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25. Juni 2019 | Rund ums Urheiligtum | 

Spannende Biographien, die bis heute inspirieren; “Pallottinerpatres beim Aufbau der Schönstattbewegung“


Dr. Alicja Kostka dankt Prof. Pater Dr. Joachim Schmiedl ISch für seine Beiträge zu Ferdinand Kastner und Alexander Menningen (Foto: privat)

Dr. Alicja Kostka dankt beim Studientag des Pallotti-Instituts Prof. Pater Dr. Joachim Schmiedl ISch für seine Beiträge zu Ferdinand Kastner und Alexander Menningen (Foto: privat)

Renate Perk, Alicja Kostka. Das Thema des Studientages des Pallotti-Instituts zog am 11. Mai zahlreiche Interessenten in den Franz-Reinisch Saal der Philosophisch-Theologischen Hochschule. Sechs Referenten haben an diesem Tag herausragende Gestalten der Pallottinerpatres dargestellt, die beim Aufbruch der Apostolischen Bewegung in Schönstatt, Vallendar mitgeholfen haben.

Ferdinand Kastner (Foto: Archivfoto)

Ferdinand Kastner (Foto: Archivfoto)

Pater Ferdinand Kastner (1895 - 1962)

Nach der Begrüßung der Teilnehmer durch den Leiter des Pallotti-Instituts, Pater Ulrich Scherer SAC, stellte Prof. Dr. Joachim Schmiedl ISch, Vallendar, Ferdinand Kastner vor (1895 - 1962). Er hat den Aufbruch Schönstatts als Schüler erlebt. Als erster verwendete er den Ausdruck: Gründungsurkunde. Ihm sind die Herausgabe der Quellen und Kommentierungen aus der Gründungszeit Schönstatts zu verdanken, z.B.: „Unter dem Schutze Mariens“ (Paderborn 1939). Das Thema seiner Promotion 1928 in Bonn war: Der Lebenswert der Gotteskindschaft mit besonderer Berücksichtigung der Theologie J. Scheebens. Kastner gehörte mit zu den wichtigen Mitarbeitern Pater Kentenichs, besonders in der Priester- und Theologenbewegung. In der Zeit des Exils des Gründers war er 1951-1955 Bewegungsleiter. In seinen letzten Lebensjahren lernte Kastner mit Pater Lombardi die „Bewegung für eine bessere Welt“ kennen und hat dort mitgearbeitet.

Alexander Menningen (Foto: Archivfoto)

Alexander Menningen (Foto: Archivfoto)

Pater Alexander Menningen (1900 -1994)

Ebenfalls von Prof. Schmiedl wurde mit Pater Alexander Menningen (1900 -1994) ein weiteres Gründungsmitglied Schönstatts vorgestellt. Menningen wurde in Hillscheid in unmittelbarer Nähe Schönstatts geboren. Auch er erlebte seit 1913 den Aufbruch in Schönstatt als Schüler des Studienheims. Als promovierter Theologe engagierte er sich in der Jugendarbeit und ist später Mitglied der „Artusrunde“ im Bundesheim, wo er zu den engsten Beratern Pater Kentenichs gehört. Aus nächster Nähe erlebte er das Ringen Josef Kentenichs um den Entschluss, ins KZ zu gehen, wie auch fast 10 Jahre später seinen Weg ins Exil. In beiden Fällen hatte er an dem Schicksal des Gründers teilgenommen. So konnte er z.B. – von der Gestapo verfolgt – nicht unter eigenem Namen veröffentlichen; 1954 wurde er im Zuge der Auseinandersetzung um Schönstatt – ähnlich wie der Gründer – seiner Ämter, die er innerhalb der Bewegung innehatte, enthoben. Sein Wirkungsbereich waren vor allem Männerexerzitien, pastorale Werkwochen, Begleitung der Gemeinschaft der Marienbrüder. Er war auch als akademischer Lehrer an der heutigen PTHV tätig. Nach der Gründung der Schönstattpatres im Prozess der Trennung der beiden Werke 1964 ist er in diese Gemeinschaft übergetreten.

