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8. April 2014 | Deutschland | 

Kontrapunkt der Liebe gegen all den Hass und die Unmenschlichkeit der Welt


Tag der bayerischen Schönstatt-Bewegung in Dachau (Foto: Fischer)

Tag der bayerischen Schönstatt-Bewegung in Dachau (Foto: Fischer) P.Josef Kentenich (Foto: Archiv)

Martina Kraus/Hbre. Als Kontrapunkt der Liebe gegen all den Hass und die Unmenschlichkeit der Welt habe Pater Josef Kentenich vor 100 Jahren, am Beginn des Ersten Weltkrieges, die Schönstatt-Bewegung gegründet, so Bernhard Seidenath MdL am 6. April 2014 in der KZ-Gedenkstätte Dachau. In den über drei Jahren, die er als Häftling des Naziregimes im Konzentrationslager Dachau verbrachte, habe er, so Seidenath, seinen Mitgefangenen an diesem Ort Trost, Hoffnung und Liebe mitgegeben.

Weit über 400 Personen sind zu diesem Gedenktag in die KZ-Gedenkstätte Dachau gekommen (Foto: Kraus)

Weit über 400 Personen sind zu diesem Gedenktag in die KZ-Gedenkstätte Dachau gekommen (Foto: Kraus)

Bernhard Seidenath, MdL, Dachau, spricht ein Grußwort bei der zentralen Feier im großen Filmsaal der Gedenkstätter (Foto: Fischer)

Bernhard Seidenath, MdL, Dachau, spricht ein Grußwort bei der zentralen Feier im großen Filmsaal der Gedenkstätter (Foto: Fischer)

Pfarrer Thomas Römer, CVJM München (Foto: Fischer)

Pfarrer Thomas Römer, CVJM München (Foto: Fischer)

Zum Alternativprogramm gehörten u.a. Führungen in der Gedenkstätte (Foto: Kraus)

Zum Alternativprogramm gehörten u.a. Führungen in den Räumen der Gedenkstätte ... (Foto: Kraus)

... und im Freigelände (Foto: Kraus)

... und im Freigelände (Foto: Kraus)

Inmitten der menschen- und lebensfeindlichen Umgebung des Konzentrationslager, dessen Besuch ihm als Einwohner Dachaus jedes Mal immer noch unter die Haut gehe und dessen brutale Gräueltaten jedes menschliche Fassungsvermögen überstiegen, habe es Hoffnungsschimmer und kleine Wunder gegeben. Dazu zähle er auch das Wirken Pater Kentenichs an diesem Ort und seine Entlassung exakt an diesem 6. April vor 69 Jahren. Er danke der Schönstatt-Bewegung, dass sie dieses Innehalten und Gedenken an diesem Tag hier möglich gemacht habe, so Bernhard Seidenath.

Tag der bayerischen Schönstatt-Bewegung in der KZ-Gedenkstätte Dachau

Zusammen mit Vertretern aus Politik, Gesellschaft und Kirche darunter Pfarrer Thomas Römer, CVJM München, hatten sich über 400 Mitglieder und Freunde der Schönstatt-Bewegung in der KZ-Gedenkstätte eingefunden, um an diesem für ihre Geschichte bedeutsamen Ort 100 Jahre Schönstatt zu begehen. ThomasRömer, der zusammen mit seiner Frau gern der Einladung der Schönstatt-Bewegung gefolgt war, erinnerte bei der zentralen Feier im großen Filmsaal der Gedächtnisstätte daran, dass Pater Kentenichs Begegnung mit verheirateten evangelischen Pfarrern im KZ Dachau einer der Impulse für die Gründung der Familienbewegung gewesen sei.  Im „Miteinander für Europa“ habe er Pater Josef Kentenich persönlich schätzen gelernt, so Römer, vor allem sein organisches Weltbild, das mechanistischen Fehlentwicklungen gerade im europäischen Denken gegensteuere und anrege,  wachstümlich zu denken und zu leben. Heute dürften wir ernten, was an diesem Ort in unsäglicher Not gesät worden sei, und spürten, wie sich bewähre, was Kentenich hier vor fast 70 Jahren gesagt,  getan und gegründet habe. (1)

Pfr. Wolfgang Fischer, Seniorenseelsorger im Bistum München,  sprach bei der Veranstaltung über die Bewältigung von Leid, für die das Beispiel Pater Kentenichs in Dachau stehe.

