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25. August 2021 | Deutschland | 

Segen voraus, Als Pfarrer auf hoher See – eine Leseanregung nicht nur für die Ferienlektüre


Manche Reedereien nehmen Bordseelsorger mit auf Kreuzfahrt-Törns (Foto: pixabay.com)

Manche Reedereien nehmen Bordseelsorger mit auf Kreuzfahrt-Törns (Foto: pixabay.com)

C&Hbre. Über die Bedeutung von Seelen-, Zeiten- und Seinsstimmen für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit zu lesen und das auch noch im Zusammenhang mit einem Raubüberfall beim Landgang von einem Kreuzfahrtschiff aus, das ist nicht gerade das, was man in einem kleinen Buch mit dem Titel „Segen voraus - als Pfarrer auf hoher See“ erwarten würde. Doch für den Autor dieses Buches aus dem Verlag Herder, Christian Löhr, ist die Frage, welche Botschaft Gott einem Menschen durch außerordentliche oder auch tagtägliche Ereignisse mitteilen möchte, zentral, wie sich in 10 kurzweiligen Kapiteln auf knapp 160 Seiten immer wieder zeigt.

Cover: Christian Löhr, Segen voraus, Verlag Herder, 1. Auflage 2021 (Cover: Verlag Herder)

Christian Löhr, Segen voraus
Verlag Herder, 1. Auflage 2021, Gebunden mit Schutzumschlag, 160 Seiten, ISBN 978-3-451-389-580, Preis: 16,00 Euro, eBook: 11,99 Euro

Die Wege Gottes mit Menschen entdecken und reflektieren

Christian Löhr, seit 2000 Priester und seit 2016 Generalrektor des Schönstattinstituts Diözesanpriester, erzählt von Menschen und Situationen, die ihm bei seiner mehrfachen Tätigkeit als Bordseelsorger im Auftrag des Auslandssekretariates der Deutschen Bischofskonferenz auf hoher See begegnet sind. Da ist z.B. die Frau, die lange spart und sich ihren Lebenswunsch erfüllt, einmal um die Welt zu reisen, auch wenn sie viel Zeit auf See und wenig Zeit an Land verbringt. Da ist auch das Crewmitglied in der Sportanimation, das viele Fragen hat und sich täglich mit dem Bordpfarrer trifft, um sie zu stellen und dann in seiner Heimatpfarrei einen Katechumenenkurs macht und sich zur Taufe anmeldet. Und da ist das ältere Ehepaar, das nach 25 Jahren Zivilehe nun die sakramentale Eheschließung nachholen möchte. Der Fokus seiner Beobachtungen liegt dabei auf den Erfahrungen des Lebens, in denen die Wege Gottes mit Menschen entdeckt und reflektiert werden können. Löhr zeigt sich überzeugt, „dass es sich lohnt, auch den kleinen, unscheinbaren Erfahrungen Aufmerksamkeit zu schenken, weil sich in ihnen und durch sie Gottes Wirken, seine Liebe und Aufmerksamkeit den Menschen gegenüber zeigt.“

Über den Gott des Lebens nachdenken

Christian Löhr ist in der ehemaligen DDR aufgewachsen, also hinter dem Eisernen Vorhang und ohne die Möglichkeit, ins westliche Ausland zu reisen. Vielleicht trage er deshalb von Kindesbeinen an eine tiefe Sehnsucht und Leidenschaft nach unbekannten Weiten in sich, schreibt er im Vorwort des Buches. Wer nun allerdings ein Buch sucht, das für Kreuzfahrtreisen wirbt oder spannende Erzählungen über das Leben der Mitreisenden erwartet, wird nicht fündig. Dagegen nimmt der Autor die eher kleinen Erlebnisse mit Menschen zum Anlass, über den Gott des Lebens nachzudenken, der um die Liebe des Menschen wirbt. Dabei sucht er nach Antworten auf die immer drängende Frage, wie der Mensch in eine liebende Beziehung mit seinem Gott kommen und wie die Pastoral der Kirche dabei hilfreich mitwirken kann. Seine Gedanken dazu sind engagiert, frisch, suchend und wohltuend, ohne Schönfärberei, aber auch ohne den derzeit so häufig spürbaren Pessimismus.

Seine Aufgabe als Bordseelsorger sieht er zuallererst darin, die Menschen vorbehaltlos anzunehmen und ihnen zuzuhören. Das Mitgebrachte an Gefühlen und Stimmungen der Reisenden möchte er aufnehmen und die Gesprächspartner dabei unterstützen, Probleme von verschiedenen Seiten anzuschauen. Zusätzlich möchte er die Perspektive Gottes einbringen, dass niemand aus seiner Liebe herausfallen kann. Als Vertreter der Kirche bleibt es auch nicht aus, dass er sich als Blitzableiter zur Verfügung stellen muss für Wütende und für die, denen von der Kirche Wunden zugefügt wurden.

