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20. März 2022 | Deutschland | 

Ein intensives Arbeitsprogramm für die Delegiertentagung der Schönstatt-Bewegung Deutschland


Aufmerksames Zuhören - ein Blick ins Plenum der Delegiertentagung 2022 (Foto: Brehm)

Aufmerksames Zuhören - ein Blick ins Plenum der Delegiertentagung 2022 (Foto: Brehm)

Cbre/Hbre. Zum Programm der Delegiertentagung der Schönstatt-Bewegung Deutschland gehörten mehrere inhaltliche Schwerpunkte. Neben Überlegungen, vor welche Herausforderungen sich die Bewegung in der Zeit nach der Postmoderne gestellt sieht, ging es um die Fragen des Synodalen Weges, sowie um aktuelle Impulse aus der Bindungsforschung und ihre Bedeutung für den Beitrag Schönstatts zur Bündniskultur.

Professor Dr. Joachim Söder, Prodekan und Inhaber des Lehrstuhles für Philosophie an der Katholischen Hochschule Aachen und Präsident des Josef-Kentenich-Institutes (JKI) (Foto: Brehm)

Professor Dr. Joachim Söder, Prodekan und Inhaber des Lehrstuhles für Philosophie an der Katholischen Hochschule Aachen und Präsident des Josef-Kentenich-Institutes (JKI) (Foto: Brehm)

Die Sinndimension zurückgewinnen

In einem geistsprühenden Vortrag zum Thema „Bleibt nur der ‚Wille zur Macht?‘ (F. Nietzsche) – Polarisierungen und Durchsetzung in einer Zeit nach der Beliebigkeit der Postmoderne“ stellte Professor Dr. Joachim Söder, Prodekan und Inhaber des Lehrstuhles für Philosophie an der Katholischen Hochschule Aachen und Präsident des Josef-Kentenich-Institutes (JKI), fest, dass es der Postmoderne zu verdanken sei, auf die Wichtigkeit des Subjektes aufmerksam gemacht zu haben. Michel Foucault (1926-1984), wichtigster Theoretiker der Postmoderne sei – im Anschluss an Nietzsches Feststellung dass letztlich nur „der Wille zur Macht!“ bleibe – zu dem Schluss gekommen, dass Moral, Wissen und Wahrheit, also alles, was in der abendländischen Kultur Bedeutung habe, hohl und nicht begründbar seien. Wenn aber Moral, Wissen und Wahrheit letztlich bedeutungslos seien, so bleibe nur noch der Wille zur Macht. Heute konstruiere man sich die Wahrheit selbst, behaupte „alternative Fakten“ wie z.B. in der Beurteilung des Wahlergebnisses durch den ehemaligen US-Präsidenten Trump. Dass sich der Einzelne ohnmächtig fühle gegenüber der empfundenen Macht Weniger, führe zu Polarisierungen z.B. im Zusammenhang mit Coronamaßnahmen, beim Impfthema und zur Entstehung von Verschwörungstheorien usw. Es gehe – auch bei vielen Fragen in der Kirche – nicht mehr um Wissen und Wahrheit, es gehe nur noch um die Frage der Macht, so Söder. Allerdings widerspreche sich die Postmoderne mit der Erkenntnis: „Es ist wahr, dass es keine Wahrheit gibt!“, denn es gäbe Vorgänge, die man „als wirklich gut oder abgrundtief schlecht“ bezeichnen könne. Und es gäbe auch gesichertes Wissen, dessen Boden man nicht verlassen könne.

Sich nur auf der Ebene der Macht zu bewegen, ersticke den Menschen, so Joachim Söder. Es gelte deshalb die Dimension des Sinns, letztlich die Verbindung zu Gott, wieder zurückgewinnen, den die Postmoderne weggewischt habe. Charles Taylor, berühmter Vertreter der Nach Postmoderne formuliere es so: „Die ‚Quellen des Selbst‘ sprudeln ‚außerhalb des Subjekts‘, finden aber ‚im Innern des Subjekt‘ Resonanz. Sie sind daher ‚unabtrennbar‘ mit dem Index einer persönlichen Sichtweise verbunden.“ Hartmut Rosa drücke es so aus: „Resonanzerfahrungen sind identitätskonstituierende Erfahrungen des Berührt- und Ergriffenseins.“ An der Schnittstelle von Sinn (vertikal) und Natur (horizontal), bilde sich Kultur (Musik, Kunst, Sitten, Bündniskultur …) An dieser Stelle, so schlussfolgert Söder in drei Punkten, gelte es für die Schönstatt-Bewegung sich einzubringen. Erstens die Phänomene unserer Zeit ernst nehmen und beizutragen, die Sinndimension zurückzugewinnen durch die Pflege der Spiritualität. In schönstättischer Sprache: Geistpflege! Zweitens eine ganzheitliche Personbildung anzustreben, der Vorgang, der in Schönstatt Selbsterziehung genannt wird. Und wenn es stimme, dass Kultur die Schnittstelle von Sinn und Natur sei, sei Schönstatt drittens dazu aufgerufen, durch seinen apostolischen Einsatz, Kultur zu mitzuprägen.

