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Reinhold Nann: Dilemma und Segen des Älter-Werdens
(Foto: Sabine von Erp – pixabay.com)
Kommentar der Woche:
Dilemma und Segen des Älter-Werdens
Bischof Reinhold Nann, Caravelli · Peru (Foto: basis-online.net)
Reinhold Nann
Dilemma und Segen des Älter-Werdens
20.07.2022
Letztes Jahr hat Papst Franziskus einen Internationalen Gedenktag der Großeltern und der alten Menschen ins Leben gerufen, der dieses Jahr auf den 24. Juli fällt.
In seiner Botschaft nimmt der Papst die Schwierigkeiten des Alterns in den Blick: In unserer Wegwerfgesellschaft sind die Alten oft Abfall, unnütze Esser, die nichts mehr produzieren und kaum noch konsumieren können, ständig krank sind – kurz: einfach nur den Jüngeren zur Last fallen. Natürliche Reaktionen auf das Altern sind dann, entweder es gut zu verstecken, es resignativ hinzunehmen oder gar sich einen baldigen Tod herbeizuwünschen.
Aber Franziskus, der ja auch nicht mehr der Jüngste ist, hat eine gute Nachricht, ein Evangelium für die Alten: „Das Altern ist keine Verdammung, nein es ist ein Segen“. Er beruft sich auf Psalm 92,15: „Im Alter werden sie weiter Frucht bringen“.
Alte Menschen können mehr als Balkonieren (typische Wortschöpfung von Franziskus), das heißt mehr als passive Zuschauer sein. Sie sind berufen, bei der „Revolution der Zärtlichkeit“ mitzumachen, die unsere vom Virus und Ukrainekrieg kranke Weltgesellschaft dringend braucht: Wir brauchen eine grundlegende Veränderung, ja eine Bekehrung. Diese Welt darf nicht weiter polarisiert werden, sonst bricht sie in unseren Händen auseinander. Diese Welt braucht die zärtliche Umarmung der Großeltern für ihre Enkel. Zärtlichkeit und Sorge gegen Gewalt und Gewinn-Denken. Die geläuterte Lebenserfahrung von mit sich versöhnten alten Menschen kann die Jüngeren heilen. Wir brauchen einen Generationendialog.
Diese Botschaft gilt auch für die älter werdenden Kirchengemeinden: Nicht resignieren, sondern Frucht bringen im Alter, in unserem Dasein eine Revolution der Zärtlichkeit leben und dadurch die zerbrechliche Welt schützen.
Konkret können alte Menschen im Gebet die Sorgen der Welt vor Gott bringen und andere besuchen, anrufen oder anhören. Konkret können alle Christen am Tag der Großeltern und alten Menschen diese besuchen und anhören.
Papst Franziskus ist auch noch im hohen Alter ein Segen für die Kirche und die Welt. Seine Botschaft zum Tag der Großeltern und der Alten Menschen spricht mich an und macht mir Mut, weiterhin mein eigenes Älter-werden anzunehmen und anderen dabei zu helfen.
Das Gebet zum Tag:
Ich danke Dir Herr für den Segen eines langen Lebens. Du lässt diejenigen Frucht bringen, die bei Dir Schutz suchen. Verzeih mir meine Resignation und Mutlosigkeit, aber verlass mich nicht, wenn meine Kräfte abnehmen. Lehre mich mit Hoffnung in die mir gegebene Zukunft zu sehen, in die mir aufgegebene Sendung, und Dein Loblied ohne Ende zu singen. Mach aus mir einen zärtlichen Handwerker Deiner Revolution, um mit Liebe meine Enkel zu beschützen und alle die Kleinen, die bei Dir Zuflucht suchen. Schütze o Herr unseren Papst Franziskus und lass Deine Kirche die Welt von ihrer Einsamkeit befreien. Leite unsere Schritte auf dem Weg des Friedens. Amen.
Bischof Reinhold Nann,
Caravelli / Peru