Nachrichten

11. September 2012 | Europawallfahrt | 

Der Zukunft Europas ein Gesicht geben


Einzug der Europafahne bei der Europawallfahrt (Foto: Brehm)

Einzug der Europafahne bei der Europawallfahrt (Foto: Brehm)

smm. „Als die Europa-Fahnen durch die Menschenmenge in die Kirche einzogen, habe ich erstmals in meinem Leben ein Europa-Gefühl entwickelt“, erklärt ein Teilnehmer der Europa-Wallfahrt zum Urheiligtum in Schönstatt/Vallendar. Die vielen Pilgerinnen und Pilger kamen aus England und Schottland, Luxemburg, Österreich, Ungarn und Rumänien, Deutschland, Schweiz, Liechtenstein und Italien, Polen und Kroatien, der Tschechischen Republik, der Slowakei und Slowenien, Spanien und Portugal, Russland und Weißrussland und einige Gäste sogar aus Japan.

Die internationalität der Wallfahrt kam durch die Fahnen, aber vor allem auch durch Gebete und Lieder in verschiedensten Sprachen zum Ausdruck (Foto: Brehm)

Die Internationalität der Wallfahrt kam durch die Fahnen, aber vor allem auch durch Gebete und Lieder in verschiedensten Sprachen zum Ausdruck (Foto: Brehm)

Junge und alte Menschen, verschiedene Lebensentwürfe und Kulturen erlebten sich geeint in einer großen Idee, der Zukunft Europas ein Gesicht zu geben. „Heute habe ich internationale Kirche auf europäisch erlebt.“ - „Für mich war es etwas Besonderes, dass wir uns als Kontinent getroffen haben.“ - So bringen es einige zum Ausdruck.

Die Bilder, die der Leiter der italienischen Schönstattbewegung, Pater Ludovico Tedeschi, in seiner Predigt beim abschließenden Aussendungsgottesdienst am Sonntag zeichnet, greifen auf, was für viele zum Erlebnis wurde.

Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)

Europa, das bin ich

Symbolisch stehe dafür die Huldigung der Fahnen: „Die Gottesmutter kam (im Zeichen des großen Pilgerbildes für Europa) in unsere Mitte und wurde von den Vertretern der 18 anwesenden Länder begrüßt ... Demütig neigten sich die Landesfahnen und huldigten ihr. Wer ist Europa? Europa, das bin ich! In derselben demütigen Haltung, wie es die Verneigung der Fahnen deutlich machte, kommen wir zu Gott. Wie ein Kind zu Vater und Mutter läuft, wenn es Hilfe braucht, so gehen wir zum Kreuz des Herrn, um von ihm das Heil zu empfangen. Europa ist zu stolz geworden. In der schwierigen Phase unseres Kontinents brauchen wir diese kindliche Demut. Wir brauchen Gott! Wir können es nicht aus eigener Kraft machen.“  so Pater Ludoviko in der Predigt.

Ein neues Europa in kindlich-demütiger Haltung vor Gott. Das Verneigen der Nationalfahnen vor dem Bild von Jesus und Maria, war eine der vielen anrührenden Gesten, die alle mit dem Herzen ohne viele Worte verstehen konnten. Europa, verneige dich vor Gott, der in Jesus Christus durch Maria Mensch geworden ist. Lerne wieder auf Christus zu hören, mit Ihm zu sprechen und Gottes Willen zu tun – wie Maria. Das hoch erhobene Evangelienbuch machte aufmerksam: Hier ist der Wegweiser für eine gute Zukunft unseres Kontinents. Europa, das ist keine abstrakte Größe. Europa, das bist du, das bin ich!

Ein neues Europa durch glaubensstarke Christen. Authentisch und froh wirken die Menschen, die zur Europawallfahrt gekommen sind. In ihren Gesichtern, ihrem Beten und Feiern spiegeln sich Freude und Kraft, die aus dem Glauben an Jesus Christus kommen und aus der Verbundenheit mit Maria, die er am Kreuz allen Menschen zur Mutter gegeben hat. Es ist ein Glaube, der auch das Ja zum Kreuz nicht ausschließt. Für manche Teilnehmer wird das zur existentiellen Erfahrung: Eine Frau aus der spanischen Delegation erfährt wenige Stunden nach der Ankunft in Schönstatt, dass ihr Mann plötzlich verstorben ist. Er hat sie in Madrid noch zum Flughafen gebracht. - Am Morgen des Festes muss ein Ehepaar absagen, das sich im Projekt-Chor einbringen wollte, weil die Frau sofort ins Krankenhaus eingewiesen und operiert werden musste. Eine Frau mittleren Alters schiebt den Rollstuhl ihres querschnittsgelähmten Mannes, der sich nicht äußern kann, aber mit strahlenden Augen das Bild der Pilgernden Gottesmutter auf seinem Schoß hält.

