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18. Oktober 2015 | Worte des Bewegungsleiters | 

Das Liebesbündnis als Weg und Hoffnung


Jubiläumsmotiv 2015 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: Kiess)

Jubiläumsmotiv 2015 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: Kiess)

Liebe Mitglieder und Freunde unserer Schönstatt-Bewegung!

Das Jahr „1“ im zweiten Jahrhundert der Schönstatt-Geschichte liegt nun hinter uns. Das 100. Jubiläum hat große Erwartungen geweckt, da wir uns so über die Maßen gesegnet erleben durften. Reich an Geschichte, eine weltweite Ausbreitung der Schönstatt-Bewegung, eine Vielzahl an Projekten und Initiativen, Gruppen, Gemeinschaften, eine Kampagne der Pilgernden Gottesmutter, die Millionen von Menschen erreicht … und dazu eine Feier, die uns spüren ließ: Die Gottesmutter ist bei uns. „In uns geh durch unsre Zeit, mach für Christus sie bereit!“ können wir aus ganzem Herzen beten.

Ein Umbruch in der Gesellschaft und Kirche

Wir sehen auf dieses vergangene Jahr und können Umbrüche und Wandel erkennen in der Welt, in der Kirche und in der Schönstatt-Bewegung. Die Bedrohung durch den Terror, speziell durch den IS, ist in der Welt größer geworden. Er macht nicht an den Grenzen halt. Eine Flüchtlingswelle hat sich aufgebaut. Neue Zäune werden errichtet. Aber die Menschen kommen. Zwischen Willkommenskultur, Hilfsbereitschaft und Anschlägen auf Flüchtlings-Unterkünfte bewegt sich die Stimmung in unserem Land. Ein Ende der Flüchtlingsströme ist nicht abzusehen. 40 bis 60 Millionen sind weltweit auf der Flucht. Wie viele Hunderttausend werden kommen? Können wir sie aufnehmen und integrieren? Jede Pfarrei und jede religiöse Gemeinschaft in Europa soll eine Flüchtlingsfamilie aufnehmen, erwartet Papst Franziskus. Es sind immense Herausforderungen mit Überforderungen und neuen Chancen für unser Land und für Europa, dessen Bevölkerung an sich zurückgeht. Vor einem Jahr hat damit noch niemand in dieser Dimension gerechnet.

Ehe und Familie

Das Bild von Ehe und Familie verändert sich, und wir erleben aktuell Diskussionen, welche Formen des Zusammenlebens als Ehe bezeichnet werden, welche Rechte damit verbunden sein könnten. Gleichzeitig ist die Frage um Ehe und Familie auch in der Kirche hochaktuell, und viele sind gespannt, was die Bischofssynode in Rom sagen wird. In unserem Land interessiert vor allem die Frage nach den Wiederverheiratet-Geschiedenen. Die Synode findet zeitgleich mit unseren Oktober-Tagen in Schönstatt statt. So sind wir in diesen Tagen mit unserem Gebet begleitend dabei. Was immer das Ergebnis der Beratungen in Rom sein wird, eines können wir vorweg schon sehen: Mit der Heiligsprechung eines Ehepaares – die französischen Eheleute Louis (1823-1894) und Zelie Martin (1831-1877), Eltern der heiligen Therese von Lisieux – am 18. Oktober stellt Papst Franziskus die christliche Ehe als Ideal neu vor Augen. In dieser Spannung steht die Frage nach Ehe und Familie: katholisches Eheideal und Umgang mit der oft gescheiterten Wirklichkeit. Auf der einen Seite ist die Gefahr eines moralischen Rigorismus, der Menschen in ihrer Seelennot von der Kirche entfremdet. Auf der anderen Seite stehen Relativismus und Beliebigkeit, was auf die Dauer zum Schaden für das Sakrament der Ehe werden kann. Der Beitrag Schönstatts wird immer der sein, das Ideal zum Leuchten zu bringen; das heißt, dieses attraktiv zu beschreiben und vorzuleben, sodass es in der Seele der Menschen als innerer Wert ankommen kann bzw. als immer schon anwesend erkannt wird. Sodann versuchen wir einen Weg aufzuzeigen, wie man diesem Ideal näher kommt. Als pädagogische Bewegung haben wir hier einen wesentlichen Beitrag zu leisten, der immer wieder in der Kirche wertschätzend wahrgenommen wird.

