Die Kampagne der Pilgernden Gottesmutter: Sie ist der große Missionar, sie wird Wunder wirken
In der Kampagne der Pilgernden Gottesmutter werden „alle Grundkräfte Schönstatts wirksam", sagte Pater Kentenich im Jahr 1968. Warum? Die Kampagne, so die Erfahrung und Überzeugung derer, die am Anfang ihr Potential erkannten, ist weder einfach ein Ausdruck der Frömmigkeit, noch nur eine Strategie oder ein pastorales Konzept, sondern ein Gnaden- und Lebensstrom im Dienst der Neu-Evangelisierung. Anders gesagt: sie ist das "missionarische Gesicht" Schönstatts.
Die Kampagne der Pilgernden Gottesmutter von Schönstatt wurde von Diakon Joao Luiz Pozzobon, einem Mitglied der Apostolischen Schönstatt-Bewegung von Brasilien, initiiert. Sie entstand im Kontext eines historisch bedeutenden Meilensteins der Schönstatt-Bewegung: des 31. Mai 1949 und der Weltreisen Pater Kentenichs. Mit dem "31. Mai" stellte Pater Kentenich alles, was in Schönstatt geworden war, der Kirche zur Verfügung. In prophetisch-charismatischer Schau hatte er Herausforderungen an Pastoral und Pädagogik des Glaubens und Lebens wahrgenommen, auf die er eine Antwort zu geben suchte: organisches Denken, Leben und Lieben.
Im unmittelbaren Umkreis dieses Meilensteins entstand in Brasilien die Kampagne der Pilgernden Gottesmutter von Schönstatt als eine Antwort auf die Anliegen, die Pater Kentenich bewegten: die Suche nach Verbündeten für die Weltsendung der Gottesmutter, der Wunsch, das Liebesbündnis zu verbreiten und Schönstatt zu weiten und zu bereichern durch eine breite Volks- und Wallfahrtsbewegung, und schließlich die Suche nach Modellen eines gelebten Bindungsorganismus in Bindungen an Orte, Personen, Werte und Sendung.
Die Kampagne ist eine neue Heimsuchung Marias in unserer Zeit. Maria macht sich eilends auf den Weg über das Gebirge. Sie macht sich auf zu den Familien und bringt Geschenke mit, die der heutige Mensch braucht: Freude, die Person Jesu Christi und konkrete Hilfe im Dienst am Menschen, am ganzen Menschen, an allen Menschen und in allen Lebenssituationen.
Die Kampagne gliedert sich der Ortskirche ein und ist ein Weg moderner Pastoral, der als spezifische Zielsetzung vor allem die Evangelisierung der Familien hat. Sie kommt zu allen Menschen und fördert die Erfahrung christlicher Werte. Ihre Ausstrahlungskraft hat ihre Wurzel darin, dass sie vom Heiligtum ausgeht und zum Volk mit seinen Nöten und Sorgen kommt.
Sie antwortet damit
- Auf den Hunger der Menschen nach Gott
- Auf das Bedürfnis, sich als geliebtes Kind Gottes zu erleben
- Auf das Bedürfnis, den Glauben in konkreten Gesten und Zeichen auszudrücken
Sie ist ein ganz einfacher Weg und deswegen für alle zugänglich. Sie wird gestützt von einer soliden Spiritualität und einer wirksamen Pädagogik, die dazu dient, die von der Kirche proklamierte Neu-Evangelisierung konkret umzusetzen.
Sie ist personal und unbürokratisch organisiert und bringt diejenigen, die das Bild tragen (die „Missionare"), in geschwisterliche Verbundenheit mit denen, die es erhalten, wodurch echte Basisgemeinschaften des Glaubens entstehen.
Das Spezifische der Kampagne ist der regelmäßige Besuch der Dreimal Wunderbaren Mutter von Schönstatt bei den Familien, in Schulen und Krankenhäusern, meistens begleitet vom Rosenkranz und der Weihe an die Gottesmutter als Grundlage des missionarischen Wirkens.
Pater Kentenich würdigte das Wirken von Joao Pozzobon, als er sagte: "Spüren Sie, wie in der Arbeit Herrn Pozzobons alle Grundkräfte Schönstatts wirksam werden?"
In der Kampagne werden drei biblische Momente verheutigt: die Kreuzigung, als Johannes Maria zur Mutter gegeben wird und er sie bei sich aufnahm; die Heimsuchung: auch heute besucht Maria die Häuser; und das Coenaculum, wo die Christen, im Gebet zusammen mit Maria, der Mutter Jesu, die Kraft des Heiligen Geistes empfingen, um Weltapostel zu werden. Sie ist „der große Missionar, sie wird Wunder wirken" (Vinzenz Pallotti), indem sie die Menschen wandelt und auf das Evangelium Jesu Christi verpflichtet.
