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20. Juli 2014 | Rund ums Urheiligtum | 

„… vor allem aber mein Herz“ - Requiem für Pater Günther M. Boll


Requiem für Pater Günther M. Boll (Foto: Brehm)

Requiem für Pater Günther M. Boll (Foto: Brehm)

Hbre. Mit dem Halbsatz aus der Gründungsurkunde „… vor allem aber mein Herz“, den Pater Günther M. Boll als Titel des einzigen von ihm veröffentlichten Buches gewählt habe, könne man das ganze Leben dieses Schönstatt-Paters umschreiben, sagte Pater Antonio Bracht in seiner Würdigung des Verstorbenen, der am 19. Juli 2014 auf dem Friedhof der Schönstatt-Patres auf Berg Sion zu seiner letzten Ruhestätte getragen wurde. In Vertretung des Generaloberen Pater Heinrich Walter sagte Pater Bracht, der Mitglied der Generalleitung der Gemeinschaft ist: „Die Beziehung Pater Bolls zu Pater Kentenich war die Beziehung eines Schülers zu einem ‚Meister des Lebens‘. Und in dieser Beziehung wurde er selbst auch zu einem Meister des Lebens.“ Die Schönstatt-Patres dankten Pater Günther, der sich für Schönstatt und für die Sendung Pater Kentenichs ganz zur Verfügung gestellt habe, mit seinem Wissen und Nichtwissen, mit seinem Können und Nichtkönnen, vor allem aber mit seinem Herzen.

Etwa 350 Personen versammelten sich zum Requem für Pater Boll in der Anbetungskirche, Berg Schönstatt (Foto: Brehm)

Etwa 350 Personen versammelten sich zum Requem für Pater Boll in der Anbetungskirche, Berg Schönstatt (Foto: Brehm)

Würdigung: Pater Antonio Bracht (Foto: Brehm)

Würdigung: Pater Antonio Bracht (Foto: Brehm)

Predigt: Pater Dr. Lothar Penners (Foto: Brehm)

Predigt: Pater Dr. Lothar Penners (Foto: Brehm)

Interpret des Vaters und Gründers

Pater Theo Breitinger, Provinzial der Sion-Provinz der Schönstatt-Patres, zu der Pater Günther Boll gehört, hatte zu Beginn des Requiems den Bruder und die Schwester des Verstorbenen und weitere Angehörige, die etwa 50 Mitbrüder und Priester am Altar sowie fast 300 Mitglieder aus der Schönstatt-Bewegung, Freunde und Weggefährten Pater Bolls herzlich begrüßt. Er dankte der Familie, der Pater Boll zeit seines Lebens eng verbunden geblieben sei, dankbar für das unschätzbare Startkapital einer menschlich und christlich intakten Familie. Einen Dank richtete er an den dreifaltigen Gott, der den Schönstatt-Patres und ganz Schönstatt Pater Boll geschenkt habe und er dankte der Gottesmutter, „dass sie ihn ein Leben lang geführt, im Liebesbündnis geformt“ habe. Und nicht zuletzt dankte er Pater Boll selbst. Er sei für viele durch sein Leben „zum Interpreten unseres Vaters und Gründers“ geworden, „der durch sein Leben und Wirken ein Beispiel für ein gelungenes Leben aus dem Liebesbündnis gegeben hat“.

Mitgründer, Erzieher und Geistträger

Die Bedeutung Pater Bolls für die Gemeinschaft der Schönstattpatres und die Gesamtheit der Schönstattfamilie scheine ihm fassbar in den Stichworten: Mitgründer; Erzieher und Geistträger, sagte Pater Dr. Lothar Penners, Leiter der Schönstatt-Bewegung Deutschland und Mitglied in der Leitung der Sion-Provinz in einer ausführlichen Würdigung des Lebens seines verstorbenen Mitbruders in der Predigt. Seine Mitgründerschaft berühre vor allem die Entstehungsphase der Gemeinschaft der Schönstatt-Patres. Boll sei fraglos der Exponent seiner Generation, der damals sogenannten „NG“ („Neue Gemeinschaft“). Als Erzieher habe Pater Boll vielen Menschen helfen dürfen und Mut gemacht, das Heiligkeitsideal der dreidimensionalen Frömmigkeit Schönstatts (Bundesspiritualität, Werkzeugsfrömmigkeit und Werktagsheiligkeit) zu leben und mit der Lebbarkeit hoher Ideale fertig zu werden.

