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8. Oktober 2020 | Deutschland | 

Das Licht kam aus der Kirche – ein friedlicher Weg zur Deutschen Einheit


Der Kirchweihgottesdienst des Bamberger Schönstatt-Heiligtums auf dem Marienberg bei Scheßlitz, dem Pfarrer Martin Emge vorstand, wurde musikalisch von einer fünfköpfigen Saxophonband mitgestaltet (Foto: Hanne Widera)

Der Kirchweihgottesdienst des Bamberger Schönstatt-Heiligtums auf dem Marienberg bei Scheßlitz, dem Pfarrer Martin Emge vorstand, wurde musikalisch von einer fünfköpfigen Saxophonband mitgestaltet (Foto: Hanne Widera)

Renate Siebenkäs. Mit einem Dankgottesdienst hat die Bamberger Schönstatt-Bewegung am 3. Oktober 2020 auf dem Marienberg, Scheßlitz, des Mauerfalls und der Deutschen Einigung gedacht. Martin Emge, Diözesanpräses der Schönstatt-Bewegung im Bistum Bamberg, knüpfte in seiner Predigt an die Montagsdemonstrationen von Christen in der ehemaligen DDR an und lud dazu ein, auch heute Kerzen in die Hand zu nehmen und friedliche Wege des Dialoges zu suchen, hin zu einer neuen Verbundenheit untereinander.

Für andere zum Licht der Welt werden

Mit Friedenslichtern in den Händen sei durch das Zeugnis der ostdeutschen Christen und durch ihre Zivilcourage die Wende eingeleitet worden. „Sie haben es im Geist der Bergpredigt getan. Ohne Gewalt, ganz friedfertig und mit dem Bewusstsein, Licht der Welt zu sein“, so Emge. Dieses Zeugnis stelle die Frage: „und ihr?“ Angesichts des beängstigenden Klimawandels und angesichts wachsender Fremdenfeindlichkeit und sozialer Ungerechtigkeit müsse es heute statt „Wir sind das Volk!“ wohl heißen: „Wir sind die Welt!“ Oder christlich ausgedrückt: „Wir sind das Licht der Welt!“ Emge ermutigte die Anwesenden, heute zum Glauben und zu Jesus Christus zu stehen „der für uns das Licht des Lebens ist!“ Seine rückblickende und gleichzeitig vorausschauende Predigt, die die Ereignisse vor 30 Jahren mit heute verknüpfte, endete mit der Aufforderung: „Werden wir auf unserer gefährdeten und zerstrittenen Erde für andere zum Licht der Welt!“

Mahnmal für den Frieden auf dem ehemaligen NATO-Gelände (Foto: Hanne Widera)

Mahnmal für den Frieden auf dem ehemaligen NATO-Gelände (Foto: Hanne Widera)

Erläuterungen zum Mahnmal (Foto: Hanne Widera)

Erläuterungen zum Mahnmal (Foto: Hanne Widera)

„Verbundenheit“ ist Programm für die Bamberger Schönstattfamilie

Auf dem Gelände eines ehemaligen NATO-Stützpunktes steht seit nun 20 Jahren die kleine Schönstatt-Kapelle, die bei der Einweihung die Sendung und den Namen „Heiligtum der Verbundenheit“ bekommen hat. Hier wurde die Geschichte der Wende eindrücklich erfahren. Bis heute erinnert ein Originalstück der Berliner Mauer, dass sich der Ort, wo einst Raketen der Amerikaner stationiert waren, zu einem Wallfahrtsort und zu einer Stätte des Gebets um Frieden und Einheit in der Welt entwickelt hat.

„Verbundenheit“, nicht nur im Bereich der Kirche des Erzbistums Bamberg, sondern auch mit den sozialen und politischen Ereignissen der Welt, ist Programm für die Bamberger Schönstattfamilie. Aus dem Wunsch, Verbundenheit zu leben, entstand der Wallfahrtsgedanke: genau am 3. Oktober, dem Tag der deutschen Einheit, sollte vom Domberg in Bamberg zum Marienberg gepilgert werden. Inzwischen ist das zu einer schönen Tradition geworden. Sobald die Pilger aus Bamberg den Marienberg erstiegen haben, wird zum Abschluss eine Dankmesse gefeiert, die zugleich als Heiligtums-Kirchweih begangen wird. Musikalisch wurde in diesem Jahr der Gottesdienst von einer fünfköpfigen Saxophonband begleitet. Eine wunderschöne Premiere!