Dem Geist der Kampagne entspricht enger Kontakt und gute Mitarbeit in der Pfarrei, so dass der Pfarrer auf einen Mitarbeiter zur Evangelisierung der Familien zählen kann zur Förderung des Lebens aus den Sakramenten, und konkretes aktives Mitgestalten des Gemeindelebens, so dass die Pfarrei zu einer Gemeinschaft „der Gemeinschaften und Bewegungen" wird.
Wesentliche Elemente der Kampagne
Auf die wesentlichen Elemente hin gestrafft besteht die Kampagne darin,
- das Bild der Gottesmutter von Schönstatt
- vom Heiligtum aus und verbunden mit ihm
- vielen Menschen, besonders Familien zu bringen,
- im Geist von Joao Pozzobon und nach seinem Beispiel
- damit - durch den Rosenkranz, das Liebesbündnis, die eucharistische Anbetung - die Gottesmutter als Große Missionarin wirken kann
- im Dienst der Erneuerung der Familien, der Kirche und Gesellschaft.
Neben der Grundform der Kampagne mit dem monatlichen Besuch der Pilgernden Gottesmutter in einem festen Kreis von Familien und Einzelpersonen, gibt es verschiedene Modalitäten - wie die Pilgernde Gottesmutter der Gefängnisse, der Blinden, der Gelassenheit und des Vertrauens, der Babys in Lebensgefahr, der Taxis, der Schwangeren, der Unternehmen, der Trauernden, der Kinder - als schöpferische Antwort auf konkrete Nöte der Menschen.
Die Auxiliares sind auf eine Anregung von Joao Pozzobon hin entstanden; es sind exakte Nachbildungen der Ur-Pilgermutter. Sie werden vom Heiligtum in Santa Maria, Brasilien, ausgesandt und sind vor Ort bei Prozessionen und bei besonderen Ereignissen in den Diözesen dabei. Sie stellen die besondere gnadenhafte Verbundenheit mit der Ursprungsstätte und -gnade der Kampagne her.
Zum gründlicheren Studium:
- P. Guillermo Carmona: Die Kampagne der Pilgernden Gottesmutter. Ein Beitrag Schönstatts zur Neu-Evangelisierung, veröffentlicht Basis, März 1997.
- P. Guillermo Carmona: Joao Pozzobon und der 31. Mai
Geschichte der Kampagne
Die Kampagne - wie Joao Pozzobon selbst sie nannte - hatte wie alle Werke Gottes einen unscheinbaren Beginn.
Sie begann im Jahr 1950, als eine Schönstätter Marienschwester Joao Pozzobon ein Bild der Dreimal Wunderbaren Mutter von Schönstatt übergab und ihn bat, dieses zu den Familien zu tragen, damit davor der Rosenkranz gebetet würde.
Joao Pozzobon, der diese Aufgabe sofort übernahm und sie 35 Jahre lang, bis zu seinem Tod, weiterführte, ging mit diesem Bild über 140.000 Kilometer und brachte es in Gefängnisse, Krankenhäuser, Schulen und Gefängnisse; überall regte er an zur Verbindung mit der Gottesmutter und zum Beten des Rosenkranzes.
Im Jahr 1979 besuchte Joao Pozzobon Schönstatt in Deutschland, den Ursprungsort der Verehrung der Dreimal Wunderbaren Mutter von Schönstatt. Von dort pilgerte er weiter nach Rom, wo Papst Johannes Paul II. das Bild der Pilgernden Gottesmutter segnete und damit auch sein Apostolat.
Erst 24 Jahre nach ihrem Beginn, im Jahr 1984, bekam die Kampagne durch den Einsatz von Pater Esteban Uriburu und eine Gruppe von Ehepaaren aus Argentinien eine neue weltweite Dimension. Diese Gruppe engagierte sich dafür, die Kampagne in ihrem Land und weltweit auszubreiten im Dienst der Neu-Evangelisierung. Von da an verbreitete sie sich in ganz Südamerika, Mittel- und Nordamerika und in zahlreichen Ländern Europas, Asiens und Afrikas.
Die kleine Stadt Santa Maria in Brasilien wurde so zur Wiege einer weltweiten Initiative. Heute ist die Kampagne in 110 Ländern der Welt verbreitet.