Tausende Briefe mit kostbaren Gaben. In der Schule der Gottesmutter wird Glaube belastbar und stark. Zeichen dafür sind auch die vielen Briefe, in denen Menschen aufgeschrieben haben: Wofür möchte ich danken? Wo und wie möchte ich Licht sein für andere – in meiner Familie, am Arbeitsplatz usw. Das frohe Ja zum Willen Gottes, die Bereitschaft zum Engagement für andere, alles wird zum kostbaren Geschenk an die Muttergottes, zusammengefasst im Zeichen der Krone, die sie erhalten wird.

Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)

Europa sind wir

Symbolisch anknüpfend am gemeinsamen Pilgerweg zum Urheiligtum zeichnet Pater Ludoviko in seiner Predigt ein zweites Bild: „Wir sind zusammen zum Urheiligtum gepilgert. Das Kreuz, die Königin im Zeichen des großen Pilgerheiligtums, die Fahnen, das Bild Pater Kentenichs und João Pozzobons waren vor uns. Wir waren hinter ihnen. Der Herr und seine Mutter gehen voraus. Wir folgen ihnen. Europa, das sind wir. Jeder von uns. … Russland, Kroatien, Italien ... zusammen sind wir Europa. Wir haben gelernt, zusammen zu gehen. Nun werden wir ausgesendet. Wir werden zusammen weitergehen, die Gottesmutter in unserer Mitte, den Herrn vor uns und wir alle zusammen hinter ihnen. Jeder in seiner Originalität. Wir werden gemeinsam die Schwierigkeiten lösen, jeder in seiner Art – in der Kraft der Liebe. Die Liebe ist die erste Bekehrung, die wir für eine neue Evangelisierung Europas brauchen. Die Gottesmutter sagt uns: Europa braucht Gott und ich brauche dich, zusammen mit den anderen Ländern. Das ist die Kultur des Liebesbündnisses.“

Europas Muttersprache. Der gemeinsame Glaube schafft geschwisterliche Verbundenheit über Sprachen und Kulturen hinweg und hebt einen Stabilitätsfaktor im labilen politischen und wirtschaftlichen Gefüge Europas ins Licht, der nicht zu unterschätzen ist. Goethe bringt es so ins Wort: „Europa ist auf der Pilgerschaft geboren, und das Christentum ist seine Muttersprache.“ Die Muttersprache verbindet und weckt Sympathie des Herzens. Als die vielen Menschen am Nachmittag auf der Wiese um das Urheiligtum versammelt sind, läuft eine Frau aus der spanischen Delegation zu einer Gruppe polnischer Pilger. Sie klopft einer polnischen Pilgerin auf die Schulter, zeigt auf ihr spanisches Schönstatttuch – blauer Grund mit dem Logo der Europawallfahrt und umsäumt mit einem Band in den spanischen Nationalfarben -, dann tippt sie auf das Schönstatttuch der Polin – mit dem Logo der Schönstattbewegung und einem Aufdruck der polnischen Flagge. Beide lächeln und tauschen ihre Tücher aus, alles ohne Worte und in herzlicher Verbundenheit. „Ich habe noch nie so viele glückliche Menschen auf einem Platz gesehen“, kommentiert am Ende des Tages ein Priester aus einer anderen geistlichen Bewegung sein Erlebnis.

Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)Europawallfahrt nach Schönstatt (Foto: Brehm)

Das Herz Europas ist die Gottesmutter

Ein drittes Bild deutet Pater Ludoviko in der Aussendungspredigt und knüpft dabei an am Symbol der Krönung der Gottesmutter durch Erzbischof Fisichella. „Er kam zu uns aus Rom und brachte uns Grüße vom Hl. Vater. Ein Vertreter der Kirche krönte die Gottesmutter - die Kirche krönt die Gottesmutter. Die Kirche krönt! Fragen wir uns: Wer ist der Kopf von Europa? - Die Regierungen. Die Präsidenten und ersten Minister. Sie sind die Autoritäten … (Sie haben Entscheidungs- und Leitungsvollmacht). Kann ein Mensch einen Kopf haben ohne Herz? Ein Mensch braucht Kopf und Herz. Das Herz Europas ist das Christentum. Das Christentum ist die Seele Europas. Wenn die Kirche die Gottesmutter krönt, wenn ein Vertreter der Kirche die Gottesmutter krönt, dann macht das deutlich: Europa hat ein Herz! Das Christentum ist das Herz Europas. Die Gottesmutter ist die Mutter und das Herz der Kirche. Sie ist Abbild und Vollbild der Kirche, die erste Gläubige, die Mutter der Kirche. Sie ist das Herz Europas“ so Pater Ludovico in seiner Predigt weiter.

