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12. April 2022 | Was bewegt | 

Um den Frieden in der Ukraine bitten – mit Gertraud von Bullion


Mit Gertraud von Bullion um den Frieden beten

Alicja Kostka, Sekretariat Gertraud von Bullion. Der Krieg in der Ukraine hält uns alle in Atem. Zunehmend erleben wir, welch globale Dimensionen dieser Angriff Russlands auf die Ukraine vom 24. Februar dieses Jahres hat, auch auf den Alltag vieler Menschen hierzulande und weltweit. Nach der Aufdeckung des Massakers in Butscha und offenbar auch in anderen Städten der Ukraine lässt uns der Schock nicht los, dass solch menschenverachtendes Vorgehen mitten im Europa des 21. Jahrhunderts möglich ist. Die Angst von der Ausweitung des Konflikts lähmt, hilflos wirken viele Bemühungen um die Lösung des Krieges, auch konkrete Schritte, um das diktatorische Vorgehen möglichst bald und wirksam zu stoppen.

Auf diesem Hintergrund ist die Initiative von Papst Franziskus, die Ukraine und Russland dem Herzen Mariens anzuvertrauen, sehr bezeichnend. Dieser Akt zeigt, dass wir – menschlich gesehen – an unsere Grenzen stoßen. In der Schönstatt-Bewegung können wir diese Weihe erneuern und mit unserem „Liebesbündnis für die Menschen in unserem Land“ verbinden, welches wir 2013 im Urheiligtum, an der Schwelle zum Jubiläumsjahr 2014 geschlossen haben. Viele Geflüchtete suchen in ihrer dramatischen existenziellen Lage Herberge in unseren Ländern.

Eine Fürsprecherin für den Frieden, die den Krieg in der heutigen Ukraine hautnah erlebt hat

Zum Gebet für den Frieden möchte ich auf eine Gestalt aufmerksam machen, die selbst den Krieg in dieser Region, wo heute erneut Bomben die Städte und Menschen vernichten, erlebt hat: Gertraud von Bullion, die erste Frau der Frauenbewegung Schönstatts.

Nachdem der Erste Weltkrieg ausgebrochen war, hat sie sich, 23-jährig, freiwillig als Rote-Kreuz-Schwester in Ulm gemeldet, um zivile Hilfe zu leisten. Natürlich waren Situation und Konstellation der Mächte in Europa damals anders. Gertraud hat in Lazaretten verwundete deutsche Soldaten gepflegt. Und doch gibt es eine Parallele zum Angriffskrieg Putins heute: Die Mächtigen Europas, Großbritannien, Frankreich, das Deutsche Reich, Österreich-Ungarn und Russland kämpften um die Erweiterung ihres Einflussgebietes und um mehr wirtschaftlichen Einfluss auf den Weltmärkten unter Missachtung der Rechte kleinerer, souveräner Staaten.

Der Einsatz für humanitäre Hilfe und für religiöse Bedürfnisse der Menschen im Krieg

Gertraud von Bullion hat in dieser Situation aus ihrem freiwilligen Einsatz im Krieg das Beste gemacht. Sie hat sich vor allem für die humanitäre Hilfe eingesetzt. Als missionarisch ausgerichtete junge Frau, merkte sie zunehmend, wie sehr die rein menschlichen und auch religiösen Bedürfnisse der Menschen im Krieg leiden. In diesem Bereich hat sie vor allem ihre Aufgabe gesehen.