Prof. Dr. Paul Rheinbay SAC sprach über seinen Mitbruder Heinrich Schulte (Foto: Archivfoto)

Prof. Dr. Paul Rheinbay SAC sprach über seinen Mitbruder Heinrich Schulte (Foto: Archivfoto)

Pater Heinrich Schulte (1901-1980)

Das dritte Gründungsmitglied, Heinrich Schulte (1901-1980), wurde von Prof. Dr. Paul Rheinbay SAC vorgestellt. Schulte nahm 1919 an der Hörde-Tagung des Apostolischen Bundes teil, welche zum Durchbruch Schönstatts jenseits des Studienheimes in Vallendar beitrug. Der promovierte Theologe verfasste 1932 u.a. eine Josef Engling-Biografie „Omnibus Omnia“ (Limburg 1932). Ihn beschäftigte vor allem die Frage, welchen Platz die Schönstattbewegung innerhalb der Gesellschaft der Pallottiner einnimmt. Ein äußerer Anlass dazu waren für ihn als Novizenmeister die ersten Berufungen, die ab 1932 über Schönstatt zu den Pallottinern gelangten. Er hat das Apostolische Werk in Schönstatt im Lichte der Idee Vinzenz Pallottis vom umfassenden Apostolat gesehen und als solches unterstützt.

Heinrich Schulte (Foto: Archivfoto)

Heinrich Schulte (Foto: Archivfoto)

Auch er war 1943 – 1945 als Häftling in Dachau, wo er u.a. die Vorträge der sogenannten III. Gründungsurkunde Schönstatts miterlebte, in denen Pater Kentenich auch auf die Verbindungen zwischen Schönstatt und den Pallottinern (Stichwort: „Vermählung“ Schönstatts mit der Gesellschaft der Pallottiner) einging (Die Gründungsurkunden, Vallendar-Schönstatt 1967, 65-87). Dieses Miteinander wurde vom Provinz- und Generalkapitel der Pallottiner 1947 bestätigt und auf einen Plan ausgerichtet, gemeinsam zu arbeiten und in die Zukunft zu gehen. Prof. Rheinbay schlüsselte in der Folge den Zuhörern die Denkweise Heinrich Schultes auf, die folglich zu seiner Distanzierung von Josef Kentenich führte. Hier stieß er sich vor allem an der Weise, wie Pater Kentenich den kritischen Brief an die deutschen Bischöfe verfasst hat (so genannte Epistola perlonga); diese freimütige Art der Kommunikation mit dem Episkopat konnte H. Schulte nicht mehr nachvollziehen. In der folgenden Zeit der Auseinandersetzung um Schönstatt musste er für sich erkennen, dass er getäuscht worden sei und ein langer und schmerzlicher Prozess der Loslösung für ihn begann.

Franz Reinisch (Foto: Archivfoto)

Franz Reinisch (Foto: Archivfoto)

Pater Franz Reinisch (1903-1942)

Als dritter Referent der Vormittagsrunde hat Pater Elmar Busse ISch Franz Reinisch (1903-1942) vorgestellt, der als Pallottiner 1934 in Berührung mit Schönstatt kam. Diese Begegnung war für ihn ein Durchbruch in seiner pallottinischen Berufung. In zahlreichen Tagungen hat er die Botschaft Schönstatts und des Liebesbündnisses mit der Gottesmutter verkündet.

Dies hat bald – im Kontext des aufsteigenden NS-Regimes – zur politischen Auseinandersetzung geführt: Reinisch konnte den Eid auf Hitler mit seinem Gewissen nicht vereinbaren und diese Haltung führte ihn – auch über die Auseinandersetzungen mit der eigenen Gemeinschaft – ins Gefängnis. Er wurde im Zuchthaus Berlin-Brandenburg (Görden) zum Tode verurteilt und durch das Fallbeil am 21. August 1942 hingerichtet. Pater Busse hat in seinem Beitrag die Wirkung Reinischs auf die folgenden Generationen unterstrichen und dabei ein eigenes Zeugnis aus dem Kontext des kommunistischen Regimes der ehemaligen DDR gegeben. Er wies hin auf die neue Biographie Franz Reinischs von Pfr. Martin Emge (Martin J. Emge: Über den Tod hinaus. Lebenswege mit Franz Reinisch. Schönstatt-Verlag, Vallendar 2018).

Besuch an den Ruhestätten von Franz Reinisch und Albert Eise

In der Mittagspause wurden die Ruhestätten der Pallottiner hinter dem Heiligtum der Dreimal Wunderbaren Mutter im Tal besichtigt. Dort fanden ihre letzte Ruhe die sterblichen Reste von Franz Reinisch und Albert Eise. Die Teilnehmer, darunter die Familienangehörigen Albert Eises, haben weiße Rosen niedergelegt und für den so fruchtbaren Einsatz und ihr bleibendes Lebenszeugnis gedankt. Am Nachmittag wurden zwei weitere Gestalten präsentiert: Albert Eise und Michael Kolb.