Maria - „Unsere liebe Frau“ von Europa. Die Verehrung Marias ist tief in der europäischen Kultur verwurzelt. Über den ganzen Kontinent finden sich unzählige marianische Wallfahrtsorte. In allen europäischen Sprachen nennt man sie mit zärtlichen Worten: Unsere liebe Frau, Madonna, Notre Dame, Our Lady. Maria gehört zu Europa, das dokumentiert auch die Flagge Europas. Gewollt oder ungewollt ist der Sternenkranz auf blauem Grund eine Marienfahne. Ein „großes Zeichen erschien am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt“, heißt es in der Offenbarung des Johannes. Sie wird verfolgt, wie es das Bild vom „Drache, groß und feuerrot“ ausdrückt. „Sein Schwanz fegte ein Drittel der Sterne vom Himmel und warf sie auf die Erde herab (Offb. 12,1 ff).

Kardinal Walter Kasper greift in einer Ausführung zu Europa dieses Bild auf: Ist der Sternenkranz ins Wanken gekommen? „Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat tiefere Wurzeln in einer Krise der Werte und der Religion. Manche sprechen von einer Gotteskrise. Es ist, als ob der große feuerrote Drache, von dem die Lesung spricht, wieder da ist um all die Sterne hinwegzufegen, die Marias Haupt schmücken; es ist als ob der Drache sie auch heute auf die Erde herabfegt. Dieser Drache ist der Inbegriff der Maßlosigkeit, der Eitelkeit, des Aufgeblasenen und des Hochmütigen. Er will nichts über sich anerkennen. So haben wir uns heute selbst zu Göttern gemacht. Wir wollen selber bestimmen, was gut und böse ist“ (Kardinal Walter Kasper).

Verbündet mit der Königin Maria – für einen neuen Anfang in Europa. Die Übergabe einer Krone an Maria, die im Zeichen des großen Pilgerheiligtums drei Jahre lang die Menschen in vielen Ländern Europas besucht und im Glauben gestärkt hat, bildet den Höhepunkt der Europawallfahrt. Die Atmosphäre verdichtet sich, als drei Ehepaare in einfachen Worten die Krone anbieten und Erzbischof Rino Fisichella das kirchliche Krönungsgebet spricht. Die Stille, die während der Anbringung der Krone herrscht, spricht für sich. Es wird spürbar, dies ist kein gefühlsstarkes Ritual, sondern ausdrucksstarkes Symbol für die bewusste Weggemeinschaft mit Maria im Liebesbündnis, um dem Evangelium neue Leuchtkraft zu verleihen im eigenen Leben und dadurch auch in der Gesellschaft. „Es war keine Massensuggestion, sondern die persönliche religiöse Erfahrung vieler, die sich hier zu einem Fest des Glaubens verbunden hat“, so fasst jemand im Rückblick die Erfahrung zusammen.

Zwölf Sterne steigen auf

Bei der Abschlussfeier am Urheiligtum lassen Kinder zwölf überdimensionale Luftballon-Sterne zum strahlend blauen Himmel aufsteigen. Zwölf Sterne stehen für zwölf konkrete Einsatzfelder: Der Einsatz für das Jahr des Glaubens, das Papst Benedikt XVI. am 11. Oktober 2012 ausrufen wird. Das Festmachen in der Hoffnung, dass in den Krisen der Zeit auch die Chance eines neuen Anfangs liegt. Die Investition in gelebte Liebe und Treue, die im Lebensraum Familie am intensivsten erfahren und angefochten wird, usw.

Der monatliche Besuch der Pilgernden Gottesmutter im Zeichen des Pilgerheiligtums, der die meisten der anwesenden Pilger untereinander und mit dem Urheiligtum verbindet, ist der geheime Motor, um mitten im Alltagsgetriebe am Ball zu bleiben, und sich für ein im Geist des Evangeliums erneuertes Europa einzusetzen.

Die Schlussworte Pater Ludovicos sind ermutigend: „Auf dem Weg zum Jubiläum 2014 möchten wir in Schönstatt zusammen mit allen, zusammen mit Europa – die Gottesmutter als das Herz Europas verkünden. Sie sagt uns: Habt keine Angst! Habt Mut. Ich bin eine Königin. Ich habe Macht. Ich brauche Euch. Die Kirche braucht euch. In großer Demut sagen wir: Gott braucht uns. In der zweiten Lesung (Jak 2,1-5) haben wir gehört: Gott hat die Armen erwählt - uns alle, um große Taten zu tun. Dessen war sich Pater Kentenich bewusst. Dessen war sich der arme Diakon Pozzobon bewusst. Aus dieser Erfahrung haben sie gelebt und gewirkt. Auf dem Grab unseres Vaters und Gründers steht: Dilexit Ecclesiam. Diakon Pozzobon hat dies auch gelebt. Nun möchten wir, dass die Königin uns aussendet. Wir weihen uns ihr, dass sie mit uns geht, um der Kirche zu dienen, um Europa wieder das eigene Herz zu schenken. Amen.“

  • Wer sich im Nachhinein noch ein wenig in die Feiern vertiefen möchte, findet sie im Downloadbereich unter www.pilgerheiligtum.de

Top