Fürbitten: Ehepaar Maria und Dr. Ulrich Wolff (Foto: Brehm)

Fürbitten: Ehepaar Maria und Dr. Ulrich Wolff (Foto: Brehm)

Nachruf: Ehepaar Elisabeth und Bernhard Neiser (Foto: Brehm)

Nachruf: Ehepaar Elisabeth und Bernhard Neiser (Foto: Brehm)

Männer des Institutes der Schönstattfamilien geben Pater Boll das letzte Geleit (Foto: Brehm)

Männer des Institutes der Schönstattfamilien geben Pater Boll das letzte Geleit (Foto: Brehm)

Der Tod des „Geistträgers“ Pater Boll im Umkreis des Jubiläums „100 Jahre Schönstatt“ lasse die Frage aufkommen, „wie es um die Geistbewegtheit und Jugendlichkeit bei uns selbst und in der Familie steht“, sagte Penners. Geistträger sein meine nicht irgendetwas Gescheites, sondern Wachheit für die Prozesse des Lebens in natürlicher und übernatürlicher Hinsicht. „Pater Boll war und blieb der wache Geist für authentische Lebensvorgänge; er konnte über Engführungen hinaus denken und fühlen.“ – „Dass Menschen oft förmlich an seinen Lippen hingen, machte deutlich: Hier kam ‚Leben‘ zur Sprache, wurde Leben gedeutet, Leben ermöglicht und geformt.“ Nur Geistträger seien auch Zeugen, betonte Penners. "Das sind jene, in denen etwas so lebt, dass es in der Weitergabe in anderen Menschen zum Leben wird.“

Engagement für Familien

Pater Bolls großer „Geist“ sei mit Lebensnähe verbunden gewesen, das könnten viele Familien vor allem aus dem Institut der Schönstattfamilien bestätigen, für das Pater Boll in der letzten Phase seines Lebens sich als geistlicher Assistent engagieren durfte. Der „Polyglott“ Pater Boll sei ein wichtiges Bindeglied geworden im internationalen Raum des noch im Aufbau begriffenen Institutes. Auf dem Hintergrund seines Erfahrungsfeldes in der Patres-Gemeinschaft habe er sich um das Zustandekommen von Erzieherteams und eines Erzieherkompendiums bemüht. Klar sei ihm gewesen, wie wichtig die Familie als solche ist, besonders „für die Entfaltung der Bindungsfähigkeit des Menschen und das Wachstum anknüpfungsfähiger Gottesbilder. Die Familie ist Raum für die Menschwerdung des Menschen, das kleine Bethlehem, in welchem die Lebenskeime wachsen, für das, was wir im Umkreis des Jubiläums Bündniskultur im Großen nennen“, präzisierte Penners. Das der Sterbetag Pater Bolls mit dem Gründungstag des Institutes der Schönstattfamilien zusammen falle, sei „ein unübersehbares Zeichen für den Weg unserer Bewegung in der kommenden Zeit und in dieser Stunde der Kirche.“

Pater Michael Hagen steht der Beerdigungsfeier vor, die vor dem Sion-Heiligtum beginnt, das derzeit renoviert wird (Foto: Brehm)

Pater Michael Hagen steht der Beerdigungsfeier vor, die vor dem Sion-Heiligtum beginnt, das derzeit renoviert wird (Foto: Brehm)

Novizen der Schönstatt-Patres: Auf dem Weg zum Grab (Foto: Brehm)