Beliebter Marienwallfahrtsort

Das seit 1996 bestehende Schönstatt-Zentrum „Marienberg“ ist ein kirchliches Bildungs- und Begegnungszentrum mit vielfältigen kulturellen und spirituellen Angeboten. Die Kapelle hat sich zu einem beliebten Marienwallfahrtsort entwickelt. Mit seinem Panoramablick und der ausgeprägten Willkommenskultur ist dieser Ort längst zum Geheimtipp in unserer Region geworden.

Dokumentation der Predigt von Diözesanpräses Martin Emge

„Das Licht kam aus der Kirche“

In Heiligenstadt machte sich damals ein Mann auf den Weg zur Montagsdemonstration. Er wollte zum Beten in die Redemptoristenkirche gehen und merkte, dass er alleine unterwegs war. Nur ein einziges Licht brannte in einem Fenster. Er hatte Angst. Was wohl passieren würde? Ob andere auch kämen? Als er zur Kirche kam, war er überrascht, dass sie schon voll war, bis auf den letzten Platz. Über den Seiteneingang gelangte er noch herein. Als ein Bekannter ihn sah und merkte, wie freudig erstaunt er war, nahm er ihn mit und führte ihn durch die Gänge des Klosters. Dort konnte er vom Fenster aus sehen, dass eine riesige Menschenmenge draußen vor der Kirche stand. Die Leute am Kircheneingang waren in ein geheimnisvolles Licht getaucht, in ein Licht, das aus der Kirche kam.

Dieses Bild hat sich ihm tief eingeprägt. Betende Christen im Schein der Kerzen, friedfertig und gewaltlos, mit der Zusage Jesu im Herzen: „Ihr seid das Licht der Welt!“ Am 9.10.1989, dem 40. Jahrestag der Staatsgründung der DDR hatten sich bereits Zehntausende Christen in Leipzig versammelt. Und es wurden immer mehr, Montag für Montag, 100.000, 200.000 und schließlich 500.000 mit Friedenslichtern in den Händen. Mit allem hatten die Parteifunktionäre gerechnet und schweres Geschütz aufgefahren, aber mit einer Revolution der Kerzen, damit hatten sie nicht gerechnet.

Dieses Zeugnis der Christen und ihre Zivilcourage haben die Wende eingeleitet. Dafür danken wir heute. Sie haben es im Geist der Bergpredigt getan. Ohne Gewalt, ganz friedfertig und mit dem Bewusstsein, Licht der Welt zu sein. Gleichzeitig stellen sie uns die Frage: und ihr?

Würdet auch ihr Kerzen in die Hände nehmen und für eure Überzeugungen öffentlich beten und eintreten? Könnte nicht auch heute Licht aus den Kirchen kommen, das anderen Mut macht und sie ansteckt?  Wie leben wir in diesen Tagen unseren Glauben? Gehen wir – jeder/r von uns - hinaus, um Zeugnis zu geben von unserem Christsein?

Vor 30 Jahren war es das Anliegen, um die nationale Einheit des gespaltenen Deutschlands zu beten.

Heute geht das drängende Gebetsanliegen wesentlich weiter: es hat eine globale Dimension angenommen. So viele Unruheherde und Brandstifter. Der Terrorismus und Diktaturen treiben Millionen Menschen aus ihrer Heimat fort und lassen sie als Flüchtlinge irgendwo stranden. Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, soziale Ungerechtigkeit, eine immer größer werdende Schere zwischen armen und reichen Nationen, Ausbeutung und Sklaverei, Christenverfolgung und ein beängstigender Klimawandel. Das sind die Themen, die heute unter den Nägeln brennen. Damals haben die Bürger „Wir sind das Volk!“ gerufen. Heute müsste es heißen: „Wir sind die Welt!“ Oder christlich ausgedrückt: „Wir sind das Licht der Welt!“

Fangen wir in unserer Umgebung an. Nehmen wir Kerzen in die Hand und suchen wir friedliche Wege des Dialoges, hin zu einer neuen Verbundenheit untereinander. Stehen wir zu unserem Glauben und zu dem, der für uns das Licht des Lebens ist! Werden wir auf unserer gefährdeten und zerstrittenen Erde für andere zum Licht der Welt!

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