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14. Dezember 2020 | Impuls aus Schönstatt | 

Die Freiheit der Kinder Gottes


Impuls aus Schönstatt (Foto: Brehm)

Die hohe Zahl der durch Covid 19 Infizierten und die steigende Zahl an Todesfällen zwingen zu einem vollen Lockdown in der Weihnachtszeit und ins neue Jahr hinein. Weihnachten feiern wird behindert sein. Besuchsmöglichkeiten werden eingeschränkt und viele Menschen isoliert. Eine Gegenbewegung, in der sich Menschen mit unterschiedlichsten Motiven sammelten, die gegen weitere Freiheitsbeschränkungen sind, fand ihren Ausdruck in Demonstrationen, bei denen etliche ganz bewusst gegen die Regeln verstießen.

Was ist mit unserer Freiheit, dem so hohen Gut unserer westlichen Demokratien? Mit einem Blick auf P. Josef Kentenich, den Gründer der Schönstatt-Bewegung, der Zeit seines Lebens Menschen zur größeren Freiheit ermutigt und begleitet hat, einige Gedanken:

Wahlfreiheit ist nicht alles

Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass eine größere Auswahlmöglichkeit Menschen in ihrem Erleben nicht freier macht, sondern im Gegenteil sogar überfordern kann. Wenn man z.B. einem Kunden 20 verschiedene Produkte desselben Artikels anbietet, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass er sich zum Kauf entschließt deutlich kleiner, als wenn er die Auswahl von nur drei Produkten hat. Freiheit realisiert sich in Entscheidungen, die der einzelne Mensch trifft. Er erlebt sich freier, wenn er zwischen klaren Optionen unterscheiden kann. Daher ist es in der komplexen Welt, in der wir leben, für viele so schwierig, sich eine Meinung zu bilden oder in Entscheidungen sicher zu sein. Man sucht Entscheidungshilfen bei Experten, bei Autoritäten oder bei der Mehrheit. Manchmal ist man sogar froh, wenn andere für einen entscheiden, die einem die Verantwortung abnehmen.

Dazugehören ist wichtiger als Ungebundenheit

Es ist ein seelisches Grundbedürfnis, dazuzugehören (The Need to Belong); der Mensch ist ein soziales Wesen. Wenn er sich nicht zugehörig fühlt, leidet er unter Isolation und - wenn er es nicht ändern kann - an der Ohnmacht, keinen Einfluss darauf zu haben, dass er von anderen akzeptiert wird. Unabhängig von der Richtigkeit einer Meinung, orientiert sich der einzelne Mensch an der (wahrgenommenen) Mehrheit, eventuell um den Preis der persönlichen Freiheit. Zugehörigkeit und persönliche Freiheit müssen und sollen aber keine Widersprüche sein, sondern in einer menschengerechten Balance stehen. P. Josef Kentenich bringt es auf die Formel: „Freiheit so viel wie möglich, Bindung so viel wie nötig.“ Und dann fügt er noch hinzu, dass es dafür eine ständige Bewusstseins- und Charakterbildung braucht, durch die das Individuum zum wirklich freien Menschen wird. Dann kann er ein selbst-verantwortetes Ja sagen zu gemeinsamen Werten. Dann kann er die Grenzen des anderen achten und Gesetze und Regeln leichter einhalten. Zugleich kann er Freiräume schätzen und nutzen.

Freiheit und Bindung

Das Freiheitskonzept von P. Josef Kentenich ist Freiheit in Bindung. Für ihn ist Bindung eine wesentliche Voraussetzung, um zu wahrer innerer Freiheit zu kommen. Bindung ist nicht zwangsläufig negativ zu bewertende Abhängigkeit, sondern eine Sicherung, die Freiheit ermöglicht. Die Verbundenheit mit Menschen, die einen lieben, die Verbindung mit Orten, die einem Heimat sind, sowie die Orientierung an Ideen und Werten, welche die eigene Persönlichkeit prägen und Zusammengehörigkeit schaffen, ermöglichen eine solche Freiheit. Der Mensch braucht ein Erlebnis von Freiheit, um zufrieden zu sein. Am ehesten gelingt es ihm, wenn der Rahmen für ihn sicher ist und ihm Freiräume zu persönlichen Entscheidungen und freie Zeit zur Verfügung stehen, die ihn erleben lassen, dass er sein darf (geliebt) und dass er sich entfalten kann (Freiheit).

