Nachrichten
Wie Esslingen sein erstes Schönstatt-Heiligtum bekommt und eine Küche voller Teig und Zuckerguss klebt
Stefanie Grüner. Adventszeit. Überall wird gebacken, es zieht ein feiner Duft durch jede Wohnung und die großen und kleinen Kinder freuen sich Selbstgebackenes zu naschen. Im vergangenen Jahr entstand bei fisherman.fm, einer jungen, kreativen und katholischen Medienplattform, die in der Schweiz beheimatet ist, im Advent eine riesige Lebkuchenkirche. „Lebkuchen backen können wir auch“, sagten sich die Mitglieder der Mädels-Lebensschule der SchönstattMJF mit Sitz in Esslingen. „Aber wenn, dann muss es ein Schönstatt-Heiligtum werden. Im Originalmaßstab.“
Gesagt, getan. Dank dem erprobten Backrezept der fisherman.fm-Lebkuchenkirche, schätzen die Lebensschule-Teilnehmerinnen grob die benötigten Mengen ab und los geht‘s. Hier ein minutiöser „Arbeitsbericht“ aus der Backküche.
Ein klebriger Teig entsteht (Foto: Magdalena Hartmann)
15:00 Uhr
Die erste Tüte Mehl wird geöffnet und zusammen mit Honig, Zucker, Backpulver, Eigelb und Milch von Hand zu einem Teig verarbeitet. Der Teig ist glatt. Die Arbeitsfläche beginnt zu kleben.
15:21 Uhr
Der erste Teig wird ausgerollt. Doch mangels Wellholz muss ein Glas herhalten, um den Teig gleichmäßig dick auszurollen.
15:29 Uhr
Teig ist ausgerollt und wird in den Ofen geschoben.
15:30 Uhr
Wir machen uns das erste Mal ernsthafte Gedanken über die Konstruktion. Eines ist klar, der Boden des Kirchenschiffs wird so groß wie ein Backblech. Aber der Rest? Ein Plan muss her. Möglichst auch mit genauen Maßen für die einzelnen Bauteile des Heiligtums.
Professionelle Konstruktionsberechnungen (Foto: Magdalena Hartmann)
15:32 Uhr
Unsere Haus-Konstrukteurin Magdalena H. spitzt ihren Bleistift, schnappt sich den Bauplan eines Heiligtums und beginnt zu rechnen. Adilia unser Backtalent macht sich an das zweite Kilo Mehl. Der Honig fließt in den Teig und die ersten Teigkrümel wandern auf den Boden.
15:39 Uhr
Unser Behelfs-Wellholz wird ausgemustert. Ein neues muss her. Aber woher eines nehmen?
15:45 Uhr
Das erste Erfolgserlebnis des Tages: Die ersten Teigstücke sind fertig gebacken. Das dachten wir zumindest. Aber schade. Nichts war's. Der Teig riecht wie Lebkuchen und sieht auch aus wie Lebkuchen. Der Teig scheint aber irgendwie mit dem Backbleck verwachsen zu sein. Ein bisschen Ernüchterung macht sich breit. Der Teig ist dünn und bretthart. Aus diesen Lebkuchenstücken bekommen wir sicherlich kein Heiligtum gebaut.
Auswellen, ausmessen, ausbacken, ausschneiden, ... (Foto: Magdalena Hartmann)
16:05 Uhr
Der dritte Teig ist in Arbeit. Die Backbleche sind wieder vom Lebkuchen- Desaster befreit und der neue Plan steht. Die Teigstücke werden zugeschnitten, auf Backpapier gesetzt, auf dem Balkon gekühlt und dann in den Ofen geschoben.
16:11 Uhr
Wir haben ein neues Behelfs-Wellholz. Ein Hoch auf unseren Küchenpapier-Ständer!
16:17 Uhr
Die ersten Teigstücke nach diesem Prinzip wandern in den Ofen. Es scheint zu funktionieren. Unsere Haus-Konstrukteurin hat die ersten Maße fertig.
16:19 Uhr
Wir kommen zur Erkenntnis: es funktioniert!
16:33 Uhr
Steffi erweist sich als ideale Maßschneiderin. Sogar zwei bis drei Stellen hinter dem Komma werden ordentlich ausgemessen und auf das Backblech manövriert.
17:03 Uhr
Anja verstärkt unsere Backtruppe und macht sich an die weitere Teigproduktion. Aus dem Ofen kommen weitere fertige Bauteile. Der Konstruktionsplan ist fertig und die Arbeitsfläche klebt. Der Boden außerdem auch. Einsatz für den Besen. Der grobe Dreck ist weg, aber es klebt weiterhin.