Während ihres Einsatzes bekam sie den Namen: „Assistentin des Feldgeistlichen“, da sie oft eine Brücke bauen konnte zwischen den nach der Beichte oder anderen Sakramenten Suchenden und dem Kaplan. Ein Ausschnitt aus ihrem Tagebuch veranschaulicht, was sie damals gerade in der Nähe von Lemberg, dem heutigen Lwiw – damals und heute zwischen Ost und West ein Kampffeld des Einflusses – erlebt hat: 23. Juli.1915. Meine zwei Fahrten, die ich machen durfte, hatten beide Male Lemberg als Ziel und gingen quer durch ganz Galizien (…). Allüberall waren noch die frischen Spuren der Kämpfe zu erkennen, die gerade um diese Eisenbahnlinie Krakau – Tarnow – Przemysl – Lemberg besonders heftig getobt hatten… Die Fahrt ging unendlich langsam vonstatten… Da konnte man so still für sich betrachten, was alles unter den Begriff Krieg fällt, und ich werde nie diesen Eindruck vergessen. Wir nähern uns der Festung Przemysl, manch einsames Kreuz oder solche in Gruppen sprechen laut (…) ; zersplitterte Bäume, aufgewühlte Wurzeln zeugen von der Vernichtungskraft der Geschosse… Bahnhöfe und Dörfer boten einen trostlosen Anblick. Teilweise standen nur noch Kamine als Zeugen ehemaliger Wohnstätten… – Nach mehr als viertägiger Fahrt erreichten wir Lemberg… Allmählich fuhren die Autos mit den Verwundeten an. – (N. Lauer, Serviam – Antwort der Liebe, S. 36)

Im Geiste der Geschwisterlichkeit

Obwohl Gertraud von Bullion aus adeligem Hause stammte, wurde sie vom ersten Kriegsjahr an als „Schwester Gertraud“ bekannt unter den Verwundeten und Sterbenden, unter den Frontsoldaten und dem Pflegepersonal. Die Geschwisterlichkeit war ihr wichtiger als Titel und Hierarchien. Die Betroffenen haben ihr unbedingtes „Ich bin für dich da!“ in einfachen Diensten, im Entgegenkommen, in echtem Interesse und echter Fürsorge erfahren. In einem Brief an ihren Kriegskameraden bemerkte sie: "Von Ihrem Freund und Kameraden X. erhielt ich ebenfalls einen netten Brief; er bemüht sich, mich mit 'Gnädiges Fräulein' anzureden; zu komisch, werde es ihm aber ausreden. Für Euch bin und bleibe ich doch immer Schwester Gertraud – oder…“ (N. Lauer, Serviam, S. 72).

Mitten im Krieg – Begegnung mit Schönstatt: Grundstein einer neuen Welt

Als Schwester Gertraud wurde sie mitten im Krieg in Mons (Belgien) auf den Kreis der Theologen unter der Führung des Sodalen und Präfekten Franz Xaver Salzhuber aufmerksam, die missionarisch tätig waren. Durch Franz Salzhuber (1894-1924) ist Gertraud in Berührung mit Schönstatt gekommen. Hier entdeckte sie eine neue Welt, die sie gänzlich überwältigt hat. Die Möglichkeit, sich als Laie missionarisch zu betätigen und in Gemeinschaft mit Gleichgesinnten und mit Hilfe der Gottesmutter an sich zu arbeiten und immer mehr zu wachsen, das war etwas, das auf ihren ohnehin apostolischen Geist zugeschnitten war. So unternahm sie Schritte, sich dieser neuen Bewegung anzuschließen. Es war eine Zeit, in der die Zugehörigkeit von Frauen zu Schönstatt noch in Frage stand. Ihr Selbstbewusstsein, ihre gute Ausbildung und ihre tiefe religiöse Gesinnung waren in dieser Situation hilfreich. Sie agierte als „Schwester aller“, obwohl sie Gräfin war. Und als solche ist sie auch in die Anfangsgeschichte der Bewegung eingegangen. Im geschwisterlichen Geist konnte sie zu einem Grundstein der neuen geistlichen Familie beim Urheiligtum in Schönstatt werden.

Gebet um den Frieden mit Gertraud von Bullion

Ich möchte an dieser Stelle herzlich zu einem Gebet um den Frieden einladen, das jede und jeder für sich mitvollziehen kann und bei dem die Dreimal Wunderbare Mutter von Schönstatt um ihre Fürsprache bei ihrem Sohn um Frieden bitten. Und ich lade ein, Gertraud von Bullion in dieses Gebet um den Frieden in der Ukraine mit einzuschalten. Sie hat ausgerechnet in Lwiw und Przemysl den Krieg persönlich miterlebt und ich bin überzeugt, dass sie heute Fürsprecherin sein kann.

DOWNLOAD: Gebet mit Gertraud von Bullion um den Frieden (pdf)


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