Bindung an Gott

Für P. Josef Kentenich beruht die letzte grundlegende Freiheit in der Beziehung mit Gott. Gott bindet nie in Abhängigkeit, sondern in Liebe. Somit ist die Bindung an Gott die wichtigste Voraussetzung für Freiheit. Die Bindung an Gott jedoch macht unabhängiger von der Meinung anderer, gerade auch dann, wenn diese von der eigenen Meinung abweicht und nur schwer auszuhalten ist. Sie verbindet zugleich mit allen Menschen guten Willens und schafft Gemeinschaft, in der jeder sich entfalten kann und Solidarität untereinander gelebt wird.

Innere Freiheit bei äußerer Unfreiheit

P. Josef Kentenich hält Freiheit für Menschen auch dann noch für möglich, wenn man in einem Unrechtssystem leben muss oder durch Gefängnis oder durch Krankheit o.ä. auf ein Minimum an Bewegungsfreiheit und Wahlmöglichkeiten reduziert wird. Er selbst beschrieb sich als innerlich freien Menschen, während er dreieinhalb Jahre im Konzentrationslager Dachau interniert war. Eine solche innere Freiheit beruht darauf, immer in Übereinstimmung mit seinen Werten und seiner Überzeugung zu bleiben, im Hier und Jetzt zu leben und aus dem, was ist, die bestmögliche Entscheidung zu treffen (und wenn es nur Aushalten und Hoffen ist). Wichtig ist die Anbindung an Gott, der im eigenen Herzen wohnt und eine innere Freiheit und Weite ermöglicht, die man sich selbst als „normaler“ Mensch in äußerer Freiheit kaum vorstellen kann.

Freiheit als Erlösung

Der christliche Glaube ist eine Erlösungsreligion. Er hat wesentlich damit zu tun, dass es ein Ja zum Leben gibt, eine unendliche Liebe, die aus der Macht des Bösen befreit. Das heißt konkret: Vergebung von Schuld und Befreiung von Belastungen und Heilung seelischer Wunden, die menschliches Leben einschränken oder an der Entfaltung behindern.

Die „Freiheit der Kinder Gottes“ (vgl. Röm 8, 21) kann Gegenstand unseres Meditierens werden, wenn wir Weihnachten feiern. Wir verbinden uns mit der Heiligen Familie, die unter äußerem Druck und Verfolgung leiden musste. Aber in ihr finden wir einen Innenraum von Menschlichkeit, in den wir mit hineingenommen werden. Dort können wir uns frei erleben, weil wir unsere Identität als Menschen wieder neu finden: nämlich dort, wo echte Liebe Menschen verbindet und Gott in ihrer Mitte wohnt.

Redaktion Impuls aus Schönstatt
P. Lothar Herter, Prof. Dr. Hubertus Brantzen, Heinrich Brehm, Klaus Glas, Michaela Koch, P. Heinrich Walter

Leserreaktionen

21.12.2020, 15:50 Uhr

Von: Elfriede Nußbaum, Bamberg

Liebes Redaktions-Team,
Ihr Impuls gefällt mir sehr gut!
Wahre Freiheit kann nur durch innere Bindung an Gott gelingen! Ansonsten verhalte ich mich wie ein aufgescheuchtes Huhn, das hin- und herläuft mit dem Bedürfnis, überall dabei sein zu müssen.
Bin ich innerlich gebunden, schwebe ich wie ein Adler und betrachte das Geschehen mit Gelassenheit und mit der Gewissheit, dass ich getragen werde - ohne wenn und aber!


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