Novizen der Schönstatt-Patres: Auf dem Weg zum Grab (Foto: Brehm)

Internationaler Radius

Der Todestag am Fest der Gottesmutter vom Berge Karmel weise aber auch hin auf den weltweiten Radius seines Wirkens. Wie wenige Schönstätter habe Pater Boll Kontakt zur weltweiten Bewegung gehabt und sei von vielen geschätzt worden. Bei aller Konzentration auf Schönstatt, seine Gemeinschaften und ihre Belange habe er immer auch noch Platz gehabt, z.B. für die Frage nach Bedeutung und Schicksal eines Nelson Mandelas, für die Theologien der Befreiung in Lateinamerika oder auch für literarische Autoren. Das Leben Pater Bolls weise gerade im Jubiläumsjahr darauf hin, dass die Bewegung neben Ursprungstreue, gut gestalteten Festtagen, Geduld im Miteinander der Gemeinschaften und manches andere mehr in diesem Zeitabschnitt vor allem eines brauche, nämlich Horizont. Penners: „‘Im Vater sein‘ heißt gewiss in der Gefolgschaft unseres Vater sein; aber es heißt nicht minder und von Zeit zu Zeit besonders: mit Christus und Pater Kentenich im ewigen Vatergott sein; in der Transzendenz der jenseitigen Führung, die weiter sieht über Epochen hinweg, dessen Vorsehung die Schönstattfamilie über das Jetzt hinaus in die Zukunft führen will.“

Geistige Weite und unkonventionelles Denken

Zum Abschluss des Requiems in der Anbetungskirche und bevor an diesem heißen Sommernachmittag unter strahlend-blauem Himmel der Leib des Verstorbenen auf Berg Sion, ganz in der Nähe des Sion-Heiligtums der Erde übergeben wurde, dankten Elisabeth und Bernhard Neiser, Generaloberenfamilie des Institutes der Schönstattfamilien für Pater Boll, der von 1998 bis 2006 als geistlicher Assistent in der Leitung der Gemeinschaft wesentlich mitgewirkt habe. Das Institut der Schönstattfamilien sei sozusagen sein jüngstes „Kind“ gewesen und im Sinne des biblisch bekannten „Benjamin-Effektes“ habe er dieses innig geliebt und sei an ihm mit ganzen Herzen gehangen.

(Foto: Defrancesco)

(Foto: Defrancesco)

In der Begegnungen mit Pater Boll und durch die gemeinsame Arbeit hätten sie mehr gelernt, als man durch Bücher lernen kann, hielt Ehepaar Neiser fest und präzisierte: „Mehr als einmal haben wir Situationen erlebt, in denen wir nicht wussten, welchen Weg wir einschlagen, welche Entscheidung wir treffen sollten. Dann hat P. Boll, mit wenigen Worten, die Frage in einen größeren Zusammenhang gestellt, Prinzipien verdeutlicht und erzählt, wie P. Kentenich diese in konkreten Situationen angepackt hat. Dabei waren es für uns nicht immer neue Gedanken oder Ansichten unseres Gründers. Es war oft vielmehr die Gewichtung oder eine Akzentverschiebung. Denn manchmal stehen sich zwei Prinzipien des Gründers auch konkurrierend gegenüber. Ohne die Hinweise von P. Boll hätten wir wahrscheinlich etliche ‚Ehrenrunden‘ gedreht, bis wir als Leitung den richtigen Weg gefunden hätten.“

Die Gemeinschaft danke Pater Boll für seine geistige Weite, seine Bereitschaft unkonventionell zu denken, das grenzenlose Vertrauen, das er ihnen entgegengebracht habe, für seine Natürlichkeit und für seinen jugendlichen Humor. „Wir danken Ihnen, dass Sie uns den Vater gezeigt haben, und als Sohn unseres Vaters uns zum Vater geworden sind.“

Am offenen Grab auf Berg Sion (Foto: Brehm)

Am offenen Grab auf Berg Sion (Foto: Brehm)

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