Originalität kontra Einheitskultur

Josef Kentenich habe während seiner Haftzeit im KZ Dachau in der „seelischen Immunisierung“ seiner Mithäftlinge gegen die vielfältigen Entwürdigungs- und Verdemütigungs-Torturen der SS die seelsorgliche Herausforderung für sich gesehen. Das stellte Pater Elmar Busse, Leiter des Schönstatt-Zentrums in München, in seiner Predigt heraus. „Das Mittel, das ihm dabei half, war die Pflege des Bewusstseins der Gottebenbildlichkeit des Menschen.“

Das Gott-Vater-Symbol und Infotafeln über Schönstatt in einem der Ausstellungsräume (Foto: Fischer)

Das Gott-Vater-Symbol und Infotafeln über Schönstatt in einem der Ausstellungsräume (Foto: Fischer)

Pater Elmar Busse bei der Predigt in der Kirche des Karmelklosters auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte (Foto: Fischer)

Pater Elmar Busse bei der Predigt in der Kirche des Karmelklosters auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte (Foto: Fischer)

Gottesdienst in der Karmelkirche (Foto: Fischer)

Gottesdienst in der Karmelkirche (Foto: Fischer)

Konzelebration (Foto: Fischer)

Konzelebration (Foto: Fischer)

Wie alle Diktaturen habe auch der Nationalsozialismus versucht, selbständiges Denken und die Pflege eines ausgeprägten Selbstwertgefühles durch den Raub der Würde, durch angstmachende Demütigung und durch gleichmachende Entpersönlichung zu verhindern. Der Mensch sei vom Schöpfergott aber als originelle Persönlichkeit und nicht als Schablone gedacht. Das lasse sich heute an zwei gegenläufigen Trends beobachten: Einerseits der Trend zur Einheitskultur mit denselben weltweit vermarkteten Massenprodukten, was die Globalisierung und die Automatisierung ermögliche. Andererseits wachse die Sehnsucht des einzelnen Menschen, nicht in der Masse unterzugehen und den vielfältigen Dingen des alltäglichen Gebrauchs deshalb einen persönlichen Stempel aufzudrücken. Busse: „Zum Glück leben wir in Freiheit und die grausame KZ-Wirklichkeit gehört – zumindest in unseren Breiten - der Vergangenheit an; und doch leben wir in Verhältnissen, die die Selbstverwirklichung und die Entfaltung der Persönlichkeit nicht automatisch gelingen lassen.“ Deshalb sei das, was der Häftling Kentenich für Extremsituationen als hilfreich entdeckt und vermittelt habe, auch für Menschen heute, die in weniger extremen Situationen leben, hilfreich: „Entdecke und entwickle deine gottgewollte Originalität! Und: Lass dir von niemandem Deine Würde und dein Selbstwertgefühl zerstören oder rauben!“, motiviert Busse die Teilnehmer im Gottesdienst in der Karmelkirche der KZ-Gedenkstätte zu.

Mensch bist du wertvoll

Das Motto des Tages: „Mensch bist du wertvoll“ fasse diese Botschaft zusammen, als Mahnung und Aufruf, sich persönlich einzusetzen für die Würde jedes Menschen. Das Gott-Vater-Symbol, das während des Tages in einem der Gedenkräume aufgestellt und dann auch in der Karmelkirche präsent war, stehe für den Glauben an einen Gott, der jedem Menschen eine nicht wegzurationalisierende und wegzudiskutierende Würde schenke.

Das Symbol, das Pater Josef Kentenich im Jahr 1967 der Schönstattfamilie geschenkt hatte und das seit knapp fünf Jahren auf allen Kontinenten unterwegs ist, stehe für eine Realität: Gott hat die Hölle von Dachau betreten. Er sei dort gewesen in Menschen, die inmitten dieser Hölle der Rechtlosigkeit, Ehrlosigkeit, Wehrlosigkeit anderen Menschen zu essen gaben, Impfstoff besorgten, zuhörten, Mut machten, sie vor dem Zugriff der Wachen versteckten, mit Erzählungen vom Hunger ablenkten, Aufgaben und Hoffnung für jetzt und für danach gaben und manchmal sogar ein Lächeln oder ein herzhaftes Lachen hervorriefen und zeigten: Es gibt eine menschliche Würde in Lumpen und unter Schlägen, eine Würde, die niemand nehmen kann.

Auch wenn Pater Kentenich noch nicht offiziell selig gesprochen sei, so Busse, so glaube er doch, „dass er bei Gott ist und dass er seinen Himmel unter anderem damit verbringt, für uns, die wir uns an ihn wenden, bei Gott Fürbitte einzulegen.“ Dieser Vorgang habe sich bemerkenswerterweise bei der Reise des Gott-Vater-Symbols durch die Welt auch an dieses Symbol gekoppelt, so deutete Busse ein interessantes Phänomen. So sei für viele Menschen „dieses Symbol auch zum Symbol für die Solidarität des Gründers mit seiner Gründung geworden. Pater Kentenich legt bei Gott Fürbitte ein für uns, für unsere Erlösung für unsere Heilung, für unsere Befreiung, für unsere Beziehungsfähigkeit. Wie Gott ihn im Laufe seines Lebens aus seinen Unerlöstheiten herausgeführt hat und ihn zum lebendigen Beweis für die Erlöserliebe hat werden lassen, so möchte er auch uns Hilfestellungen geben, damit wir in erleuchteter Weise mit der erlösenden Gnade Gottes zusammenwirken können.“

Mehr Informationen

(1) Abschnitt entommen aus www.schoenstatt.org

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