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21. September 2022 | Kommentar der Woche | 

Hubertus Brantzen - Aus fernen Zeiten


(Foto: Brigitte Werner, Pixabay)

(Foto: Brigitte Werner, Pixabay)

Kommentar der Woche:

Aus fernen Zeiten

Prof. Dr. theol. Hubertus Brantzen (Foto: basis-online.net)

Prof. Dr. theol. Hubertus Brantzen (Foto: basis-online.net)

 

  

  

Hubertus Brantzen

Aus fernen Zeiten

21.09.2022

Einen ganzen Tag berichteten ARD und ZDF über die Beisetzung von Königin Elizabeth II. Sie zeigten pompöse Bilder, die die ganze Prachtentfaltung des Königshauses widerspiegelte, doch auch sehr anrührende kleine Szenen echter Ergriffenheit derer, die das Geschehen verfolgten, angefangen beim neuen König Charles III. und seiner Familie bis zu Menschen, die den Weg nach Windsor säumten.

Natürlich gab es auch kritische Stimmen, die zum Beispiel Stellung nahmen zu den Kosten des ganzen Vorgangs, die aus den öffentlichen Kassen beglichen werden müssen. Andere sprachen davon, dass die ganze Art der Verabschiedung von der Queen „aus der Zeit gefallen“ sei. Wir konnten etwa eine breite Palette von Uniformen bestaunen, wie wir sie in Deutschland nur in der Fastnachtszeit zu sehen bekommen. Normalerweise zucken wir schon mit den Achseln, wenn ein Zeremonienmeister, etwa im Bundestag oder bei öffentlichen Veranstaltungen, im Frack erscheint.

Hier einige Aspekte, die mir an diesem Tag durch den Kopf gingen.

Ganz offensichtlich war Queen Elizabeth II. eine sehr gläubige Frau, die nicht nur formal das weltliche Oberhaupt der anglikanischen Kirche war, sondern ihren Glauben auch lebte. Das „Königtum von Gottes Gnaden“ war offenbar für sie kein verstaubtes Etikett aus längst vergangener Zeit. Ihr Leben gründete in einer Gläubigkeit, die sie zu ihrem Dienst befähigte.

Erstaunlich war darum nicht, welche herausragende Rolle bei den Feierlichkeiten ihr Glaube und ihre Verbundenheit mit der Kirche spielten. Und wiederum doch erstaunlich war, mit welcher Klarheit durch die Vertreter der Kirche, aber auch durch die, die Lesungen und Gebete vortrugen, die christliche Botschaft von der Auferstehung thematisiert wurde. Ich hatte vermutet, dass diese Botschaft angesichts der weltweiten Übertragung eher „weichgespült“ würde, um niemandem auf die Füße zu treten. Nein, die Grundaussage des christlichen Glaubens wurde in aller Deutlichkeit verkündet. Angesichts etwa zwei Prozent Gottesdienstbesuch in Großbritannien empfand ich das als ein nennenswertes Zeugnis.

Ferner wurde die Königssymbolik geradezu zelebriert. Die Rolle von Zepter, Reichsapfel und Krone war allgegenwärtig. Elizabeth II. war nach altem Ritus zur Königin gesalbt worden, so wie die Könige in alten Zeiten, auch in biblischen Zeiten. Ich fühlte mich erinnert an einen Besuch in den Kirchen von Ravenna. Dort wird deutlich, dass die Symbole des Königtums, so auch der Nimbus, der „Heiligenschein“ um den Köpf des Kaisers, auf Jesus Christus übertragen wurde. Jesus Christus ist der eigentliche Herrscher der Welt. „Singt dem König Freudenpsalmen…“ singen wir am letzten Sonntag des Kirchenjahres.

So wurde die Königssymbolik im Christentum ebenso allgegenwärtig. Gottvater und Jesus Christus werden, je nach Intention, mit Krone, Zepter und Reichsapfel dargestellt. Am Ende jeder Oration in Gottesdienst heißt es: „… der du lebst und herrschst in Ewigkeit.“ Maria, nach ihrem Tod in die Herrlichkeit Gottes erhoben, wird zur „Königin“, oft mit Königsinsignien ausgestattet. In der Kirche ist es über Jahrhunderte Brauch geworden, Maria in feierlichen Akten eine Krone aufs Haupt zu setzen.

So ganz aus der Welt gefallen scheint diese Kirchensymbolik also doch noch nicht. Fragt sich nur, inwiefern sie genauso der harten Wirklichkeit einer säkularen Welt gegenübersteht, wie es, bei aller Begeisterung für den Tag, bei der Beisetzung der Queen, am vergangenen Montag in London deutlich wurde.

Hubertus Brantzen

Quelle: www.spurensuche.info
Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung


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