Seit dem Tod von Joao Pozzobon am 27. Juni 1985 befindet sich die Ur-Pilgermutter (Peregrina original), die er auf seinen Schultern trug, im Haus der Schönstatt-Bewegung in Santa Maria in der Obhut der Marienschwestern.
Das Anliegen der Kampagne
Joao Pozzobon hat in seinem Leben das „Ja" zu Maria gelebt. Er lebte einfach und schlicht, in großer Verantwortung seiner Familie, Schönstatt und seiner marianischen Sendung verpflichtet. Dank seiner Treue erhalten heute Tausende von Familien in aller Welt das Bild der Pilgernden Gottesmutter, verbinden sich im Gebet, entdecken Jesus neu und tiefer und erhalten die Gnaden des Schönstatt-Heiligtums.
Als Ziele der Kampagne nannte Joao Pozzobon drei zentrale Punkte:
- „Die Familien retten durch das Schönstattwerk..."
- Die Begegnung mit Maria, der Mutter Jesu und der Menschen
- „Die Begegnung mit Jesus Christus, ihrem Sohn, und dem Dreifaltigen Gott..."
„Die Kampagne möchte ein Spiegel christlicher Gerechtigkeit sein: einer für den anderen, miteinander für die Rettung der Würde des Menschen und die Ehrfurcht vor der menschlichen Person mit allen ihren Werten, in besonderer Solidarität mit den Ärmsten."
Aus dem Testament von Joao Pozzobon
Durch ihren Besuch regt Maria bei den Menschen langsam und organisch zum Leben mit den Sakramenten der Kirche an, schafft ein harmonisches Familienklima und weckt soziales und kirchliches Engagement, besonders im Blick auf die Ärmsten und Bedürftigsten. Joao Pozzobon betonte auch immer wieder, dass der Rosenkranz eine „gute Waffe" sei zur Neugestaltung der heutigen Welt.
Das apostolische Leben findet eine apostolische Konkretisierung durch die Kampagne und drängt die, die das Bild zu den Menschen tragen, zu einem aktiven und authentischen Zeugnis in Kirche und Gesellschaft.
Text: Monina Crivelli
Quellen:
P. Guillermo Carmona - Die Kampagne, ein Beitrag Schönstatts zur Evangelisierung
P. Guillermo Carmona, Monina Crivelli, Perla Piovera u.a.: Handbuch der Kampagne der Pilgernden Gottesmutter (Argentinien, Paraguay, Bolivien u.a.)
Schw. M. Denise, Santa Maria: Die Kampagne der Pilgernden Gottesmutter (www.tabormta.org)
Das Potential der Kampagne und wovon es abhängt
Pater Alberto Eronti, der einige Jahre lang Schönstatt in Rom vertreten hat, stellte im Jahr 2002 bei einem Treffen der geistlichen Bewegungen zur Evangelisierung die Kampagne der Pilgernden Gottesmutter vor und zeigte dabei ihr Potential auf:
Die letzte schöpferische Ausfaltung ihres Wirkens vom Heiligtum aus ließ Maria Gestalt annehmen im Herzen eines geistlichen Sohnes Pater Kentenichs, des brasilianischen Diakons João Pozzobon. Mit ihm begann, was heute "Kampagne der Pilgernden Gottesmutter von Schönstatt" heißt. Von dieser Initiative sagt Pater Kentenich, dass sie "die Pastoral der Zukunft" sei, eine Pastoral, die der postkonziliaren Wirklichkeit der Kirche entspricht, der "suchenden Seelsorge": Die Kirche sucht den Menschen, geht in seine Häuser, Fabriken und Büros, und bietet ihm dort das Geschenk der Erlösung an.
Was ist die Dynamik dieser Pastoral? Maria. Maria bricht von ihren Heiligtümern aus auf und sucht die Begegnung mit den Menschen dort, wo sie sind. Sie wird von einem "Missionar" oder einer "Missionarin" gebracht und betritt die Häuser, wo sie ein oder zwei Tage bleibt. So "besucht" jedes Bild 15 oder 30 Familien im Monat, um im folgenden Monat von vorn zu beginnen, monate-, jahrelang. Das ist die "neue Heimsuchung".
Maria bricht "eilends" auf, um die Menschen heimzusuchen, und bringt ihnen die Freude und Heiligkeit des Gottesgeistes und ihres Sohnes. Wie vor 2000 Jahren ist sie die ErstEvangelisierende. Die Bilder werden meist begleitet von einem Rosenkranz - er gehört vom Ursprung her zur Kampagne - und einem Begleitheft, in das die Familien Bitten an die Gottesmutter schreiben oder ihr für den Besuch danken. Diese Hefte sind bewegende Zeugnisse der unzähligen Gnaden, die Maria bei ihren Besuchen schenkt.