Albert Eise (Foto: Archivfoto)

Albert Eise (Foto: Archivfoto)

Pater Albert Eise (1896-1942)

Maria und Joachim Kiess, Freising, haben am Nachmittag Pater Albert Eise (1896-1942) vorgestellt. Als eine vitale und aktive Führernatur kam er 1914 in das Studienheim in Vallendar, wo er sowohl die Revolten gegen die strenge Hausordnung erlebte, aber auch die Gründung der Marianischen Kongregation und des Missionsvereins. Sein Wirkungsfeld als Pallottinerpater innerhalb der Apostolischen Bewegung war vor allem die Studentinnenbewegung und die der Familien. Nach einer Tagung für Studentinnen wurde er von einem Spitzel denunziert, weil er vor den jungen Frauen den nationalsozialistischen Slogan: „Ein Kind für den Führer“ kritisierte, mit dem „arischer“ Nachwuchs gesichert werden sollte. Er war der erste Pallottiner aus dem Umkreis Pater Kentenichs, der ins Konzentrationslager Dachau eingeliefert wurde, wo er 1942 nach langem Leiden starb. Trotzdem bleibt sein Satz: „Die Gottesmutter erfüllte all meine Wünsche“ und sein letzter Satz zu denen, die zuletzt mit ihm sprachen: „Wenn Sie mich brauchen, rufen Sie mich. Ich helfe Ihnen.“

Michael Kolb (Foto: Archivfoto)

Michael Kolb (Foto: Archivfoto)

Pater Michael Kolb (1873-1950)

Dr. Alicja Kostka stellte Pater Michael Kolb SAC (1873-1950) vor, von dem in Vallendar und Schönstatt viele Spuren zu finden sind. Ihm ist der Bau des Studienheimes in Vallendar, der heutigen Hochschule zu verdanken. Ein Anlass dazu war sein Anliegen, eine angemessene Ausbildung des Pallottinernachwuchses zu gewährleisten; so ließ er dieses Haus bauen mit einer neuen Studienordnung, die mit den staatlichen Gymnasien Schritt halten konnte. Parallel mit der Eröffnung des Studienheimes 1912 hat sich hier der Aufbruch der Apostolischen Bewegung ereignet. Michael Kolb war es auch, der die kleine Kapelle im Tal in den Sommerferien 1914 renovieren ließ und sie als Ort der Versammlung der neu gegründeten Marianischen Kongregation zur Verfügung stellte. Als er sein Amt als Provinzial der Limburger Provinz beendet hatte, zog er nach Vallendar-Schönstatt, wo er für den Bau des Exerzitienhauses, des so genannten „Bundesheimes“, hauptsächlich tätig war und dort über 20 Jahre gewirkt hat. Neben seiner Arbeit als Prokurator der Apostolischen Bewegung und Herausgeber der vielen Schriften, war er ein gefragter Beichtvater. Er betreute das Krankenapostolat, war Direktor des Nordgaues des Apostolischen Bundes für Frauen und sorgte für die aufbrechende Anbetungsströmung. Vorsehungsgläubig betrachtet, so könne man sagen, bereitete er die „Landschaft Schönstatts“, in der sich die Gründung vollziehen konnte. Er war es auch, der - als ein Kenner Pallottis – das Werden der neuen Gemeinschaft begleitete, in der gläubigen Überzeugung: es handelt sich hier um eine schöpferische Fortsetzung des Charismas Pallottis.

Pater Ulrich Scherer SAC, Leiter des Pallotti-Insttuts, und Dr. Alicja Kostka, Schönstatt-Frauenbund (Foto: privat)

Pater Ulrich Scherer SAC, Leiter des Pallotti-Insttuts, und Dr. Alicja Kostka, Schönstatt-Frauenbund (Foto: privat)

Studientag des Pallotti-Instituts

Der Studientag, eine Initiative, die gemeinsam vom Leiter des Pallotti-Insttuts, Pater Ulrich Scherer SAC und Dr. Alicja Kostka, Schönstatt-Frauenbund initiiert und getragen wurde, wird auch im kommenden Jahr fortgesetzt.

Am 18. April 2020 werden weitere Pallottinerpatres in den Blick genommen, u.a. Fritz Hillebrand, Josef Johannes Finster, August Ziegler, Heinrich Maria Köster.

 


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