Dr. Christian Löhr, Generalrektor des Schönstattinstituts Diözesanpriester (Foto: privat)

Dr. Christian Löhr, Generalrektor des Schönstattinstituts Diözesanpriester (Foto: privat)

Themen aus der Schönstattspiritualität verarbeitet

Auf unaufdringliche Weise bringt der Autor Stichworte aus der Schönstattspiritualität in heutiger Sprache und Aktualität ein: Erst- und Zweitursache, Prinzip Hauskirche, Charisma - Persönliches Ideal. Seelen-, Zeiten- und Seinsstimmen befragen, was sie über den Willen Gottes sagen. Der Krug, das Prinzip der Weiterleitung, das Gnadenkapital. Maria als „Meerstern“, Kompass auf dem Lebensweg, durch Maria etwas von der Herrlichkeit Gottes sehen, Partnerin im Liebesbund mit dem dreifaltigen Gott. Vom Wert der Väterlichkeit: jeder fremden Originalität selbstlos dienen. Liebesbündnis, Coenaculum: Menschen, die zusammenstehen, zusammenhalten, zusammen beten und singen, damit Gott zeigt, welche Wege er vorhat.

Tiefer führen

Seine Erfahrung als Bordseelsorger fasst er so zusammen: Menschen, die an Land nicht unbedingt in den Gottesdienst gehen würden, lassen sich an Bord ansprechen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bringen sogar eigene Vorschläge ein, geben eher Rückmeldung und sind geistlich ansprechbar. Die Sehnsucht der Passagiere auf Kreuzfahrtschiffen nach Erlebnis, Tiefe und Neuem tiefer zu führen und ihren gemachten Erfahrungen nachzuspüren, empfindet Löhr als „große und herausfordernde, als beglückenden Aufgabe“. Zum Glauben gehört für ihn – und das werde auf Schiffsreisen besonders erlebbar – Wagnis und Bereitschaft, sich an neue Ufer führen zu lassen. Der Glaube will nicht Last, sondern Bereicherung sein und das Leben vertiefen.

Statt „Komm-her-Pastoral“ eine „Geh-hin-Pastoral“

Der Verfasser ermutigt am Ende des Buches den Leser, die Erfahrungen aus seinem täglichen Leben in ihrer Bedeutung nicht zu verkennen. Er ist überzeugt, mitten im Alltag, mitten in der Begegnung mit Menschen und Situationen zeigt Gott, wo der Lebensauftrag eines jeden Menschen liegt und wie er ihn erfüllen kann. Löhr empfindet ein Kreuzfahrtschiff als einen Mikrokosmos, in dem sich das Leben verdichtet. Statt einer landauf und landab ausgeübten häufig wirkungslosen „Komm-her-Pastoral“ sei hier eine „Geh-hin-Pastoral“ erforderlich und möglich. Kirche wird so als berührbar und ansprechbar erlebt, ganz mitmenschlich und kann zur „Begleiterin und Helferin für die Menschen auf Reisen aber auch im übertragenen Sinn auf ihren Lebensreisen werden“.

„Vom statischen Christsein hin zu einem dynamischen Christwerden“

Im Nachwort spricht Löhr vom Transformationsprozess, in dem sich neben der Gesellschaft auch die Kirche befinde. Er hofft, dass sich kirchliches Handeln durch Corona verändern wird und bezeichnet die notwendige Erneuerung und Neuwerdung als Chance für das Christentum, um „vom statischen Christsein hin zu einem dynamischen Christwerden“ zu gelangen. „Gläubige müssen Suchende werden, für die der Glaube kein ererbtes Eigentum, sondern ein Weg ist.“

Ein lesenswertes, leicht zu lesendes Buch, nicht nur in der Ferien- oder Urlaubszeit, das Leserinnen und Leser anregen kann, sich auf die interessante Suche nach Spuren des Handelns Gottes im eigenen Leben und seiner mitgehenden Liebe zum Menschen zu machen.

Bibliographische Angaben

Christian Löhr: Segen voraus
Verlag Herder, 1. Auflage 2021, Gebunden mit Schutzumschlag, 160 Seiten
ISBN 978-3-451-389-580
Preis: 16,00 Euro, eBook: 11,99 Euro
Bestelladresse: In jeder Buchhandlung


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