Christian Schulze, Geschäftsführer des Josef Kentenich Instituts (JKI) (Foto: Brehm)

Christian Schulze, Geschäftsführer des Josef Kentenich Instituts (JKI) (Foto: Brehm)

Campus Berlin

Im Anschluss an das vorhergehende Referat stellte Christian Schulze, Geschäftsführer des Josef Kentenich Instituts (JKI), das Projekt „Campus Berlin für Theologie und Spiritualität“ (CTS) vor. Kräfte bündeln und Neues versuchen sind Stichworte für diese in der Trägerschaft von Orden und Geistlichen Gemeinschaften entstandene Initiative, bei der im Auftrag des Generalpräsidiums des internationalen Schönstattwerkes das JKI mitwirkt und Beiträge aus der schönstättischen Spiritualität einbringt. „Aus einer vagen Idee wurde ein großes Projekt, das nicht mehr zu stoppen ist!“, so Schulze. Der Campus beginnt mit zwei Projekten: ein Jahr für Schulabgänger zur Orientierung sowie ein Jahr für Studenten. Angezielt sind ausgebaute Studiengänge zu Theologie und Spiritualität. Schulze warb um Unterstützung für das Projekt durch das Bekanntmachen des Campus, durch Gebet, sowie mit einmaligen oder regelmäßigen Spenden. Außerdem könne man das finanzielle Engagement des JKIs für dieses Projekt durch die Beteiligung an Fundraising-Projekten fördern.

  • Detailliertere Informationen zum CTS-Engagement des JKI: www.j-k-i.de/cts
  • Spendenkonto:
    Josef Kentenich Institut e.V., IBAN DE63 7509 0300 0000 0528 25,
    Verwendungszweck: Schönstatt beim CTS, Spendenquittung bei Angabe der Adresse möglich
Pfarrer Kurt Faulhaber, Schönstatt-Institut Diözesanpriester, Fulda (Foto: Brehm)

Pfarrer Kurt Faulhaber, Schönstatt-Institut Diözesanpriester, Fulda (Foto: Brehm)

In kritischer Solidarität mit voran gehen

In seinem Beitrag unter dem Thema: „Den Weg der Kirche mitgehen und mitgestalten, Schönstatt und der Synodale Prozess“, machte Pfarrer Kurt Faulhaber, Schönstatt-Institut Diözesanpriester, Fulda, deutlich, dass er den Synodalen Prozess als einen Beitrag der deutschen Kirche auf dem Weg zur Verwirklichung der Anliegen des II. Vatikanischen Konzils sieht. Der Gründer Schönstatts, Pater Josef Kentenich, habe nach diesem Konzil Papst Paul VI das Versprechen gegeben, dass Schönstatt mithelfen werde, die Sendung der Kirche nach dem Konzil zu verwirklichen. „Er hat versprochen, wir werden mithelfen!“, so Faulhaber. Kentenich habe die Kirche geliebt, „nicht eine ideale Kirche, sondern eine Kirche auf dem Weg“. Faulhaber motivierte dazu, die Kirche des synodalen Weges zu lieben, „ergänzt durch unser eigenes Überlegen und Prüfen“. Die Kirche stecke in einer tiefen Krise und sie müsse sich erneuern. Um herausfinden zu können, wo Gott mit seiner Kirche hinwolle, sei es wichtig, auf die „Zeiten-, Seins- und Seelenstimmen“ zu achten, so Faulhaber. Die Überzeugung Schönstatts, dass Gott seinen Willen auch durch Zeitvorgänge kundtue, sei bei Menschen, die davon überzeugt sind, dass Gottes Wille in der Bibel stehe, sicher umstritten. Trotzdem sei es wichtig, diesen Ansatz in die Kirche einzubringen. Pater Kentenich sei es immer um den seelisch freien Menschen gegangen, der im Umgang mit anders denkenden und lebenden Menschen nicht zunächst die Moral im Kopf habe, sondern sich vom Schicksal der Menschen berühren lasse. „Wenn wir uns der seelischen Perspektive öffnen, bekommen wir Gelassenheit“, so Faulhaber.

Faulhaber ermutigte dazu, sich frei über alle Themen des Synodalen Prozesses auszutauschen, ihn zu einem Ergebnis kommen zu lassen, das schließlich der Weltkirche vorgelegt werde und dem Geist Gottes zu vertrauen, der in Bischöfen und Laien wirke. Im Blick auf die Synode der Weltkirche spreche Papst Franziskus von einer gemeinsam vorangehenden Kirche des Zuhörens, in der niemand über den anderen erhöht werden solle. Das sei nahe bei dem Bild Pater Kentenichs, der von einer pilgernden, marianischen und brüderlichen Kirche gesprochen habe. Beim Synodalen Prozess heiße ein Schlüsselwort: „Jeder im Hinhören auf den anderen und alle im Hinhören auf den Heiligen Geist!“ Pater Kentenich habe von der durch und durch vom Heiligen Geist geleiteten Kirche gesprochen. „Lasst uns nicht gegen den Synodalen Prozess, nicht nebenher oder hintennach, sondern in kritischer Solidarität mit voran gehen“, so Faulhaber abschließend.


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