lesen, könne es keine allgemeingültige, sondern nur eine persönliche Antwort geben. Die aber sei auch in Glaubensfragen nötig, weil gerade auf dem christlichen Glauben aufbauende Werte die heutige deutsche Gesellschaft wesentlich mitgeprägt hätten.

Wilfried Röhrig, Carolin Ankenbauer und Amin Jan Sayed (Foto: Brehm)

Wilfried Röhrig, Carolin Ankenbauer und Amin Jan Sayed (Foto: Brehm)

Musikalische Gestaltung

Der Maiempfang der Schönstatt-Bewegung Deutschland, der seit 2009 zum sechsten Mal stattfand, wurde neben Wissam Mawas, aus Damaskus, Syrien, an der Oud (Kurzhalslaute) von Wilfried Röhrig, Carolin Ankenbauer und Amin Jan Sayed mit Liedern aus ihrem Konzertprogramm „Trag mich – Liebeslieder“ musikalisch mitgestaltet, die – wie Wilfried Röhrig am Ende des Programms ausdrücklich betonte – inhaltlich erstaunlich gut zum Thema Integration passen. Kein Wunder, sind doch Begegnung auf Augenhöhe, Achtsamkeit und Authentizität in der Beziehung, Respekt und Wertschätzung, sowohl in der partnerschaftlichen Beziehung, wie auch in der Begegnung, die Integration zum Ziel hat, von entscheidender Bedeutung. Zum Abschluss lud Hausrektor Egon M. Zillekens die Gäste zu weiteren Gesprächen und zur Begegnung bei einem Stehempfang ein.

Maiempfang der Schönstatt-Bewegung Deutschland im Priester- und Gästehaus Marienau, Vallendar-Schönstatt (Foto: Brehm)

Maiempfang der Schönstatt-Bewegung Deutschland im Priester- und Gästehaus Marienau, Vallendar-Schönstatt (Foto: Brehm)


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