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1. Juni 2014 | Katholikentag | 

Podium: Was sind Ehe und Familie? Zu einem wachsenden Dissens in der Ökumene


Um Ehe und Familie ging es in verschiedenen Angeboten im Zentrum Ehe und Familie (Foto: Brehm)

Um Ehe und Familie ging es in verschiedenen Angeboten im "Zentrum Ehe und Familie" des Katholikentages in Regensburg (Foto: Brehm)

Elmar Busse. Am Nachmittag des verregneten Himmelfahrtstages kamen ca. 70 Interessierte zu dem Podiumsgespräch „Was sind Ehe und Familie? Zu einem wachsenden Dissens in der Ökumene“. In der Planungsphase des Katholikentagsprogramms wurde die im Juni 2013 erschienene „Orientierungshilfe des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland“ unter dem Titel „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit. Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken.“ heftig diskutiert. Auch innerhalb der evangelischen Kirche gab es sehr kontroverse Meinungen zu dem Orientierungspapier. So war es naheliegend, darüber ein ökumenisches Podiumsgespräch zu veranstalten.

Katholikentagspodium am 29. Mai im Herzogssaal, Regensburg

Der evangelische bayerische Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm und der Limburger Weihbischof Dr. Thomas Löhr sollten in kurzen Statements die Positionen der beiden Kirchen beschreiben. Eingeladen zum Podium waren außerdem die Pädagogin Claudia Beier aus Neuried, Siegbert Lehmpfuhl, der Leiter von Team.F, einer freikirchlichen Familieninitiative und „Importeur“ sowie Promotor der „Marriage Week“ von Großbritannien nach Deutschland, in deren Rahmen seit 2009 in Deutschland viele Veranstaltungen stattfinden, um den Wert der Ehe in der Gesellschaft zum Leuchten zu bringen, und Pater Elmar Busse, Familienseelsorger der Schönstatt-Bewegung.

Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm  (Foto: privat)

Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm  (Foto: privat)

Bundestreue Gottes auf zwischenmenschlicher Ebene erfahrbar machen

Landesbischof Bedford-Strohm betonte, dass er die EKD-Schrift in ihrer Intention, aber nicht in jeder einzelnen Formulierung verteidigen wolle (Er war bei der Verabschiedung des Papiers noch nicht Mitglied des Rates der EKD.) und dass für ihn der Begriff „Leitbild“ (bezogen auf die lebenslange Ehe eines Mannes mit einer Frau) keine Abwertung anderer Lebensformen beinhalte. Trotzdem müssten sich andere Lebensformen an der Ehe messen. Dass das deutsche Grundgesetz (Art 6) die Ehe besonders schützt und dass das kirchliche Werben für die Ehe zur Stabilisierung der Gesellschaft beitrage, war für ihn keine Frage. Er würde auch keine Partnerschaft extra segnen, bei der die Partner es unverbindlich „mal miteinander versuchen wollen“.

Die Ehe soll nach lutherischem Verständnis die bedingungslose und unwiderrufliche Annahme durch Gott und seine Bundestreue auf der zwischenmenschlichen Ebene erfahrbar werden lassen. Trotzdem gibt es das Scheitern; gerade für die Gescheiterten ist die Entdeckung der Barmherzigkeit Gottes so notwendig. Prof. Bedford-Strohm begrüßte auch die weltweite, von Papst Franziskus initiierte Umfrage über Ehe und Familie in der katholischen Kirche. – So interessant und lebendig seine Ausführungen waren – die Minuten liefen dahin. Am Ende war sein Beitrag doppelt so lang wie vereinbart.

Weihbischof Dr. Thomas Löhr  (Videoausschnitt: katholisch.de)

Weihbischof Dr. Thomas Löhr  (Videoausschnitt: katholisch.de)

Kirche Anwalt der Familien

Daraufhin brachte Weihbischof Dr. Löhr  seine Thesen im Telegrammstil zu Gehör. Er wies darauf hin, dass die Vorbereitung auf Ehe und Familie sowie eine begleitende Ehekatechese einen viel größeren Raum in der Seelsorge einnehmen sollte. „Da muss sich etwas ändern!“ Er wies auch darauf hin, wie sich die Kirche in Flüchtlings- und Asylbewerberfragen zum Anwalt der Familien mache, damit Familien nicht auseinandergerissen werden.

Elmar Busse (Foto: midili.eu)

Elmar Busse (Foto: midili.eu)

Sich mit dem häufigen Scheitern von Beziehungen nicht abfinden

Pater Elmar Busse betonte, dass wir uns nicht mit dem häufigen Scheitern von Beziehungen abfinden sollten. Er zog den Vergleich, dass Berufsgenossenschaften Arbeitsunfälle genauestens analysierten und die Arbeitsschutzbestimmungen entsprechend anpassten. So lerne man aus den Katastrophen. Einen ähnlichen Lernprozess – der ja durchaus als neue Bündniskultur in den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften entwickelt werden könnte – könne man zur Zeit in den Kirchen aber nicht beobachten.

Claudia Beier, Päd.M.A.(Foto: privat)

Claudia Beier, Päd.M.A.(Foto: privat)

Niederschwellige Angebote in Pfarreien

Claudia Beier von der Gemeinschaft Familien mit Christus sprach von niederschwelligen Angeboten in der Pfarrei, die Lust an Ehe machen und Interesse an Förderung im Wachstum der Ehebeziehung wecken. Die Teilnahme an auf Ehe und Familie spezialisierten Angeboten wie EPL und Familienteam bei der Diözese oder an Seminaren und Exerzitien, die Geistliche Gemeinschaften wie Familien mit Christus, Equipes Notre-Dame, Schönstatt-Familienbewegung u. a. anbieten, führe dazu, dass Ehepaare im Anschluss sagen "Warum haben wir uns damit nicht schon früher Gutes getan?" Bei all dem sei es das Ziel, stets dem Heil und der Heiligung der einzelnen Menschen und der Ehepaare zu dienen.

Sigbert Lehmpfuhl, Team F. (Foto: privat)

Sigbert Lehmpfuhl, Team F. (Foto: privat)

Präventionsgedanke in der Partnerschaft entwickeln

Siegbert Lehmpfuhl wies darauf hin, dass viele geistliche Bewegungen und Gemeinschaften sich des Präventionsgedankens in der Partnerschaft angenommen hätten und viele Modelle und Seminare für ehebegleitende Seelsorge entwickelt hätten und anbieten würden. Er träume davon, dass aus diesen Pilotprojekten durch die Unterstützung der beiden Volkskirchen flächendeckende Angebote werden könnten, die dann auch entsprechend beworben werden könnten.

Die Moderatorin, Frau Dr. Gabriele Rüttiger, fasste das Ergebnis des Podiumsgesprächs so zusammen: Der durch das Papier im Sommer 2013 aufgebrochene Dissens hat vieles von seiner Schärfe verloren. Die Positionen der Kirchen haben sich doch angenähert  – ganz im Sinne des Katholikentages „mit Christus Brücken bauen“. Sie wünschte den in der Familienseelsorge Engagierten weiterhin Gottes Segen.

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