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10. November 2021 | Kommentar der Woche | 

Gertrud Pollak - Ob Pendelkind, ob Menschenaffe


(Foto: pixabay.com)

Kommentar der Woche: Ob Pendelkind, ob Menschenaffe

Dr. Gertrud Pollak, Mainz (Foto: basis-online.de)

Dr. Gertrud Pollak, Mainz (Foto: basis-online.de)

 

 

 

 

 

Gertrud Pollak

Ob Pendelkind, ob Menschenaffe

10.11.2021

Zufällig nach der Tagesschau wird ein Beitrag ausgestrahlt, in dem die Situation von Scheidungskindern und ihren Eltern geschildert wird. Pendelkinder, die eine Woche beim Vater, die nächste Woche bei der Mutter leben; Nestkinder, bei denen eine Woche der Vater, die andere Woche die Mutter in die frühere elterliche Wohnung kommt. Und dann die vielfältigere Gruppe, bei der ein Elternteil das Sorgerecht hat und manchmal das Unterhaltsgeld regiert. Die Kinder sind im Blick – ein Spiegel vielfältigster Bemühungen um das Kindeswohl! Gleichzeitig im Kindermund die Sehnsucht nach beiden: „Ich will Papa und Mama“ – so Kinder im Film. Unser offener Blick ohne voreilige Kommentare ist gefragt!

Wie nachdenklich macht dann am nächsten Tag – wieder zufällig nach den Nachrichten – der Filmbericht über Affenwaisen im Kongo. Ein australisches Team nimmt sich engagiert der vom Aussterben bedrohten Menschenaffen an. Die Bilder spiegeln Sehnsucht nach Bindungen, nach Zärtlichkeit – auch hier ganz elementare Bedürfnisse nach und Äußerungen von Zuneigung. Fachleute und Pfleger reagieren sensibel und mit Erfolg für das Wohl der Tiere. Beide so unterschiedlichen Filme dokumentieren die elementare Bedeutung von Bindungen.

Warum meine wache Reaktion auf die beiden so unterschiedlichen Beiträge? Die Sensibilität für solche Grundbedürfnisse ist einerseits bekannt. Andererseits wurde sie kürzlich noch einmal mächtig ins Bewusstsein gehoben durch die Teilnahme an einem wissenschaftlichen Kongress. Es ging dabei auch um solche elementaren Bindungen als Voraussetzung für gelingende Bildung. Was theoretisch bekannt ist, kommt gerade hier wieder eindrücklich und unmissverständlich vor Augen.

Konsequenzen für Bildungsprozesse gäbe es viele – der Blick auf die Notwendigkeit von stabilen, natürlichen Bindungen bleibt als Grundvoraussetzung für gelingendes Leben. In vielen Lebensvollzügen wird die Angewiesenheit auf naturhaft liebende Verbundenheit evident.

Gerade im Wegbrechen von Beziehungen, in einseitiger Konzentration auf materielle Werte oder persönliche Selbstverwirklichung wird das Wertvolle und Tragende verlässlicher Bindungen deutlich. Stabile Geborgenheit braucht ein gewachsenes Fundament.

Ob Pendelkind, ob Menschenaffe – die Breite des Phänomens Leben tragender Bindungen macht nachdenklich und fordert heraus.

Dr. Gertrud Pollak, Mainz
Ordinariatsdirektorin a. D.
Generaloberin Säkularinstitut Frauen von Schönstatt


Quelle: www.basis-online.net
Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung


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