Maria besucht aber nicht nur die Häuser, sie lädt auch ein zum Besuch in ihrem Haus, im Schönstatt-Heiligtum. Hier entsteht, was man "marianischer Kreislauf" nennt: Maria kommt vom Heiligtum aus zu den Menschen, und diese besuchen sie im Heiligtum. Dies geschieht im monatlichen Rhythmus: An jedem 18. des Monats sind die Familien eingeladen, die Gottesmutter zu besuchen. Im Jahresrhythmus gibt es ein großes Treffen der Familien im Heiligtum, bei dem alle Bilder der Pilgernden Gottesmutter mitgebracht werden.
Aus dieser Grunderfahrung sind bald weitere Formen entstanden, immer ausgehend von dem Gedanken: „Die Gottesmutter überall hinbringen, und sie muss wirken." So kamen die Bilder auf, die Gefängnisse "besuchen", Krankenhäuser, Universitäten und Schulen. Diese Besuche dauern meistens vier oder sechs intensive Monate. Dann kamen dazu die Bilder der Kinder, in kleinerer Form, die meist für zwei oder drei Monate im Zusammenhang mit Weihnachten oder im Mai "pilgern", Bilder für Blinde, für Taxifahrer, für Kinder in Lebensgefahr, für Geschäfte, Altenheime...
Die Missionare der Pilgernden Gottesmutter erhalten entsprechend ihrem sozialen und kulturellen Umfeld eine dauernde Schulung. Dabei geht es nicht in erster Linie um intellektuelle Schulung, sondern darum, in ihnen das Bewusstsein und die Freude zu wecken und lebendig zu erhalten, Werkzeuge in der Hand der Gottesmutter zu sein. Sie müssen und dürfen ihre Augen, ihre Ohren, ihr Mund, ihre Hände, ihr Herz sein.
Wichtig ist, die Kampagne nicht nur als eine Frömmigkeitsform zu sehen, als eine Form der Marienverehrung, sondern als bevorzugtes Mittel und ausgezeichnete Methode der Evangelisierung und Wandlung der Familien. Der Schritt vom Frommen zum Evangelisierenden wird nur da möglich, wo sich die Träger als Missionare sehen, als Werkzeuge: Sie haben das Bild der Gottesmutter in ihrer Hand, aber eigentlich sind sie Werkzeuge in ihrer Hand. Wenn sich die Missionare damit begnügten, die Gottesmutter von Haus zu Haus zu tragen, dass wäre das schon viel, aber es hieße, nicht das volle Evangelisierungspotential der Kampagne der Pilgernden Gottesmutter zu heben. Der Missionar muss, und da liegt seine Größe, Träger Mariens und ihres Sohnes Jesus Christus sein; darum auch Augen, Ohren, Hände, Mund, Herz von Mutter und Sohn. Es handelt sich um ein echtes Liebesbündnis: Die Missionare bieten sich Maria an und Maria bietet sich ihnen an, um gemeinsam zu evangelisieren, und so ist Maria wieder unterwegs auf den Straßen der Welt.
Pater Kentenich sagte im Blick auf den Pfingstcharakter des Wirkens Mariens und seiner Gründung: "Eine Erneuerungsbewegung will und muss sein eine Gnadenbewegung, ein Gnadenerdbeben."
Das ist genau das, was die Kampagne der Pilgernden Gottesmutter ausmacht: Ein Gnadenaufbruch besonderer Dimension, ein vielfacher und vielfältiger Gnadenaufbruch: Maria ist diejenige, die mit ihren Werkzeugen die Kirche als Familie erhält. Die Kampagne ist heute in allen fünf Kontinenten zu Hause.
Es ist eine "Methode", die in allen Kulturen und allen sozialen Schichten "geht", eben weil es nicht bloß eine Methode ist. Als die Kampagne nach den USA kam, sagte jemand: "Das geht hier nicht, das ist hier nicht Lateinamerika". Und es ging. Ähnlich in Europa, in Afrika, in Asien.
Die Kampagne ist heute für die Schönstattbewegung eine frohmachende und geglückte pastorale Erfahrung. Durch sie hat Schönstatt Mauern durchbrochen und Zugang gefunden zu allen sozialen Schichten und allen Kulturen. Es ist die Erfahrung von Maria und Kirche auf den Wegen der Menschen, in suchender und liebender Seelsorge.