Klebrige Aufbauarbeiten und viel Spaß ... (Foto: Magdalena Hartmann)
17:21 Uhr
Wir bekommen Routine. Das Teig machen, auswellen, Teile zuschneiden und herausbacken funktioniert mittlerweile wie am Schnürchen. Läuft.
18:26 Uhr
Das Lebkuchenheiligtum-Backteam ist komplett. Magdalena M. hat ab sofort die Aufsicht über den Backofen und macht sich mit der anderen Magda daran Marzipanrosen zu formen.
18:45 Uhr
Adilia macht sich an den Zuckerguss und schlägt eine riesige Schüssel Eiweiß zu Eischnee. Nach 2,5 kg Puderzucker hat die Masse eine Konsistenz, dass sie als Mörtel durchgehen kann. Geschmack: süß. Ekelhaft süß. Die Küche beginnt überall zu kleben.
19:21 Uhr
Steffi löst Anja beim Teig kneten ab und bleibt in einer Zucker-Lebkuchenteig-Masse auf dem Boden kleben.
19:36 Uhr
Wir können nichts Süßes mehr sehen. Schinkenwurst und Schwarzwurst werden verzehrt.
Jetzt kommt das Dach dran ... (Foto: Magdalena Hartmann)
20:14 Uhr
Heute eine Heldin. Alle Bauteile sind fertig. Der Zuckerguss ist fertig. Wir brauchen eine kurze Pause.
20:21 Uhr
Arbeitsfläche und Boden werden vom gröbsten Dreck befreit. Das Kleben wird kurzzeitig weniger.
20:26 Uhr
Die ersten Bauteile werden zusammengesetzt. Schon bald stehen die ersten Wände des Heiligtums und man kann schon erahnen, was aus diesen Lebkuchen werden wird.
Die Türe bekommt einen Jubiläumsbogen, schließlich ist Heiliges Jahr der Barmherzigkeit (Foto: Magdalena Hartmann)
20:56 Uhr
Nach einigem Wackeln steht der erste Stock des Heiligtums. Ob der Zuckerguss es schafft, die Lebkuchen zuverlässig miteinander zu verkleben?
20:59 Uhr
Der Zuckerguss ist immer noch feucht. Ein Föhn muss her.
21:12 Uhr
Der Föhn trocknet den Guss zuverlässig. Der erste Stock steht. Der Zuckerguss beginnt sich inflationär auf den Lebkuchen, in der Küche und auf uns zu verteilen. Es klebt überall.
21:16 Uhr
Wir machen uns an die Dachkonstruktion und uns wird klar: die Lebkuchenteile passen nicht gut aufeinander. Mehr Zuckerguss muss her.
21:46 Uhr
Nach einigem Wackeln steht das Dach. Jetzt brauchen wir wirklich eine Pause. Wir lassen uns kurz verwöhnen und machen unsere Adventskalender auf. Nach einem Spruch und einem Raffaelo geht’s weiter.
Das Werk ist vollbracht. Esslingen hat sein Schönstatt-Heiligtum (Foto: Magdalena Hartmann)
21:58 Uhr
Ab jetzt sind wir Bauprofis. Lebkuchen, viel Zuckerguss, halten, föhnen.
22:30 Uhr
Esslingen hat sein erstes Heiligtum. Es klebt alles. Wir sind glücklich und stolz.
22:46 Uhr
Der Jubiläums- Rosenbogen ist angebracht und das erste Gebet wird im Heiligtum abgehalten.
23:02 Uhr
Wir geben eine Stellenanzeige für eine Reinigungsfachkraft auf, die unsere Küche von Grund auf reinigt. Der Zuckerguss hat unsere Gehirnzellen verklebt.
Mehr Informationen zur Lebensschule der SchönstattMJF
-
Hallo, dürfen wir uns vorstellen? Wir sind fünf junge Frauen, die alle verschiedenen Berufen, Ausbildungen oder Studien nachgehen und seit Oktober in Esslingen in einer WG wohnen.
-
Allerdings sind wir keine gewöhnliche WG, sondern leben nach dem Prinzip der Lebensschule zusammen. Es geht uns darum, ein Jahr gemeinsam zu wohnen, uns gegenseitig, vor allem aber uns selbst besser kennenzulernen, miteinander zu diskutieren (ob über geistliche, religiöse oder persönliche Themen), Spaß zu haben und einen gemeinsamen Alltag zu gestalten. Für diesen Austausch und gezielte Gespräche untereinander nehmen wir uns konkret einmal pro Woche einen Abend und ein Wochenende pro Monat Zeit. An diesen Abenden und Wochenenden bekommen wir Unterstützung und Inputs von unserer geistlichen Begleitung, Sr. M. Magdalena, die uns dann immer in Esslingen besuchen kommt.
-
Kontakt zur Lebensschule der Schönstatt-Mädchenjugend / Junge Frauen (SchönstattMJF): adilia@gmx.de