„Mit Maria dorthin, wo die Liebe fehlt!“

So haben wir die Oktober-Tage in diesem Jahr überschrieben. Das Wort stammt von einem Jugendlichen. Bei der Jahreskonferenz der Schönstatt-Mannesjugend antwortete er auf die Frage, was denn der Impuls von Papst Franziskus für uns bedeute, wir sollen „an die existenziellen Peripherien gehen“, folgendermaßen: „Das heißt für uns: dorthin gehen, wo die Liebe fehlt.“

In diesem Jahr „1“ nach dem großen Jubiläum können wir die Schönstatt-Geschichte neu lesen. Wir sind nicht allein eine Bewegung, wo man zur Gottesmutter hingeht. Sondern es ist die Gottesmutter, die sich auf den Weg zu den Menschen macht, bis an die Peripherien. Sie wollte im Heiligtum ein Haus für ihre Kinder haben. Sie hat dafür gesorgt, dass ihr Bild vor 100 Jahren in diese Kapelle kam. Sie ist am 18. Oktober 2014 in ihrem Bild in die Arena eingezogen. Sie will in unseren Familien sein. Sie geht als Pilgernde Mutter zu den Menschen. Die Schönstätter sind diejenigen, die mit Maria zu den Menschen gehen. Sie sagt es auf ihre Weise, wohin sie möchte und wie sie es möchte: im Bild, im Herzen, als praktische Hilfe… Ich glaube, es tut gut, in diesem Bewusstsein zu leben. Die Frage, wie es weitergeht mit der Kirche und mit Schönstatt, ist auch wichtig. Aber unsere Haupt-Aufmerksamkeit ist besser diese: Wohin möchtest du, Maria? Leise wird sie dahin und dorthin unseren Blick lenken, und wir werden die existenziellen Nöte, Bedürfnisse und Sehnsüchte im anderen erkennen. Ganz oft wird sie auch sagen: „Heute will ich einfach nur bei dir sein. Denn du bist gerade an deiner Grenze!“

Das Liebesbündnis als Weg und Hoffnung

Wenn wir unser Liebesbündnis an jedem 18. besonders für uns selbst erneuern und dankbar für diesen Schatz sind, dann sind wir auch befähigt, diesen Schatz weiterzugeben. In diesem Bewusstsein hat die internationale Pfingstkonferenz im Memorandum formuliert: „Erfüllt von missionarischem Geist bieten wir allen Menschen über alle Grenzen hinweg – bis an die Peripherien der Gesellschaft – das Liebesbündnis als Weg und Hoffnung an.“ Was wir als deutsche Schönstatt-Familie zu Beginn des Jubiläumsjahres gebetet haben, als wir das „Liebesbündnis für die Menschen in unserem Land“ geschlossen haben, gewinnt auf dem aktuellen Zeithintergrund an Tiefe: „Mit dir wollen wir dazu beitragen, dass alle Menschen Gottes bedingungsloses Ja erfahren. Gib uns den Blick für ihre Würde, ein Ohr für ihre Fragen und eine Sprache, die Brücken baut.“ Wir haben die Freude, im kommenden außerordentlichen Jahr der Barmherzigkeit, dass das Urheiligtum als „Pforte der Barmherzigkeit“ vonseiten der Kirche offiziell angenommen ist. Viele Menschen haben aufgrund ihrer Lebenssituation oder Lebensweise eine innere Schwelle der Scham und Selbstblockade, die sie davon abhält, einen Schritt auf Gott oder die Kirche zuzumachen: „Da passe ich nicht hin; das kann ich sowieso nicht leisten, was hier erwartet wird.“ Mögen im Heiligen Jahr der Barmherzigkeit unsere Pilgerwege zum Heiligtum doppelt gesegnet sein dadurch, dass viele Menschen das Angebot von Gottes Liebe und Erbarmen annehmen!

Schönstatt in Deutschland – Weg in die Zukunft

In Schönstatt sind wir dabei, die Weichen für die Zukunft neu zu stellen. Viele Entscheidungen werden getroffen. Neue Leitungen werden gewählt, Posten besetzt. Wir haben die frühere Oktoberwoche verändert und begehen das erste Mal die „Oktober-Tage“ mit einer offenen Einladung an die ganze Schönstatt-Familie und an Freunde, dabei zu sein. Eine Delegierten-Tagung im Frühjahr soll den Weg in die Zukunft bereiten, den wir gemeinsam gehen wollen. An unserem Gründungstag ist es auch angebracht, allen zu danken, die durch ihr Gebet, ihre Gedanken und Diskussionsbeiträge und ihr Engagement miteinander und für die Menschen diesen Weg in die Zukunft begleiten. Ihnen und Euch allen ein herzliches Vergelt’s Gott und viel Segen und Gnade im Liebesbündnis!

Ihr

            P. Lothar Herter

Schönstatt–Bewegung Deutschland


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